Evenepoel verliert auf 8. Giro-Etappe Zeit auf Roglic

Healy jubelt nach “ungeplanter“ Attacke in Fossombrone

Von Daniel Brickwedde

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Ben Healy (EF Education – EasyPost) gewinnt in Fossombrone. | Foto: Cor Vos

13.05.2023  |  (rsn) - Die 8. Etappe des Giro d’Italia brachte das Feld zurück an die Adriaküste, eine hügelige Überführungsetappe – perfektes Terrain für Ausreißer. Und so sicherte sich nach 207 Kilometern zwischen Terni und Fossombrone Ben Healy (EF Education – EasyPost) als Solist den Tagessieg. Mit einem Rückstand von 1:49 Minuten gewann Derek Gee (Israel – Premier Tech) vor dem italienischen Meister Filippo Zana (Jayco-AlUla) aus einer dezimierten Gruppe der restlichen Ausreißer den Sprint um Platz zwei.

Die Etappe brachte jedoch auch Bewegung in der Gesamtwertung: Mit einer späten Attacke holte Primoz Roglic (Jumbo – Visma) 14 Sekunden auf Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) heraus. Andreas Leknessund (DSM) verteidigte knapp sein Rosa Trikot.

“Ich hatte heute gute Beine. Ich bin schon früh solo losgefahren und habe es bis zum Ziel durchgezogen. An dem steilen Anstieg wollte ich eigentlich nur meine Beine testen und dann kam keiner mit mir“, sagte Healy im Interview. Seine “ungeplante“ Attacke kam rund 50 Kilometer vor dem Ziel am kurzen, aber extrem steilen Aufstieg I Cappuccini – von dort setzte er seine Fahrt als Solist fort und baute seinen Vorsprung kontinuierlich aus.

“Ich wusste, dass ich bis ins Ziel ein gutes Einzelzeitfahren würde liefern können. Ich bin dann in einem guten Tempo durchgekommen, alles hat heute gepasst. Es haben schon viele große irische Radsportler Etappen beim Giro gewonnen, nun auch in dieser Liste zu sein, ist supertoll“, so Healy weiter. Der 22-jährige Ire gewann damit bei seinem Grand-Tour-Debüt gleich eine Etappe.

Roglic gewinnt Zeit

In der Endphase konzentrierten sich die TV-Bilder jedoch auf die Favoritengruppe. Jumbo - Visma hatte an den vorherigen Hügeln immer wieder das Tempo erhöht. Am letzten Anstieg, der zweiten Auffahrt über 2,8 Kilometer zum I Cappuccini, setzte dann Roglic seine erste Duftmarke bei diesem Giro – und distanzierte damit erstmals Evenepoel. Einzig Geraint Thomas und Tao Geoghegan Hart (beide Ineos Grenandiers) fuhren an der Bergwertung zum Slowenen auf, Evenepoel gelang es jedoch nicht, die Lücke zu schließen. In der folgenden Abfahrt behauptete das Trio um Roglic, Thomas und Geoghegan Hart schließlich 14 Sekunden auf den Weltmeister heraus.

“Es ist schwer, für dieses Rennen einen Plan zu schmieden. Es gibt zwei große Favoriten – und dahinter gibt es viele Teams, die auf dem gleichen hohen Level operieren. Wir müssen unser Ding machen. Manchmal müssen wir Geduld haben, manchmal müssen wir angreifen, so wie wir es heute getan haben. So werden wir in den nächsten Tagen weitermachen“, sagte Geoghegan Hart im Ziel.

Kurz hinter den Favoriten kam auch Leknessund in einer Gruppe mit Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) ins Ziel. Der Norweger verteidigte damit sein Rosa Trikot um acht Sekunden vor Evenepoel. Roglic folgt mit 38 Sekunden vor Joao Almeida (UAE Team Emirates, +0:40), Thomas (+0:52) und Geoghegan Hart (+0:56). Kämna rangiert auf Platz zehn (+1:54), Teamkollege Aleksandr Vlasov ist Achter (+1:26).

Leknessund verliert Stork

“Als Roglic attackierte, wusste ich, dass ich so schnell wie möglich fahren musste. Am Ende konnte ich das Trikot verteidigen, was mich sehr stolz macht. Es war ein richtiger Fight heute. Auch im Zeitfahren werde ich morgen noch einmal alles raushauen, auch wenn ein Vorsprung von acht Sekunden auf Evenepoel wohl nicht ausreichen werden“, sagte Leknessund im Ziel.

Mit Florian Stork verlor Leknessund einen seiner besten Helfer. Der Deutscher überzeugte am Freitag noch am Berg, musste aber am Samstag mit Mageproblemen aufgeben, wie radsport-news.com erfuhr.

In der Bergwertung besetzt weiterhin Davide Bais (Eolo – Kometa) den Platz an der Sonne. In der Punktewertung liegt Jonathan Milan (Bahrain Victorious) vorne. In der Nachwuchswertung führt wie im Kampf um Rosa Leknessund

So lief die 8. Etappe des Giro d’Italia

Die Etappe bot Chancen für Ausreißer. Entsprechend umkämpft verlief der Etappenstart mit hohem Tempo, vielen Attacken und einigen erfolglosen Fluchtversuchen – unter anderem befand sich kurzzeitig auch der Gesamtführende Leknessund in einer Gruppe. Nach rund 15 Kilometern fand sich dann eine Vierergruppe um Healy, Gee, Valentin Paret-Paintre (AG2R - Citroën) und Carlos Verona (Movistar) zusammen, die sich erstmals etwas absetzen konnte. Einige Kilometer später fand Tom Skujins (Trek – Segafredo) den Anschluss.

Das Profil der 8. Etappe | Foto: Veranstalter

Im Feld gab es in der Folge jedoch weitere Attacken und Gruppen, die sich absetzen. Und so gelang nach 80 Kilometern erst Zana, Alessandro Iacchi (Team Corratec - Selle Italia), Samele Battistella (Astana Qazaqstan), François Bidard (Cofidis), Mattia Bais (EOLO-Kometa) und Alessandro Tonelli (Green Project-Bardiani CSF-Faizanè) der Anschluss nach vorne, kurz darauf auch noch Warren Barguil (Arkéa – Samsic) und Oscar Riesebeek (Alpecin – Deceuninck). Bemerkenswert: Mit Mattia Bais befand sich der Bruder des gestrigen Etappensiegers Davide Bais in der Gruppe. Der Vorsprung der Gruppe wuchs auf rund sechs Minuten an.

Mit dem kurzen Hügel I Cappuccini (4.Kat.) begann die entscheidende Phase der Etappe nach 150 Kilometern. Im nur 2,8 Kilometer langen, dafür aber bis zu 19 Prozent steilen Anstieg setzte sich Healy von seinen Fluchtgefährten ab und fuhr sich auf der anschließenden Abfahrt schnell einen Vorsprung von einer Minute heraus. Der Schlussteil der Etappe wurde auf einer rund 50 Kilometer langen Runde um den Zielort Fossombrone ausgefahren – mit gleich zu Beginn dem Monte delle Cesane (2. Kat., acht Kilometer lang bei 6,4 bis maximal 18 Prozent Steigung) als Hürde. Healy baute im Anstieg seinen Vorsprung weiter auf 1:40 Minuten aus, hinter ihm fand sich eine Verfolgergruppe um Bais, Barguil, Zana, Verona und Gee zusammen.

Im Feld hatte zuvor Ineos Grenadiers das Tempo im I Cappuccini angezogen. In der Auffahrt zum Monte delle Cesane erhöhte zunächst Michel Hessmann (Jumbo – Visma) die Schlagzahl, später dann wieder Ineos, die zahlenmäßig am stärksten in der Gruppe vertreten waren. Diese reduzierte sich dadurch auf rund 40 Fahrer. Das kostete den Favoriten einige Helfer, brachte allerdings keinen der großen Namen in Bedrängnis – inklusive Leknessund im Rosa Trikot, der sich jedoch frühzeitig ohne Teamkollegen an der Seite befand. In der folgenden Abfahrt wuchs die Gruppe jedoch wieder deutlich an.

Das letzte Hindernis des Tages war die zweite Auffahrt über schmale Straßen zum I Cappuccini. Bis dahin erhöhte Healy seinen Vorsprung auf über zwei Minuten und sah frühzeitig wie der Tagessieger aus. In der Favoritengruppe griff Roglic auf den steilen Straßen des letzten Anstieg an, und zunächst konnten nur Kämna und Leknessund direkt folgen. Das Tempo des Slowenen bergauf war jedoch für beide zu schnell – und auch Evenepoel blieb immer einige Radlängen zurück und konnte die Lücke nicht schließen.

Letztendlich zog sogar das Ineos-Duo um Thomas und Geoghegan Hart am Weltmeister vorbei und schloss nach der Bergwertung zum Slowenen auf. In der Abfahrt erarbeiten sich Thomas, Geoghegan Hart und Roglic einen kleinen Vorsprung auf Evenepoel und erreichten das Ziel 4:34 Minuten hinter Tagessieger Healy. 14 Sekunden später folgten Joao Almeida (UAE Team Emirates, Damiano Caruso, Jack Haig (beide Bahrain Victorious), Eddie Dunbar (Jayco – AlUla) und eben Evenepoel. Kämna kam zusammen mit Leknessund mit 5:08 Minuten Rückstand ins Ziel – wodurch Leknessund sein Rosa Trikot verteidigte.

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