Die Strecke des 100. Giro d´Italia

Eine Jubiläumsausgabe voller Höchstschwierigkeiten

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Gleich zweimal geht es beim 100. Giro das Stilfserjoch hinauf. | Foto: Cor Vos

05.05.2017  |  (rsn) - Zur 100. Auflage des Giro d’Italia haben die Organisatoren der ersten großen Rundfahrt des Jahres einen denkwürdigen Streckenplan erstellt. Auf den 3572 Kilometern von Sardinien bis Mailand warten zahlreiche spektakuläre Höhepunkte und Höchstschwierigkeiten auf die 195 Starter aus 22 Teams. 16 der 20 Regionen des Landes werden durchquert, dazu weist das Profil zahlreiche legendäre Anstiege wie den zum Ätna, nach Blockhaus, zum Stelvio oder zum Mortirolo auf - letzterer ist übrigens dem vor knapp zwei Wochen bei einem Trainingsunfall ums Leben gekommenen Michele Scarponi gewidmet.

Zudem setzen die Organisatoren von RCS Sport wieder auf Höchstschwierigkeiten: Der Giro 2017 weist fast so viele Höhenmeter auf wie die extrem schweren Austragungen 2011 und 2012. Im Vergleich zum vergangenen Jahr stehen rund 5.000 Höhenmeter mehr im Programm, lediglich fünf Etappen weisen weniger als 1000 Höhenmeter auf.

Los geht die Italien-Rundfahrt 2017 am Freitag in Alghero auf der Mittelmeerinsel Sardinien, wo drei Etappen ausgetragen werden, die allesamt im Sprint entschieden werden könnten. Erstmals seit 2013 wird der Giro übrigens nicht mit einem Zeitfahren beginnen, was bedeutet, dass einer der Sprinter am Freitag in Olbia das erste Rosa Trikot wird holen können. Der zweite Tag auf Sardinien bietet den Ausreißern einige Chancen, da auf den 221 Kilometern von Olbia auf hügeligem Terrain auch zwei Bergwertungen warten, die letzte 46,9 Kilometer vor dem Ziel. Dagegen ist die 3. Etappe von Tortoli nach Cagliari fast bretteben und mit nur einer Bergwertung der 4. Kategorie versehen.

Nach dem frühen ersten von auch diesmal wieder drei Ruhetagen macht der Giro auf Sizilien Station. In der Heimat von Titelverteidiger Vincenzo Nibali sind der zweimaligen Giro-Sieger und alle anderen Aspriranten auf das Maglia Rosa bereits auf der 4. Etappe gefordert, wo am Vulkan Ätna die erste von fünf Bergankünften des Jubiläums-Giro ansteht. Der Schlussanstieg ist 17,9 Kilometer lang und führt bei maximaler Steigung von 12 Prozent auf 1892 Meter hinauf. Tags darauf kommen wieder die Sprinter zum Zug, da nach einer ersten hügeligen Etappenhälfte das Terrain auf dem Weg nach Messina, der Geburtsstadt von Nibali, immer flacher wird.

Nach der Übersetzung auf das Festland wird in Reggio Calabria in Süditalien die 6. Etappe gestartet und führt entlang des Tyrrhenischen Meeres in Richtung Norden, wo gut 23 Kilometer vor dem Ziel eine Bergwertung ansteht und spätestens auf den letzten beiden ansteigenden Kilometern in Terme Luigiane die Sprinter abgeschüttelt werden könnten. Die dürften dann wieder am folgenden Tag zum Zug kommen, auch wenn am Ende der 224 Kilometer von Castrovillari nach Alberobello ein leicht ansteigendes und kurviges Finale wartet.

Das Finale der 8. Etappe wird für die klassischen Sprinter wieder zu schwer sein, weisen die letzten 1,5 Kilometer in Peschici doch eine durchschnittliche Steigung von 5,7 Prozent auf, wobei es zum Ziel hin sogar zweistellig wird. Das neunte Teilstück ist mit seinen 149 Kilometern das bis dahin kürzeste des diesjährigen Giro, hat es aber angesichts des Schlussanstiegs in sich. Nach 75 eher unspektakulären Kilometern entlang der Adria geht es von der Küste weg in die Abruzzen hinein, wo auf den letzten 26 Kilometern die Kletterpartie zum Blockhaus beginnt - wobei die Schlusssteigung offiziell „nur“ 13,6 Kilometer lang ist. Dabei betragen die Steigungsgrade im Schnitt 8,4 Prozent, wobei vor der acht Prozent steilen Zielpassage noch eine kurze Abfahrt im Programm steht.

Nach dem zweiten Ruhetag wird das Klassement, das schon am Blockhaus deutliche Konturen erhalten hat, kräftig durcheinandergewirbelt werden, denn im 39,8 Kilometer langen Einzelzeitfahren der 10. Etappe können die Allrounder Zeit gegenüber den Kletterspezialisten gutmachen, auch wenn auf dem Weg von Foligno nach Montefalco zwei Anstiege warten. Der zum Ziel führt über knapp sechs Kilometer, ist aber nur zwischen 1,8 und 2,3 Prozent steil.

Die 11. Etappe ist dem dreimaligen Giro-Sieger Gino Bartali gewidmet und startet in dessen Geburtsort Ponte bei Florenz. Danach geht es durch die Apenninen und dabei über insgesamt vier Bergwertungen der 3. und 2. Kategorie. Nach der letzten bei Kilometer 135,8 folgt noch eine lange, nur von einer kurzen Gegensteigung unterbrochenen Abfahrt nach Bagno di Romagna, wo kletterstarke Ausreißer den Sieg unter sich ausmachen dürften. An den beiden folgenden Tagen werden die Sprinter wieder in Erscheinung treten, und zwar sowohl auf der 12. Etappe von Forli nach Reggio Emilia als auch auf dem 13. Teilstück, das im Zielort des gestrigen Tages gestartet wird und in Tortona endet, wo es zum voraussichtlich letzten Massensprint der Italien-Rundfahrt 2017 kommen wird.

In Oropa steht tags darauf die einzige Bergankunft der zweiten Giro-Woche an. Die nur 131 Kilometer lange 14. Etappe führt bis zum 11,8 Kilometer langen und 6,2 Prozent steilen Schlussanstieg über flaches Terrain. Das Finale des 15. Teilstücks ist identisch mit dem von Il Lombardia, womit der Giro dem italienischen Herbstklassiker seine Referenz erweist. Deshalb werden sich nach 199 Kilometern von Valdengo nach Bergamo auch kletterstarke Klassikerspezialisten beste Chancen ausrechnen dürfen.

Nach dem dritten und letzten Ruhetag steht der 100. Giro d’Italia ganz im Zeichen des Rosa Trikots, denn auf den fünf Hochgebirgsetappen (mit insgesamt mehr als 18.000 Höhenmetern) und dem abschließenden Einzelzeitfahren wird der Kampf um den Gesamtsieg mit voller Wucht ausgetragen werden.

Exemplarisch für die Schwere der Aufgabe steht zu Beginn der Schlusswoche die brutale 16. Etappe, die über 222 Kilometer führt und nicht weniger als 5.309 Höhenmeter beinhaltet. Im Programm stehen dabei der Mortirolo und zweimal der Stelvio - mit 2758 Metern das Dach des Giro, wo der Erste mit der Cima Coppi belohnt wird -, wobei es bei der zweiten Überquerung des auch Stilfserjochs genannten Passes auf Schweizer Gebiet bis zum 2.503 Meter hohen Umbraipass geht, von dessen höchstem Punkt eine knapp 20 Kilometer lange Abfahrt ins Ziel nach Bormio führt.

Nach einer weiteren Bergankunft in Canazei (1442 Meter), wo Ausreißer beste Chancen haben, da die Favoriten nach der Königsetappe am Vortag die Beine still halten dürften, steht eine weitere schwere Kletterpartie an: Die 18. Etappe führt über Passo Pordoi (11,9 km, 6,7%), Passo Valparola (12,3 km, 6,4%) und Passo Gardena (9,3 km, 6,4%) und endet in Ortisei / St. Ulrich. Offiziell ist das Ziel in 1219 Metern Höhe zwar nicht als Bergankunft klassifiziert, de facto aber handelt es sich um eine solche.

Etappe 19 hält die fünfte und letzte Bergankunft des Giro bereit - und zwar am Ende der 15,4 Kilometer langen und 7,3 Prozent steilen Schlusssteigung in Piancavallo. Der Anstieg ist vor allem in seiner ersten Hälfte ausgesprochen steil (im Schnitt 9,4 &% auf den ersten sechs Kilometern). Dafür verlaufen die letzten 1,5 Kilometer auf fast flachem Terrain. Tags darauf führt die letzte Hochgebirgsetappe nochmals über zwei schwere Berge: den Monte Grappa (24,2 km, 5,3%) und nach Foza (14 km, 6,7 %). Beide Anstiege zählen zur höchsten Kategorie, wobei nach der letzten Bergwertung des 100. Giro noch 15 wellige Kilometer ins Ziel nach Asiago anstehen, auf denen sich wiederum Ausreißer durchsetzen könnten.

Die Entscheidung fällt letztlich im abschließenden Einzelzeitfahren, das auf 29,3 zunächst abfallenden, dann flach ins Ziel nach Mailand verlaufenden Kilometern ausgetragen wird und wo die Spezialisten den Sieg unter sich ausmachen werden. Vielleicht kommt es im Kampf um das Rosa Trikot auch zu einer dramatischen Entscheidung wie 2012, als der Kanadier Ryder Hesjedal am damals letzten Tag im Zeitfahren von Mailand den Spanier Joaquim Rodriguez noch von der Spitze der Gesamtwertung verdrängte und den größten Sieg seiner Karriere feierte.

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