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14.08.2021 | (rsn) – Nach seiner bitteren Last-Minute-Niederlage gegen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), der ihm am vorletzten Tag der Tour de France 2020 noch das sicher geglaubte Gelbe Trikot abnahm, bewies Primoz Roglic (Jumbo - Visma) starke Nerven und viel Selbstbewusstsein. Der Slowene gewann im Oktober zunächst Lüttich-Bastogne-Lüttich und feierte anschließend bei der Vuelta a Espana mit einem starken Auftritt die Titelverteidigung.
In diesem Jahr ist die Konstellation ganz ähnlich, nachdem Roglic die Tour de France nach einem frühen Sturz bereits nach der 8. Etappe verlassen musste. Wie 2020 ließ sich der 31-Jährige nicht hängen und holte sich mit einer überragenden Leistung die Goldmedaille im Olympischen Zeitfahren von Tokio. Nun gilt Roglic erneut als erster Kandidat auf den Gesamtsieg bei der letzten Grand Tour des Jahres, wobei er das Triple komplett machen könnte - was zuletzt dem Spanier Roberto Heras in den Jahren 2003 bis 2005 gelang.
"Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Ich bin zuversichtlich und wir sind hier mit einem starken Team. Ich denke nur noch nicht an den Gesamtsieg. Das hilft mir nicht. Ich stehe vor vielen Herausforderungen, aber wenn wir den Fokus behalten und etwas Glück haben, denn das braucht man auch, dann kommt das gute Ergebnis von selbst“, sagte Roglic am auf einer digitalen Pressekonferenz zu seinen Aussichten.
Damit der Jumbo-Kapitän mit der Startnummer 1 den Hattrick schafft, hat die Teamleitung ein ganz auf den Vorjahressieger ausgerichtetes Aufgebot zusammengestellt, in dem mit Sepp Kuss, Steven Kruijswijk und Robert Gesink auch drei Fahrer aus dem Tour-Team stehen. Als weitere Helfer für die Bergetappen stehen Sam Oomen, Koen Bouwman und Lennard Hofstede bereit. Nathan Van Hooydonck soll seine Stärken auf flachem Terrain ausspielen.
“Wir haben ein sehr starkes Team, das unseren Leader Primoz unterstützen und beschützen wird“, kündigte Sportdirektor Grischa Niermann an. Zudem werden nach seinen Worten Kuss und Kruijswijk freie Rollen erhalten. Im Fall des US-Amerikaners funktionierte das vor zwei Jahren sehr gut, als Kuss bei der damaligen Vuelta die 15. Etappe gewann.
Kann Ineos Roglic in die Zange nehmen?
Einen Strich durch die Jumbo-Rechnung machen will das Team Ineos Grenadiers, das Roglic mit dem Vorjahreszweiten Richard Carapaz und Giro-Sieger Egan Bernal in die Zange nehmen könnte. Dabei will der erst 24-jährige Bernal das Grand-Tour-Triple schaffen, wie er ankündigte. “Die drei großen Rundfahrten zu gewinnen, das wäre ein Traum“, sagte der Tour-de-France-Gewinner von 2019. “Ich fühle mich gut, aber ich will mich nicht zu sehr unter Druck setzen. Wenn sich die Gelegenheit bietet, will ich allerdings natürlich versuchen zu gewinnen“, so Vuelta-Debütant Bernal, der im Frühjahr auch den Giro im ersten Anlauf für sich entscheiden konnte.
Dagegen greift Carapaz im vierten Anlauf nach dem Roten Trikot, dass er 2020 nur um 24 Sekunden verpasste. Allerdings hatte der Ecuadorianer nach seinem dritten Platz bei der Tour und seinem goldenen Olympiatrip nach Tokio diesmal kaum eine Verschnaufpause. “Für das Team ist es großartig, dass wir verschiedene Optionen haben und mehrere Karten spielen können“, wies Carapaz wohl nicht zufällig auf die kollektive Stärke von Ineos hin, das mit dem Briten Adam Yates und dem Russen Pavel Sivakov zwei weitere Rundfahrtspezialisten im Aufgebot hat.
Ähnlich stark besetzt ist Bahrain Victorious, das mit Mikel Landa den vielleicht aussichtsreichsten spanischen Starter in seinen Reihen hat. Der 31-jährige Kletterspezialist ist erstmals seit 2015 wieder bei seiner Heimatrundfahrt dabei und hat mit Wout Poels, Mark Padun, Damiano Caruso, Gino Mäder und Jack Haig eine exzellente Helferriege zur Verfügung. “Ich habe mich mittlerweile von meinem Sturz beim Giro erholt und es geht mir von Tag zu Tag besser. Wir werden auf Gesamtwertung fahren und dafür haben wir ein starkes Team. Ich wollte unbedingt die Vuelta fahren, weil ich schon lange nicht mehr am Start stand“, sagte Landa, der mit seinem Gesamtsieg bei der Burgos-Rundfahrt viel Selbstbewusstsein getankt haben dürfte.
Landet mal wieder ein Spanier auf dem Vuelta-Podium?
Auf einem Niveau mit dem Bahrain-Kapitän dürfte sich Enric Mas bewegen, der 2018 mit Rang zwei überraschte und auch im vergangenen Jahr als Fünfter bester spanischer Profi war und die Nachwuchswertung gewann. Der 26-jährige bildet bei Movistar gemeinsam mit Altmeister Alejandro Valverde - Gesamtsieger von 2009 - und dem Kolumbianer Miguel Angel Lopez - der vor drei Jahren hinter Mas Dritter wurde - die fast schon traditionelle Dreierspitze.
Ob einer aus diesem Trio auf dem Podium landen wird, scheint nicht nur wegen der Zeitfahrschwächen der drei Kapitäne fraglich - auch wenn Mas nach seinem sechsten Gesamtplatz bei der Tour bei der Vuelta angreifen will. “Ich kriege hier eine neue Gelegenheit und ich fühle mich etwas besser als im Juli vor dem Tour-Start. Ich denke, wir können es (die Vuelta) gewinnen“, sagte Mas, der seit der Frankreich-Rundfahrt kein Rennen mehr bestritten hat.
Als stärkerer Zeitfahrer könnte Alexandr Vlasov (Astana - Premier tech) sich den Traum vom Grand-Tour-Podium erfüllen, nachdem es beim Giro schon zu Platz vier gereicht hatte. "Aleksandr Vlasov ist motiviert, sein letztjähriges Vuelta-Ergebnis zu verbessern", sagte Astana-Sportdirektor Dmitriy Fofonov über den Russen, der 2020 als Elfter die Top Ten knapp verpasste. Nach den Olympischen Spielen konnte der 25-Jährige nur eine kurze Pause einlegen, ehe er die Burgos-Rundfahrt nach unauffälligen Vorstellungen auf Platz 17 beendete. "Er erreicht wieder gute Form", zeigte sich Fofonof über die Aussichten seines Landsmanns, der 2022 für Bora - hansgrohe fahren wird, allerdings zuversichtlich.
Großschartner will wieder in die Top Ten
Besser präsentierte sich der letztjährige Vuelta-Dritte Hugh Carthy bei der Generalprobe in Burgos. Der Brite gewann die abschließende Königsetappe und bewies damit, dass seine Form zumindest hinsichtlich der anstehenden Herausforderungen in den Bergen stimmt. "Ich fühle mich gut vor der Vuelta“, sagte der 27-jährige Carthy. “Die Vuelta a Burgos ist am Ende ganz schön geworden und es war eine gute Vorbereitungswoche. Wir sind nicht so gestartet, wie wir es uns erhofft hatten, und meine Form und mein Gefühl auf dem Rad waren nicht die besten, aber am Ende der Woche habe ich die Kurve gekriegt.“
Das deutsche Team Bora - hansgrohe hat zumindest wieder Chancen auf eine Top-Ten-Platzierung. Für die Raublinger soll wie im Vorjahr der Österreicher Felix Großschartner auf Gesamtwertung fahren. “Natürlich möchte ich besser abschneiden als vergangenes Jahr“, sagte Großschartner, der 2020 in Madrid die Rundfahrt auf Rang neun abgeschlossen hatte. Für den 27-Jährigen spricht die diesmal deutlich besser besetzte Helferriege mit den Grand-Tour-Debütanten Ben Zwiehoff und Anton Palzer sowie dem Deutschen Meister Maximilian Schachmann, der bei seiner ersten Spanien-Rundfahrt allerdings auch freie Fahrt erhalten wird.
Das zweite deutsche Team DSM setzt auf den französischen Neuzugang Romain Bardet, der bereits als Giro-Sieber und als zuletzt als Gesamtsechster der Burgos-Rundfahrt bewiesen hat, dass ihm der Wechsel zu DSM gut tut. Allerdings kündigte der 30-jährige Bardet, der bei seiner bisher einzigen Vuelta Rang 17 belegte, im Pressegespräch am Tag vor dem Vuelta-Start in Burgos an, nicht die Gesamtwertung ins Visier nehmen zu wollen.
“Mein Ziel sind Etappensiege. Ich habe mich jetzt anders auf eine GrandTour vorbereitet als in den letzten Jahren und muss gestehen, dass ich noch nie härter trainiert habe wie nach dem Giro“, sagte Bardet, der nicht der einzige starke Kletterer im Aufgebot ist. Mit den beiden Australiern Australier Chris Hamilton und Michael Storer hat der Rennstall zwei weitere starke Bergfahrer nominiert.
Jakobsen, Démare und Philipsen die ersten Sieg-Kandidaten für die Sprints
Mit dem belgischen Grand-Tour-Debütanten Jordi Meeus (Bora - hansgrohe) und dem Italiener Alberto Dainese (DSM) haben die beiden deutschen Teams auch schnelle Männer dabei, die auf den sechs Flachetappen vorne mitmischen sollen. Gegen die favorisierten Fabio Jakobsen (Deceuninck - Quick-Step), Jasper Philipsen (Alpecin - Fenix) und Arnaud Démare (Groupama - FDJ) werden es die beiden Talente allerdings schwer haben.
Der 24-jährige Jacobsen präsentierte sich zuletzt mit zwei Etappensiegen bei der Tour de Wallonie in Vuelta-Form und kehrt nach zwei Jahren zur Spanien-Rundfahrt zurück, wo er 2019 beim Debüt gleich zwei Etappensiege feierte. Nach seinen schweren Gesichtsverletzungen in Folge des Sturzes zum Auftakt der Polen-Rundfahrt 2020 scheint der Sprinter wieder zu alter Stärke zurückzufinden.
Ähnliches hofft für sich auch Démare, der bei der Tour de France enttäuschte und auf der 9. Etappe die Höchststrafe erhielt, als er aus dem Zeitlimit fiel. “Ich möchte hier ein besseres Bild abgeben als bei meinen zehn Tagen bei der Tour“, betonte der Franzose, der zuletzt ein Höhentrainingslager absolvierte und dabei auch Zeit mit der Familie verbringen konnte. “Mir hat das erlaubt, mit der nötigen Frische hierherzukommen. Es gibt viele Gelegenheiten für Sprinter, weshalb mein Ziel ist, eine davon zu nutzen und so zur Gruppe von Fahrern zu gehören, die bei jeder Grand Tour eine Etappe gewonnen haben“, kündigte Vuelta-Debütant Démare an.
Philipsen baut auf seinen Anfahrer Krieger
Einen Tagessieg bei der letztjährigen Ausgabe hat dagegen bereits der 23-jährige Philipsen auf seinem Konto. In dieser Saison war der junge Belgier bei der Tour de France mehrmals nahe dran am großen Coup, musste sich aber dreimal mit einem zweiten Etappenplatz begnügen.
“Die Ehrenplätze der Tour würde ich gerne gegen einen Etappensieg bei der Vuelta eintauschen. Letztes Jahr habe ich es geschafft, eine Etappe zu gewinnen, ich bin also zuversichtlich, dass es möglich ist. Auf dem Papier ist es einfacher, bei der Vuelta eine Etappe zu holen als bei der Tour, obwohl mir klar ist, dass ich keine Geschenke bekomme“, sagte Philipsen, der auf den Stuttgarter Alexander Krieger als Anfahrer bauen wird. “Er hat diese Rolle für Tim (Merlier, Etappensieger, d. Red.) beim Giro perfekt erfüllt und in der Türkei (Tour of Turkey) hat er sich gut für mich geschlagen“, betonte der Alpecin-Kapitän.
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