Tour du Faso-Tagebuch

Kurzer Traum von Gelb und am Ende kämpferischster Fahrer

Von Anton Benedix

Foto zu dem Text "Kurzer Traum von Gelb und am Ende kämpferischster Fahrer"
Das Team Embrace the World bei der Tour du Faso | Foto: Embrace the World

30.10.2019  |  (rsn) - Am Morgen der 6. Etappe mussten wir uns schweren Herzens von unserem Teamkollegen und Berichterstatter Frederik verabschieden, weswegen wir für die übrigen Tage abwechselnd die Berichte schreiben. Frederik Volmerg hatte auf der 5. Etappe einen Sturz mit Rahmenbruch, was für ihn das vorzeitige Aus bedeutete.

Heute ging es direkt in Ouagadougou mit der 118 Kilometer langen 6. Etappe los. An Platten kurz vor dem Start haben wir uns bereits gewöhnt und ich wechselte noch schnell mein Laufrad, nachdem ich auf dem Place de la Nation ein paar Runden auf dem falschen Untergrund drehte. Schön routiniert rollten wir los und nach dem Start wurde, wie von uns beabsichtigt, "scharf geschossen". Über die breite Stadtausfahrtsstraße attackierten wir abwechselnd und meine erste Attacke hat dann auch gleich gesessen. Mit einem Burkinabé im Schlepptau fuhr ich für einige Kilometer an der Spitze des Rennens.

Dass wir zu Zweit wohl kaum im Ziel ankommen würden, wurde uns bald klar und wir ließen uns von weiteren zehn Verfolgern inklusive Vorjahressieger Mathias Sorgho und mehreren seiner Helfer einholen. "Perfekte Gruppe" - dachte ich mir und beteiligte mich an der Führungsarbeit. Spekulierte ich doch darauf, dass Sorgho endlich mal im Gesamtklassement Plätze gut machen wollte.

Da ich jedoch noch vor ihm platziert war, fuhr ich zeitweise sogar im virtuellen Gelben Trikot. Der Vorsprung lag nach 50 Kilometern bei zwei Minuten. Sorgho hatte es auf die Bonussekunden der Zwischensprints abgesehen, die ich leider meistens zu spät als solche identifizierte. Im Feld folgten meine Teamkollegen jeder Attacke und ließen nichts anbrennen.

Der Vorsprung schmolz dahin und der Niederländer Peter Merx machte uns mit mehreren Attacken die Hölle heiß. Schließlich kam er davon, zwei weitere Fahrer hinterher. Ich pokerte und wartete, bis Sorgho und Helfer die Lücke schlossen. Doch nichts passierte, und während wir Stehversuche machten, sah ich hinter mir schon das Feld anrollen. Ein scheiß Gefühl war das vielleicht. Aus der Traum vom Gelben Trikot.

Abhaken und sich auf den Schlusssprint konzentrieren. Doch die Beine waren nach dem Tag sehr müde und ich konnte mich durch gute Tempoarbeit vom Team und eine cleveren Linienwahl in der Schlusskurve noch auf Platz zehn retten. Peter Merx kam mit einigen Sekunden Vorsprung alleine durch.

Beim Umziehen dann doch noch die gute Nachricht: "numéro cinquante-six à la cérémonie s'il vous plaît" - ausgezeichnet als kämpferischster Fahrer! Da hat sich die Arbeit in der Gruppe gelohnt. Doch das Beste kommt als wir zur Essensausgabe gehen: Pool und Duschen. Mehr konnte man mich nach dieser Etappe nicht zufriedenstellen. Nach dem Sprung ins Wasser spürte ich den Beginn der Regeneration in meinen Beinen.

Die werden wir brauchen, morgen stehen 182 Kilometer auf dem Programm.

Euer Anton

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.11.2019Unvergessliche Eindrücke aus einem radsportverrückten Land

(rsn) - Zum Start der finalen Etappe ging es heute (Sonntag) mit dem Bus ca. 50 Kilometer raus aus der Stadt. Dieselbe Strecke dann mit Rückenwind zurück ins Zentrum, wo es einen vier Kilometern la

03.11.2019Viel verbundene Haut und Alu statt Carbon

(rsn) - Heute meldet sich an dieser Stelle ETW-Gastfahrer David. Langsam neigt sich meine erste UCI-Rundfahrt dem Ende entgegen und die bisherigen acht Etappen haben ihre Spuren hinterlassen. Im Feld

02.11.2019Ein Tag zum Vergessen!

(rsn) - Heute (Freitag) berichte ich, Sebastian Beyer, euch von der 8. Etappe der Tour de Faso. Nachdem Matthias (Plattner) gestern einen hervorragenden dritten Platz einfahren konnte, war die Motiva

01.11.2019Trotz Motorüberhitzung noch auf Platz drei geschlichen

(rsn) - Die Tour du Faso ging am Donnerstag in die siebte Runde, und da unser gestriger Schreiberling keine Lust mehr hatte, Texte auf dem Handy zu tippen, übernimmt das heute der Schweizer. Nach de

28.10.2019Anton mit seinem Sieg war der Hammer, ich dagegen der Nagel

(rsn) - Es gibt das schöne Sprichwort: “Manchmal bist du der Hammer und manchmal bist du der Nagel.“ Fangen wir also mit dem sprichwörtlichen Hammer an: Der erste Etappensieg ist eingefahren. A

28.10.2019Bekanntschaft mit einer ganz neuen Art von Taktik gemacht

(rsn) - Heute (Sonntag, d. Red) melde ich mich aus dem Togo. Start war in Tenkodogo direkt vor unserem Hotel und das Ziel in Dapong in Togo. Nachdem das spannendste am gestrigen Rennen einige Ziegen,

26.10.2019Total abgefahren: Mit 65km/h in den Menschentrichter gesprintet!

(rsn) - Vorweg gesagt: Martin Luther heißt eigentlich Anton (Benedix, d. Red), aber wenn ich seine Frisur sehe, schreit eine Stimme in meinem Kopf: “Das ist Martin Luther!“ Aber fangen wir doch a

26.10.2019Pendeln zwischen völliger Lethargie und Vollstrom

(rsn) - Nach der entspannten Trainingsrunde gestern, stand heute (Freitag, d. Red) der Prolog auf dem Programm. Nachdem einige meiner Teamkollegen gestern noch auf dem Geburtstag der Nichte unseres l

25.10.2019Logistische Herausforderungen schon vor dem Start

(rsn) – Hallo, liebe Leser. Mein Name ist Frederik Volmerg und ich fahre gerne Radrennen. Unser Tagebuchspezialist Hermann Keller ist hier bei der Tour du Faso nicht dabei, also habe ich mich berei

Weitere Radsportnachrichten

21.11.2024Tarling will Fokus auf Klassiker legen

(rsn) – Wenn Josh Tarling (Ineos Grenadiers) erfolgreich ist, dann im Zeitfahren. Als der heute 20-Jährige vor zwei Jahren den Sprung von den Junioren direkt zu den Profis machte, überzeugte der B

21.11.2024GPS-Tracking: Tour de Suisse und Tour of Austria wollen UCI zuvorkommen

(rsn) – Die tödlichen Unfälle von Gino Mäder, André Drege und Muriel Furrer in den vergangenen 17 Monaten werden zumindest bei Rundfahrten in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich un

21.11.2024Wiggins-Schulden deutlich höher als zunächst angenommen

(rsn) – Offenbar sind die Schulden von Bradley Wiggins deutlich höher als bisher angenommen. Als im Juni ein Insolvenzverfahren gegen den Tour-de-France-Sieger von 2012 eröffnet wurde, weil seine

21.11.2024Uijtdebroeks denkt über Rallye-Karriere nach

(rsn) – Seine Profikarriere als Radsportler hat kaum begonnen, da macht sich Cian Uijtdebroeks schon Gedanken über die Zeit danach. Der 21-Jährige hat jüngst in einem Interview mit Het Nieuwsblad

21.11.2024Pogacar schließt Start bei Paris-Roubaix nicht aus

(rsn) – Fährt er, oder fährt er nicht? Zuletzt schien es so, als wolle Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) für die nächsten Jahre noch einen Bogen um Paris-Roubaix machen. Doch neue Aussagen des 2

21.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

21.11.2024Nach Dopingsperre jetzt Haft auf Bewährung gefordert

(rsn) - Nach vier Jahren Dopingsperre aufgrund eines positiven Test auf Epo im Jahr 2019 droht der früheren französischen Radsportlerin Marion Sicot jetzt eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung.

21.11.2024Amador beendet Karriere trotz Vertrag, Movistar macht Nägel mit Köpfen

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

20.11.2024Pieterse gibt ihr Cross-Programm bekannt

(rsn) – Mountainbikeweltmeisterin Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) hat auf ihren Social-Media-Kanälen ihr Programm für den Winter bekannt gegeben. Die 22-Jährige steigt erst Mitte Dezember be

20.11.2024Das Pech zog sich wie ein roter Faden durchs Jahr

(rsn) – Nach einer starken Saison 2023, als er Deutscher U23-Meister auf der Straße und im Zeitfahren wurde sowie einen sechsten Platz im WM-Straßenrennen der Espoirs einfuhr, ging Moritz Kretschy

20.11.2024Die negativen Erlebnisse übermalten die positiven

(rsn) - Eigentlich hatte sich Marco Schrettl (Tirol - KTM) 2024 vorgenommen mit tollen Leistungen eine starke Empfehlung an die besten Teams des Straßenradsports abzugeben, doch ganz klappte der ambi

20.11.2024Drei Mal Gold zu holen bleibt ein Traum

(rsn) – Madison-Gold bei EM und WM, dazu zwei Podien in UCI-Rennen auf der Straße. Für Roger Kluge (rad-net – Oßwald) lief die Saison 2024 eigentlich perfekt, wäre da nicht die Enttäuschung b

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine