Wird der Sky-Teamchef noch einmal vorgeladen?

Brailsford und Co.: Die Glaubwürdigkeit bröckelt weiter

Von Felix Mattis

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David Brailsford | Foto: Cor Vos

22.12.2016  |  (rsn) - Auch wenn Sky-Teamchef David Brailsford am Montag vor dem Sportausschuss des Britischen Parlaments den angeblichen Inhalt des berühmt-berüchtigten Pakets für Bradley Wiggins vom Juni 2011 bekanntgegeben hat, so bleibt die Geschichte um die Lieferung desselbigen mysteriös.

Deshalb könnte Brailsford auch noch ein zweites Mal vor das Kultur, Medien und Sport-Komitee des Parlaments geladen werden. Das bestätigte dessen Vorsitzender Damian Collins gegenüber "The Times". "Warum sollte Brailsford so lange den Inhalt geheim halten und versuchen, die Veröffentlichung der Geschichte zu verhindern, wenn der Inhalt des Pakets völlig unschuldig war?", fragte Collins im Gespräch mit der britischen Zeitung.

Am 12. Juni 2011 hatte der damalige Frauen-Trainer des britischen Radsport-Verbandes, Simon Cope, ein Paket von Manchester in die französischen Alpen zu Sky-Teamarzt Richard Freeman gebracht. Das wurde erst im Herbst dieses Jahres bekannt, der Inhalt der Lieferung, die für Wiggins gedacht war, aber da noch nicht.

Sky-Teamchef Brailsford war von Daily-Mail-Journalist Matt Lawton bereits Anfang Oktober zu dem Paket befragt worden und konnte oder wollte seitdem zwei Monate lang keine Auskunft über den Inhalt geben. Außerdem verstrickte sich der 52-Jährige zunächst in widersprüchliche Aussagen: Unter anderem behauptete Brailsford, Cope, der inzwischen Manager des Teams Wiggins ist, wäre mit dem Paket auf dem Weg zu Emma Pooley gewesen. Peinlich nur: Die weilte, wie sie selber richtig stellte, zu dieser Zeit aber nicht in den Alpen, sondern fuhr im Baskenland Radrennen. 

Lawton erklärte am Dienstag außerdem, dass Brailsford zu Beginn versucht habe, die Geschichte der Daily Mail zu verhindern, weil er fürchtete, dass sie "das Ende des Team Sky" bedeuten könnte. "Zuerst kam das Angebot für eine alternative, positivere Geschichte. Dann möglicherweise eine Geschichte über ein rivalisierendes Team, das mit Hilfe von TUEs (Therapeutischen Ausnahmegenehmigungen für verbotene Substanzen) Rennen gewann - etwas was er am Ende dann doch nicht herausgab. Und am Ende des zweieinhalbstündigen Treffens fragte Brailsford, ob es 'irgendwas anderes geben würde, was getan werden kann'", so Lawton.

Nun hat Brailsford am Montag erklärt, es habe sich Fluimucil im ominösen Paket befunden. Das schleimlösende Medikament hat denselben Wirkstoff wie das bekanntere ACC, nämlich Acetylcystein, und steht nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti Doping-Agentur WADA. Deshalb beruft sich Brailsford zurecht darauf, dass nichts Verbotenes getan worden sei - vorausgesetzt, es handelte sich bei der Lieferung tatsächlich um Fluimucil.

"Dr. Freeman hat mir gesagt, dass es Fluimucil war. Nur um das klarzustellen: Ich wusste von dem Paket damals nichts. Als ich es mitbekommen habe, war es erst einmal meine Aufgabe, das ernst zu nehmen und die Fakten dazu zu sammeln, um zu sehen, ob wir irgendwelche disziplinären Schritte einleiten mussten. Als erstes musste ich deshalb mit allen Leuten im Team sprechen", so Brailsford nun. Am Montag räumte er trotzdem ein, dass sein Umgang mit der Thematik in den vergangenen Wochen die Angelegenheit nicht verbessert habe.

Allerdings ist Fluimucil in Großbritannien verschreibungspflichtig. Deshalb müsste bei British Cycling, wo das Paket herkam, dokumentiert worden sein, dass Wiggins das Medikament damals bekommen hat. Eine derartige Dokumentation ist der Verband sowohl dem parlamentarischen Untersuchungskomitee als auch der Nationalen Anti-Doping-Agentur UKAD, die in der Sache ermittelt, allerdings noch schuldig. Sie solle diese Woche übergeben werden, heißt es.

Auch der "Kurier" Cope, der angeblich nicht wusste was in dem Paket steckte, könne noch vorgeladen werden, erklärte der Komitee-Vorsitzende Collins: "Sicher wollen wir wissen, ob Cope speziell für die Lieferung des Pakets herübergeflogen ist oder sowieso nach Frankreich gekommen wäre", sagte er und fügte mit Blick auf die Dokumentation der Lieferung an: "Es würde British Cycling sehr schlecht zu Gesicht stehen, wenn es keine Aufzeichnungen zu dem Paket gibt."

In Deutschland kann Fluimucil in Form von Tabletten, Granulat und Saft bis zu einer Dosierung von 600mg in Apotheken für weniger als zehn Euro rezeptfrei gekauft werden - dasselbe gilt für Frankreich, wo sich das Team Sky zum Zeitpunkt der Lieferung beim Critérium du Dauphiné aufhielt. Allerdings flog Cope das Paket an einem Sonntag ein, so dass der normale Kauf in einer Apotheke in den Alpen schwer möglich gewesen wäre.

Interessant ist auch, dass Apotheker Asthmatikern von der Einnahme des Mittels abraten. Wiggins aber ist nach eigenen Aussagen Asthmatiker, leidet angeblich darunter, seitdem er 15 ist. Damit wurden die therapeutischen Ausnahmegenehmigungen (TUE) für die Benutzung des Steroids Triamcinolon jeweils wenige Tage vor der Tour de France 2011 und 2012 sowie dem Giro d'Italia 2013 begründet. Der erste per TUE genehmigte und heute bekannte Triamcinolon-Einsatz am 28. Juni 2011 erfolgte demnach also nach der angeblichen Fluimucil-Lieferung beim Critérium du Dauphiné.

Die ominöse Paket-Lieferung des Simon Cope von Manchester nach La Toussuire in den französischen Alpen, am Tag, als Bradley Wiggins das Critérium du Dauphiné gewann, wird offensichtlich noch länger ein Thema bleiben. Sicher ist bislang nur: Der Glaubwürdigkeit des Teams Sky und im Speziellen von David Brailsford, Bradley Wiggins und Teamarzt Richard Freeman hat sie alles andere als gut getan.

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