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03.06.2016 | (ra) - Donnerstag, 12 Uhr. Eine Email unseres sportlichen Leiters Jörg Ludewig. Es geht zum Rhön-Marathon nach Bimbach; der Inhalt kurz und knapp: „Packt Handschuhe ein!“
Ich öffne den angehängten Link zur Wettervorhersage,
und überfliege den Inhalt: Schnee, Regen, Minusgrade. Auch die Wetter-App auf meinem Smartphone lässt nichts Gutes ahnen: Schnee, Regen, Minusgrade. Diese Vorhersage kann und will ich ebenfalls nicht akzeptieren. Ich öffne einen weiteren Link - aber auch meine letzte Hoffnung verspricht nur Schnee, Regen und, welch eine Überraschung, Minusgrade.
Ich glaube, meine Schön-Wetter-Planung geht nicht ganz auf. Aber bevor ich eine Planänderung in Betracht ziehe, schnappe ich mir mein Rad, und genieße eine schöne sonnige Grundlagen-Tour bei 26 Grad. Während sich auf meinen Armen ein leichter Sonnenbrand ausbreitet, stelle ich mich gedanklich schon mal darauf ein, in Bimbach aufs Campen zu verzichten, und doch ein Zimmer zu buchen.
Vier Stunden später hat sich an den Vorhersagen
leider nichts geändert. Auch der Aufruf von drei weiteren Wetter-Links ändert nichts an der Tatsache, dass es nass und kalt wird.
Über 100 ungelesene Nachrichten in der Team-Gruppe lassen mich davon ausgehen, dass ich nicht die Einzige bin, die über einen Unterkunftswechsel nachdenkt. Gelassene Erfahrung trifft auf panische Unerfahrenheit. In welche Kategorie ich mich einordne, muss ich wohl nicht nicht erwähnen.
Wenn es um Gesundheit und Materialpflege geht,
schaltet sich meine Vernunft ein. Aber nicht nur ich denke so. Nein! Viele weitere Rennradfahrer, die mir gerade ein Zimmer nach den anderen wegschnappen, denken genauso wie ich. Ich bin genervt.
Also schließe ich die unzähligen Register auf meinem Laptop, und versuche es auf die herkömmliche Art und Weise am Telefon. Eine nette Stimme am anderen Ende der Leitung ist meine Rettung. Unkompliziert und reibungslos fängt das „La Dolce Vita Bimbach“ mich auf. Ich bin beruhigt: „Jetzt kann es auch schneien“. Diesen Satz hätte ich mal lieber nicht aussprechen sollen.
Liebevoll werden wir im Landgasthof empfangen.
Hier verspricht man nicht nur, dass Radfahrer willkommen sind, man spürt es auch. Und wenn man es nicht spürt, erkennt man es an den vielen anderen Radfahrern, die mir entgegenkommen. Das nimmt mir ein bisschen die Nervosität.
Am nächsten Tag ist bis Mittag schönes Wetter gemeldet, das wir für eine RTF ausnutzen. Nachdem Marco vom Orga-Team mir die Angst vor den nassen Straßen genommen hat, freue ich mich auf die 115-km-Tour mit den Mädels. Es ist trocken, die Sonne scheint und es ist angenehm warm.
Nach fünf Stunden kommen wir von einer schönen Tour
zurück. Auch wenn es zwischendurch doch sehr kalt wurde, hatten wir Glück mit dem Wetter: kein Regen, kein Schnee. Sollte also doch noch der Winter ausbrechen, haben wir bereits eine schöne Tour durch die Rhön gefahren, und also nichts verpasst.
Im Laufe des Tages reisen die anderen des Teams an. Wir sind vollständig, und können gemeinsam einen schönen Abend verbringen. Im Festzelt wird am Abend mit lustigen Videos die Strecke vorgestellt.
Das höchste ist die 400-km-Tour, aufgeteilt auf zwei Tage,
mit Höhenmeter, die ich noch nicht einmal fliegen würde. Ich ziehe den Hut vor jedem, der diese Strecke vollständig fährt. Im Anschluss an die Einweisung werden noch drei Fahrer aus unserem Team vorgestellt. Wenn ihr uns jetzt überholt, kennt ihr wenigstens die Namen.
Am nächsten Morgen klingelt um vier Uhr der Wecker. Bevor ich irgendwas mache, klopfe ich mir auf die Schenkel. Jawohl! Ich spüre sie noch, und habe keine Schmerzen. Die 115 km vom Vortag machen sich bemerkbar, tun aber nicht weh. Heißt, mein Körper lässt die heutige Tour schon mal zu. Den Blick aus dem Fenster will ich mir bis nach dem Frühstück sparen - vergeblich. Die Kollegen verraten, dass dicke Wolken aufziehen.
Das ändert nichts daran, dass ich voll motiviert und gut gelaunt
in den Tag starte - meine oberste Regel: „Es muss Spaß machen!“ Auch die Frühstückgespräche enden mit dem Entschluss, dass die Vernunft siegen sollte. Ja, sollte….
Nach meinem üblichen Chaos, nervösen Rumgezetere, Team-Zusammenkunft und Selfies gehen wir an den Start. Keine fünf Minuten denke ich darüber nach, eventuell nicht zu starten - obwohl auch unser sportlicher Leiter nochmal betont, dass es um nichts geht, und wir nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden sollen
Mit dem Startschuss rolle ich in die Bahn.
Das einzige, was mir meine Vernunft heute bewahrt hat, ist nicht mit dem testosterongetriebenen Pulk mitzuschwimmen, deren Hintern ich mir sonst ja durchaus gerne anschaue...
Sind wir mal ehrlich: Auch wenn ich vorne starte, habe ich dort eigentlich nichts zu suchen, und verschwinde schnell aus der Bahn. Ich räume lieber von hinten auf, wenn der Besenwagen mich jagt. Eines habe ich den letzten Wochen gelernt: Höre auf deinen Körper und deine innere Stimme.
Meine innere Stimme ist übrigens sehr verwöhnt:
Die hat nämlich sofort den verdammt leckeren Kuchen an den Verpflegungsstationen entdeckt. Die Nudeln, die Kekse, die Bockwurst, die Brezeln, und ja, den Rest spare ich mir. Ich glaube, das Sprichwort „Was auf dem Tisch steht, wird gegessen“, nehme ich ein wenig zu genau. Abe gut gestärkt, schaffe ich es von Station zu Station immer weiter, und das ganze über 180 km und 2700 Höhenmeter.
Ab Kilometer 100 und 1600 Höhenmeter feiere ich bereits meine eigene Party, denn zu diesem Zeitpunkt habe ich alle meine persönlichen Rekorde geknackt. Ab jetzt kann kommen, was wolle. Leise singe ich: „Ist mir egal, ist mir egal…“!
Mist! Ich wollte doch gewisse Dinge nicht mehr aussprechen.
Die Strafe folgt: Hagel! Fieser, böser, schmerzhafter Hagel stürzt vom Himmel. Unglaublich... Im Sonnenschein kämpfe ich mich die Berge hoch, und wenn die verdiente Abfahrt kommt, werde ich von Hagel durchbohrt?!
Die Vernunft habe ich kurzfristig in der Trikottasche verstaut, die Hand schützt das Gesicht, und ab geht’s. Unten angekommen, warte ich auf meine Kollegen Timo und Sabrina, prüfe meine Ausrüstung, und lache herzlich über den Spruch des Tages: „Pfingsten friert man in Bimbach - wir waren dabei!“
Und meine Vernunft hat einen kurzen Blick aus der Tasche
geworfen, sich aber dann wieder zurückgezogen. Zu dritt entscheiden wir uns, die letzten Kilometer in Angriff zu nehmen.
An der nächsten Verpflegungsstation werden wir von lachenden Gesichtern empfangen. Das Wetter ist verdammt fies, aber keiner meckert oder nörgelt. Im Gegenteil - die Magie von Bimbach macht sich breit. Es wird gefeiert, man klopft sich auf die Schultern und ist stolz darauf, Teil dieses Rennens zu sein.
Und schließlich: Der Regen wird von der Sonne verdrängt, die Regenjacke wieder verstaut. Aber nach kaum zehn Kilometern wird die Sonne wieder vom Regen verdrängt, die Regenjacke wieder angezogen.
Die letzten Kilometer stehen an. Ich bin gut in Form,
und entscheide mich, das Tempo nochmal anzuziehen. Und spätestens jetzt werde ich vom "Zauber von Bimbach" mitgerissen: Ich habe keine Ahnung, woher ich diese Energie nehme. Nach noch nicht einmal fünf Monaten, die ich auf dem Rennrad sitze, trete ich nach zwei Tagen, fast 300 Kilometern undt 4200 Höhenmetern den letzten Berg hoch.
Ich fahre in diesem Anstieg an einem Mitstreiter vorbei, und brülle ihn an: „Wahouuuu, wir haben es gleich geschafft!“ Und dann sehe ich es, ein rotes Tor, das Ziel! Eine Träne läuft mir über die Wange. Die Cheerleader jubeln, andere Rennradfahrer und Zuschauer klatschen. Sogar während ich diesen Text schreibe, bin ich emotional noch so gepackt, dass ich vor Glück weinen könnte.
Ich wurde von vielen gefragt, wie ich das in so kurzer Zeit
geschafft habe. Ich habe keine wirkliche Antwort. Aber ich glaube, die Kombination von allem, die Alpecin-Familie, mein Trainingsplan, all die Leute, die mich über Facebook und Instagram motivieren, oder die Sportler, die mich auf der Strecke angesprochen und mir auf die Schulter geklopft haben, halfen mir.
Und wenn dann noch Bimbach seine Magie verteilt, dann ist einfach alles möglich! Pfingsten friert man in Bimbach – und wir waren dabei!
Eure Natascha
Natascha Roslan ist Berufssoldatin, studiert BWL und fährt seit Anfang des Jahres Rennrad. Unter 1200 Teilnehmern wurde sie als eine der acht "Jedermänner" des "Giant-Alpecin Gran Fondo Team" ausgewählt. Für radsport-aktiv.de berichtet die 30-Jährige über ihre Erlebnisse: "Natascha, der Rookie auf dem Rad".
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