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29.05.2017 | (rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour gewonnen und für den ersten niederländischen Gesamtsieg bei einer Italien-Rundfahrt gesorgt.
Doch am "Tag der Niederländer" fuhr ein weiterer Profi aus unserem Nachbarland den größten Erfolg seiner Karriere ein: Jos van Emden (LottoNL-Jumbo) war im 29,3 Kilometer langen Zeitfahren von Monza nach Mailand um 15 Sekunden schneller als sein Landsmann.
"Ich bin so glücklich, so emotional. Ich war so oft Zweiter und das hier ist ein großer Tag für den niederländischen Radsport. Tom gewinnt, ich gewinne, endlich! Es gibt zwei sehr glückliche Menschen in diesem Zelt", freute sich der 32-jährige Zeitfahrspezialist über seinen Sieg.
Bevor er jubeln konnte, musste van Emden jedoch gut zweieinhalb Stunden auf dem "heißen Stuhl" verbringen. Der LottoNL-Profi war früh gestartet und unterbot die Zeit des bis dato führenden Manuel Quinziato (BMC) deutlich. Mit 33:08 Minuten pulverisierte er auf dem leicht abschüssigen Hochgeschwindigkeitskurs die Bestmarke des Italieners geradezu und setzte sich mit 27 Sekunden Vorsprung an die Spitze.
Das diese Zeit für eine Top-Platzierung reichen würde, war schnell klar, insbesondere als der ehemalige Zeitfahrweltmeister Vasil Kiriyienka (Sky) deutlich an der Bestmarke scheiterte. Doch sicher konnte sich van Emden erst sein, als sein Landsmann Dumoulin den Zielstrich überquerte. Danach brachen alle Dämme und der Etappengewinner ließ den Tränen freien Lauf. So groß war die Erleichterung gewesen, dass van Emden auch später im Interview immer wieder von Rührung übermannt wurde.
"Auf diesem Quadratmeter bin ich der glücklichste Mann Mailands", sagte der zweimalige Gewinner des Münsterland-Giro und erklärte, was diesen Erfolg so speziell für ihn macht: "Ich bin so glücklich, da ich immer gegen jemand von den Favoriten um die Gesamtwertung verloren habe. Die Spannung auf dem heißen Stuhl war enorm, aber nun kann ich es endlich rausbrüllen", sagte der überglückliche Niederländer, während ihm die Tränen die Wangen hinab kullerten.
Der Routinier aus Schiedam in der Provinz Südholland ist seit 2008 Berufsradfahrer. Zuvor war van Emden zwei Jahre lang für das Rabobank Development Team unterwegs, bevor er den Schritt zu den Profis wagte. Seitdem hat van Emden alle Umstrukurierungen, Namens- und Sponsorenwechsel des niederländischen Rennstalls mitgemacht. Seine größten Erfolge bis zum gestrigen Tag waren Zeitfahrsiege bei der Eneco Tour und der ZLM Tour, sowie in diesem Jahr ein Sieg bei der Johan Museeuw Classic.
Bereits 2011 belegte er Rang fünf im Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand. Auch beim Tour-de-France-Auftakt in Utrecht 2015 war van Emden als Fünfter nahe dran am Podium. Zudem überzeugte er im vergangenen Jahr mit Rang acht bei den Zeitfahrweltmeisterschaften in Doha, wobei er die Bronzemedaille nur um 35 Sekunden verpasste. Auch bei den niederländischen Zeitfahrmeisterschaften fuhr van Emden einige Male aufs Podium und sicherte sich 2010 sogar das Meistertrikot.
Wie viel Druck van Emden auf die Pedale bringen kann, zeigte er gestern in Mailand. Da war er genau wie Dumoulin mit der unglaublichen Übersetzung von 58:11 Zähnen unterwegs, was ihm wohl noch nicht genug war: "Es kam einige Male vor, dass ich noch weiter runter schalten wollte als auf das 11er. Dann weißt du, dass du schnell unterwegs bist", wurde der Zeitfahrspezialist auf der Homepage seiner Mannschaft zitiert.
Mit seinem Coup rettete van Emden am letzten Tag der 100. Italien-Rundfahrt auch die Bilanz seiner Mannschaft, die mit Kapitän Steven Kruijswijk um das Rosa Trikot kämpfen wollte. Doch der Vierte des letztjährigen Giro konnte nie an sein volles Leistungsvermögen anknüpfen, auch, weil er mit einer gebrochenen Rippe startete, die er sich bei der Tour de Yorkshire in einem Sturz zugezogen hatte. Trotzdem hielt der 29-Jährige sich gut und lag bis zum Start der 20. Etappe unter den Top Ten. Zum letzten Teilstück konnte Kruijswijk jedoch nicht mehr antreten, da er sich am Abend zuvor schwere Magenprobleme eingefangen hatte.
Der Sportliche Leiter der niederländischen Mannschaft, der ehemalige Rabobank und Quick-Step-Profi Addy Engels, wusste da aber, wie der Giro seiner gebeutelten Mannschaft noch zu retten sein würde. "Jos van Emden hat seine Kraft für das morgige Zeitfahren von Monza zum Mailänder Dom aufgespart. Wir hoffen, dass wir den Giro dort mit einem guten Resultat abschließen können", so der Niederländer am Samstag auf der Homepage seiner Mannschaft.
Und tatsächlich holte van Emden an diesem 28. Mai zum großen Schlag aus.
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