SQLab, Ergon, Selle Royal, GebioMized, Sattel-Kompetenz
Wie ein Sattel perfekt passt: Die Anbieter
Von Wolfgang Preß
| Foto: SQLab
22.04.2020 | radsport-news stellt Ihnen fünf Anbieter vor, bei denen Sie einen Fahrradsattel optimal auf Ihre Bedürfnisse einstellen lassen können. (Hier finden Sie den Einführungs-Artikel dazu)
Als erster Hersteller hat SQLab bereits vor 15
Jahren ein System eingeführt, um den Abstand
der Sitzknochen zu messen und so die optimale
Sattelbreite zu ermitteln. Dieses Konzept hat
sich seitdem durchgesetzt und wird bei SQLab-Fachhändlern
auf
einem
speziellen
Hocker
gemessen.
Vor zwei Jahren hat SQLab nach
Geschlecht
unterschiedliche
Sättel
wieder
aus
dem
Programm
genommen. „Mann
und
Frau
unterscheiden
sich
zwar
enorm,
jedoch
benötigen
wir
alle
vor
allem
einen
Sattel,
der
entlastet,
gerade
diesen
so
wichtigen
Bereich
– egal
ob
Mann
oder
Frau“,
sagt
der
Urologe
Stefan
Staudte, Leiter der Sattel-Entwicklung bei SQLab.
Zusammen
mit
Toby
Hild hat Staudte SQLab 2002 in München gegründet. „Wichtig sind
die richtige Breite und eine straffe Polsterung“,
so Stefan Staudte weiter: „Zudem empfiehlt sich
nach unseren Erkenntnissen eher eine als Plattform ausgeführte Form, anstatt
ein stark gewölbter Sattel.“
„Alle
unsere
Sattel-Modelle
gibt
es
in
bis
zu
fünf
unterschiedlichen
Breiten“, erklärt
Staudte:
„Damit
ist
garantiert,
dass
die
Sitzknochen
vollflächig
auf
dem
Sattel
aufliegen.
Nur
so
können
der
empfindliche
Dammbereich
beim
Mann
und
der
meist
tieferliegende
Schambeinbogen
bei
der
Frau
entlastet
werden.“
Die „SQLab active“-Sättel erlauben zudem
durch
ihre
Konstruktion
eine
Bewegung
des
Beckens
in
der
horizontalen
Ebene.
Damit
kann
sich
das
Becken
wie
beim
Gehen auch
beim
Treten
mitbewegen.
So
wird
ein
„runder
Tritt“
möglich,
der
für
eine
Entlastung
des
unteren
Rückens
sorgt
und
zusätzlich
den
Druck
auf
die
Sitzknochen
reduziert.
Ergon: Fitting in the Box Wir haben gelernt (siehe Einführungs-Artikel): Die Sitzknochen sind die
am tiefsten liegenden Bereiche des Beckens.
Die Folge? „Der Bereich um die Sitzknochen
ist weniger drucksensibel als der Damm- und
Genital-Bereich, und kann deutlich besser die
Belastung des Oberkörpergewichts auf die
Sattelfläche verteilen“, weiß Fitting-Papst Kim
Tofaute, der für Ergon unter anderem die „Fitting-Box“
entwickelt
hat:
„Radfahren
ist
nicht
statisch.
Der
Körper
versucht
ganz
natürlich,
dem auftretenden Druck durch leichte Variationen
der
Sitzposition
gegenzusteuern.“
Ergon-Sättel sind daher je nach Disziplin in
drei verschiedenen Breiten erhältlich, um alle individuellen Sitzbereiche abzudecken. Auf
der Netzseite des Ergonomie-Spezialisten aus
Koblenz gibt es dazu einen „Saddle Selector
Online“, mit dem Kunden je nach Rad-Typ,
Nutzungshäufigkeit, Sitzknochenabstand, Alter,
Geschlecht
und
besonderen
Empfindlichkeiten
beim
Sitzen
den
für
sie
optimalen
Sattel
empfohlen
bekommen.
Die Sattel-Serie „Scientia“ hat Selle Royal gemeinsam
mit
der
Deutschen
Sporthochschule
Köln
entwickelt.
Dazu
wurden
Messreihen
mit
etwa 1000 Probanden durchgeführt, um die
Druckverteilung am Sattel zu untersuchen. Wo
Druckspitzen auftreten, so das Ergebnis, hängt
dabei zum einen von der Sitzposition ab – also
ob man relativ aufrecht oder eher sportlich
nach vorn gebeugt fährt – zum anderen vom
Abstand der Sitzknochen, der sowohl bei Männern
wie
auch
bei
Frauen
sehr
unterschiedlich ausfällt.
Selle Royal hat dann die Parameter Höckerbreite
und
Last
in
einer
Studie
erstmals
in
eine
Matrix
zusammengeführt:
drei
Sitzhaltungen
auf
dem
Rad
und
drei
Sitzbeinhöcker-Breiten.
Aus
diesen
daraus
entwickelten
neun
verschiedenen
Sätteln
lässt
sich
recht
einfach
der
für
jeden
ideale
Sattel
ermitteln,
und zwar für
alle
Fahrer-
und
Fahrerinnen-Typen.
Einen
Geschlechter-Unterschied
fanden
die
Kölner Wissenschaftler
übrigens
nur
bei
recht
sportlicher
Haltung,
etwa
auf
dem
Rennrad.
„Die Sattel-Kompetenz“ nennen sich
die beiden Allgäuer Martin Schymura
und Thomas Bayer, die in 20 Jahren
ein Netz von fast hundert Ergonomie-Beratern
in
Fahrradgeschäften
in
Deutschland, Österreich, der Schweiz
und den Niederlanden aufgebaut haben.
In
Sachen
Sättel
haben
sie
ein
eigenes
Programm
entwickelt,
genannt
„
Comfort
Line“,
mit
vielen
verschiedenen,
teils
ungewöhnlich
geformten
Sätteln,
das
sich,
wie
der
Name
verrät,
eher
an
komfortorientierte
Fahrer
richtet.
Bei
Bedarf
werden
in
Zusammenarbeit
mit
einem
Zahntechniker
auch
Maß-Sättel
produziert,
die
auf
einer
Analyse
der
Sitzposition
basieren.
Interessant ist dabei die Satteldruck-Messung
mittels einer Messfolie auf dem (eigenen)
Sattel, die die individuelle Druckbelastung via
Funk und verschiedener Farben auf dem Bildschirm anzeigt. „So können wir Probleme mit
Nerven, Knochen und/ oder Blutbahnen am
Hinterteil meist sofort erkennen und im nächsten
Schritt
einen
passenden
Sattel
auswählen“,
sagt
Geschäftsführer
Thomas
Bayer:
„Oft
sind
es nur ein paar kleine Einstellungen, und jede
Fahrrad-Tour wird wieder zu einem schmerzfreien,
schönen
Erlebnis.“
Seit 2009 gibt es in der Fahrrad-Stadt Münster
das „Bikefitting Lab“ von gebioMized, der Firma
des Sportwissenschaftlers Daniel Schade. Hier
wird Bike-Fitting von A bis Z angeboten, basierend auf ausführlichen Druck- und Bewegungs-Analysen.
„Dafür verwenden wir verschiedene Kamera-Systeme,
die
die
Bewegungen
auf
dem
Rad
aus
mehreren
Perspektiven
aufnehmen
und
eine
genaue
Analyse
von
Bewegungsmustern,
Fehlhaltungen oder anderen Auffälligkeiten
zulassen“, erklärt Schade.
Bei der Sattel-Anpassung
findet auch hier zunächst eine Druckmessung statt.
Die Druckbelastung am Sattel wird mit einer
dünnen, flexiblen Matte mit 64 Sensoren
ermittelt. Die Datenübertragung per Funk
ermöglicht die Analyse sowohl auf einem
Indoor-Bike als auch auf der Straße.
„So können wir die Position verbessern,
den
Druck
auf
dem
Sattel
verringern
und
Sitzprobleme
reduzieren“,
sagt GeobioMized-Physiotherapeutin
Lotte
Kraus:
„Die
richtige
Einstellung
der
Kontaktstelle
Sattel
verbessert
zudem
die
Kraftübertragung.“
Wenn
nötig
(oder
gewünscht),
fertigt
gebioMized
auch einen
Maßsattel.
Für
die
Fertigung
wird
der
Fahrer
auf
seinem
eigenen
Rad
dynamisch
auf dem
Rollentrainer
vermessen,
und
die
gesamte
Sitzposition
unter
ergonomischen
Gesichtspunkten
analysiert
und
verbessert.
Nach
diesen
Daten
wird
der
Sattel
konstruiert,
dann die
individuelle
Oberflächen-Struktur in den Sattel gefräst,
und schließlich per Hand mit hochwertigem, weichem Echtleder
bespannt.
„Mit Hilfe unseres am Markt einzigartigen
Verfahrens können die maximalen Druck
stellen
um
bis
zu
40
Prozent
entlastet
und
Asymmetrien
oder
Fehlhaltungen
korrigiert
werden“,
ist
Geschäftsführer
Daniel
Schade
überzeugt:
„Der
Erfolg
ist
bei
der
nächsten
Ausfahrt nicht nur deutlich spürbar - und er
wird schon durch eine Kontrollmessung bei
der Auslieferung sichtbar.“ Dann steht dem
Radler-Glück zumindest ergonomisch nichts
mehr im Weg...