Christina Schweinberger wird Fünfte

Reusser triumphiert als Solistin beim Gent-Wevelgem der Frauen

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Marlen Reusser (SD Worx) hat das 9. Gent-Wevelgem gewonnen. | Foto: Cor Vos

26.03.2023  |  (rsn) – Marlen Reusser (SD Worx) hat sich bei Regen und Kälte im Alleingang die 9. Ausgabe des Gent-Wevelgem (1.WWT) der Frauen gesichert. Die 31-jährige Schweizerin setzte sich über 162,5 Kilometern zwischen Ypern und Wevelgem nach einer Attacke 41 Kilometer vor dem Ziel als Solistin durch und feierte ihren ersten Triumph bei einem bedeutenden Eintagesrennen.

Mit mehr als zwei Minuten Rückstand auf Reusser, die es sich sogar leisten konnte, auf den letzten vier Kilometern einmal falsch abzubiegen, sicherte sich die US-Amerikanerin Megan Jastrab (DSM) im Sprint des Feldes den zweiten Platz vor der Niederländerin Maike van der Duin (Canyon//SRAM) und deren Landsfrau Karlijn Swinkels (Jumbo – Visma). Die Österreichische Meisterin Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck) wurde nach einem weiteren beeindruckenden Klassikerauftritt Fünfte.

"Ich bin super happy, aber auch extrem kaputt. Ich habe am Baneberg nicht attackiert, aber ich dachte, dass ich die Gruppe so etwas verkleinern könnte. Aber dann war niemand an meinem Rad und ich dachte mir: Lass es uns doch einfach mal ausprobieren. Es war dann extrem hart. Vor allem meine Arme schmerzten, ich konnte mich nicht mal alleine anziehen. Ich bin echt erledigt", sagte Reusser im Zielinterview. "Wir haben ein so starkes Team am Start. Wir hatten sechs Karten, die wir hätten spielen können und waren fast in kompletter Mannschaftsstärke vorne. Irgendwann mussten wir etwas probieren. Aber ich dachte mir schon: Bis zum Ziel ist es noch ein weiter Weg."

Reussers Vorsprung wuchs aber schnell an und wurde so groß, dass auch ihr Missgeschick auf den letzten Kilometern folgenlos blieb. "Ich weiß nicht, was im Finale passiert ist. Ich habe die Streckenposten, die die Richtung anzeigten, nicht gesehen. Ich war wohl etwas unkonzentriert. Das war mein Fehler. Ich war aber auch etwas wütend, weil ich der Meinung war, dass es nicht gut angezeigt worden war", schilderte sie die Szene, die kurzzeitig noch für Aufregung sorgte.

Ihr Sieg aber geriet nicht mehr in Gefahr, auch wenn die Zeitfahreuropameisterin sich erst auf den letzten Metern zu freuen getraute. "Einen Kilometer vor dem Ziel war ich mir sicher, dass es reichen würde. Aber selbst 300 Meter vor dem Ziel drehte ich mich sicherheitshalber noch mal um, um sicherzugehen, dass tatsächlich niemand mehr von hinten kommen würde", fügte Reusser an.

So lief Gent-Wevelgem der Frauen:

Direkt nach dem Start löste sich Pien Limpens (Parkhotel Valkenburg) aus dem Hauptfeld und fuhr anschließend schnell anderthalb Minuten Vorsprung heraus – im Gegenwind auf dem Weg nach Norden in Richtung Küste. Als hinter Veurne nach 30 Kilometern aber die Fahrtrichtung gewechselt wurde und das Hauptfeld vor der oft sehr windigen De Moeren-Passage stark beschleunigte, war die 22-jährige Niederländerin schnell wieder eingefangen.

Im Marschland selbst aber passierte nichts und so blieb das Peloton lange Zeit geschlossen beisammen. Die Norwegerin Malin Eriksen (Duolar – Chevalmeire) setzte sich zwar kurzzeitig ab, kam aber nicht weiter als 15 Sekunden weg und wurde schnell zurückgeholt. Anschließend prägten vor allem viele Stürze das Bild des Rennens auf dem Weg zu den sieben Anstiegen über Scherpenberg, Baneberg, Monteberg und Kemmelberg. Dabei kam unter anderem auch Brügge-De Panne-Siegerin Pfeiffer Georgi (DSM) 61 Kilometer vor Schluss zu Fall.

Reihenweise Stürze auf den nassen Straßen

Die Britin kam wieder ins Feld zurück, bevor dann DSM-Sprinterin Charlotte Kool am Monteberg 54 Kilometer vor Schluss abreißen lassen musste. Lotte Kopecky (SD Worx) und Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM) drückten dann bei der ersten Passage des Kemmelbergs erstmals aufs Tempo und zerrissen so das Peloton in mehrere Teile.

Es bildete sich eine starke zwölfköpfige Spitzengruppe, die aber 45 Kilometer vor Schluss von einem rund 35-köpfigen Verfolgerinnenfeld geschluckt wurde. Kurz darauf kam es zu einem großen Massensturz mitten in diesem Feld, bei dem beinahe die halbe Gruppe auf der Straße landete – mit dabei unter anderem Niewiadoma, Georgi, Marta Bastianelli (UAE Team ADQ) und Lucinda Brand (Trek – Segafredo).

Reusser fährt am Baneberg davon

Am Baneberg drückte dann Reusser im durch den Sturz nur noch sehr kleinen ersten Feld aufs Tempo und setzte sich ab. Auf der Kuppe standen bereits zehn Sekunden Vorsprung auf der Uhr und die Schweizerin zog allein weiter durch. Hinter ihr sortierte sich die Verfolgerinnengruppe zunächst und zögerte, so dass Reusser 35 Kilometer vor Schluss mit 1:05 Minuten Vorsprung die zweite Passage des Kemmelbergs erreichte.

Und selbst nach dem letzten Anstieg des Tages dauerte es sehr lange, bis Trek – Segafredo und Jumbo – Visma knapp 30 Kilometer vor Schluss die Verantwortung im Feld übernahmen. Reusser hatte da schon knapp zwei Minuten Vorsprung und der wuchs bis zur 25 Kilometer-Marke sogar noch auf 2:10 Minuten an. Das Rennen um den Sieg schien daher bereits gelaufen, als es nach dreieinhalb Rennstunden wieder durch den Startort Ypern und auf die N8 Richtung Wevelgem ging.

Hinter Reusser begann nun der Kampf um den zweiten Platz und nach mehreren Attacken von Niewiadoma kreierte deren Teamkollegin Shari Bossuyt mit einem Angriff 16 Kilometer vor Schluss eine siebenköpfige Verfolgerinnengruppe, in die auch die Luxemburgerin Christine Majerus (SD Worx) mitsprang. Kurz darauf kam es im Feld dahinter zu einem weiteren Sturz, weil Lorena Wiebes (SD Worx) am Straßenrand hängenblieb und gleich zwei ihrer Teamkolleginnen mit zu Boden riss. Dadurch ging die Lücke zur Majerus-Gruppe weiter auf, die aber mit Jastrab und Ruby Roseman-Gannon (Jayco – AlUla) noch Zuwachs durch zwei weitere Fahrerinnen bekommen hatte.

Zu neunt schienen sie schließlich die Plätze zwei bis zehn unter sich ausmachen zu können, doch auf dem letzten Kilometer rauschte doch noch das Hauptfeld heran und es kam zum Massensprint – den Jastrab trotzdem gewann.

Mehr als zwei Minuten davor aber stürmte Reusser mit dem größten Vorsprung in der Geschichte des Rennens allein zum Sieg.

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