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12.06.2022 | (rsn) – Den Sieg knapp verpasst, doch allzu enttäuscht dürfte Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) nach der 1. Etappe der Tour de Suisse auch abseits der TV-Kameras nicht gewesen sein. Der Deutsche Meister spurtete im Bergaufsprint von Küsnacht hinter – oder besser: neben Stephen Williams (Bahrain Victorious) auf den zweiten Platz und eröffnete seine Schweiz-Rundfahrt daher mit einem Spitzenergebnis. Und das obwohl er sich im Verlauf der Etappe gar nicht wirklich gut gefühlt hatte.
"Der Tag hat sich von Beginn an sehr hart entwickelt und ich fühlte mich wegen der Hitze ziemlich schlecht", gestand Schachmann im Ziel des 177,6 Kilometer langen Teilstücks, das in vier Runden über einen Teil der altehrwürdigen Strecke des 2014 zuletzt ausgetragenen Klassikers Züri Metzgete geführt hatte: den Pfannenstiel und den Küsnachter Berg hinauf. "Wir waren uns vorher nicht sicher, aber am Ende war es auch etwas für Klassementfahrer", so der 28-Jährige.
___STEADY_PAYWALL___ Das Ergebnis bestätigte das: Nur 15 Mann kamen zeitgleich im Ziel an, eine kleine Verfolgergruppe brachte eine halbe Minute Rückstand ins Ziel, alle Anderen hatten am Ende mindestens 51 Sekunden eingeschenkt bekommen. Denn nicht nur Schachmann setzten die sommerlichen Temperaturen zu. "Ich sah, dass alle ziemlich litten. Im letzten Anstieg gab es dann eine schöne Selektion", erzählte der Etappenzweite, der sich im Schlussspurt etwas verzockt hatte.
Nach Van Wilders Antritt im Sprint leicht verpokert
Als nämlich Ilan van Wilder (Quick-Step – Alpha Vinyl) früh eröffnete und in der langgezogenen Rechtskurve zum Ziel auf die Innenseite zog, entschied sich Schachmann, außen herum vorbeizuziehen: "Ich dachte er bleibt sicher ganz innen. Also bin ich nach außen. Aber dann hat er doch noch innen aufgemacht und der Sieger (Stephen Williams, Anm. d. Red.) ist durchgeschlüpft."
Stephen Williams (Bahrain Victorious) schob sein Rad in Küsnacht knap pals Erster über den Zielstrich.
Williams gewann dank des etwas kürzeren Weges mit einigen Zentimetern Vorsprung und durfte anschließend das erste Gelbe Trikot der 85. Tour de Suisse überstreifen. Doch für Schachmann war auch der zweite Platz ein Erfolg. Denn nach dem krankheitsbedingt verkorksten Frühjahr ist der Deutsche Meister im Juni nun wohl endlich wieder bei einem Formstand angelangt, der ihn zufriedenstellen dürfte.
Juni-Form dürfte Tour-Ticket endgültig sichern
Klar: Bei der Tour de Romandie lief es Ende April mit Rang fünf im Prolog von Lausanne auch schon ganz pasabel. Doch erst der zweite Platz beim GP Kanton Aargau am Freitag und nun Rang zwei zum Tour de Suisse-Auftakt am Zürichsee waren die Bestätigung dafür, dass der Deutsche Meister wieder voll da ist und auch seinen Platz im Tour de France-Aufgebot von Bora – hansgrohe verdient hat und wohl sicher haben dürfte.
Wie weit es Schachmann bei der Tour de Suisse aber in der Gesamtwertung dieses Jahr bringt – 2021 war er immerhin Gesamtvierter – das steht noch in den Sternen. Dass er fit ist und gerade auf Etappen mit kurzen Anstiegen zu den Allerbesten gehört, hat er in Küsnacht bewiesen. Doch mit Sergio Higuita und Aleksandr Vlasov sowie Felix Großschartner hat Bora – hansgrohe noch drei andere sehr starke Kletterer in der Schweiz dabei – und gerade Vlasov gehört in dieser Woche sicher zu den großen Gesamtsiegs-Kandidaten. Da dürfte sich Schachmann, anders als vor einem Jahr, auf den echten Bergetappen dann unterordnen und den Helfer geben.
Im Frühjahr 2022 ging bei Schachmann krankheitsbedingt wenig: Bei seiner Paris-Nizza-Titelverteidigung stieg er nach drei Tagen aus.
Dass die Zusammenarbeit im deutschen WorldTeam nach dem Giro-Triumph aus dem Mai auch mit anderer Fahrer-Besetzung im Juni weiterhin gut zu funktionieren scheint, bewiesen die Protagonisten in Küsnacht jedenfalls schon. Als sich über die Kuppe des Küsnachter Bergs auf den letzten drei Kilometern die 15-köpfige Spitzengruppe gebildet hatte, spielten Higuita, Schachmann und Vlasov ihre Stärken gut aus:
Giro-Momentum: Teamwork funktioniert weiter gut
"Jeder in der Gruppe ist über die Kuppe Vollgas gefahren und dann hatte keiner mehr die nötigen Beine, um allein zu gehen. Es war dann ein Pokerspiel. Alex (Vlasov, d. Red.) hat angegriffen, so dass ich an den Hinterrädern bleiben konnte und 250 Meter vor Schluss konnten Sergio und ich uns sogar noch anschauen und fragen, wer von uns beiden jetzt den Sprint fährt", erzählte Schachmann lachend.
2021 fuhr Schachmann bei der Tour de Suisse auf den vierten Gesamtrang.
In Küsnacht bereitete Vlasov mit seinem Angriff, durch den er Remco Evenepoel (Quick-Step – Alpha Vinyl) und dem Ineos Grenadiers-Duo Adam Yates und Geraint Thomas Körner aus den Beinen zog, Schachmann und Higuita den Weg zum Gruppensprint. Auf den schwereren Bergetappen hingegen dürften der Deutsche und der Kolumbianische Meister gemeinsam mit Großschartner eher in Vlasovs Diensten stehen.
"Das Rennen wird jeden Tag härter werden. Man wird also jeden Tag sehen, wie lange man mitkämpfen kann", erklärte Schachmann am Sonntag schon mal, dass sich die Kräfteverhältnisse an langen, schweren Bergen ohnehin früh genug herauskristallisieren werden.
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