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30.08.2021 | (rsn) – Die Deutschland Tour (2.Pro) bot an den vergangenen vier Tagen fünf deutschen Kontinental-Teams sowie vier U23-Fahrern von Rad-net Rose, die mit dem Nationalteam an der Seite von John Degenkolb und Jonas Rutsch das Rennen in Angriff nahmen, die Chance, sich mit den Stars der WorldTour zu messen. radsport-news.com bilanziert deren Abschneiden.
P&S Metalltechnik
Der Thüringer Rennstall erhielt erst auf den letzten Drücker eine Wildcard und zahlte dies mit starken Leistungen zurück. Am ersten Tag fuhr Robert Jägeler ins Bergtrikot, am Tag darauf brachte die Equipe von Lars Wackernagel auf den letzten 50 Kilometern mit einer beeindruckenden Tempoverschärfung etliche WorldTour-Profis ins Hintertreffen und der erst 20-jährige Tom Lindner wurde nach starken Leistungen auf Rang 14 im Gesamtklassement bester Kontinental-Fahrer. Mit Rang 13 auf der schweren Schlussetappe nach Nürnberg sorgte Lindner zudem für das beste Tagesergebnis seines Teams.
“Wir waren vor der Schlusstappe schon glücklich damit, dass Tom vorne reinfahren konnte und das Ziel war, das zu halten. Dass er noch mal einen bärenstarken Tag erwischt und mit den dicken Jungs mitfahren konnte, war fantastisch. Er hat selbst gesagt, er hat sich selbst nicht gespürt, er konnte immer mitfahren. Er hat das klasse gemacht, sich immer gut in Position gebracht“, so Wackernagel gegenüber radsport-news.com zufrieden.
Offensiv hatte sich auch Immanuel Stark gezeigt. Beflügelt von seinen Siegen und Spitzenresultaten bei zahlreichen 2.2-Rundfahrten in diesem Jahr ging Stark auf der 2. Etappe nach der Vorarbeit seines Teams im hügeligen Finale in die Attacke und fuhr als Solist Spitzenreiter Louis Vervaeke (Alpecin – Fenix) hinterher. Dieser entpuppte sich allerdings als zu stark für Stark, der selbst nicht seinen besten Tag erwischt hatte.
Dessen Equipe wurde zudem auch beste Konti-Mannschaft in der Teamwertung und ließ dabei WorldTour-Mannschaften wie DSM und die Israel Start-Up Nation hinter sich. "Hätte uns vor der Tour jemand vorausgesagt, wie sie laufen würde…wir wären schon froh gewesen, wenn wir einen Tag in der Spitzengruppe geschafft hätten. Jetzt ist es viel, viel mehr geworden. Das gibt den Jungs enormes Selbstvertrauen. Im Bus habe ich in lauter strahlende Augen geschaut“, so Wackernagel, dessen Team mit dem Cro-Race (2.1) in Kroatien noch ein weiteres Highlight vor der Brust hat.
Lotto – Kern Haus
Stark gefahren und nahe dran an etwas Zählbaren war die Koblenzer Equipe von Florian Monreal. Joshua Huppertz lag bis zum Schlusstag auf Top-Ten-Kurs in der Gesamtwertung, ehe ihn eine kurze Schwächephase an einem der zahlreichen Anstiege durch die Fränkische Schweiz zurückwarf. "Es war der vierte Tag in Folge mit Regen, es hat nicht sollen sein. Schlussendlich hat sich Joshi an einem Berg nicht ganz so gut gefühlt und den Anschluss an die Gruppe verpasst. Da haben zwei, drei Körner gefehlt, die er an den Tagen davor verbrauchen musste“, erklärte Monreal gegenüber radsport-news.com.
Denn Huppertz war schon auf der Auftaktetappe in der Ausreißergruppe des Tages gewesen, verpasste dort knapp das Bergtrikot, holte dafür aber kurz vor dem Ziel in Schwerin drei Sekunden am Bonussprint und wurde als letzter Ausreißer erst kurz vor dem Schlusskilometer eingeholt. Als Gesamtvierter nahm Huppertz die zweite Etappe in Angriff, die sich aber als "rabenschwarzer Tag“ entpuppte, wie Monreal meinte. Denn gleich fünf von sechs Fahrern stürzten, darunter auch Huppertz. Am schlimmsten erwischte es Jan Hugger, der sich den Oberschenkelhals brach. Huppertz konnte aber am Ende als 15. den Schaden noch einigermaßen begrenzen und hielt seinen Top-Ten-Platz.
Dies gelang auch am Tag darauf, obwohl Huppertz diesmal im Finale kurz vor dem Bonussprint zu Boden ging. "Er bekam da einen Bodycheck von einem Movistar Fahrer, überschlägt sich in den Graben rein, kommt am Ende des Feldes wieder aus dem Graben raus“; so Monreal. Doch mit der Hilfe seiner Teamkollegen schaffte Huppertz kurz vor dem Ziel noch den Anschluss und blieb weiter in den Top Ten, die ihm schließlich am letzten Tag aus den Händen glitten.
Für das beste Tagesergebnis für Lotto – Kern Haus hatte U23-Meister Kim Heiduk in Schwerin gesorgt, als er im Sprint des Feldes Zehnter geworden war. "Wir sind eine sehr gute Deutschland Tour gefahren. Von einigen WorldTour-Teams kamen sogar die Sportlichen Leiter und haben uns gelobt, für das wie wer gefahren sind. Deswegen gehen wir jetzt positiv aus der Deutschland Tour heraus“, so Monreal, der ankündigte: "Es kommen noch ein paar Rennen, bei denen wir ganz ganz vorne landen wollen.“
Bike Aid
Die saarländische Equipe hatte schon vor der Rundfahrt einen Coup gelandet und den Algerier Azzedine Lagab, der bei den Olympischen Spielen von BDR-Sportdirektor Patrick Moster rassistisch beleidgt worden wer, verpflichtet und direkt an den Start der Deutschland Tour geschickt. "Mit Azzedine haben wir die Wahrnehmung genau auf das gelenkt, wofür unser Team stehen möchte: Radsport über den Tellerrand hinaus, Aufmerksamkeit auf all das, was es noch an Radport außerhalb der kleinen Blase gibt“; so Matthias Schnapka, einer der Teamverantwortlichen, gegnüber radsport-news.com.
Während der 34-jährige Afrikaner bei seinem bis dato größten internationalen UCI-Rennen jenseits der Olympischen Spiele – Schnapka bezeichnete es als "Sprung ins kalte Wasser“ - meistens im hinteren Teil des Feldes zu finden war und wie viele Fahrer auf der schweren Schlussetappe ausstieg, zeigte sich vor allem Teamkollege Justin Wolf in der Offensive. Der Zeitfahrspezialist war auf der ersten und der letzten Etappe eine der treibenden Kräfte, am Schlusstag mit den langjährigen WorldTour-Profis Remi Cavagna und Dario Cataldo. Am Ende sprang für den Dortmunder zwar nichts Zählbares heraus, außer Rang drei in der Bergwertung,. “Justin hat aber einmal mehr seine Klasse gezeigt, auf der Schlussetappe hat er in der schwersten Phase dem Rennen seinen Stempel aufgedrückt“, so Schnapka zufrieden über den 47. der Gesamtwertung, der damit bester Bike Aid-Fahrer war und mit einem 23. Platz in Erlangen auch für das beste Tagesergebnis gesorgt hatte.
Dagegen war von seinen Landsleuten Nikodemus Holler (letzter im Klassement) und Sprinter Lucas Carstensen (Aufgabe auf der Schlussetappe), seit Jahren Stützen des Teams, während der vier Tage durch Deutschland nur wenig zu sehen. “Für Lucas und Niko lief es leider nicht gut, was mir sehr leid tat. Sie kommen zur Zeit nicht richtig in Fahrt. Vor allem Leichtgewicht Niko Holler hat schon immer Probleme bei Regen und Kälte“, meinte der Teamverantwortliche.
Einen positiven Eindruck hinterließ derweil der französische Neuzugang Julian Lino, der auf der 3. Etappe Teil der Ausreißergruppe war. “Er war eine riesen Hilfe für Justin und hat auch dazu beigetragen, dass wir auf drei von vier Etappen in den Fluchtgruppen waren. Damit können wir sowohl mit der sportlichen Präsenz, aber auch mit der Wahrnehmung auf die Themen, die uns bewegen sehr zufrieden sei“, bilanzierte er.
SKS Team Sauerland
Die Sauerländer hatten ihren großen Auftritt bereits auf der 1. Etappe. Dort war Jon Knolle nach langer Verfolgungsjagd schließlich Teil der Ausreißergruppe des Tages, wurde zum kämpferischsten Fahrer gewählt und trug für einen Tag das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Ebenfalls offensiv zeigte sich der Belgier Abram Stockmann auf der 3. Etappe, die in Erlangen zu Ende ging, und wo Johannes Hodapp als Zehnter die beste Tagesplatzierung für die Mannschaft von Jörg Scherf einfuhr.
“Unsere Jungs haben alles gegeben und haben für Achtungserfolge gesorgte. Vor allem der Auftritt von Jon auf dem Podium der Deutschland Tour bleibt hängen“, erklärte Scherf gegenüber radsport-news.com. "Aber auch dass mit Abram Stockmann auf der 3. Etappe wieder ein Sauerländer in der Gruppe war, ist nicht selbstverständlich. Das sorgte für weitere TV-Minuten und am Ende war es cool zu sehen, dass sich die Top-Teams ganz schön strecken mussten, um die Ausreißer noch vor Erlangen einzufangen“, ergänzte Scherf.
Das schlechte Wetter und die Streckenführung habe die Deutschland Tour schwer gemacht, was auch dem Scherf-Team für die weitere Entwicklung gut getan habe. "Ich glaube, hier haben wir weiter wertvolle Erfahrung gesammelt und die Mannschaft wächst weiter. Vergleicht man unser Rennen mit dem aus der ersten Teilname 2018 waren wir viel weiter. Richtig abgehängt war nie einer“, so Scherf, dessen Team alle sechs Fahrer ins Ziel nach Nürnberg brachte. "Das ist auch nicht so schlecht bei einem solch anspruchsvollen Rennen", fügte er an.
Das Fazit aus Sicht vom SKS Team Sauerland: "Wir waren super zufrieden mit der Deutschland Tour“ Die nächsten Highlights sollen die Bundesliga-Rennen werden, der Abschluss wird dabei das Heimrennen im Sauerland sein. Dazu hofft Johannes Hodapp noch auf ein Ticket für die U23-WM.
Dauner Akkon
Die junge Kölner Equipe musste an den letzten Tagen viel Lehrgeld zahlen. An keinem Tag schaffte es die Mannschaft von Philipp Mamos und Gerald Ciolek in die Gruppe des Tages. Am Ende erreichten mit Roman Duckert (78.) und Frederik Rasmann (97) nur zwei Fahrer das Ziel in Nürnberg. Deshalb wurde die Mannschaft auch nicht mehr in der Teamwertung erfasst, da dafür drei Fahrer benötigt wurden.
Auch in der Sonderwertungen ging die Mannschaft leer aus. Kein Fahrer konnte für die Berg- oder Punktewertung Zähler sammeln. Das beste Tagesergebnis war ein 44. Platz von Jan-Mac Temmen zum Auftakt.
Nationalmannschaft
(nur die vier U23-Fahrer)
In der Nationalmannschaft von Ralf Grabsch standen auch vier Fahrer vom Team Rad-net Rose am Start und zeigten sich dabei vor allem als Ausreißer aktiv. "Alle vier U23-Jungs haben sich optimal in die Mannschaftsarbeit in Zusammenarbeit mit den beiden WorldTour-Profis Degenkolb und Rutsch eingebracht. Von Beginn an fuhren wir kompakt und konnten uns optimal präsentieren“, lobte Grabsch gegenüber radsport-news.com seine vier jungen Sportler.
Dabei fiel vor allem Henri Uhlig auf, der sowohl auf der Auftaktetappe als auch am dritten Tag in der Ausreißergruppe des Tages fuhr und am Ende bester Deutscher U23-Fahrer in der Punktewertung wurde. "Henri konnte auf sich aufmerksam machen. Am ersten Tag lief nicht alles zu seiner Zufriedenheit, aber auf der 3. Etappe zeigte er starken Charakter und erkämpfte sich außerdem die Wertung als aktivster Fahrer“, so Grabsch zufrieden.
Aber auch Jannis Peter zeigte sich als Ausreißer auf der 2. Etappe von seiner besten Seite und gewann am Tag darauf zudem eine Bergwertung. "Jannis konnte endlich auf sehr hohem Niveau seine hervorragenden Kletterqualitäten unter Beweis stellen. Auf der 2. Etappe setzte er sich am Kyffhäuser-Berg in einer starken Spitzengruppe ab. Diese Gruppe ging auf Stärke, das sagt alles über seine Fähigkeiten aus und auf der 3. Etappe gewann er direkt die 1. Bergwertung", so Grabsch zufrieden
Auf den Etappen zwei und drei waren Peters respektive Uhlig die einzigen Deutschen und zugleich die einzigen KT-Fahrer in der Gruppe des Tages. "Das bestätigt noch einmal das konstant starke Auftreten“, so Grabsch, der auch Jakob Geßner und Pirmin Benz mit ihrer mannschaftsdienlichen Fahrweise gute Leistungen attestierte.
Fazit
Einig waren sich die Verantwortlichen der KT-Teams, wie positiv die Resonanz des Rennens gewesen sei. "In den Etappenorten war eine coole Stimmung und ich glaube, es hat jedem gefallen, wieder Fans an der Strecke zu haben. Die Orga war auf sehr hohem Niveau und die Streckenplaner haben einen tollen Kurs gebastelt. Vier Tage Klassikerstrecken und Action. Kein langweiliges Etappenrennen mit lahmen Verläufen. So mögen wir Sauerländer es ja auch“, erklärte Scherf, sein Kollege Schnapka ergänzte. "Die Menschen in Deutschland freuen sich auf Radrennen. Gerade in Anbetracht des miserablen Wetters war der Zuschauerzuspruch enorm. Die Deutschland Tour muss sich etablieren und solle weiteren Veranstaltern, Städten und Regionen Mut machen, Radrennen auszurichten.“ Die deutschen Kontinental-Mannschaften trugen ihren Teil zu einer erfolgreichen Deutschland Rundfahrt bei.
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