RSNplusRSN-Rangliste, Platz 51: Simon Geschke

Viele emotionale Momente und ein sportliches Highlight

Von Matthias Seng

Foto zu dem Text "Viele emotionale Momente und ein sportliches Highlight"
Simon Geschke (Cofidis) | Foto: Cor Vos

03.12.2024  |  (rsn) – In seiner letzten Saison als Radprofi konnte Simon Geschke (Cofidis) auf viele denkwürdige Momente zurückblicken. Doch die rückten am 28. November mit der Geburt von Tochter Leonie allesamt in den Hintergrund. “Ich habe schon einige Male diese Klinik verlassen. Aber diesmal das hier war mein Lieblingsmoment“, schrieb Geschke auf Instagram unter einem Foto, das zeigt, wie der Freiburger mit seinem Kind in einer Babyschale das Universitätsklinikum der Stadt im Breisgau verlässt.

Zuvor hatte Geschke in seinem 16. Jahr im Profifeld beweisen können, dass er mit den jüngeren Kollegen noch immer mithalten kann. “Die letzte Saison war sehr speziell, aus sportlicher Sicht konnte ich keine absoluten Ausrufezeichen setzen, aber ich denke, dass ich mich für meine 38 Jahre ganz gut behauptet habe“, bilanzierte der gebürtige Berliner, der die Saison 2025 im Januar bei der Tour Down Under (2.UWT) in Australien begann und nach nicht weniger als 85 Renntagen am 3. Oktober vor den heimischen Fans beim Sparkassen Münsterland Giro (1.Pro) beendete.

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“Ich habe noch mal gezeigt, was geht. Ich bin wirklich zufrieden, ich hatte keine megagroßen Hoffnungen, aber ich wollte keine lockere Abschiedstour machen, sondern schon noch mal Leistung bringen“, betonte Geschke gegenüber RSN. Das gelang ihm besonders gut beim Giro d’Italia, zu dem er nach sechsjähriger Pause nochmals zurückkehrte, um nach drei beständig starken Wochen mit Gesamtrang 14 sogar sein bestes Grand-Tour-Ergebnis verbuchen zu können.

Beim Giro d’Italia präsentierte sich Simon Geschke (Cofidis) in Megaform und sicherte sich Rang 14 der Gesamtwertung – es war sein bestes Ergebnis im Klassement einer Grand Tour. | Foto: Cor Vos

“Der Giro war für mich das sportliche Highlight, als Nicht-GC-Fahrer konnte ich mich in der dritten Woche an meinen Top-15-Platz klammern. Dabei bin ich nicht zum Giro gefahren, um das Klassement in Angriff zu nehmen. Aber vor allem durch die Punktesituation in der Weltrangliste wollte Cofidis einen 14. Platz nicht verschenken“, betonte der Routinier, dessen bisher bestes Ergebnis bei zuvor 20 Grand-Tour-Starts ein 25. Platz bei der Tour de France 2018 gewesen war.

Beim Giro in Megaform, bei der Tour lediglich mitgerollt

Mit seinem Auftritt bei der Italien-Rundfahrt empfahl sich Geschke nicht nur für das Tour-Aufgebot. Cofidis fragte an, ob er seinen Entschluss zum Rücktritt nicht überdenken wolle. “Vom Teamchef kam das Angebot, noch ein Jahr zu fahren. Aber das war für mich keine Option, das Karriereende stand für mich schon am Jahresanfang fest“, sagte Geschke, dessen Abschiedstour in Australien begann – dort war die Tour Down Under sein erster “emotionaler Moment“ des Jahres. “Die war ja immer so ein bisschen meine Lieblingsrundfahrt“, sagte der Gesamtdritte von 2020, der diesmal Rang 46 belegte.

Danach folgten in Vorbereitung auf seinen vierten Giro d’Italia solide, aber unspektakuläre Vorstellungen unter anderem bei Tirreno-Adriatico (2.UWT) und der Baskenland-Rundfahrt (2.UWT), ehe Geschke sich beim Giro mit einer beständigen Leistung im Klassement immer weiter vorarbeitete und nach der 15. Etappe erstmals in den Top 15 der Gesamtwertung auftauchte. In der dritten Woche machte er schließlich sogar noch eine Position gut und war auf Rang 14 zugleich bester deutscher Profi.

Bei seiner zwölften und letzten Tour de France konnte Geschke dagegen keine Akzente setzen: “Darüber war ich enttäuscht“, sagte er RSN. | Foto: Cor Vos

Lief der Giro wider Erwartungen gut, war seine zwölfte Tour de France “sportlich nicht das, was ich mir erhofft hatte. Ich hatte da mehr erwartet, weil ich beim Giro ja eine Megaform hatte“, erzählte Geschke, den weniger sein 94. Gesamtrang bekümmerte, sondern viel mehr seine Vorstellungen über drei Wochen hinweg. “Ich bin nur mit gefahren und darüber war ich enttäuscht. Das war nicht mein Anspruch. Ich konnte mich kein einziges Mal in Szene setzen und konnte auch dem Team nicht wirklich helfen. Da haben einfach ein paar Prozentpunkte gefehlt“, sagte er selbstkritisch.

Im Münsterland auf Degenkolbs und Kittels Schultern

Letztlich sei die Giro-Tour-Kombination zu viel des Guten gewesen. “Im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen, die Tour wegzulassen und mich auf die Vuelta vorzubereiten. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Andererseits war es auch schön, die Tour noch mal zu fahren“, betonte Geschke.

Speziell das abschließende Einzelzeitfahren von Nizza, in dem es für ihn um nichts mehr ging, konnte der Cofidis-Profi unter dem warmen Applaus der Fans genießen. “Das war noch mal so ein spezieller Moment“, sagte der Tour-Etappensieger von Pra-Loup 2015, der diesen Tag rückblickend als sportlich herausragendsten seiner Karriere bezeichnete. “Der Tour-Etappensieg hat natürlich alles überstrahlt. Ich wäre gerne mal Deutscher Meister geworden, das war mir aber nicht vergönnt. Aber Ergebnisse sind nicht alles, ich hatte auch als Helfer wahnsinnig schöne Momente, viel erlebt und tolle Menschen kennengelernt“, fasste Geschke seine Zeit im Profifeld zusammen.

Ehrung beim Münsterland Giro: Die ehemaligen Mannschaftsgefährten John Degenkolb (li.) und Marcel Kittel ließen Simon Geschke hochleben. | Foto: Cor Vos

Die endete nach Einsätzen unter anderem bei der Deutschland Tour (2.Pro), den Bemer Cyclassics (1.UWT) in Hamburg schließlich zum Abschluss der deutschen Straßensaison im Münsterland, wo ihn die Kollegen am Start und im Ziel ehrten. Der allseits beliebte Geschke wurde in Münster auch noch ein letztes Mal aufs Podium gerufen, wo ihn seine früheren Teamkollegen John Degenkolb, Marcel Kittel, Fabian Wegmann und Johannes Fröhlinger hochleben ließen.

Das war der bewegendste Moment“, sagte Geschke, in dessen Lebensmittelpunkt nun erst mal seine Tochter stehen wird. “Nachdem mich meine Frau Sophie die letzten Jahre unterstützt hat, will ich nun etwas zurückgeben und werde erst mal zuhause bleiben. Mein Leben geht auch außerhalb des Radsports weiter“, kündigte er an.

Grundsätzlich will Geschke aber durchaus in dem Metier bleiben, von dem er am meisten versteht. “Ich bin nach wie vor ein riesiger Fan des Radsports und möchte ihm auch erhalten bleiben. Der Radsport hat mir wahnsinnig viel an Lebenserfahrung gegeben. Und das ich auch gerne weitergeben, vielleicht im Nachwuchsbereich“, deutete er abschließend künftige Aufgabengebiete an.

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