RSNplusÜber Bike Aid in die WorldTour?

Die Erfolgsgeschichten der Mountainbiker Dorn und Eisenbarth

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Die Erfolgsgeschichten der Mountainbiker Dorn und Eisenbarth"
Pirmin Eisenbarth (links) und Vinzent Dorn (beide Bike Aid) | Foto: Cor Vos

25.08.2023  |  (rsn) – Immer wieder wagen Mountainbiker den Sprung über die Grenzen der Radsport-Disziplinen. So fährt Samuel Gaze, aktueller Weltmeister im Mountainbike über die Marathon-Distanz, für das WorldTeam Alpecin – Deceuninck. Mit Pirmin Eisenbarth und Vinzent Dorn (beide Bike Aid) wechselten im letzten Winter auch zwei deutsche Mountainbiker auf die Straße und konnten auf Kontinental-Niveau bereits erste Erfolge verzeichnen. Der Traum des Duos: eine Karriere in der WorldTour.

Sowohl der 25-jährige Dorn als auch der drei Jahre ältere Eisenbarth waren davon ausgegangen, in dieser Saison Helferaufgaben zu erledigen. Dorn jedoch wurde gleich in seinem ersten UCI-Rennen Kapitän, Eisenbarth erhielt diese Rolle nach zwei Eintagesrennen schließlich bei seiner ersten Rundfahrt. “Dass ich auf Gesamtwertung fahre und auch der Mann für die Sprints bin, dazu bei einer .1-Rundfahrt auf einer Etappe aufs Podium fahre, davon waren meine Erwartungen sowas von weit weg“, erklärte Eisenbarth gegenüber radsport-news.com.

Und Dorn konnte schließlich - als vorläufiger Höhepunkt seiner Entwicklung - auf der 1. Etappe der Deutschland Tour (2.Pro) mit den WorldTeams mithalten und bei der Fahrt durch das Saarland neben seinem eritreischen Teamkollegen Dawit Yemane als einziger deutscher KT-Fahrer mit der ersten Verfolgergruppe zehn Sekunden hinter Sieger Ilan Van Wilder (Soudal - Quick-Step) den Zielstrich überqueren.


RSN-Chefredakteur Felix Mattis sprach nach der 1. Etappe der Deutschland Tour mit Vinzent Dorn

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Als elementar für die Erfolge erwies sich die Philosophie ihres Teams. “Die Rolle, die Bike Aid im letzten halben Jahr gespielt hat, ist enorm. In einem Team mit hierarchischeren Strukturen hätte ich nicht so schnell die Chance bekommen, auf ein eigenes Ergebnis zu fahren und mich auch nicht so entfalten können. Wie die Teamleitung, aber auch meine Teamkollegen mir direkt vertraut haben und keine Angst hatten, dass das Wagnis nicht aufgeht, war zentral“, berichtete Dorn gegenüber radsport-news.com. Das "Experiment“ Straßenkarriere sei bis jetzt “total aufgegangen.“ Mit ähnlichen Worten äußerte sich auch Eisenbarth.

Und auch die Verantwortlichen von Bike Aid freuen sich riesig darüber, wie die Neuzugänge eingeschlagen haben. "Was die zwei in einem Jahr auf der Straße erreicht haben, dafür haben andere zehn Jahre hingearbeitet. Für uns ist es genial, was die beiden umsetzen", so Bike Aid-Teamchef Matthias Schnapka gegenüber radsport-news.com. "

Dass die Mountainbiker so schnell auf der Straße Fuß fassen konnten, kam für ihren Trainer Björn Kafka kaum überraschend. "Beide haben grundsätzlich gute Sauerstoffaufnahmen, eine gute Zwei-, Drei-, Vier-, Fünf-, Sechs-Minuten-Leistung, was auf der Straße ziemlich spannend sein kann", so Kafka zu radsport-news.com. Auch Schnapka hob den Vorteil der Mountainbiker gegenüber den Straßenfahrern hervor. "MTB-Rennen sind in den Spitzen deutlich intensiver als Straßenrennen. MTB ist ja permanentes VO2Max-Training, da es keine langen Rollerphasen gibt", erklärte er. Deshalb fühle sich der eine oder andere Mountainbiker in den Straßenrennen auch schnell unterfordert und warte nur darauf, dass das Rennen "dann endlich mal los geht.“

Eisenbarth: "Hier ist einfach jeder Mountainbike gefahren"

Auch Kafka sieht generell großes Potenzial von Mountainbikern im Straßenradsport. "Leistungstechnisch gibt es sehr, sehr viele gute Mountainbiker. Da kann man einige davon nehmen und sie auf der Straße fahren lassen. Die technischen Fähigkeiten bringen sie sowieso mit. Sie müssen sich nur im Feld wohlfühlen. Man muss die Jungs nur mal ermutigen, auch auf der Straße zu fahren", meinte der Trainer, der bei Aerotune neben Mountainbikern auch einige WorldTour-Profis betreut.

Geschafft: Bei Rund um Köln hielten Dorn und Eisenbarth mit den WorldTour-Profis mit. Foto: Bike Aid

Von Kafka, der auch gut die Hälfte der Bike-Aid-Fahrer trainiert, kam dann auch der Tipp, dass Eisenbarth und Dorn auch auf der Straße gute Leistungen erbringen könnten. "Wenn Björn sagt, dass ein Fahrer etwas kann und man ihn ausprobieren solle, dann haben wir da absolutes Vertrauen", meinte Schnapka.

Dass Dorn und Eisenbarth in jungen Jahren den Fokus auf Mountainbike richteten, war auch auf ihre Vereine zurückführen. Dorn fing im Alter von zehn Jahren mit dem Radsport an. Damals ging er mit einer Freundin zum Training des in Kirchzarten ansässigen Vereins. “Da hier nur Mountainbike angeboten wurde, war das gar keine so bewusste Entscheidung für das Gelände, sondern eher Zufall“, berichtete er.

Eisenbarth wechselte erst mit 14 Jahren vom Fußball zum Radsport. Er trat damals dem RV Lindau bei, wo Mountainbike hoch im Kurs stand. “Hier in der Gegend ist einfach jeder Mountainbike gefahren und keiner Straße. Da ist die Idee, auf die Straße zu wechseln, gar nicht erst aufgekommen. Mir hat Mountainbike auch richtig viel Spaß gemacht“, erinnerte sich Eisenbarth, der im zweiten U15-Jahr seine ersten Mountainbike-Rennen bestritt.

Dorn fuhr als Jugendlicher mit dem Vater über Stelvio & Galibier

Mit Straßenrennen hatten es beide zunächst nicht sonderlich. “Ich bin im Training schon immer mal wieder Rennrad gefahren, aber viel Zeit habe ich nicht damit verbracht und bin auch jahrelang keine Rennen gefahren“, meinte Eisenbarth. Dorn erhielt mit 13 Jahren sein erstes Rennrad und war damit oft und gerne unterwegs. “Mein Vater ist mit mir in den Sommerferien auf Alpenpässe wie den Stelvio oder den Col du Galibier gefahren. Für die Tour de France und insgesamt Straßenradsport habe ich mich immer schon interessiert“, meinte er, fügte aber einschränkend an: “Ich hatte nur nie so wirklich Zugang dazu, um selbst Rennen fahren zu können“.

Beide verließen schließlich aus demselben Grund den Mountainbike-Sport: die fehlende Abwechslung. “Die Rennen, die ich die letzten Jahre gefahren bin, auch in der WorldSeries, waren immer die gleichen Veranstaltungsorte. Dazu kann man sich im Mountainbike, gerade im Marathonbereich, gegenseitig nicht sonderlich helfen, es ist ja eher eine Einzeldisziplin. Wenn man da am Start steht, weiß man so in etwa, auf welcher Position man am Ende reinkommt, wenn alles normal läuft. Das ist mir dann etwas `langweilig` geworden. Es hat den Reiz verloren, da nichts Außergewöhnliches passierte“, gestand Eisenbarth.

Dorn ergänzte: “Ich bin jemand, der den Sport auch macht, um etwas zu erleben und zu lernen. Ich will nach meiner Karriere mal sagen können, dass ich eine gute Zeit hatte. Und nicht irgendwelchen verpassten Ergebnissen hinterher trauern.“

Vinzent Dorn bei Rund um Köln mit seinen Fans. Foto: Team Bike Aid

Bei Eisenbarth war auch Kafka an der Entscheidungsfindung und dem Wechsel der Disziplin beteiligt. “Im Frühjahr 2021 bin ich in meiner Heimatregion kleine Straßenrennen als Vorbereitung auf die MTB-Saison gefahren und mein Trainer hat es mir ans Herz gelegt, die Straße mal auszuprobieren. Die Idee ist in mir immer mehr gereift, es mal auf der Straße auszuprobieren“, so Eisenbarth.

Eisenbarth kam über Ebay Kleinanzeigen zu Bike Aid

Dorn und Eisenbarth entschieden sich schließlich, ihre ersten Schritte auf der Straße bei Bike Aid zu unternehmen. Eisenbarth war 2021 zufällig über Ebay-Kleinanzeigen zum Team gekommen, als er eine Ultegra-Kurbel zum Verkauf anbot. Einer der Interessenten war Tizian Jasker, der bei Bike Aid unter anderem für die Pressearbeit zuständig ist. Beide kamen ins Gespräch und Jasker gab Eisenbarth die Nummer von Teamchef Schnapka. “Wir haben ein bisschen gequatscht und rausgefunden, dass wir den gleichen Trainer haben“, so Eisenbarth, der schließlich für die Saison 2022 einen Vertrag für das Bike-Aid-Development-Team unterschrieb.

Nur so ergab sich die Möglichkeit, in den Straßenradsport reinzuschnuppern, ohne zunächst auf seine Mountainbike-Rennen verzichten zu müssen. Ein Fahrer darf nämlich nicht bei zwei UCI-Teams gleichzeitig gemeldet sein, Eisenbarth hatte für 2022 schon einen Vertrag beim Mountainbike-Team Texpa Simplon unterschrieben und wollte seinen Schwerpunkt auch noch uneingeschränkt auf das Gelände legen. "Das (beim Development-Team zu fahren, d. Red.) war so aber auch für mich in Ordnung, ich habe es als Testjahr gesehen, auch wenn von Anfang an geplant war, dass ich in das KT-Team aufsteigen werde“, berichtete Eisenbarth. Auch Schnapka erklärte, dass man sich den Neuzugang im Development-Team erstmal “anschauen wollte“.

Die Testphase bei Bike Aid Development bestand Eisenbarth mit Bravour. Gleich zum Bundesliga-Auftakt in Bruchsal wurde er Sechster und bei seinem ersten und in der Saison 2022 einzigen UCI-Rennen, dem GP Criquielion (1.2) in Belgien, belegte er auf Kopfsteinpflaster Rang 14. “Die Rennen auf der Straße haben mir gelegen und ich habe da schon gemerkt, dass mir das viel, viel mehr Spaß macht“, berichtete Eisenbarth, der damit genügend Proben seines Könnens abgegeben hatte und zur Saison 2023 in die KT-Mannschaft befördert wurde. "Man hat vom ersten Kilometer gesehen, dass Pirmin richtig was kann und es mit ihm auf der Straße absolut Sinn macht", fügte Schnapka an.

Bei Dorn flatterte während des Urlaubs die Bike-Aid-Offerte rein

Wie Eisenbarth schaffte es auch Dorn zur Saison 2023 in das Aufgebot von Bike Aid. Bei ihm sei man anfangs "etwas skeptisch gewesen", da es direkt darum ging, ihn in das KT-Team zu holen, gestand Schnapka und spielte darauf an, dass Dorn bis zum damaligen Zeitpunkt "so gut wie überhaupt keine Erfahrung auf der Straße" hatte.

Nach Gesprächen mit dem Fahrer und dessen Trainer Kafka entschied sich die Teamleitung aber dazu, auch dem Freiburger einen Vertrag anzubieten. “Wir wollen einfach spannende Fahrer haben, die Schritte mit uns gehen, die durch ihre neuen Erfahrungen motiviert werden, aber die natürlich auch ein ernsthaftes Potential haben, im Profibereich erfolgreich zu sein", erläuterte Schnapka.

Für Dorn kam das Angebot von Bike Aid “sehr plötzlich. Aber als das im Raum stand, war mir klar, dass ich das probieren will. Einerseits um etwas Neues zu erleben und mich nochmal anders zu fordern, andererseits weil Straßenrennen mich immer schon gereizt haben“, so Dorn, der sich im letzten Oktober auf Sizilien von einer langen Mountainbike-Saison erholte und da auch schon in Vertragsgesprächen mit seinem damaligen Mountainbike-Team Stop&Go stand.

Wie auch bei Eisenbarth spielte auch hier Kafka eine nicht unwichtige Rolle. “Es kam plötzlich die Nachricht von meinem Trainer Björn, ob ich mir nicht vorstellen könne, Straßenrennen zu fahren“, erinnerte sich Dorn. Kurz darauf erhielt er einen Anruf von Schnapka und zwei Wochen später war der Vertrag unterschrieben. “Ich bin dem Team Stop&Go auch sehr dankbar, dass sie mir die Freiheit gegeben haben und ich den Wechsel machen konnte“, fügte Dorn an.

Dass Schnapka beiden die Chancen gab, auf die Straße zu wechseln, hängt sicherlich auch mit dessen sportlicher Vergangenheit zusammen. Der Bike-Aid-Teamchef kommt selbst aus dem Mountainbike-Bereich und fuhr bis er 20 Jahre alt war "so gut wie nur Mountainbike."

Nach der ersten Saisonhälfte 2023 lässt sich nun bereits sagen, dass sich sowohl Dorn als auch Eisenbarth als Volltreffer erwiesen haben. Eisenbarth fuhr bereits zehn Top-Ten-Ergebnisse ein, darunter jeweils ein dritter Etappenrang bei der Tour of Hellas (2.1) und der Volta ao Alentejo (2.2). Dazu kamen zwei zweite Plätze bei der Tour de Maurice (2.2), die er dazu noch auf Rang drei abschloss. Sein letztes Spitzenergebnis gelang ihm zum Auftakt der Sibiu Tour (2.1), als er Sechster wurde.

Pirmin Eisenbarth bei der Tour du Maurice. Foto: Team Bike Aid

Bei Dorn stehen zwar “nur“ zwei Top-Ten-Ergebnisse zu Buche: ein neunter Gesamtrang bei der Tour du Pays de Montbéliard (2.2), wo er auch einen fünften Etappenplatz herausfuhr. Dafür zeigte er aber bei hochklassig besetzten Rennen starke Leistungen. So belegte Dorn bei Rund um Köln (1.1) und den Deutschen Straßenmeisterschaften der Elite jeweils Rang 20. Bei der ZLM Tour (2.Pro) zeigte er unter anderem auf einer Etappe mit einer späten Attacke gegen die WorldTeams sein Können. Dass er diese Ergebnisse ab Mitte Mai einfuhr, war dabei kein Zufall.

Dorn: Im Ortschildsprint schneller als die WorldTour-Profis

Denn Dorns Lernkurve zeigte steil nach oben, was auch die Teamleitung beeindruckte. “Als ich in Portugal bei meinem ersten Straßenrennen am Start stand, war ich sehr nervös. Mir wurde direkt die Kapitänsrolle zugeschrieben. In den ersten 30 Rennminuten war es extrem hektisch, es passierten Stürze und ich fand mich irgendwo bei den letzten 20 Fahrern wieder und war völlig fertig. Dann kam ein Teamkollege zu mir, hat mich an sein Rad genommen, nach vorne gebracht und ich konnte am Ende ein gutes Rennen fahren“, erinnerte sich der 25-Jährige an die Classica de Arrabida (1.2) Mitte März zurück. Diese Anekdote steht exemplarisch für seine Weiterentwicklung im Verlauf der Saison.

Neben dem Vertrauen seines Teams und seiner Mannschaftskollegen war für Dorn auch die Unterstützung der in Freiburg lebenden und trainierenden WorldTour-Profis wie Jasha Sütterlin und Michel Heßmann wichtig. “Es ist toll, welche Gemeinschaft wir da haben. Jasha hat mich nach meinen ersten Rennen angerufen, mich gefragt, wie es lief und mir Tipps gegeben. Bei Michel merkt man genauso wenig Arroganz oder Allüren. Es ist eine sehr positive, unterstützende Stimmung“, zeigte sich Dorn dankbar. “Ich glaube, so ein reines Profileben, mehr als 200 Reisetage im Jahr und kein Ausgleich wie ein Studium nebendran, ist sehr hart. Zu Hause braucht dann keiner mehr Konkurrenzdenken, sondern eher einfach einen Freund, mit dem man sich auf Augenhöhe unterhalten kann. Ich bewundere sehr, dass sie das ablegen können und niemanden danach bewerten, wie gut er gerade Rad fährt“, fügte er an.

Auf die Leistungsunterschiede zwischen ihm und den WorldTour-Profis angesprochen, sagte er: "Die machen sich teilweise trotzdem bemerkbar. Beim Ortschildsprint hat keiner eine Chance gegen mich“, sagte er mit einem Augenzwinkern.

Vinzent Dorn bei Rund um Köln. Foto: Cor Vos

Im Training sei er aber schon vor seinem Wechsel auf die Straße gut mit den WorldTour-Fahrern mitgekommen. "Da habe ich etwas leichtfertig gedacht: ‘So gut sind die gar nicht‘“. Aber schon in den ersten Straßenrennen merkte er, dass er einer Fehleinschätzung aufgesessen war. "Ich habe realisiert, dass das Niveau extrem hoch ist und mein Respekt vor der Leistung von WorldTour-Fahrern, die `nur` Helfer sind, ist extrem gestiegen. Natürlich spielen auch Erfahrung und Rennhärte eine große Rolle, aber zu sehen wie viele Athleten, auch im KT-Bereich, in einer so hohen Liga mitspielen - das kannte ich vom Mountainbike nicht.“

Rund um Köln war für Dorn ein Schlüsselmoment

Dass er auch in den Rennen mit den WorldTour-Profis mithalten kann, hat Dorn bei Rund um Köln (1.1) bewiesen. “Das war sicherlich ein Schlüsselmoment“, so Dorn, der im Rennen “sehr verschwenderisch, eigentlich dumm fuhr. Ich habe von Anfang an immer wieder attackiert und versucht, in die Gruppe zu kommen. Das hat dann zwar irgendwann funktioniert, doch die Gruppe wurde nach zehn Kilometern wieder geholt und ich fand mich in einem dezimierten Hauptfeld mit vielleicht 40 Fahrern wieder, fast alle WorldTour- oder ProTeam-Profis, wieder. Am Ende wurde ich noch 20. und das nach 200 Kilometern. Danach wusste ich, dass viel mehr möglich ist als erwartet“, berichtete er.

Sowohl bei Dorn als auch bei Eisenbarth hat die starke erste Saisonhälfte Lust auf mehr geweckt. Beide befinden sich zwar nicht mehr im Talentalter. Doch die Vergangenheit zeigte – etwa bei Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) – dass der Sprung zu den Profis auch noch mit Ende 20 möglich ist. “Für ein höherklassiges Team zu fahren, ist schon mein Ziel. Auch um herauszufinden, wo die Grenzen sind und mich mit einem hochprofessionellen Umfeld spezialisieren zu können. Ich würde gerne mal ein paar Frühjahrsklassiker fahren, da sehe ich meine Stärken. Auch an meinem Sprint zu arbeiten fände ich spannend. Aber auch als Helfer bei schweren Etappenrennen eingesetzt zu werden, wäre für mich reizvoll“, so Dorn, der anfügte: "Aktuell bin ich einfach froh darüber, wie gut es läuft. Mal sehen, wo die Wege noch hinführen.“

Pirmin Eisenbarth bei Rund um Köln. Foto: Cor Vos

Ähnlich äußerte sich Eisenbarth. "Persönlich strebe ich an, immer noch weiter zu kommen, mich weiter zu verbessern, meine ganze Performance, meine Werte zu verbessern. Rennen zu fahren, bei denen man vorne mitmischen kann, macht definitiv Spaß. Ich habe aber das Bedürfnis, mich noch weiter nach oben zu orientieren und irgendwann den Schritt eine oder zwei Ligen höher zu gehen“, blickte er voraus.

D-Tour als weiteres Sprungbrett in Richtung WorldTour?

Weiter Eigenwerbung betreiben können die beiden Mountainbiker bei der Deutschland Tour Ende August, wo sie mit ihrem Bike Aid Team als eines von vier deutschen Kontinental-Teams eine Einladung erhielten. “Ich freue mich auf die Deutschland Tour und werde mich so gut ich kann darauf vorbereiten. Trotzdem ist das Level unglaublich hoch und wirklich was zu reißen, wird nicht leicht werden. Ein Top-10-Ergebnis auf einer Etappe wäre für mich ein Traum“, so Dorn. Sein Teamkollege ergänzte: "Ich habe richtig Bock drauf, bei der Deutschland Tour zu zeigen, was ich kann. Gerade mit Vinzent zusammen können wir da schon etwas Großes reißen, natürlich in unserem Rahmen“, meinte Eisenbarth.

Auch wenn sich beide viel zutrauen, wissen sie auch, dass es viele Bereiche gibt, an denen sie noch arbeiten müssen. Bei Dorn gibt es zum Beispiel noch viele Faktoren, die ihn davon abhalten, zu 100 Prozent wie ein Radprofi zu leben. So absolviert er derzeit ein Lehramtsstudium. “Aktuell mache ich ziemlich viel neben dem Radfahren. Am Tag vor der Deutschen Meisterschaft saß ich in der Uni in einer Blockveranstaltung, ich muss nebenbei noch Sportarten für mein Sportstudium machen, trainiere Nachwuchsathleten und noch ein paar andere Kleinigkeiten. All das gibt mir auch viel Ausgleich und Gelassenheit - Radfahren ist dann teilweise wie Freizeit. Trotzdem glaube ich, dass ich noch einiges an Potential hätte, wenn ich an der einen oder anderen Stelle reduzieren könnte“, meinte er.

Eisenbarth sieht bei sich im taktischen Bereich noch viel Potenzial. “Die taktische Finesse ist noch weiter ausbaufähig. Aber man lernt von Rennen zu Rennen so viel dazu“, sagte er. Auch Teamchef Schnapka gab zu bedenken: "Der Unterschied zwischen Mountainbike und Straße liegt in den taktischen Nuancen, der Positionierung und der Einteilung der Ressourcen."

An diesen Aspekten arbeiten die beiden Fahrer aber intensiv und zeigen dabei auch schnelle Fortschritte. "Vinzent etwa hat in seinen ersten Rennen mit seinem Energieüberschuss nicht haushalten können und am Ende haben ihn die Straßenfahrer abgestellt. Aber das war nur eine sehr kurze Phase und er hat dann direkt in jedem weiteren Rennen den nächsten Schritt gemacht", erklärte Schnapka.

Auch wenn Dorn und Eisenbarth ihren Fokus komplett auf Straßenrennen legen, so werden beide den Mountainbike-Sport nicht völlig aufgeben. Dorn gewann kürzlich den Albstadt Bike Marathon, nachdem er zwei Monate lang auf dem Mountainbike pausiert hatte. "Ich finde es sinnvoll, auch immer wieder Mountainbike-Rennen zu fahren.“ Eisenbarth hingegen plant zumindest derzeit keine Starts bei Rennen. "Das habe ich lange genug gemacht und auch gar nicht so ein Bedürfnis danach. Im Training gerne, aber im Rennen brauche ich es nicht mehr unbedingt“, erklärte er.

Anmerkung der Redaktion: Der Text erschien erstmalig Anfang August 2023 und wurde nach der 1. Etappe der Deutschland Tour aktualisiert.

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