Dygert im Bergaufsprint von Stirling eine Klasse für sich

Rüegg wehrt alle Angriffe ab und gewinnt die Tour Down Under

Von Felix Mattis

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Noemi Rüegg mit ihrer Trophäe als Gesamtsiegerin der Tour Down Under 2025. | Foto: Cor Vos

19.01.2025  |  (rsn) – Noemi Rüegg hat sich den Gesamtsieg bei der Women's Tour Down Under auf der Schlussetappe durch die Adelaide Hills rund um Stirling nicht mehr nehmen lassen. Die Schweizer Meisterin wehrte gemeinsam mit ihrem Team EF – Oatly – Cannondale - sowie im Finale auch mehrmals höchstselbst - alle Angriffe ab und sprintete am Ende der 105,9 Kilometer langen Schlussetappe sogar noch auf Rang drei.

Das abschließende Teilstück sicherte sich die US-Amerikanerin Chloe Dygert vom deutschen Team Canyon – SRAM – zondacrypto. Die 28-Jährige war im Sprint am Ende der zwei Kilometer langen und vier Prozent steilen Schlusssteigung mit Abstand die Stärkste und gewann mit mehreren Radlängen Vorsprung vor der Gesamtzweiten Silke Smulders (Liv – AlUla – Jayco) sowie Rüegg, die den Grundstein für ihren Rundfahrtsieg am Vortag bei der Bergankunft am Willunga Hill gelegt hatte.

"Es war eine ziemliche Herausforderung heute, ehrlich gesagt. Sie haben es uns nicht leicht gemacht und besonders in den letzten zwei Runden viel attackiert. Vorher hatte ich es härter erwartet, aber am Ende wurde es schwer", sagte Rüegg im ersten Interview als WorldTour-Rundfahrtsiegerin.

"Ich war den ganzen Tag supernervös, weil ich das Trikot unbedingt nach Hause bringen wollte. Das Team hat auf den ersten Runden alles unter Kontrolle behalten und in den letzten zwei Runden ging es darum, dass ich voll fokussiert bleibe und mitgehe. Dass ich es geschafft habe, macht mich superglücklich", so Rüegg, die in ihren Leistungen in Australien auch eine wichtige Bestätigung ihres Trainings der letzten Monate mit Blick auf das weitere Jahr sieht: "Ich weiß jetzt, dass ich im Winter die richtigen Dinge gemacht habe und kann darauf nun aufbauen und weiter das machen, was ich mache."

Die 23-jährige Schweizerin entschied die Gesamtwertung schließlich mit 13 Sekunden Vorsprung auf Smulders und 37 Sekunden auf die Norwegische Meisterin Mie Björndal Ottestad (Uno-X Mobility) für sich. Gesamtvierte wurde die Polin Dominika Wlodarczyk (UAE Team ADQ / + 0:40) vor der zeitgleichen Schweizerin Elise Chabbey (FDJ – Suez), die durch den Gewinn einer Bonussekunde am Zwischensprint noch zwei Plätze gutmachte.

Dygert vollendet Vorarbeit des gesamten Canyon-Teams

Hinter ihr folgten Justine Ghekiere (AG Insurance – Soudal / + 0:41), Amanda Spratt (Lidl – Trek / + 0:49) und Neve Bradbury (Canyon – SRAM – zondacrypto / + 0:56) auf den Plätzen sechs bis acht. Bradbury büßte auf der Schlussetappe noch zwei Plätze ein, hatte sich im Finale aber voll in den Dienst von Dygert gestellt, um deren Sprint vorzubereiten – erst mit einer Tempoverschärfung am Fuß des zwei Kilometer langen Schlussanstiegs und dann noch mit einem letzten Leadout 300 Meter vor dem Zielstrich.

"Wir sind hergekommen, um sowohl die Gesamtwertung als auch eine Etappe zu gewinnen. Heute ging es vor allem aber noch um die Etappe und wir haben alles darauf gesetzt, weil das GC ziemlich außer Reichweiter war. Wir haben alle alles gegeben heute für diesen Sieg und sind wirklich froh, dass es geklappt hat", freute sich Dygert, deren Team im Etappenverlauf immer wieder mit unterschiedlichen Fahrerinnen attackiert hatte, während sich die US-Amerikanerin für den Schlussspurt schonen durfte.

Rüegg gewann nicht nur die Gesamtwertung, sondern auch die Punktewertung bei ihrem ersten Ausflug zur Tour Down Under. Die Bergwertung nahm auf der Schlussetappe die Australierin Alyssa Polites (Nationalteam) noch der Polin Wlodarczyk ab und die Nachwuchswertung ging an die Italienerin Eleonora Ciabocco (Picnic – PostNL), während das UAE Team ADQ die Mannschaftswertung der ersten WorldTour-Rundfahrt der Saison gewann.

So lief die 3. Etappe der Women's Tour Down Under:

Die Schlussetappe wurde auf einem 21,3 Kilometer langen Rundkurs ausgetragen, den es fünf Mal zu bewältigen galt. Dabei gab es kaum einen flachen Meter, stattdessen ging es durch die Adelaide Hills ständig auf und ab, viele Kurven machten die Angelegenheit nicht einfacher. Auf der ersten Runde blieb das Peloton beisammen und so gewann Karlijn Swinkels (UAE Team ADQ) den ersten Bergpreis in Stirling in einem Sprint.

Während des zweiten Umlaufs wurde das Rennen immer nervöser und es gab viele Attacken, von denen zunächst aber keine erfolgreiche war. Erst nach 37 Kilometern setzte sich mit der Australierin Ella Simpson (St Michel – Preference Home – Auber93) eine Fahrerin etwas ab. Hinter ihr kehrte Ruhe ein und so fuhr die Solistin 1:30 Minuten Vorsprung heraus, ehe kurz nach der zweiten Zielpassage in Heathfield der erste von zwei Zwischensprints wartete. Simpson nahm die drei Bonussekunden mit und aus dem Feld heraus wurde Nicole Steigenga (AG Insurance – Soudal) vor Swinkels Zweite.

Das Profil der 3. Etappe der Women's Tour Down Under. | Grafik: Veranstalter

Runde drei dann verlief ähnlich wie die zweite: In der ersten Rundenhälfte, wo es tendenziell mehr bergab ging, hagelte es Attacken im Feld und Simpsons Vorsprung schrumpfte bis auf 20 Sekunden zusammen. In der zweiten Hälfte aber beruhigte sich das Geschehen wieder und die Australierin fuhr wieder bis auf zwei Minuten davon, bevor sie in Heathfield auch den zweiten Bonus-Sprint mitnahm – vor Steigenga und Elise Chabbey (FDJ – Suez).

Kurz vor dem zweiten Zwischensprint hatte auch das Peloton wieder beschleunigt und der Vorsprung von Simpson begann rasch zu schmelzen. Wieder wurde es in der ersten Hälfte der vierten Runde hektisch. So wurde auch Simpson 37 Kilometer vor dem Rennende wieder eingeholt und in der Folge musste die Gesamtführende Rüegg höchstselbst einige Angriffe der Konkurrenz von Lidl – Trek und Canyon – SRAM - zondacrypto abwehren. Ihr Team EF – Oatly – Cannondale, das auf den ersten drei Runden alles im Griff hatte, schien nun etwas die Kontrolle zu verlieren.

Zentimeter-Entscheidung ums Bergtrikot

Trotzdem ging es mit geschlossenem Feld zum letzten Bergpreis, der am Ende der vorletzten Runde auf dem Zielstrich in Stirling wartete. Dort kam es zum direkten Sprintduell zwischen der Australierin Polites und der Polin Wlodarczyk um das Bergtrikot, das Letztere mit nur einem Punkt Vorsprung auf Erstere mit in die Etappe genommen hatte. Im Sprint aber ließ sich die Polnische Meisterin von Polites' Anfahrerin Nicole Frain etwas einbauen und unterlag dann um wenige Zentimeter, so dass sich Polites die Gesamtbergwertung ihrer Heimat-Rundfahrt sicherte.

Die Schlussrunde schließlich begann mit einer Art Ruhe vor dem Sturm: Bis 16,5 Kilometer vor dem Ziel bleib das Feld geschlossen, doch dann eröffnete Canyon – SRAM – zondacrypto den Angriffsreigen mit Tiffany Cromwell sowie anschließend Maike van der Duin. Die Niederländerin fuhr sogar 20 Sekunden Vorsprung heraus, wurde am Zehn-Kilometer-Banner aber ebenfalls wieder gestellt.

Kurz nach dem Anfang des zweigeteilten Anstiegs zum Ziel in Stirling lancierte Ella Wyllie (Liv – AlUla – Jayco) sieben Kilometer vor dem Ziel eine harte Attacke. Die  Neuseeländische Meisterin riss schnell eine Lücke von 15 Sekunden und hinter ihr schrumpfte das Verfolgerfeld immer weiter zusammen. Das Team FDJ – Suez schlug im Feld ein hohes Tempo an und holte die 22-jährige Wyllie 3,5 Kilometer vor dem Ziel wieder zurück. Rüegg saß dabei in zweiter Position hinter FDJ-Helferin Marie Le Net und wirkte weiter sehr aufmerksam.

Dygert im Sprint bergauf eine Klasse besser

Nach einer kurzen Abfahrt begann der zwei Kilometer lange und im Schnitt vier Prozent steile letzte Anstieg zum Ziel. Bradbury beschleunigte an der Spitze, konnte sich aber nicht lösen und leitete so eher die Vorbereitungen für das Sprintfinale ein. Julie Van de Velde (AG Insurance – Soudal) führte die Konkurrenz auf den Schlusskilometer, wo Sigrid Haugset (Coop – Repsol) noch einen Angriff wagte. Doch dann übernahm Canyon – SRAM – zondacrypto das Zepter mit seinem Leadout-Zug für Dygert.

Die US-Amerikanerin lancierte ihren Sprint 200 Meter vor Schluss und niemand konnte ihr noch etwas entgegensetzen. Mit mehreren Radlängen Vorsprung gewann Dygert die Schlussetappe vor Smulders und Rüegg, die sich mit einem Tigersprung zusätzlich zum Gesamtsieg auch noch Etappenrang drei sicherte.

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