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24.12.2023 | (rsn) - Wenig Budget, viel Ehrenamt: Die Kontinental-Teams haben seit jeher einen schweren Stand im Peloton und die meisten kämpfen fast jährlich ums Überleben. Ihr Standing wurde durch den aufkommenden Trend der direkt an die WorldTour-Mannschaften angedockten Development-Teams noch weiter verschlechtert. "Mittlerweile haben fast alle WorldTeams ein U23-Team und das macht es für die unabhängigen U23-Mannschaften richtig schwer, in dem Haifischbecken zu überleben", sagte etwa Ralph Denk, Teamchef von Bora - hansgrohe, zu radsport-news.com.
Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, vor der gerade deutsche 'Konti-Rennställe' stehen. Es fehlen hochwertige Rennen im eigenen Land, es fehlt internationale Herausforderung bei den wenig verbliebenen Events und es fehlt auch an Nachwuchs. Sind klassische Kontinental-Mannschaften gerade in Deutschland daher vom Aussterben bedroht? Und welche Lösungen könnte es geben? Diesen Fragen geht radsport-news.com zu Weihnachten in einem Mehrteiler nach: ___STEADY_PAYWALL___
Um gegen die Development-Teams konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Kontinental-Mannschaften bei der Fahrerverpflichtung kreativ werden. Ein Blick geht dabei in Richtung Quereinsteiger. Die Teamchefs müssen den richtigen Riecher haben, um Sportler anderer Ausdauerdisziplinen aufzuspüren, deren Potential bisher im Verborgenen blieb. Das österreichische Team Tirol - KTM gab beispielsweise dem ehemaligen Biathleten Florian Lipowitz die Chance, mittlerweile fährt der Deutsche bei Bora – hansgrohe in der WorldTour.
Erfolgreicher Quereinsteiger: Florian Lipowitz kam vom Biathlon, fand bei Tirol - KTM ein Kontinental-Team und fährt nun für Bora - hansgrohe. 2023 gewann er die Tschechien-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos
Auch Radsportler aus anderen Disziplinen wie dem Mountainbiken, die dort noch nicht zu den Stars der Szene zählten, können interessant werden. Bike Aid schnappte sich hier etwa Vinzent Dorn und Pirmin Eisenbarth, die gleich in ihrer ersten Kontinental-Saison restlos überzeugten und ihr großes Potential auf der Straße unterstreichen konnten.
Beide sind aber schon längst dem U23-Alter entwachsen. Und auch hier liegt für die Kontinental-Mannschaften eine Chance: Devo-Teams verpflichten bis auf wenige Ausnahmen nur U23-Fahrer. Das österreichische Kontinental-Team Hrinkow hingegen wird zur kommenden Saison dem 25-jährigen Pfälzer Scott David die Chance geben, sich zu bewähren.
Doch auch bei der Verpflichtung von U23-Fahrern muss bei den KT-Rennställen ein Umdenken stattfinden. Statt den fast hoffnungslosen Kampf mit den Development-Teams um die sogenannten 'Erstjährigen' aufzunehmen, also Fahrer, die gerade den Junioren entwachsen, müssen die Kontinental-Mannschaften auf Fahrer in ihrem zweiten, dritten oder gar vierten U23-Jahr schauen. Für Fahrer, die bei Devo-Teams unter Vertrag standen, sich dort aber im Umfeld nicht wohlfühlten oder gegen die starke Konkurrenz nicht durchsetzen konnten, werden die Konti-Teams als zweite Chance interessant.
Nicht alle können ihr großes Talent im ersten Jahr nach der U19 direkt auf die Straße bringen und wollen daher dann in einem anderen Umfeld zum Erfolg kommen. Bestes Beispiel hierfür ist der Norweger Trym Brennsaeter, der sich beim Development-Team von Groupama - FDJ gegen die starke Konkurrenz nicht so behaupten konnte wie gewollt und bei Tirol – KTM von Teamchef Thomas Pupp in seinem dritten U23-Jahr 2024 einen Neustart wagen wird. Dass Brennsaeter Talent hat, zeigte er mit einem zweiten Etappenrang beim Giro Next Gen (2.2u) sowie Platz sieben bei der Tour of South Bohemia (2.2), bei der er ebenfalls einen zweiten Etappenrang holen konnte.
Auch P&S Benotti ging diesen Schritt und verpflichtete Moritz Kärsten, der zuvor zwei Jahre im Devo-Team von DSM - firmenich aktiv war, sich dort aber noch nicht für einen Profivertrag empfehlen konnte. Lotto - Kern Haus nahm indes nach Informationen von radsport-news.com Mauro Brenner nach einer Saison beim Devo-Team von DSM - firmenich für die Saison 2024 unter Vertrag.
Trym Brennsaeter setzte sich bei Groupama - FDJ im Devo-Team nicht durch und sucht jetzt eine zweite Chance beim Kontinental-Team Tirol - KTM. | Foto: Cor Vos
Der einfachste Weg zum sportlichen Erfolg für Kontinental-Teams wäre es, sich einfach einem Profi-Team als Development-Mannschaft anzuschließen und so von deren Vorteilen zu profitieren. Allerdings würden sich dann gerade die seit Jahren geführten Drittdivisionäre ihrer Identität berauben. Bei vielen Teams und deren Sponsoren spielt Regionalität eine entscheidende Rolle. Fahrer und Sponsoren kommen oftmals aus der Gegend, in der das Team beheimatet ist - viel Herzblut und Ehrenamt stehen im Vordergrund.
Durch einen Development-Vertrag würden Kontinental-Teams nicht nur ihre Eigenständigkeit und ihre Sponsoren, sondern auch für sie prestigeträchtige und wichtige Rennen verlieren. Spielt man das Szenario durch, dass Lotto – Kern Haus statt Development-Partner von Bora – hansgrohe tatsächlich das offizielle Development-Team wäre, so könnte es nicht bei Rund um Köln, Münsterland Giro oder Deutschland Tour teilnehmen, weil dort eben schon Bora – hansgrohe am Start steht und nicht zwei Teams vom gleichen Lizenznehmer bei einem Rennen fahren dürfen.
Kapitel 1 - Ungleicher Konkurrenzkampf: Konti- vs. Devo-Teams
Kapitel 2 - Kreative Lösungen bei der Kaderplanung
Kapitel 3 - Mangel an Rennen in der Heimat
Kapitel 4 - Bundesliga: Die Frage nach Ausrichtung und Stellenwert
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