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22.01.2022 | (rsn) - Wie schon in den vergangenen Jahren haben wir auch in diesem Winter die Teamchefs und Sportlichen Leiter der deutschen Kontinental-Teams befragt. Wie lief es in der Vorsaison, welche personellen Veränderungen gab es und wie lauten die Ziele für die kommende Saison? Im fünften Teil stellt sich Florian Monreal, der Teamchef von Lotto - Kern Haus, unseren Fragen.
Herr Monreal, wie fällt die Saisonbilanz 2021 aus?
Monreal: Wir hatten eine sehr, sehr gute Saison, da sind wir sehr stolz drauf. Der Meistertitel im U23-Straßenrennen war für uns ganz besonders, speziell für mich an meinem Geburtstag. Da hat Kim Heiduk mich richtig beschenkt, es war für uns zudem der erste Titel im U23-Straßenrennen. Es war sehr schön, einen Deutschen Meister im Team zu haben, das bleibt im Kopf, das Weiße Trikot mit weißem Fahrrad bei den U23-Rennen – das wollen wir wieder haben.
Wie hat sich das Team zur Saison 2022 verändert?
Monreal: Der Kader ist etwas jünger geworden, wir haben insgesamt zehn U23-Fahrer, davon sind sieben Athleten im Nationalkader, auch ein Novum für uns. Wir wollen uns noch mehr auf die U23-Rennen konzentrieren und den Devo-Teams noch mehr Paroli bieten mit unserer starken U23-Truppe. Aber wir haben mit Christian Koch, Jan Hugger, Dominik Bauer und Joshua Huppertz auch vier ältere Fahrer. Sie sind starke und erfahrene Fahrer, die die jungen bei den gemeinsamen Renneinsätzen anleiten werden. Wir sind da sehr gut aufgestellt.
Welcher Abgang schmerzt am meisten, mit welchem Neuzugang verbinden Sie die größten Hoffnungen?
Monreal: Es ist natürlich schade, dass Kim Heiduk nicht mehr zum Kader zählt und das Meistertrikot nicht bis zur nächsten DM tragen kann, aber natürlich erfüllt es uns auch mit Stolz, einen Fahrer zu Ineos geschickt zu haben. Das ist schon eine tolle Auszeichnung für die Arbeit, die wir leisten, auch wenn der Fahrer die Hauptarbeit trägt.
Hoffnung steckt in allen Fahrern, die wir verpflichten. Daniel Schrag und Cedric Abt geben wir zur Eingewöhnung erst einmal ein Jahr, in dem sie sich an die Männerrennen anpassen können. Aber sie sind auf einem so guten Niveau, das wird schnell von statten gehen. Aber auch die anderen Neuzugänge wie Jakob Geßner, Ole Theiler, Leslie Lührs oder Dominik Bauer haben wir bewusst und mit großen Erwartungen geholt. Wir hoffen, dass jeder so performed, wie wir uns das vorstellen.
Kontinental-Teams dienen auch als Sprungbrett zu den großen Profiteams. Das war auch bei Lotto - Kern Haus so. Welchem Ihrer aktuellen Fahrer trauen Sie diesen Sprung zu?
Monreal: Wir haben Fahrer, die in ihr letztes U23-Jahr gehen – wie Jakob Geßner und Alex Tarlton. Alex hatte letztes Jahr schon eine starke Saison, gekrönt mit dem Titel bei der Berg-DM. Mit ihm wollen wir Rennen fahren, die vom Terrain her zu seinen Fähigkeiten passen, also vor allem Bergrennen. Vielleicht bringt Lotto – Kern Haus auch mal einen WorldTour-Bergfahrer heraus. Aber im Kader kann sich jeder für einen WorldTour-Vertrag empfehlen. Jeder kann Rennen gewinnen oder zumindest gute Ergebnisse herausfahren. Die Last soll auf alle Schultern verteilt sein, wir wollen es wie im letzten Jahr breitgefächert anlegen.
Wann und wo wird das Team in die Saison einsteigen und welche Highlights peilen Sie an?
Monreal: Unsere Saison geht am 5. März beim Ster van Zwolle los, einen Tag später folgt die Elfstedenronde Fryslan. Diese Rennen liegen unserer Mannschaft, im letzten Jahr ist Kim Heiduk in Zwolle Vierter geworden. Danach geht es für einen Teil des Teams nach Rhodos, wo ein Eintagesrennen und eine Rundfahrt anstehen. Der andere Teil fährt die Olympia`s Tour. Wir hoffen, dass wir wieder einen erfolgreichen Saisonstart hinlegen, und einen Flow mitnehmen in die heiße Phase im April, Mai und Juni. Da haben wir viele gute Rennen, gerade für die U23-Fahrer. Wir gehen demnächst auch ins Teamtrainingslager, dann sind wir für den Saisonstart sicherlich gut vorbereitet.
Wie setzt sich die Sportliche Leitung in diesem Jahr zusammen?
Monreal: Wie im vergangenen Jahr aus Andreas Stauff, Tim Klinger und Marian Reinecke, der Ende der Saison dazu gestoßen ist. Da sind wir mit mir ein gutes Vierergespann. Aber mit Hartmut Täumler haben wir noch einen erfahrenen Mann in der Hinterhand, der einige Rennen abdecken wird. Auch Markus Felsing wird den einen oder anderen Einsatz bekommen. Wir investieren auch viel in die Arbeit neben den Rennen, da wollen wir so professionell wie möglich sein. Dadurch, dass das Team immer größer und professioneller wird, will ich auch immer mehr Aufgaben abgeben. Tim Klinger kümmert sich etwa um das Training, Andreas Stauff hat den Materialbereich und die Rennplanung unter sich, Marian Reinecke den administrativen Bereich. Sie nehmen mir viel Arbeit ab, so dass ich mich noch mehr um Sponsoren kümmern kann.
Was hat sich im Winter sonst noch getan?
Monreal: Seit dem 1. Januar ist Krombacher Teil unseres Sponsoring-Pools, darauf sind wir sehr stolz, gerade da der Vertrag langfristig angelegt. Dazu ist, wie schon erwähnt, Marian Reinecke zum Team gestoßen.
Was lauten die sportlichen Ziele für 2022?
Monreal: Man wird ja immer am Vorjahr gemessen. Wir haben fünf UCI-Siege eingefahren, da wollen wir wieder hin. Der U23-Meistertitel hat mir persönlich viel bedeutet, mit zehn U23-Fahrern wollen wir natürlich daran anknüpfen und eine gute Meisterschaft fahren und das Trikot in den eigenen Reihen halten. Aber auch die Deutschland Tour ist ein absolutes Highlight mit TV-Präsenz, darauf arbeiten wir hin. Wir wollen auch beim Baby-Giro starten, haben insgesamt viele Highlights im Kalender. In Italien wollen wir natürlich auch gut fahren.
Was stimmt Sie optimistisch, dass die anstehende Saison noch erfolgreicher wird als 2021?
Monreal: Es muss gar nicht noch erfolgreicher werden – im Sinne von höher, schneller, weiter. Aber wir haben uns punktuell gut verstärkt und erfolgshungrige Fahrer geholt, die auch schon Erfolge eingefahren haben. Das kann das Ganze noch mal erfolgreicher machen. Die Leistungsdichte ist noch größer geworden, da ist der interne Leistungsdruck und die Motivation noch mehr zu geben, sehr hoch.
Rad-Bundesliga oder internationale Renneinsätze? Worauf wird das Team den Schwerpunkt legen?
Monreal: Wir wollen natürlich wieder bei der Rad-Bundesliga angreifen. Sie steht seit Jahren bei uns auf die Prioritätenliste weit oben. Mit unserem großen Kader bekommen wir das gut abgedeckt. Findet parallel ein internationales Rennen statt, können wir trotzdem noch die Bundesliga fahren. In der Rennserie wollen wir wieder auf die Gesamtwertung schielen.
Was ist bei Ihrem Kontinental-Team einzigartig?
Monreal: Die Infrastruktur und das Material – jeder hat drei Straßenräder und wenn es die Liefersituation zulässt, wollen wir jeden Fahrer mit zwei Zeitfahrrädern ausstatten – das ist in Deutschland einzigartig. Auch erleichtert es den Jungs das Reisen, weil sie keine Räder mitbringen müssen. Mit Simplon und Shimano haben wir ein sehr gutes, konkurrenzfähiges Setup, da brauchen sich die Jungs vor keinem WorldTour-Team verstecken. Da sind wir sehr gut aufgestellt und darüber sind die Fahrer sind auch sehr happy.
Sie haben viele U23-Nationalfahrer im Kader. Ist das auch perspektivisch die Nische, die Sie als Team ausfüllen wollen? Ist es dann nicht schwer, gegen die finanzstärkeren und zu WorldTour-Rennställen gehörenden Development-Teams zu bestehen?
Monreal: Wir haben unseren Platz gefunden in der Nische zwischen Development- und Kontinental-Teams. Wir versuchen, mit den besten U23-Fahrern Deutschlands gegen die Devo-Teams konkurrenzfähig zu sein. Da ist es wichtig, über die entsprechende Infrastruktur zu verfügen. Dann kann man auch gegen die finanzstärkeren Teams aufhorchen lassen. Der eine oder andere unserer Neuzugänge hat sich gegen ein Devo-Team entschieden und ist zu uns gekommen, das wollen wir auch in den nächsten Jahren so fortführen. Kim Heiduk ist da das jüngste Beispiel, aber auch Jonas Rutsch oder Max Walscheid konnten von uns in die WorldTour wechseln. Man hat auch bei uns die Chance, Profi zu werden, ist aber im Gegensatz zum Devo-Team nicht so sehr auf eine spezielle Mannschaft festgelegt, sondern kann frei sondieren.
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