Vom Toursieg-Aspiranten zum Teamplayer?

Auf Bardet warten 2021 neue Szenarien

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Auf Bardet warten 2021 neue Szenarien"
Romain Bardet (vorne, Ag2r La Mondiale) mit seinem künftigen Teamkollegen Sören Kragh Andersen (hinten, Sunweb) bei Paris-Nizza 2020. | Foto: Cor Vos

05.12.2020  |  (rsn) - Nach neun Jahren bei Ag2r La Mondiale beschreitet der Franzose Romain Bardet in der kommenden Saison neue Wege. Er schließt sich im Winter dem deutschen Team Sunweb an, welches 2021 als Team DSM am Start stehen wird. Der Franzose war die absolute Konstante der letzten Austragungen der Tour de France. Mit Ausnahme von 2020, wo er aufgrund einer Kopfverletzung aufgeben musste, landete er in der Gesamtwertung immer unter den Top 15, seitdem er 2013 erstmals bei der Großen Schleife rund um sein Heimatland debütierte.

"Es wird eine neue Art der Arbeit auf mich zukommen, ein neuer Weg zu trainieren, ein neuer Trainer und ein neuer Kalender. Es wird eine große Veränderung werden, aber ich kann das absolut Beste erwarten - von jeder Person, die in diesem Projekt involviert ist. Genau das habe ich gesucht: eine neue Struktur, in der jeder Aspekt der Leistung in diesem Weg gemanagt wird", erklärte Bardet in einem Interview mit cyclingnews.com am Tag der Präsentation seiner Mannschaft für 2021.

Für die nächsten beiden Saisons hat er beim deutschen WorldTeam einen Vertrag. Während er bei der französischen Mannschaft der klare Leader war, sieht die Struktur beim Team von Iwan Spekenbrink anders aus. Dort steht das Kollektiv im Vordergrund, etwas das Bardet in seinen Anfangsjahren bei Ag2r zu den ersten Höhenflügen verhalf, als er an der Seite von Kapitän Jean-Christophe Peraud 2014 erstmals in die Top Ten bei der Tour de France vorstieß.

"Ich habe mich in einer solchen Situation nie wirklich wohlgefühlt, wenn jeder alles von mir erwartet", erklärte er im Rückblick auf die letzten Saisons und fügte an: "Ich bin sehr stolz und sehr dankbar für das, was diese Mannschaft für mich getan hat. Sie haben das absolut richtig gemacht, weil wir auf diese Weise einige große Emotionen und Erfolge hatten. Aber irgendwann in meiner Karriere muss ich auch neue Dinge sehen. Jetzt ist es ein ganz anderes Szenario."

Nach den Abgängen von Michael Matthews und Wilco Kelderman wird der Franzose bei DSM trotzdem ein wenig in die Leaderrolle schlüpfen müssen. Ein Vorteil für ihn wird es sicherlich sein, dass mit Marc Hirschi und Jai Hindley zwei extrem aufstrebende Jungstars an seiner Seite die Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden.

Kollektiv statt Solospitze

"Ich bin glücklich, einem so starken Kollektiv beizutreten. Es wird sich nicht nur alles um mich drehen, aber genau danach habe ich gesucht", erklärte der 30-Jährige. Mit der Verpflichtung des Franzosen hofft das deutsche Team aber nicht nur, die Lücke im Hinblick auf das Gesamtklassement zu schließen, sondern auch bei den hügeligen Klassikern ein weiteres Ass im Ärmel zu haben. Speziell bei Lüttich-Bastogne-Lüttich oder der Lombardei-Rundfahrt gehörte Bardet immer zu den Topfahrern in den letzten Jahren.

"Die Klassiker sind eine wirklich gute Möglichkeit, um sich in das Team zu integrieren und eine unterstützende Rolle zu spielen", blickte der Franzose voraus: "Es ist eine andere Art zu fahren für mich und ich mag jeden Kilometer davon wirklich. Wenn man keine spezifischen Erwartungen an die eigenen Ergebnisse hat, befreit es den Geist, das Kollektiv im Auge zu behalten." Eine Fähigkeit, die er in den letzten Jahren verloren hatte, wie er selbst zugab: "Wenn man nur auf Etappenrennen abzielt, fährt man immer sehr konservativ."

Blickt man auf die großen Erfolge von Sunweb in diesem Jahr zurück, so ist das Wort 'konservativ' wirklich fehl am Platz gewesen. Im Hinblick auf die dreiwöchigen Landesrundfahrten, 2020 wollte Bardet eigentlich sein Giro-Debüt geben, gab er sich noch zurückhaltend: "Es ist im Moment besser, kein bestimmtes Rennen ins Visier zu nehmen. Die Rennpläne werden im Januar festgelegt und es war auch für mich interessant beim Wechsel, mir neue Ziele zu suchen und nicht alles nur auf die Tour festzulegen."

MPCC-Mitgliedschaft bei Wechsel von Bedeutung

Auch die moderne Struktur des deutschen Teams lockte den Franzosen an. "Bei Sunweb finde ich für jeden Bereich einen Experten, mit dem ich sprechen kann. Ich kann das Know-How des Teams nutzen, um das Beste daraus zu machen", beschrieb der 30-Jährige, der sich auf die neuen Arbeitsweisen freut. Auch die Streckenführung der Tour de France 2021 könnte ein Grund für die Veränderungen beim Franzosen gewesen sein. Denn die drei Zeitfahren in Frankreich kommen ihm nicht entgegen.

Der Sprung über die Grenze ist auch in gewisser Weise eine Flucht vor der großen Aufmerksamkeit der französischen Medien. "Ich möchte mich nicht auf das Gelbe Trikot konzentrieren, ich möchte mich zunächst als Athlet verbessern", erklärte Bardet, der allerdings seine Abkehr aus Frankreich mit der Lust auf ein neues Abenteuer begründete: "Es war die Neugier mit dem bestmöglichen Mitarbeitern nach den höchsten ethischen Standards zu arbeiten und mich selbst herauszufordern." 

Damit unterstrich er auch, dass er bei seinem Wechsel darauf schaute, dass seine neue Mannschaft, sich auch dem Mouvement Pour un Cyclisme Crédible, der Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport verschreibt.

Weitere Radsportnachrichten

21.11.2024Tarling will Fokus auf Klassiker legen

(rsn) – Wenn Josh Tarling (Ineos Grenadiers) erfolgreich ist, dann im Zeitfahren. Als der heute 20-Jährige vor zwei Jahren den Sprung von den Junioren direkt zu den Profis machte, überzeugte der B

21.11.2024GPS-Tracking: Tour de Suisse und Tour of Austria wollen UCI zuvorkommen

(rsn) – Die tödlichen Unfälle von Gino Mäder, André Drege und Muriel Furrer in den vergangenen 17 Monaten werden zumindest bei Rundfahrten in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich un

21.11.2024Wiggins-Schulden deutlich höher als zunächst angenommen

(rsn) – Offenbar sind die Schulden von Bradley Wiggins deutlich höher als bisher angenommen. Als im Juni ein Insolvenzverfahren gegen den Tour-de-France-Sieger von 2012 eröffnet wurde, weil seine

21.11.2024Uijtdebroeks denkt über Rallye-Karriere nach

(rsn) – Seine Profikarriere als Radsportler hat kaum begonnen, da macht sich Cian Uijtdebroeks schon Gedanken über die Zeit danach. Der 21-Jährige hat jüngst in einem Interview mit Het Nieuwsblad

21.11.2024Pogacar schließt Start bei Paris-Roubaix nicht aus

(rsn) – Fährt er, oder fährt er nicht? Zuletzt schien es so, als wolle Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) für die nächsten Jahre noch einen Bogen um Paris-Roubaix machen. Doch neue Aussagen des 2

21.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

21.11.2024Nach Dopingsperre jetzt Haft auf Bewährung gefordert

(rsn) - Nach vier Jahren Dopingsperre aufgrund eines positiven Test auf Epo im Jahr 2019 droht der früheren französischen Radsportlerin Marion Sicot jetzt eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung.

21.11.2024Amador beendet Karriere trotz Vertrag, Movistar macht Nägel mit Köpfen

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

20.11.2024Pieterse gibt ihr Cross-Programm bekannt

(rsn) – Mountainbikeweltmeisterin Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) hat auf ihren Social-Media-Kanälen ihr Programm für den Winter bekannt gegeben. Die 22-Jährige steigt erst Mitte Dezember be

20.11.2024Das Pech zog sich wie ein roter Faden durchs Jahr

(rsn) – Nach einer starken Saison 2023, als er Deutscher U23-Meister auf der Straße und im Zeitfahren wurde sowie einen sechsten Platz im WM-Straßenrennen der Espoirs einfuhr, ging Moritz Kretschy

20.11.2024Die negativen Erlebnisse übermalten die positiven

(rsn) - Eigentlich hatte sich Marco Schrettl (Tirol - KTM) 2024 vorgenommen mit tollen Leistungen eine starke Empfehlung an die besten Teams des Straßenradsports abzugeben, doch ganz klappte der ambi

20.11.2024Drei Mal Gold zu holen bleibt ein Traum

(rsn) – Madison-Gold bei EM und WM, dazu zwei Podien in UCI-Rennen auf der Straße. Für Roger Kluge (rad-net – Oßwald) lief die Saison 2024 eigentlich perfekt, wäre da nicht die Enttäuschung b

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine