RSNplusDe Gendt schreibt Giro-Geschichte

Dem Ausreißerkönig fallen Siege immer schwerer

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Dem Ausreißerkönig fallen Siege immer schwerer"
Endlich hat´s geklappt: Thomas De Gendt (Lotto Soudal) erlöst beim Giro sich und sein Team | Foto: Cor Vos

14.05.2022  |  (rsn) – Das “Sternzeichen Moped“ wies ein früherer Kontrahent einmal Thomas De Gendt (Lotto Soudal) zu, als der Belgier bei der Tour de France nimmermüde in Fluchtgruppen unterwegs war und immer wieder den Etappensiegen nachjagte. Vor genau zehn Jahren gewann De Gendt auf die Art und Weise am Stilfserjoch eine Etappe des Giro d’Italia. Bei der 105. Ausgabe nun konnte er in Neapel einen weiteren Sieg feiern und “übertraf“ damit Mark Cavendish (Quick-Step – Alpha Vinyl), der bei diesem Giro nach einer Wartezeit von ziemlich genau neun Jahren wieder einen Tagesabschnitt der Italien-Rundfahrt gewinnen konnte.

___STEADY_PAYWALL___ "Seit dem Erfolg am Stelvio habe ich schon Rennen gewonnen, aber es wird immer schwerer für mich, in eine gute Gruppe zu kommen", berichtete De Gendt in der Pressekonferenz nach seinem ersten Saisonsieg. "Heute war ich erst das dritte Mal in dieser Saison unter den Ausreißern ", fügte er an und erklärte, dass es immer schwerer für den früheren Ausreißerkönig immer schwerer werde.

"Heute war es richtig hart mit van der Poel und Girmay in der Gruppe, aber du musst deine Vorteile daraus ziehen", blickte der 35-Jährige auf das Rennen rund um Neapel zurück, wo es auf einem Rundkurs um die süditalienische Stadt über Klassikerterrain ging. "Normalerweise hängt in einer Spitzengruppe jeder an meinem Hinterrad, diesmal hingen sie an ihren", grinste der Routinier, der davon profitierte, dass jeder dem Niederländer und dem Eritreer die größten Chancen auf den Tagessieg einräumten.

Mit gleich drei Fahrern war Lotto Soudal in der Gruppe des Tages vertreten – und De Gendt, hier vor Top-Favorit Mathieu van der Poel, machte schließlich das Beste draus. | Foto: Cor Vos

Doch mit all seiner Erfahrung und der Hilfe gleich zweiter Teamkollegen klappte es mit dem Coup des Tages. In der vorletzten Runde versuchte van der Poel, die große Gruppe zu sprengen, was ihm zeitweise auch gelang und Lotto Soudal in ziemliche Not brachte.

"Wir mussten alle abreißen lassen", erinnerte sich De Gendt, der aber wie sein Teamkollege Harm Vanhoucke wieder den Anschluss fand. Um einer ähnlichen Konstellation in der Schlussrunde zuvorzukommen, gingen die beiden in die Offensive und attackierten im Flachstück und rissen gemeinsam mit dem Italiener Davide Gabburo (Bardiani – CSF – Faizanè) und dem Spanier Jorge Arcas (Movistar) eine Lücke auf. Die Konkurrenzsituation dahinter sorgte dafür, dass der Vorsprung immer größer wurde.

Verlängerter Arm der einzigen Sportdirektorin im Giro-Feld

"Eigentlich hofften wir über den Berg zu kommen, bis sie uns stellen, aber als der Vorsprung 30 Sekunden betrug, wollte ich für Harm fahren", so De Gendt, der sich in den Dienst seines elf Jahre jüngeren Teamkollegen stellen wollte. Doch Vanhoucke schon ermüdet und so tauschten die beiden Belgier die Rollen. "Thomas hat mir versichert, dass er im Sprint der schnellste ist und daran habe ich nie gezweifelt", sagte Vanhoucke, der bis 300 Meter vor der Ziellinie für Tempo in der Vierergruppe sorgte und somit auch verhinderte, dass van der Poel, Girmay und der Schweizer Mauro Schmid (Quick-Step – Alpha Vinyl) nochmals Anschluss fanden.

Nach einem starken Zielsprint konnte der routinierte Belgier jubelnd hinter sich blicken und... | Foto: Cor Vos

"Als Team haben wir einen tollen Job gemacht", freute sich De Gendt, der mit seinem Erfolg auch Giro-Geschichte schrieb. Denn Sportdirektorin Cherie Pridham konnte gleich bei ihrer ersten Grand Tour einen Tageserfolg verbuchen. "Wir hatten die Überzahl in der Ausreißergruppe, die wir ausnützen mussten", erklärte die Britin zuerst sehr abgeklärt, ehe ihr die Emotionen fast die Stimme raubten.

De Gendt war an diesem Tag aber nicht nur der verlängerte Arm im Rennen, sondern schloss die Bemühungen erfolgreich ab: "Thomas ist mit seiner Erfahrung unschätzbar viel wert für die jungen Fahrer. Er hat die Ruhe bewahrt, war immer cool und hatte das Selbstvertrauen am Ende und die besten Beine“, lobte Pridham den Etappensieger.

Vor zwei Wochen war ein Etappensieg für De Gendt noch undenkbar

Besonders angetan war der Mann des Tages vom spektakulären Rundkurs um Neapel. "Es war fast wie bei einer Meisterschaft", meinte er zuerst, merkte dann aber an, dass er abseits der Belgischen Meisterschaften noch keine Erfahrungen bei Titelkämpfen vorweisen könne.

"Es war cool, so ein Rennen mal bei einer Grand Tour zu machen. Ich brauche so etwas nicht jeden Tag, aber ab und zu ist es schön und führt dann auch zu überraschenden Siegern", grinste De Gendt, der die Etappe mit dem mittlerweile klassischen Schlusstag der Katalonien-Rundfahrt am Montjuich in Barcelona verglich, wo er auch schon gewinnen konnte: "Du kannst dich kaum erholen, aber es ist auch richtig schwer, wieder Lücken zu schließen."

…kurz darauf seinen zweiten Giro-Etappensieg mit einer Champagnerdusche feiern. | Foto: Cor Vos

Bei diesem Giro hatte seine Mannschaft auf frühe Etappensiege von Caleb Ewan gehofft. Doch bislang läuft bei dem Australier noch nicht viel zusammen. "In der zweiten Woche gibt es zwei Sprintankünfte", blickte De Gendt voraus, der sich dann voll in den Ewans Dienst stellen wird, nachdem er sein Soll bereits erfüllt hat. "Vor zwei Wochen hätte ich nicht gedacht, dass ich zehn Jahre nach dem Stelvio wieder eine Giro-Etappe gewinnen kann. Meine damalige Form (vor zwei Wochen, d. Red.) war nicht gut, aber nun kommen die guten Beine", fügte er an.

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.06.2022Bergkönig Bouwman fällt mit gebrochenem Arm lange aus

(rsn) – Zwei Etappensiege und das Bergtrikot beim Giro d´Italia rückten Koen Bouwman erstmals in seiner Karriere in das Rampenlicht des internationalen Radsports. Doch aus dem wird er sich vorers

01.06.2022Evans glaubt an weitere große Erfolge von Hindley

(rsn) – 2011 war Cadel Evans der erste Australier, der eine GrandTour für sich entscheiden konnte. Es war sogar die größte von allen, die Tour de France. Am Sonntag hat in Jai Hindley (Bora –

31.05.2022Girmay, Hirt und Pozzovivo sorgten für eine strahlende Bilanz

(rsn) – Intermarché – Wanty – Gobert gehörte bisher nicht zu den Teams, die bei den großen Rundfahrten für Furore sorgten. Taco van der Hoorn holte 2021 auf der 3. Etappe des Giro d’Italia

31.05.2022Hindley träumt groß: “Klar glaube ich ans Gelbe Trikot“

(rsn) – Zwei Tage sind vergangen, seit Jai Hindley in Verona zum ersten australischen Sieger des Giro d’Italia geworden ist. Zwei Tage, die andere nach einer Grand Tour nutzen würden, um jenes La

31.05.2022Bauhaus mit Giro “nicht sehr zufrieden, aber zufrieden“

(rsn) - Ohne den erhofften ersten Grand-Tour-Etappensieg, aber mit einem zweiten Rang und drei weiteren Top-Ten-Resultaten ist der 105. Giro d’Italia für Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) zu Ende g

30.05.2022Van der Poel reist ohne Rennen vom Giro zur Tour

(rsn) - Dass Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix) nach dem Giro d’Italia in diesem Jahr auch bei der Tour de France starten würde, war schon lange geplant. Dass der Niederländer den Giro aber

30.05.2022Kämna im Lennard-Bora-hansgrohe-Style auch bei der Tour?

(rsn) – Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) hat beim Giro d’Italia nicht nur mit seinem Etappensieg am Ätna begeistern können. Der 25-jährige Bremer erwies sich in den Bergen zudem als entschei

30.05.2022Denk: “Jetzt träume ich vom Tour-Sieg“

(rsn) – Mit dem Giro-Sieg durch Jai Hindley hat Bora – hansgrohe nach der Neuausrichtung als Rundfahrerteam das große Ziel schon im ersten Anlauf erreicht! Wie geht es jetzt bei dem Raublinger Re

30.05.2022Gall freut sich für früheren Teamkollegen Hindley

(rsn) – Mit seiner Grand-Tour-Premiere ist Felix Gall (AG2R Citroën) nicht zufrieden, dafür freut sich der Österreicher über den Giro-Gesamtsieg seines früheren Teamkollegen Jai Hindley (Bora â

29.05.2022Hindley: “Ich wollte nicht, dass sich 2020 wiederholt“

(rsn) - Aufopferungsvoll führte Bora – hansgrohe seinen Kapitän Jai Hindley zum Giro-Sieg! Aber nicht nur die Mannschaft und hier speziell die starke Hilfe von Lennard Kämna am vorletzten Tag im

29.05.2022Carapaz: “Am Ende hat der Stärkste gewonnen“

(rsn) - In unserem täglichen Stimmensammler können Sie im Verlauf des 105. Giro d´Italia kurz nach dem Ende der jeweiligen Etappen nachlesen, was die Protagonisten zum Rennen zu sagen hatten. Matt

29.05.2022Evenepoel mit “Wolfpack-Spirit“ zum Gesamtsieg

(rsn) – Alexander Kristoff (Intermarché - Wanty - Gobert Matériaux) hat zum Abschluss der 11. Tour of Norway (2.Pro) für den ersten Sieg eines heimischen Profis gesorgt. Der 34-jährige Norweger

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine