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14.07.2022 | (rsn) - Mit einem 10,6 Kilometer langen Solo hat Thomas Pidcock (Ineos Grenadiers) die 12. Etappe der Tour de France gewonnen. Nach den 165 Kilometern von Briancon hinauf zur Alpe d’Huez war er 48 Sekunden schneller als Louis Meintjes (Intermarché - Wanty – Gobert). Dritter wurde der viermalige Toursieger Chris Froome (Israel – Premier Tech) vor Neilson Powless (EF Education - EasyPost). Bei den Favoriten griff Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) mehrmals an, ohne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) abschütteln zu können. Der Slowene wurde als bester der Favoriten Fünfter vor dem Mann in Gelb, der die Gesamtführung verteidigte. Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) wurde zeitgleich Siebter.
Auch Enric Mas (Movistar) fuhr einen Tag nach seinem Einbruch am Col du Granon eine gute Etappe und wurde drei Sekunden hinter Pogacar Achter, zeitgleich mit Sepp Kuss (Jumbo – Visma). Zehnter wurde Ausreißer Giulio Ciccone (Trek – Segafredo), der auf den letzten Metern von den Favoriten überholt wurde und somit das Bergtrikot nicht von Simon Geschke (Cofidis) übernehmen konnte.
Pidcock attackiert in der Abfahrt
Der spätere Sieger gehörte nicht zur ursprünglichen Gruppe des Tages. ”Das Ziel vor der Etappe war schon, in die Fluchtgruppe zu gehen. Ich hatte gestern genug Zeit kassiert, dass mir heute dann ein paar Freiheiten gegeben wurden”, meinte Pidcock im Ziel-Interview. Doch erst zu Beginn der Abfahrt des Col du Galibier (HC) setzte er sich aus dem Peloton ab. ”Bergauf wäre es schwer gewesen, aus dem Feld davonzufahren, aber bergab wollte Jumbo nichts riskieren und der Abstand nach vorne war noch nicht all zu groß”, erklärte der Querfeldeinweltmeister seine Attacke. Er zeichnete mit seinem Sportgerät wunderschöne Linien in den Hang des Berges, fuhr an allen Ausreißern vorbei und hatte allen anderen Fahrern im Rennen am Ende der Abfahrt mehr als zwei Minuten abgenommen.
Im Tal wartete er auf Verstärkung, die er bis zum Schlussanstieg erhielt. Dort entpuppte er sich nach einem Angriff als der stärkste Ausreißer und krönte sich zum jüngsten Sieger an der Alpe d’Huez. "Das ist nicht so schlecht, oder? Das ist meine erste Tour de France bisher, selbst wenn jetzt nichts mehr passiert und ich jeden Tag abgehängt werde. Mein erster Tour-Etappensieg bei der ersten Teilnahme ... das ist wirklich nicht schlecht”, freute er sich. Die letzten Kilometer zum Ziel konnte der 22-Jährige vollauf genießen. "Einfach surreal, dieser Erfolg, einer meiner schönsten Tage auf dem Rad, man kämpft sich durch die Flaggen, die Fäuste der Zuschauer und andere Dinge durch, das erlebt man nur hinauf nach Alpe d`Huez”, beschrieb er seine Triumphfahrt, die ihm neben dem Etappensieg auch Platz acht im Klassement brachte.
Nichts zu holen für Franzosen am Nationalfeiertag
Die Franzosen hatten an ihrem Nationalfeiertag keinen Grund zur Freude. Sie verpassten kollektiv die Top-10 der Etappe. Bester Profi der Grande Nation wurde Romain Bardet (DSM) als Elfter. Er musste seine Kontrahenten relativ früh fahren lassen, konnte seinen Rückstand aber beschränken. Trotzdem fiel er im Klassement vom zweiten auf den vierten Rang zurück. Neuer Zweitplatzierter ist Pogacar, der wie Thomas am Franzosen vorbeizog. David Gaudu (Groupama – FDJ) bestätigte als 13. und siebtbester Klassementfahrer seine derzeitige Position in der Gesamtwertung.
In der Punktewertung bleibt Wout van Aert (Jumbo – Visma) vorn. Er sicherte sich beim Zwischensprint neun Zähler, fiel aber vor allem als Helfer Vingegaards auf, indem er viele Kilometer an der Spitze des Feldes fuhr. Geschke versuchte sich früh als Ausreißer, seine Gruppe wurde aber nicht weit weggelassen und letztendlich wieder gestellt, sodass der Deutsche keine Punkte herausfahren konnte. Sein Gepunktetes Trikot verteidigte er mit etwas Glück, denn sein direkter Konkurrent Ciccone verlor seinen fünften Platz in der Tageswertung, der zur Übernahme des Trikots gereicht hätte, erst kurz vor dem Ziel an die heran rauschenden Favoriten. Neuer Zweiter ist Meintjes, der vier Punkte hinter Geschke liegt. Als Dritter folgt Vingegaard mit sieben Punkten Rückstand. Im Weißen Trikot bleibt Pogacar, der allerdings 3:32 Minuten auf Pidcock, die Nummer zwei in dieser Wertung, verlor. In der Teamwertung baute Ineos Grenadiers seinen Vorsprung auf 11:35 Minuten vor Jumbo – Visma aus.
So lief das Rennen:
Am Start in Briancon konnten die Sonnenschirme der letzten Tage gegen Regenschirme ausgetauscht werden. Das hinderte Neilson Powless (EF Education – EasyPost) allerdings nicht daran, direkt nach dem Startzeichen die Beine in die Hand zu nehmen. Nelson Oliveira (Movistar), Anthony Perez (Cofidis), Kobe Goossens (Intermarché - Wanty – Gobert), Matis Louvel (Arkea – Samsic) und Sebastian Schönberger (B&B Hotels – KTM) fügten sich auf den nächsten Kilometern zum Amerikaner.
Nach 11,8 Kilometern gewann Goossens den Zwischensprint bei inzwischen wieder sommerlichem Wetter. Aus dem Feld heraus sicherte sich van Aert den siebten Platz ohne Gegenwehr. Auf den ersten Metern des Galibier löste sich eine umfangreiche Gruppe mit unter anderem Geschke und drei Jumbo-Fahrern. Dieser wurde allerdings keine Freiheit gegönnt, sodass das Sextett keine Verstärkung bekam.
Der Galibier
Später im Anstieg löste sich zunächst Giulio Ciccone (Trek – Segafredo) aus dem Feld. Später folgte ihm Louis Meintjes, der von Georg Zimmermann (beide Intermarché - Wanty – Gobert) lanciert wurde. Der Deutsche fiel wieder ins Feld zurück, während sein Teamkollege und der Italiener fünf Kilometer vor der Bergwertung zum Septett stießen, aus dem kurz zuvor Perez angegriffen hatte.
Die Verfolgergruppe teilte sich im weiteren Verlauf des Berges. Powless, Ciccone und Meintjes setzte sich von ihren Begleitern ab und folgten Perez, der am Galibier die 20 Punkte gewann, mit 25 Sekunden Rückstand über die Bergwertung. Das von Jumbo – Visma angeführte Feld, aus dem sich Chris Froome (Israel – Premier Tech) gelöst hatte, hatte dort 2:10 Minuten Rückstand.
Pidcock erteilte eine Lehrstunde
Zu Beginn der Abfahrt attackierte Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) aus dem Peloton heraus. Der Elfte der Gesamtwertung erteilte seinen Gegnern eine Lehrstunde in Sachen Abfahren. Er sammelte alle vor ihm liegenden Fahrer auf und konnte nur Powless nicht abschütteln. Gemeinsam mit dem US-Amerikaner wartete er im Tal allerdings auf Oliveira, Goossens, Meintjes, Perez, Froome, Schönberger und Ciccone, die rund 20 Sekunden hinter dem Duo folgten. Das Peloton war den Galibier ruhig hinuntergerollt; sein Rückstand war so auf 4:30 Minuten angewachsen.
Stehversuche am Col de la Croix de Fer
Am Col de la Croix de Fer (HC) waren bei inzwischen 37 Grad Celsius die Zeitlupenaufnahmen zeitweise nicht von denen in Echtzeit zu unterscheiden. Weder vorne noch hinten wurde Tempo gefahren, so stabilisierte sich der Abstand beider Gruppe bei ungefähr sieben Minuten.
Nach zwei Dritteln des 29 Kilometer langen Berges erhöhte das Feld die Schlagzahl. So reduzierte es seinen Rückstand auf 6:25 Minuten; sehr zum Missfallen von Pidcock, der bei noch 60 zu fahrenden Kilometern und 5,5 vor der Bergwertung seinerseits das Tempo verschärfte. Froome, Ciccone, Powless und Meintjes zogen mit. Für Oliveira, Perez, Goossens und Schönberger ging es zu schnell. Die 20 Punkte an der Spitze des Berges sicherte sich Ciccone, wodurch er sich Geschke bis auf acht Punkte näherte. Trotz aller Bemühungen der Gruppe hatte sich das Feld ihr inzwischen auf 4:45 Minuten genähert.
Mit dreißig noch zu fahrenden Kilometern hatten beide Gruppen die Abfahrt hinter sich gelassen. Die Ausreißer hatten ihren Vorsprung wieder auf 5:25 Minuten ausgebaut. Das Feld bemühte sich im knapp 20 Kilometer langen Tal nicht mehr darum, seinen Rückstand vor den 21 Kurven des Schlussanstieges zu reduzieren.
Entscheidung an der Alpe
Mit 6:10 Minuten Vorsprung begann das Quintett den 13,9 Kilometer langen und 7,9% steilen finalen Berges. 10,6 Kilometer vor dem Ziel schüttelte Pidcock erstmals am Baum. Die Gruppe zerfiel und niemand konnte mit dem Mountainbike-Olympiasieger mitgehen. Meintjes blieb langerund 30 Meter hinten dem Briten, weitere 30 Meter dahinter hing Froome.
Im Feld beschleunigte van Aert rund elf Kilometer vor dem Ziel und verkürzte so den Rückstand des Feldes auf fünf Minuten. Mit noch 8,5 zu fahrenden Kilometern fehlten Meintjes nur noch einige Meter bis zum Zusammenschluss, doch Pidcock erkannte dies, erhöhte das Tempo und legte wieder mehrere Meter zwischen sich und seinen Verfolger. Dieses Mal wurde der Abstand schnell und bleibend größer.
Nachdem van Aert ausgeschert war, regelte Steven Kruijswijk das Tempo, das nun vor allem auf Kontrolle ausgerichtet war. Vier der noch fünfzehn Profis in der Favoritengruppe gehörten seiner Jumbo – Visma-Mannschaft an. Als Primoz Roglic an die Spitze ging, musste Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan), Nairo Quintana (Arkea – Samsic) und David Gaudu (Groupama – FDJ) circa 7,5 Kilometer vor dem Ziel reißen lassen.
Einen Kilometer nach seinem slowenischen Teamkollege übernahm mit Sepp Kuss der letzte Vingegaard-Helfer. Romain Bardet (DSM) musste sein eigenes Tempo suchen, sodass neben den beiden Jumbo-Fahrern nur noch Thomas, Yates, Pogacar und Mas in der Favoritengruppe fuhren. Yates musste mit noch vier zu fahrenden Kilometern die Segel streichen.
Die erste Attacke Pogacars erfolgte ungefähr vier Kilometer vor dem Ziel. Der Mann in Gelb zog als einziger mit. Durch die danach entstehende Uneinigkeit konnte zuerst Thomas und wenig später auch Mas und Kuss zurückkehren. Für den Spanier war es allerdings nur ein kurzes Vergnügen, da er unter dem Tempodiktat des US-Amerikaners schnell wieder zurückfiel.
Circa 2,5 Kilometer lancierte Pogacar sich zum zweiten Mal. Dieses Mal hatte Vingegaard Mühe dem Slowenen zu folgen, was ihm letztendlich aber gelang. Thomas kehrte unter der zwei-Kilometer-Marke erneut zurück. Auch Mas und Kuss schafften erneut den Anschluss.
Zeitgleich sprintete Pidcock als Sieger dem Ziel entgegen. Er gewann die Etappe 48 Sekunden vor Meintjes. Froome wurde mit 2:06 Minuten Rückstand Dritter und Pogacar gewann den Sprint der Favoriten 3:25 Minuten hinter dem Sieger und belegte so den fünften Rang.
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