Jungels verteidigt auf 6. Giro-Etappe Rosa Trikot

Dillier ringt Stuyven nieder, Pöstlberger geht die Kraft aus

Foto zu dem Text "Dillier ringt Stuyven nieder, Pöstlberger geht die Kraft aus"
Silvan Dillier (BMC) ringt Jasper Stuyven (Trek-Segafredo, li.) im Zielsprint der 6. Giro-Etappe nieder. | Foto: Cor Vos

11.05.2017  |  (rsn) - Auf der 6. Etappe des 100. Giro d’Italia griff Lukas Pöstlberger (Bora-hansgrohe) nach einem weiteren Sieg. Der 25-jährige Österreicher, der nach seinem Auftakterfolg auf Sardinien auch für einen Tag im Rosa Trikot unterwegs gewesen war, wurde für seine Mühen am Ende eines langen Tages in der Ausreißergruppe allerdings nicht belohnt. Da ihm im entscheidenden Sprint die Kräfte ausgingen, musste sich Pöstleberger nach 217 Kilometern von Reggio Calabria nach Terme Luigiane mit Rang drei begnügen.

Den Sieg holte sich in einem engen Duell der Schweizer Silvan Dillier (BMC) vor dem bitter enttäuschten Belgier Jasper Stuyven (Trek-Segafredo), der als sprintstärkerer Fahrer gilt, sich aber auf der ansteigenden Zielgerade dem 26-jährigen Dillier knapp geschlagen geben musste und fast schon verzweifelt mit seiner Faust auf den Lenker schlug. Umso euphorischer war der Etappengewinner.

"Natürlich ist das der bisher größte Sieg meiner Karriere. Es ist so schwer zu beschreiben. Es ist einfach fantastisch, dass ich gewonnen habe“, freute sich Dillier über den ersten Grand Tour-Sieg seiner Profilaufbahn. "Es war schwer, vorne zu bleiben, aber Jasper Stuyven zu schlagen ist schon verrückt. Ich kann das noch gar nicht glauben. Ich wusste, dass ich in einem harten Sprint genügend Power habe, ich kann dann einen großen Gang treten.“

Dagegen machte Stuyven keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über den zweiten Platz. "Es war so knapp heute…alles lief perfekt. Es hat nur die Kirsche auf dem Kuchen gefehlt“, twitterte der 24-Jährige, der gut fünf Kilometer vor dem Ziel vergeblich versucht hatte, seine Konkurrenten im letzten Anstieg des Tages  abzuschütteln. Dillier reagierte da sofort, Pöstlberger bereitete es etwas größere Mühe, den Anschluss wieder herzustellen, wogegen der Italiener Simone Andreetta (Bardiani-CSF) abreißen lassen musste und schließlich Vierter wurde.

Pöstlberger führte das Trio kurze Zeit später auf den Schlusskilometer und wollte es im Gegensatz zu seiner erfolgreichen Aktion zum Giro-Auftakt diesmal auf den Sprint ankommen lassen. Bis 200 Meter vor dem Ziel schauten sich die drei Ausreißer an. Dann trat Dillier an, Stuyven zog mit, doch der Bora-Profi konnte nicht gegenhalten und kam schließlich mit zwölf Sekunden Rückstand ins Ziel “Ich kann ein hohes Tempo zum Finale gehen, aber die anderen Jungs sind die besseren Sprinter“, sagte Pöstlberger im Ziel und fügte selbstkritisch, aber nicht unzufrieden an: „Ich hätte es besser mit einer Attacke auf dem Schlusskilometer versuchen sollen, aber nach 200 Kilometer in der Fluchtgruppe weiß man nie, wie die Dinge laufen können.“

Perfekt liefen die Dinge schließlich für Dillier, der mit letzter Kraft Stuyven regelrecht niederrang und somit auch für das erste Giro-Erfolgserlebnis 2017 für BMC sorgte. Dabei hatte es anfangs gar nicht unbedingt danach ausgesehen, denn der Aargauer wurde schon kurz nach dem Startschuss durch einen Plattfuß gestoppt. "Ich kam aber zurück und schaffte dann sofort den Sprung in die Fluchtgruppe“, berichtete er.

Viel ruhiger als an der Spitze ging es im Feld zu, das erst im Finale die Zügel anzog. Bob Jungels (Quick-Step Floors) wurde letzlich Etappenachter und hatte keine Mühe, sein Rosa Trikot zu behaupten. Der Luxemburgische Meister führt mit unverändert sechs Sekunden Vorsprung auf den Briten Geraint Thomas (Sky) und zehn Sekunden auf dessen Landsmann Adam Yates (Orica-Scott) die Gesamtwertung an. "Für uns war das mit der Fluchtgruppe eine ideale Situation. Wir haben gehofft, dass die Gruppe durchkommen würde, so dass die Bonussekunden weg wären. Ich musste nur ein Auge auf meine Gegner werfen. Das hat am Ende geklappt“, sagte der 24-Jährige nach seinem dritten Tag im Rosa Trikot.

Vielleicht motivierte der Besuch von Tour-Chef Christian Prudhomme im heutigen Giro-Startort die fünf Ausreißer ganz besonders? Dillier, Stuyven und sein junger Teamkollege Mads Perdersen, Pöstlberger, der offensichtlich Appetit auf einen zweiten Etappensieg verspürte, sowie Andreetta als einziger Vertreter eines Zweitdivisionärs zogen am ersten Tag auf dem Festland bei hohem Tempo schnell davon und fuhren sich 8:30 Minuten an Vorsprung heraus, ohne dass im Feld eine Reaktion festzustellen gewesen wäre.

Bei der Fahrt nach Norden am Tyrrhenischen Meer entlang sorgten in der Folge auch vor allem Cannondale-Drapac, die Gesamtführenden der Teamwertung, und Wilier Triestina, für die Verfolgung der fünfköpfigen Spitzengruppe. Doch der Abstand zwischen beiden schrumpfte nur langsam, vor allem, weil die Ausreißer gut harmonierten und das Tempo hoch halten konnten. Selbst als sich Cannondale in fast kompletter Mannschaftsstärke vor das Feld spannte, kamen die Verfolger nicht wesentlich näher an Dillier & Co heran.

Als 50 Kilometer vor dem Ziel noch immer fast fünf Minuten als Abstand angegeben wurden, schalteten sich Dimension Data und Astana bei der Jagd mit ein, wogegen Quick-Step Floors sich weiterhin zurückhielt. 26 Kilometer vor dem Ziel schließlich und unmittelbar vor der Hügelzone nahm Cannondale im Anstieg nach Fuscaldo die Beine hoch. Angesichts von rund drei Minuten an Vorsprung konnten die Ausreißer so langsam an ein Durchkommen denken, auch wenn Quick-Step nun Jungels nach vorne brachte - aber eher um das Rennen zu kontrollieren, als zu einer finalen Jagd zu blasen. Zeichen dafür war, dass sogar Sprinter Fernando Gaviria die Führungsarbeit übernahm.

Auf den engen und verwinkelten Straßen verteidigte das Quintett zäh seinen Vorsprung, wobei sich der junge Pedersen für seinen Kapitän Stuyven aufrieb und gut sechs Kilometer vor dem Ziel entkräftet aus der Gruppe herausfiel. Kurz darauf musste Andreetta der Tempoverschärfung von Stuyven seinen Tribut zollen, so dass nur noch drei der ehemals fünf Ausreißer die zwei Kilometer lange und im Schnitt fünf Prozent steile Schlusssteigung erreichten, um dort um den Sieg zu kämpfen.

Das auf den letzten schweren Kilometern auf nur noch rund 30 Fahrer geschrumpfte Feld - darunter alle Favoriten - kam zwar noch einmal etwas näher an die Spitzengruppe heran, aber mehr als den Sprint um Platz fünf, den 39 Sekunden hinter Dillier der Kanadier Michael Woods (Cannondale-Drapac) für sich entschied, sprang nicht heraus.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.12.2017Dumoulin will ein zweites “shit-gate“ vermeiden

(rsn) - Noch steht nicht fest, ob Tom Dumoulin im kommenden Jahr beim Giro d’Italia zur Titelverteidigung antreten wird. Sollte es dazu kommen, möchte der Niederländer auf jeden Fall Szenen wie be

01.06.2017Giro-Sieger Dumoulin in seiner Heimatstadt Maastricht geehrt

(rsn) - Tom Dumoulin ist am Mittwoch in Maastricht von Tausenden von Radsportfans gefeiert worden. Der Gewinner des diesjährigen Giro d’Italia präsentierte sein Rosa Trikot und die Trofeo Senza Fi

30.05.2017Gazetta: Nibali verzichtet zugunsten der Vuelta auf die Tour

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird auf die Tour de France verzichten und stattdessen die Vuelta a España zu seinem nächsten große Ziel in diesem Jahr machen. Das meldete die Gazzetta de

30.05.2017Lastet auf dem Giro ein Triple-Fluch?

(rsn) - Nachdem Vincenzo Nibali am vergangenen Wochenende dabei gescheitert ist, seinen dritten Gesamtsieg beim Giro d’Italia einzufahren, drängt sich der Eindruck auf, dass ein Triple-Fluch auf de

29.05.2017Giro-Sieger Dumoulin rückt auf Rang drei der WorldTour-Rangliste vor

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er zudem noch zwei Etappenerfolge feiern konnte, hat sich Tom Dumoulin (Sunweb) vom 27. auf den dritten Platz der WorldTour-Einzelwertung verbess

29.05.2017Quintana bekam nicht das, was er wollte

(rsn) - "You can’t always get what you want“ lautet der Titel einer der berühmtesten Songs der Rockgeschichte. Das Stück von den Rolling Stones könnte Nairo Quintana - so er die "Stones" überh

29.05.2017Dumoulin: “Irgendwann will ich die Tour gewinnen“

Mailand (dpa) - Kaum war Tom Dumoulin in Mailand als erster niederländischer Sieger beim Giro d`Italia gekrönt, folgten auch schon die Fragen zur Tour de France. "Das Nächste sind ein Bier und Barb

29.05.2017Gaviria: "Diese Erfolge waren außerhalb meiner Fantasie"

(rsn) - Bereits beim letztjährigen Giro d´Italia lieferte die Quick-Step Floors-Mannschaft eine beeindruckende Vorstellung ab. Durch Marcel Kittel, Gianluca Brambilla und Matteo Trentin gewann das b

29.05.2017Van Emden brachte auch Dumoulins Übersetzung an ihre Grenze

(rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour

29.05.2017Nibali: "Ich habe mehr von mir selbst erwartet"

(rsn) - Zum großen Giro-Finale in Mailand konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) die Hoffnungen der italienischen Fans auf seinen dritten Giro-Triumph nach 2013 und 2016 nicht erfüllen. Der 32-jäh

29.05.2017Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht

(rsn) - Vive le Tour de France - die Frankreich-Rundfahrt ist im Radsport das Maß der Dinge. Doch der Giro d´Italia hat mächtig aufgeholt und in Punkto Spannung der Frankreich-Rundfahrt wenigstens

28.05.2017Platz 16 beim Giro - Pömer sagt Konrad eine große Zukunft voraus

(rsn) - Mit einem weiteren Top-Ten-Ergebnis hat das deutsche Bora-hansgrohe-Team den 100. Giro d’Italia beendet. Jan Barta landete im abschließenden Zeitfahren von Monza nach Mailand auf dem sechst

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Zwei kräftezehrende Grand Tours haben “etwas bewirkt“

(rsn) – Nach seinem Etappensieg und Platz acht in der Gesamtwertung der Tour de France 2023 war Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) mit großen Erwartungen in die Saison 2024 gestartet, in

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine