Slowene gewinnt sein erstes Monument vor Hirschi

Roglic jubelt am Ende eines Chaossprints in Lüttich

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Roglic jubelt am Ende eines Chaossprints in Lüttich"
Primoz Rogkic (Jumbo - Visma) hat das 106. Lüttich-Bastogne-Lüttih gewonnen. | Foto: Cor Vos

04.10.2020  |  (rsn) - Der Slowene Primoz Roglic ist der große Triumphator beim ältesten der fünf Radmonumente. Der Kapitän von Jumbo – Visma überholte auf den letzten Metern des 106. Lüttich-Bastogne-Lüttich noch Weltmeister Julian Alaphilippe (Deceuninck – Quick-Step), der sich schon als sicherer Sieger sah und zu früh zum Jubel ansetzte.

Für den Franzosen kam es noch bitterer, denn aufgrund einer im Schlusssprint gegen Marc Hirschi (Sunweb) gefahrenen Welle wurde Alaphilippe distanziert und auf den fünften Rang zurückversetzt. Der Schweizer rückte so noch vom dritten auf den zweiten Platz vor, gefolgt von Tour-Sieger Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) und Matej Mohoric (Bahrain - McLaren), dem dritten Slowenen unter den ersten Vier.

"Es ist unglaublich. Es war so eng am Ende. Du darfst nie aufgeben und musst bis zum letzten Meter, fast schon Zentimeter pushen. Ich bin extrem glücklich über den Sieg", freute sich der 30-jährige Roglic, der nach seiner bitteren Niederlage im Zeitfahren der Tour de France das sicher geglaubte Gelbe Trikot noch an seinen Landsmann Pogacar abgeben musste.

Nun gelang ihm die Revanche und der erste prestigeträchtige Sieg für Slowenien bei einem der fünf Monumente. Für Alaphilippe hingegen wurde es nichts mit dem Sieg im ersten Auftritt im Regenbogentrikot. Aufgrund seiner Aktion im Sprint wurde der Weltmeister auf den letzten Platz der fünfköpfigen Spitzengruppe zurückgesetzt.

"Er (Anm.: Alaphilippe) hat mein Rad berührt. Ich war knapp an seinem Hinterrad und das kann passieren", sagte Hirschi im ersten Interview. Der Schweizer erklärte allerdings, noch keine Bilder vom Finale gesehen zu haben. Auch Pogacar wurde durch die Aktion des Weltmeisters um die Siegchance gebracht: "Ich dachte, ich würde stürzen", erklärte der Slowene, der vor wenigen Wochen im Alter von 21 Jahren der zweitjüngste Toursieger aller Zeiten geworden war.

Alaphilippe entschuldigt sich

Der 28-jährige Alaphilippe, der weiter auf seinen ersten Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich warten muss, gab wenig später seinen Fehler zu: "Ich habe meinen Sprint rund 200 Meter vor dem Ziel gestartet, aber dann habe ich diesen Fehler gemacht, für den ich die volle Verantwortung übernehme. Mir ist klar, dass ich, in dem ich meine Linie verließ, den anderen Fahrern ein Problem bereitet habe und dafür entschuldige mich, aber ich will betonen, dass ich es nicht absichtlich getan habe. Ich akzeptiere die Entscheidung der Jury und kann mich jetzt nur noch auf die nächsten Rennen konzentrieren“, kommentierte er in einer Pressemitteilung seines Teams die Szene.

Mit einem Rückstand von 14 Sekunden führte Mathieu van der Poel das Feld der Verfolger an und wurde Sechster. Bester Deutscher war Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) auf Rang 21. Simon Geschke (CCC) landete auf Rang 30, nachdem ihm ein Vorderraddefekt noch aus der Verfolgergruppe warf und so ein Spitzenergebnis verhinderte.

So lief das Rennen:

257 Kilometer warteten bei La Doyenne, dem seit 1892 erstmals ausgetragenen Monument auf die 175 Fahrer, unter denen sich mit Bob Jungels (Deceuninck - Quick Step), Wout Poels (Bahrain - McLaren) sowie Dan Martin (Israel Start-Up Nation) drei ehemaliger Sieger befanden. Alaphilippe gab sein Debüt im Regenbogentrikot, nachdem er dieses am vergangenen Sonntag mit einem beeindruckenden Solo in Imola gewonnen hatte.

Fast 40 Prozent der Fahrer gaben ihr Debüt bei dem bedeutendsten der drei Ardennenklassiker, unter den Neulingen befand sich auch van der Poel, der am Samstag die BinckBank Tour als Sieger beendet hatte. Seinen 14. und auch letzten Start verzeichnete Michael Albasini (Mitchelton - Scott), der seine Karriere beenden wird.

Schon früh löste sich die Gruppe des Tages, bestehend aus Inigo Elosegui (Movistar), Gino Mäder (NTT), Kenny Molly (Bingoal - Wallonie Bruxelles), Omer Goldstein (Israel Start-Up Nation), Kobe Goossens (Lotto Soudal), Valentin Ferron, Paul Ourselin (beide Total Direct Energie), Alexander Kamp (Trek - Segafredo), Michael Schär (CCC). Der Däne Kamp fiel durch einen Defekt zurück, allerdings bekamen die Ausreißer wenig später mit dem Niederländer Mathijs Paasschens (Bingoal - Wallonie Bruxelles) erneut einen neunten Mitfahrer.

Die Gruppe erarbeitete sich einen Maximalvorsprung von 5:15 Minuten, ehe im Feld Alaphilippes Team die Nachführarbeit übernahm. 100 Kilometer vor dem Ziel kam es zu einem Unfall im Feld. Jay McCarthy (Bora – hansgrohe) und Greg Van Avermaet (CCC) stürzten an einem Fahrbahnteiler. Der Belgier wurde zu Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht, und auch der Australier musste aufgeben.

Stürze eliminieren einige der Mitfavoriten

Auch Adam Yates (Mitchelton - Scott), zuletzt Neunter bei der Tour de France, musste das Rennen vorzeitig beenden. 20 Kilometer später ereignete sich der nächste Sturz und Michael Valgren (NTT), Warren Barguil (Arkea – Samsic), Damiano Caruso (Bahrain – McLaren) und Alaphilippe saßen auf der Straße. In der Zwischenzeit zerlegten die beiden Schweizer Schär und Mäder die Spitzengruppe und nahmen die letzten 70 Kilometer mit einem kleinen Vorsprung von zwei Minuten in Angriff.

Das Duo konnte seinen Vorsprung wieder auf drei Minuten ausbauen, während Alaphilippe nach mehreren Rad- und Schuhwechseln versuchte, den Anschluss an das Feld wiederherzustellen. 63 Kilometer vor dem Ziel schüttelte Schär am Col du Rosier dann auch Mäder ab. An der Côte de la Redoute wurde allerdings auch der CCC-Routinier vom Feld gestellt und das Rennen begann bei 0.

Das deutsche Team Sunweb setzte sich mit Tiesj Benoot und Hirschi an die Spitze des steilen Anstiegs, ehe Dries Devenyns (Deceuninck – Quick Step) die Tempoarbeit für seinen wieder nach vorn gefahrenen Kapitän Alaphilippe übernahm. Das Feld zog sich lang, aber abgeschüttelt wurden keiner der noch im Hauptfeld fahrenden Kapitäne.

Albasini zeigt sich noch einmal in seinem letzten Rennen

Das Finale eröffnete dann Albasini bei seinem letzten Doyenne-Auftritt. Der Schweizer attackierte 26 Kilometer vor dem Ziel und konnte an der Côte des Forges einige Meter zwischen sich und das Feld bringen. Doch trotz intensivster Bemühungen konnte sich der 39-Jährige, dessen bestes Ergebnis ein zweiter Platz 2016 war, nicht absetzen. Bei einer Konterattacke überholten ihn Rui Costa (UAE Team Emirates), Luis Leon Sanchez (Astana) sowie Alaphilippe. Doch auch deren Versuch wurde schnell vereitelt.

Damit waren die letzten 20 Kilometer eröffnet. Gut 40 Mann gingen, angeführt von Tom Dumoulin (Jumbo – Visma), in die Côte de la Roche-aux-Faucons, den letzten Anstieg des Tages. Knapp 400 Meter unterhalb der Kuppe attackierte Alaphilippe erneut und Hirschi sprang an sein Hinterrad. Auch Roglic, Pogacar und Michal Kwiatkowski (Ineos Grenadiers) schlossen noch auf.

Hirschi attackierte zehn Kilometer vor dem Ziel, nur mehr Alaphilippe konnte folgen, dahinter spannten die zwei Slowenen zusammen und erreichten das schweizerisch-französische Duo erneut, wogegen Kwiatkowski abreißen lassen musste. 20 Sekunden betrug der Vorsprung auf die Verfolger, die von van der Poel angeführt wurden. Mit diesem Abstand ging es dann auch auf den Schlusskilometer. Auf diesem sauste von hinten noch ein weiterer Slowene, Mohoric, an das Quartett heran und eröffnete 200 Meter vor dem Ziel den Sprint. Alaphilippe klemmte sich an sein Hinterrad, dahinter folgten Hirschi und Pogacar.

Alaphilippe blickte sich dann kurz um, zog in die Mitte, als er merkte, dass Hirschi die höhere Geschwindigkeit hatte und schubste den Schweizer zur Seite. Der Sieger des Fléche Wallonne rutschte aus dem Pedal und auch Pogacar musste abbremsen. Damit sah alles nach einem Sieg des Weltmeisters aus, doch Alaphilippe jubelte zu früh und auf den letzten Metern sprintete Roglic noch an ihm vorbei.

Mehr Informationen zu diesem Thema

22.04.2022Nur drei Profis schafften bisher das Ardennen-Triple

(rsn) - Es ist ein ganz besonderes Kunststück, das bislang nur drei Menschen gelungen ist, zwei Männern und einer Frau: Davide Rebellin (2004), Philippe Gilbert (2011) und Anna van der Breggen (2017

24.04.2021Video: Finale des 106. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) - In einem denkwürdigen Finale gewann Debütant Primoz Roglic (Jumbo - Visma) im vergangenen Herbst das 106. Lüttich-Bastogne-Lüttich. Der 30-jährige Slowene fing über 257 Kilometer mit Sta

06.10.2020Alpecin-Fenix will die Europe Tour gewinnen

(rsn) - Alpecin – Fenix steht nach dem vergangenen Wochenende ganz oben in der Gesamtwertung der Europe Tour. Der Sieger dieser Wertung erhält auch in der neuen Saison automatisch Startrecht bei al

05.10.2020Van Avermaet hofft trotz Knochenbrüchen noch auf Einsätze

(rsn) - Trotz seinen schweren Verletzungen, die er sich bei Lüttich - Bastogne - Lüttich zugezogen hat, will Greg Van Avermaet (CCC) die Saison noch nicht abschreiben. "Es wird sehr schwierig, aber

04.10.2020106. La Doyenne im Zeichen von Slowenen und Schweizern

(rsn) - Drei Slowenen unter den ersten vier bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, eine solche Bilanz hat beim ältesten Eintagesrennen der Welt schon lange keine Nation mehr geschafft. Dabei sicherte sich n

04.10.2020Roglic holt sich “La Doyenne“ vor Hirschi, Alaphilippe distanziert

(rsn) - In einem denkwürdigen Finale hat Debütant Primoz Roglic (Jumbo - Visma) das 106. Lüttich-Bastogne-Lüttich für sich entschieden. Der 30-jährige Slowene fing über 257 Kilometer mit Start

04.10.2020Weltmeister Alaphilippe trifft auf Flèche-Sieger Hirschi

(rsn) – Statt Ende April findet der Abschluss der Ardennen-Klassiker diesmal Anfang Oktober statt. Bei der 106. Austragung von Lüttich – Bastogne – Lüttich wird auch der frischgebackene Weltme

04.10.2020Vorschau auf die Rennen des Tages / 4. Oktober

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

02.10.2020Valverde fehlt auch in Lüttich auf der Startliste

(rsn) - Alejandro Valverde wird am Sonntag nicht am Start von Lüttich-Bastogne-Lüttich stehen. Das geht aus dem Kader hervor, den das Team Movistar für ´La Doyenne´ benannt hat. Die Spanier wolle

28.04.2020Video-Rückblick: Schachmann stürmt in Lüttich aufs Podium

(rsn) - Nachdem er kurz zuvor beim Amstel Gold Race und dem Fleche Wallonne bereits jeweils Fünfter geworden war, landete Maximilian Schachmann am 28. April 2019 bei Lüttich-Bastogne-Lüttich sogar

26.04.2020Jungels: Im Herbst am Start von Lüttich-Bastogne-Lüttich?

(rsn) - Bob Jungels (Deceuninck - Quick-Step) feierte 2018 bei Lüttich-Bastogne-Lüttich nicht nur seinen ersten Triumph bei einem Radsport-Monument, sondern sicherte seinem mit Klassikerspezialisten

26.04.2020Steiler Aufstieg, aber tiefer Fall nach Doyenne-Triumph

(rsn) - VBD = GOD. Diesen kryptischen Schriftzug malten viele begeisterte belgische Radfans in den 90er und 2000er Jahren auf jene Straßen, über die die größten Rennen des Landes führten. Frank V

Weitere Radsportnachrichten

18.04.2025Evenepoel gelingt beim Brabantse Pijl perfektes Comeback

(rsn) – Nach seiner langen Verletzungspause ist Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) vor heimischem Publikum ein perfektes Comeback geglückt. Der 25-jährige Belgier entschied nach 162,6 Kilomet

18.04.2025Highlight-Video des 65. Brabantse Pijl

(rsn) – Besser hätte das Comeback nach langer Verletzungspause nicht verlaufen können. Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat vor heimischem Publikum den 65. Brabantse Pijl gewonnen und seine

18.04.2025Highlight-Video der Schlussetappe des Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat erstmals in seiner Karriere ein Mehretappenrennen für sich entschieden. Der 27-jährige Augsburger gewann nach einer starken Vorstellung den 7.

18.04.2025Ein großer Tag: Zimmermann gewinnt den Giro d´Abruzzo

(rsn) – Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) hat am Schlusstag des 7. Giro d’Abruzzo (2.1) nichts mehr anbrennen lassen und sich erstmals in seiner Karriere die Gesamtwertung eines Etappenren

18.04.2025Longo Borghini macht in Overijse ihren Sturz von der Ronde vergessen

(rsn) – Zwölf Tage nach ihrem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt hat sich Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) eindrucksvoll zurückgemeldet und beim 10. Brabantse Pijl (1.Pro) souverän die Titelvert

18.04.2025Niewiadoma hofft auf Solo-Szenario am Cauberg

(rsn) - “Einsam bist du klein“ gilt für Kasia Niewiadoma sicherlich nicht. Dennoch ist die Polin mit ihren Teamkolleginnen von Canyon – SRAM – zondacrypto “gemeinsam stark“. Bei der 11. A

18.04.2025Nys verzichtet auf Brabant und fordert in Huy Pogacar heraus

(rsn) – Während Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) der vom Mittwoch auf den Freitag vor dem Amstel Race verschobene Termin des Brabantse Pijl so gut in den Plan passt, dass er sich zum zweiten

18.04.2025Van Aert peilt in Overijse seinen 50. Profisieg an

(rsn) – Beim 65. Brabantse Pijl (1.Pro) sind alle Augen auf Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) gerichtet. Der Belgier gibt nach langer Verletzungspause seinen Saisoneinstand und wird prompt zu

18.04.2025Zimmermann rechnet im Abruzzen-Finale mit Chaos

(rsn) – In seiner sechsten Saison als Profi lief für Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty) bisher nicht viel zusammen. Der Augsburger blieb sowohl in Australien bei den dortigen Rennen wie der

18.04.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

17.04.2025Koech lässt Lotto - Kern Haus in Frankreich jubeln

(rsn) - Silas Koech hat seinem neuen Team Lotto – Kern Haus – PSD Bank den ersten UCI-Sieg der Saison 2025 beschert. Der 21-jährige Rheinbacher gewann in Frankreich die 2. Etappe der 64. Tour du

17.04.2025Zimmermann holt sich auf der Königsetappe das Führungstrikot

(rsn) – Edison Alejandro Callejas (Petrolike) hat auf der Königsetappe des 7. Giro d´Abruzzo (2.1) seinen ersten Sieg bei den Profis eingefahren. Der 24-jährige Kolumbianer setzte sich über 160

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Maroc (2.2, MAR)
  • Il Giro Abruzzo (2.1, ITA)
  • Tour du Loir et Cher (2.2, FRA)
  • Classic Grand Besancon Doubs (1.1, FRA)