Der Mann des Frühjahrs gewinnt in Sanremo

Alaphilippe auch bei La Primavera unschlagbar

Von Peter Maurer

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Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) mit seiner Tempoverschärfung am Poggio | Foto: Cor Vos

23.03.2019  |  (rsn) - Auf der Via Roma war der Topfavorit auch der stärkste Fahrer: Erstmals in seiner Karriere gewann Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step) mit Mailand-Sanremo eines der fünf Monumente. Am Poggio, der letzten Steigung des Tages, sorgte der Franzose mit seinem Angriff für Vorentscheidung, ehe er  mit elf weiteren Fahrern er nach Sanremo hinab jagte, wo er sich im Sprint seinen siebten Saisonsieg sichern konnte.

"Ich muss das erst realisieren. Unglaublich, was mein Team und ich heute geleistet haben. Den ganzen Tag haben wir das Rennen kontrolliert und dann am Poggio verschärft", resümierte der 26-Jährige im Ziel. Zweiter wurde der Belgier Oliver Naesen (AG2R La Mondiale), der erstmals bei Mailand-Sanremo auf dem Podium landete. "Das ist ein unglaubliches Ergebnis für mich. Ich denke Alaphilippe war unschlagbar heute. Wir hatten eine extrem gut besetzte Gruppe und er war mit Abstand der beste", sagte Naesen.

Rang drei ging an Michal Kwiatkowski, der es diesmal als einziger von fünf ehemaligen Gewinnern im Starterfeld auf das Podest schaffte. "Das ist ein gutes Ergebnis für mich, aber wenn man so knapp am Sieg dran ist, dann will man natürlich nochmals gewinnen. Julian war aber der stärkste, denn die Attacke am Poggio war richtig toll", analysierte der Pole. Vierter wurde der dreimalige Straßenweltmeister Peter Sagan (Bora - hansgrohe), der aktuelle Regenbogentrikotträger Alejandro Valverde (Movistar) belegte Rang sieben vor Vorjahressieger Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida).

Bester deutschsprachiger Fahrer war der Österreicher Marco Haller (Katusha - Alpecin), der die "Primavera" auf Platz 17 beendete. Der Oberurseler John Degenkolb (Trek - Segafredo) hatte Pech, als ihm im Finale die Kette herab sprang.

So lief das Rennen:

175 Fahrer nahmen bei strahlendem Frühlingswetter den längsten Eintagesklassiker des Jahres in Mailand in Angriff. Kurz nach dem Start kam es schon zu den ersten Angriffen. Es waren die Wildcard-Teams, die erfolgreich um die Gruppe des Tages kämpften. Fausta Masnada (Androni Giocattoli), Mirco Maestri, Alessandro Tonelli (beide Bardiani – CSF), Guy Sagiv (Israel Cycling Academy), Luca Raggio, Sebastian Schönberger (beide Neri Sottoli – Selle Italia – KTM) sowie Joonas Henttala, Andrea Peron, Charles Planet und Umberto Poli (alle Novo Nordisk) konnten maximal zehn Minuten Vorsprung herausfahren. Für den Italiener Maestri war es eine bekannte Situation. Er schaffte zum vierten Mal in Folge bei La Primavera den Sprung in die Gruppe des Tages.

Schon nach 30 Kilometern hatten sich die Ausreißer rund um den Oberösterreicher Schönberger den Maximalvorsprung erarbeitet. Bis zum Passo del Turchino hielten sie den Vorsprung gegenüber dem von Deceuninck – Quick-Step und Lotto Soudal kontrollierten Feld auf über sechs Minuten. Nach der Rennhälfte sank der Vorsprung zusehends, die Gruppe rettete sich zwar noch über die vier Capi im letzten Rennviertel. Im Anstieg zur Cipressa, 27 Kilometer vor Sanremo, wurde Masnada als letzter Fahrer gestellt. Astana führte das große Feld bei kontrolliertem Tempo über die vorletzte Steigung des Rennens. Von den Topsprintern hatte nur Dylan Groenewegen (Jumbo – Visma) Probleme und kam am Ende des Feldes über die Hügelkuppe.

Die erste Attacke folgte dann überraschend in der Abfahrt. Der Italiener Niccolo Bonifazio (Direct Energie) nahm allen seinen Mut zusammen und mit großem Risiko schaffte er es, einen Vorsprung von 15 Sekunden auf das nachjagende Feld aufzubauen. Seine Aktion spaltete das Feld in zwei Gruppen. Doch eine aufmerksame fahrende Lotto-Soudal-Mannschaft, angeführt vom Deutschen Roger Kluge, konnte das hintere Feld wieder heranführen.

11,7 Kilometer vor dem Ziel wurde dann Bonifazio eingeholt und es wartete mit dem Poggio der letzte Anstieg des Tages. Dort sorgte Deceuninck – Quick-Step für das Tempo und, angeführt von Philippe Gilbert und Zdenek Stybar, schüttelten sie sogar ihren Sprintspezialisten Elia Viviani ab. Dann war es Alaphilippe, der eine Attacke von Simon Clarke (EF Education First) konterte und eine Siebenergruppe mit Kwiatkowski, Sagan, Europameister Matteo Trentin (Mitchelton – Scott), Weltmeister Valverde und Wout van Aert (Jumbo – Visma) über den Poggio führte. In der Abfahrt schlossen weitere Fahrer, darunter auch Tom Dumoulin und Michael Matthews (beide Sunweb) auf, während dahinter John Degenkolb (Trek – Segafredo) einen Defekt erlitt. Dem letzten deutschen Sieger fiel in der Abfahrt die Kette vom Rad.

"Ich wollte am Poggio unbedingt eine Selektion herbeiführen, am Ende waren wir ausschließlich mit Topfahrern unterwegs“, sagte Alaphilippe später im Siegerinterview. Aber auch die letzten Angriffe von Trentin oder Matej Mohoric (Bahrain - Merida) konnten den Schlagabtausch im Sprint der Favoriten nicht verhindern, den der Mann des bisherigen Frühjahrs vor Naesen und Kwiatkowski gewann: "600 Meter vor dem Ziel dachte ich mir jetzt oder nie“, erinnerte sich der 26-jährige Alaphilippe, der heuer noch bei jeder Rennteilnahme einen Sieg zu verbuchen hat. 

Letztlich hatte niemand dem Spurt des Deceuninck-Profis etwas zu entgegensetzen. Alaphilippe beendete damit auch die schwarze Serie seines Teams bei der Primavera. Denn 2006 gewann Filippo Pozzato als letzter Fahrer der belgischen Equipe dieses Rennen, seitdem wartete die Mannschaft von Patrick Lefevere auf ein Erfolgserlebnis auf der Via Roma. Dafür sorgte am Samstag Alaphilippe in überragender Manier.

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