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23.09.2017 | (rsn) - Wie erwartet hat das niederländische Team dem WM-Straßenrennen der Frauen seinen Stempel aufgedrückt. Doch nach 152,8 Kilometern auf dem Rundkurs von Bergen triumphierten weder Olympiasiegerin Anna van der Breggen noch Zeitfahrweltmeisterin Annemiek van Vleuten. Vielmehr war es Chantal Blaak, die nach einer Attacke acht Kilometer vor Schluss als Solistin das Ziel erreichte und den größten Erfolg ihrer Karriere feierte.
Im Sprint der Verfolgerinnen holte sich 28 Sekunden hinter der neuen Weltmeisterin die Australierin Katrin Garfoot die Silbermedaille vor der dänischen Titelverteidigerin Amalie Dideriksen. Den überragenden Auftritt der Niederländerinnen rundeten van Vleuten als Vierte und van der Breggen auf Rang acht ab. Dazwischen landeten noch die starke Polin Katarzyna Niewiadoma, die Luxemburgerin Christine Majerus und die Norwegerin Susanne Andersen.
"Wir haben nicht miteinander geredet, aber wir wussten, was zu tun war“, sagte die 27-jährige Blaak, die bereits früh gestürzt war, um dann aber doch den Sprung in die vorentscheidende siebenköpfige Gruppe zu schaffen, die sich auf der letzten von acht Runden am Salmon Hill gebildet hatte. „Wir waren zu dritt in der Gruppe und das bedeutete, dass wir attackieren und es nicht auf einen Sprint ankommen lassen sollten. Zuerst griff Annemiek an. Jeder reagierte und ich dachte, dass das ein guter Moment sei“, schilderte sie den Moment, der ihr die Goldmedaille einbrachte, weil keine ihrer Konkurrentinnen reagierte - und ihre Teamkollegen van Vleuten und van der Breggen gleich gar nicht.
"Ich weiß nicht, was dann passiert ist, aber sie sind mir entweder nicht gefolgt oder sie haben zu lang gewartet. Das ist wirklich ein Traum, den ich noch nicht glauben kann“, so Blaak, die als erste Niederländerin seit Marianne Vos 2013 wieder das Regenbogentrikot eroberte und die damit der Favoritenrolle gerecht wurde, in der sich das Oranje-Team befand.
"Wir hatten ein wirklich gutes Teamwork. Alles war geplant. Jede von uns war stark und wir sind aggressiv gefahren. Natürlich hatten wir viel Druck, denn wenn du in einer Ausreißergruppe bist, dann musst du gewinnen“, fügte Blaak an.
Die deutschen Fahrerinnen spielten im Kampf um die Medaillen keine Rolle. Lisa Brennauer belegte als beste BDR-Starterin Rang 42. "Bis zur vorletzten Runde bin ich im Pulk mitgerollt. Aber ich habe schon unterwegs zu den Mädels gesagt, wenn gleich die Post abgeht, müsst ihr auf mich nicht setzen. Das Rennen war einfach eine Runde zu lang", so Brennauer nach dem bisher längsten WM-Frauenrennen der Geschichte.
Ähnlich äußerte sich Bundestrainer André Korff, der ebenfalls die Distanz als Knackpunkt für sein Team ansah. "Wir gehörten nicht zu den Favoriten, aber wir hatten gehofft, dass jemand von uns dabei wäre, wenn es Gruppen gibt. Das Finale war sehr sehr schnell, da sind wir leider nicht mitgekommen. Letztlich waren die Mädels nicht in der Lage, die lange Distanz vorn mitzugehen", fasste er das enttäuschende Ergebnis zusammen.
Auf der ersten der acht Runden attackierte die Schwedin Sara Penton und fand sich nach rund 16 Kilometern allein an der Spitze des Rennens wieder. Hinter der Solistin bestimmten bei strahlendem Sonnenschein die Teams aus den Niederlanden, Großbritannien und Polen das Geschehen und hielten den Rückstand auf unter einer Minute.
Am Ende der zweiten Runde schickte das britische Team Melissa Lowther nach vorn, die schnell die Lücke zu Penton schloss und ihre Begleiterin an der dritten Überquerung des Salmon Hill stehen ließ, wogegen Penton kurz darauf vom Feld geschluckt wurde. Doch am Ende der dritten Runde war auch der Fluchtversuch von Lowther beendet.
Nachdem die Norwegerin Susanne Andersen eine weitere vergeblich Attacke gefahren war, reagierte das niederländische Team erstmals auf der fünften Runde und ließ Amy Pieters 70 Kilometer vor dem Ziel kurz vor dem Salmon Hill in die Offensive gehen. Sie erhielt prompt Begleitung von der Britin Hannah Barnes und der Australierin Gracie Elvin.
In der folgenden Abfahrt kam es zum ersten folgenschweren Sturz, bei dem in einer Linkskurve unter anderem auch Blaak, die Deutsche Meisterin Lisa Klein, Megan Guarnier (USA), Elisa Balsamo, Elena Cecchini (beide Italien), und Kirsti Lay (Kanada) verwickelt waren. Bis auf Guarnier, die ins Krankenhaus gebracht werden musste, konnten aber alle Gestürzten das Rennen fortsetzen. Durch die entstandene Verwirrung konnten die Ausreißerinnen bis zu Beginn der sechsten Runde ihren Vorsprung auf rund 30 Sekunden ausbauen.
Doch in Folge der Tempoarbeit der Amerikanerinnen wurde das Trio bereits 48 Kilometer vor dem Ziel nach der sechsten Überquerung des „Lachshügels“ fast wieder eingefangen. Doch kurz vor dem Zusammenschluss vergrößerte sich die Gruppe um Lucinda Brand, einer weiteren Fahrerin aus dem Oranje-Team und Gracie Elvin, die den Platz ihrer Teamkollegin Neylan einnahm. Doch auch diese Bemühungen waren vergebens, weil das Feld bei nun immer höher werdendem Tempo alle Ausreißerinnen noch vor Beginn der vorletzten Runde stellte.
Kurz darauf initiierte die Britin Danielle King mit ihrer Attacke am Anstieg nach Solheimsviken eine weitere Vierergruppe, zu der noch die Französin Elise Delzenne, die Australierin Amanda Spratt und die Niederländerin Janneke Ensing gehörten. Und am Fuß des Salmon Hill stieß auch noch die Schwedin Hanna Nilsson dazu. Wichtigeres tat sich aber rund 30 Sekunden dahinter im Feld, in dem Olympiasiegerin van der Breggen mit einer Tempoverschärfung dieses sprengte und eine rund zehnköpfige Gruppe nach vorn führte, wo schließlich elf Fahrerinnen - darunter gleich drei Niederländerinnen - knapp 30 Kilometer vor dem Ziel die neue Spitze bildeten.
Mit dabei waren neben van der Breggen, van Vleuten und Ensing, dagegen gelang keiner der deutschen Fahrerinnen der Sprung in die Gruppe, die aber in der Anfahrt zur Ziellinie vom aufmerksamen Feld gestellt wurden. Prompt attackierte mit Blaak die nächste Niederländerin, gefolgt von Hannah Barnes, die sich ein zweites Mal als Ausreißerin versuchte, und der Französin Audrey Cordon. Das Trio nahm mit rund 30 Sekunden Vorsprung auf das noch rund 30 Fahrerinnen umfassende Feld mit fast allen Favoritinnen sowie den drei Deutschen Brennauer, Worrack und Klein die Schlussrunde in Angriff. Dazwischen befand sich noch die Australierin Sarah Roy.
Doch im finalen Anstieg zum Salmon Hill attackierte zwölf Kilometer vor dem Ziel keine der Niederländerinnen, sondern Niewiadoma, gefolgt von van Vleuten, van der Breggen und Garfoot. Schnell schlossen die Favoritinnen zum Spitzentrio auf und gemeinsam jagten nun sieben Fahrerinnen die Abfahrt bei rund 45 Sekunden Vorsprung auf die nächsten Verfolgerinnen hinab. Danach nahmen die Niederländerinnen wieder das Heft in die Hand. Die nach ihrem Sturz an der Schulter gezeichnete Blaak zog auf den letzten acht Kilometern davon und fuhr sich schnell einen Vorsprung von 20 Sekunden heraus. Auf den letzten vier Kilometern attackierte Niewiadoma nochmals, doch auch dieser Versuch der jungen Polin war vergebens.
Danach nahmen die Verfolgerinnen die Beine hoch, so dass eine zweite Gruppe noch auf den letzten Metern aufschließen konnte. Völlig ungefährdet war dagegen Blaaks Sieg, die ihren Triumph bereits vorzeitig genießen und sich feiern lassen konnte. Im Sprint der Verfolgerinnen holte sich Garfoot ihre zweite WM-Medaille, nachdem sie bereits im Zeitfahren Bronze gewonnen hatte. Und Vorjahrssiegerin Dideriksen kehrt als Dritte von Bergen auch diesmal mit einer Medaille nach Hause zurück.
Endstand:
2. Katrin Garfoot (Australien) +0:28
3. Amalie Dideriksen (Dänemark) s.t.
4. Annemiek van Vleuten (Niederlande)
5. Katarzyna Niewiadoma (Polen)
6. Christine Majerus (Luxemburg)
7. Susanne Andersen (Norwegen)
8. Anna van der Breggen (Niederlande)
9. Emilia Fahlin (Schweden)
10.Elena Cecchini (Italien)
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