X2O Trofee: Packung für van der Poel & Co

Van Aert mit Flügeln durch die Dünen von Koksijde

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Van Aert mit Flügeln durch die Dünen von Koksijde"
Wout van Aert (Jumbo - Visma) in der Herijgersduin | Foto: Cor Vos

05.01.2023  |  (rsn) – Eine Attacke zur Rennmitte sorgte beim fünften Lauf der X2O Badkamers Trofee in Koksijde für klare Verhältnisse. Wout van Aert (Jumbo - Visma) setzte sich von Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) – der mit 1:38 Minuten Rückstand Zweiter wurde - und dem Tagesdritten Laurens Sweeck (Crelan – Fristads) ab und fuhr souverän zu seinem sechsten Saisonsieg. Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) baute als Vierter seine Gesamtführung vor dem Tagesfünften Lars van der Haar (Baloise – Trek Lions) aus.

Bis zur Hälfte des Rennen schienen van Aert und van der Poel erneut ebenbürtig, dann aber setzte der Flame zur Attacke an. Was folgte war eine Cyclocross-Lehrstunde. Der Sand konnte van Aert nichts anhaben, der Jumbo-Profi flog förmlich durch und über die Dünen, stapelte im Ziel-Interview aber dennoch tief: “Technisch gehöre ich im Sand nicht zu den Besten, aber die Form ist gut“, urteilte der 28-Jährige. Im Wettkampf wechselte er die Reifen, ein rennentscheidender Beschluss: “Ich bin mit Slicks gestartet, aber während des Rennens begann es stärker zu regnen. Ich wollte auf dem Rasen keine Risiken eingehen und bin dann auf Grifos gewechselt.“

Im Duell mit van der Poel liegt van Aert diesen Winter 5:3 vorn, den Zielstrich überquerte er wie ein Boxer mit einer links-rechts-Kombination, die von einem Uppercut in die Luft abgeschlossen wurde. “Das ist für die Show. Hoffentlich sehen die Leute das gern. Ich wollte heute auf jeden Fall gewinnen, nicht nur, weil ich in Herentals verloren habe. Ich bin schon lange nicht mehr in Koksijde gefahren und freue mich, hier nochmal gewonnen zu haben“, so der jetzt zweifache Sieger des Vlaamse Duinencross.

Auch van der Poel wusste in der ersten Hälfte des Wettkampfs zu überzeugen. Er zeigte zwei sehenswerte Überholmanöver an der Herijgersduin und bewies damit Technik und Kraft. Als der spätere Sieger angriff, war beim Niederländer aber akut die Luft raus. Wenig später deutete er durch Streckübungen Rückenprobleme an. “Ich hatte ziemlich große Probleme. Das ist scheiße, aber ich kann es nicht ändern“, resümierte der 27-Jährige. “Es ist schade, ich hatte mir diesen Cross angekreuzt und fühlte mich gut. Die Beine waren gut, aber irgendwann konnte ich den einen Fuß kaum noch vor den anderen setzen“, verriet er.

“Bisher ging es diesen Winter gut und ich weiß nicht, warum es mir heute solche Probleme bereitet hat. Wir sind seit fünf Rennen auf Augenhöhe, das wäre heute normalerweise auch so gewesen“, befand van der Poel, der die Frage, ob ihn diese Situation Sorgen bereite bejahte.

Iserbyt verteidigte seine Gesamtführung trotz Schuhproblemen. “Mein Verschlusssystem ist in der zweiten Kurve kaputt gegangen. Ich hatte Angst, dadurch das Klassement zu verlieren, denn mit einem Schuhwechsel hätte ich sehr viel Zeit verloren“, blickte der Pauwels-Profi zurück. Er fuhr mit dem defekten Schuh weiter, lieferte sich mit van der Haar einen spannenden Zweikampf und gewann letztendlich acht Sekunden auf den Niederländer, der mit 1:35 Minuten Rückstand weiterhin Zweiter im Gesamtklassement der X2O Badkamers Trofee ist.

So lief das Rennen:

Pünktlich zum Start des Männerrennens setzte Regen ein, der die Zwischenstücke matschig und den Sand fester machte. Nachdem Sweeck sich schnell die Spitzenposition sicherte, ging van der Poel durch ein fantastisches Überholmanöver bei der zweiten Passage an der Herijgersduin am Belgier vorbei. Er zog in der nächsten Matschpassage voll durch, setzte sich etwas ab und absolvierte die ersten Zielpassage fünf Sekunden vor seinen ersten Verfolgern.

Von diesen sprintete van Aert zu Fuß bei der ersten Passage an der Herijgersduin weg, um den Anschluss zum Führenden zu finden. Auch Sweeck kam danach zurück. Bei der zweiten Passage an der schwersten Düne wiederholte van der Poel das Künststück aus der Auftaktrunde, als van Aert sich vor ihm einen technischen Fehler erlaubte. Hinter dem Trio hatte sich Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) als Vierter etabliert.

Weil er als einziger die Niels Albert Duin hochfahren konnte, setzte sich im dritten von acht Umläufen Sweeck einige Sekunden ab. Dessen Fluchtversuch wurde von den beiden Topstars aber an der dritten Passage an der Herijgersduin vereitelt. Iserbyt, van der Haar und Pim Ronhaar (Baloise – Trek Lions) fuhren derweil zu Vandeputte auf und formten somit die erste Verfolgergruppe.

Im vierten Umlauf holte van Aert im Sand zum Rundumschlag aus. Seinem Angriff konnte niemand folgen. Die Körpersprache van der Poels machte sofort deutlich, dass er dem Belgier nichts entgegenzusetzen hat. Zur Rennhälfte hatte der Niederländer 18 Sekunden verloren, weitere 16 Sekunden dahinter drehte nun Sweeck seine Runden. Bei der nächsten Zielpassage betrug der Abstand zwischen dem Belgischen Meister und van der Poel, der inzwischen auf dem Rad Streckübungen für den Rücken machte, schon 52 Sekunden. Hinter Sweeck hatten sich van der Haar und Iserbyt von Vandeputte abgesetzt. Das Duo wurde nun von Ronhaar verfolgt.

Die Spannung um den Sieg war nun weg, interessant war vor allem der Zweikampf um Platz vier, der gleichzeitig das Duell um die Gesamtführung war. In der Vorschlussrunde griff der Belgier Iserbyt den Niederländer van der Haar an. Beim Erklingen der Glocke lagen vier Sekunden zwischen den beiden.

Diese Lücke bekam der Baloise-Profi im Finale aber nicht mehr zu. Während van Aert den Sieg vor van der Poel und Sweeck locker nach Hause fuhr, hielt Iserbyt seinen niederländischen Widersacher im Kampf um Platz vier auf Abstand.

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