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31.03.2024 | (rsn) - Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die Nils Politt (UAE Team Emirates) nach der Zieldurchfahrt der 108. Flandern-Rundfahrt (1.UWT) durchlebte. Hinter dem überlegenen Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) sprintete der Deutsche Zeitfahrmeister nach 270 harten Kilometern in Oudenaarde um das Podium, wurde dabei vom Australier Michael Matthews (Jayco – AlUla) an die Gitter gedrängt und wurde zunächst als Vierter in den Ergebnislisten geführt.
Dementsprechend groß war der Frust beim 30-Jährigen, der völlig durchnässt und voller Adrenalin zu seinem Teambus fuhr, dort seinen Radcomputer durch das Gefährt pfefferte und das Geschehene versuchte zu verarbeiten. "Dann kam (Team-Manager) Mauro Gianetti rein und meinte zu mir: ‘Du bist Dritter." Das war natürlich sehr schön zu erfahren", erzählte Politt, der nach Matthews‘ Zurückversetzung doch aufs Podium durfte, gegenüber RSN.
___STEADY_PAYWALL___Es war sein zweites bei einem Monument, nachdem er schon 2019 Zweiter bei Paris-Roubaix geworden war. Und Politt war der erste Deutsche seit Heinrich Hausslers zweitem Platz 2009, der bei der Ronde unter die Top 3 fuhr. "Jeder hat sich nach der Meldung gefreut", schilderte Politt die Stimmung im Bus und berichtete weiter: "Es war ein Riesenjubel. Wir haben heute so hart dafür gearbeitet und immer an uns geglaubt. Zuerst war die Frustration groß, aber dann hat sich alles geändert."
Nils Politt (UAE Team Emirates, Mi.) rollte als Vierter in Oudenaarde über die Ziellinie. Nachdem Michael Matthews (Jayco – AlUla, li.) wegen eines nicht regelkonformen Sprints zurückversetzt wurde, sprang am Ende doch noch Platz drei bei der Flandern-Rundfahrt heraus. | Foto: Cor Vos
Dabei hatte der Hürther erst spät die Chance auf das Podium bekommen, denn hinter van der Poel lagen zunächst noch der Italiener Alberto Bettiol (EF Education – EasyPost) sowie der Belgier Dylan Teuns (Israel – Premier Tech). Doch auf der langen Zielgeraden in Oudenaarde erreichte die Gruppe um Politt die beiden noch und sprintete um Rang zwei.
Der UAE-Neuzugang hatte sich gut hinter Matthews positioniert, aber als er vorbei spurten wollte, zog der Jayco-Profi von der linken Straßenseite immer weiter nach rechts und schnitt Politt den Weg ab. "Ich war mir sicher, dass es mit dem Podium klappt, aber dann blockierte er mich an der Bande, ich musste den Schwung rausnehmen und Mozzato kam noch vorbei", so Politt im ersten Statement nach dem Rennen.
Nach der Siegerehrung ging es für den Deutschen dann nochmals zum Interview, wo er nach Ansicht der TV-Bilder erklärte: "Man kann schon sehen, dass Matthews von ganz links nach ganz rechts rüber zieht und ich zwei, dreimal den Schwung rausnehmen musste." Und sein Sportlicher Leiter Fabio Baldato fügte an: "Natürlich ist es nicht so schön, wenn du durch die Strafe eines Konkurrenten den Platz erntest, wie wenn du gleich als Dritter feststehst. Aber bedenkt man, dass Nils mehrmals den Sprint abbrechen musste, wäre es sogar ohne Matthews wohl der zweite Platz geworden."
Das Podium der 108. Flandern-Rundfahrt, v.l.: Luca Mozzato (Arkéa – B&B Hotels), Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck), Nils Politt (UAE Team Emirates) | Foto: Cor Vos
Den sicherte sich der Italiener Luca Mozzato (Arkea – B&B Hotels). Am Ende war dies aber für Politt nicht mehr wichtig. Nun fehlt eigentlich nur noch der Sieg bei einem Monument, den könnte er vielleicht schon kommendes Wochenende feiern, wenn mit Paris-Roubaix sein Lieblingsrennen ansteht: "Schauen wir mal. Jetzt heißt es, sich gut zu erholen. Die Form ist gut und ich werde nächste Woche voll angreifen“, kündigte Politt an.
Zunächst aber genoss er den Jubel der Fans in Oudenaarde. "Bei Flandern auf dem Podium zu stehen, ist etwas Besonderes", betonte er, nachdem er dafür gesorgt hatte, dass UAE Emirates auch in Abwesenheit von Titelverteidiger Tadej Pogacar erneut bei der Ronde unter den besten drei zu finden war und dazu die beste Mannschaftsleistung abliefern konnte.
Denn im Endklassement folgten direkt hinter Politt der Däne Mikkel Bjerg und der Portugiese Antonio Morgado. Tim Wellens rundete als Zwölfter den starken Auftritt von UAE ab. "Mit Tadej hätten wir noch eine Speerspitze gehabt", meinte Politt auf die Frage, wie das Rennen mit dem Titelverteidiger wohl verlaufen wäre, und auch sein Sportlicher Leiter Baldato meinte grinsend: "Wir hatten vier Fahrer in den Top zwölf. Da wäre es sicher ein Spaß gewesen, Tadej noch mit dabei zu haben."
Politt war der bestplatzierte Fahrer eines starken UAE-Teams, das gleich vier Mann unter die besten 12 brachte. | Foto: Cor Vos
Nun präsentierte sich das für seine Rundfahrtqualitäten bekannte Team aus den Emiraten auch als herausragende Klassikermannschaft, deutlich stärker als die drei bislang dominierenden Mannschaften Alpecin – Deceuninck, Visma – Lease a Bike und Lidl – Trek. "Vielleicht steht ja Tadej im nächsten Jahr wieder mit am Start", sagte Politt, fügte aber an, dass mit Morgado schon der nächste Diamant im eigenen Team heranwächst: "Chapeau. Wenn der noch lernt Position zu fahren, dann haben einen richtig starken Fahrer im Team“, sagte er über den 20-jährigen Portugiesen.
Morgado beendete seine erste Ronde als Fünfter und gab damit eine weitere starke Talentprobe ab. Wie Politt fährt er erst seit dieser Saison für das UAE Team. 2022 wurde Morgado hinter Emil Herzog (Bora – hansgrohe) Vizeweltmeister bei den Junioren und vollzieht nun einen schnellen Aufstieg in die Weltspitze. Dementsprechend ist die Unerfahrenheit bei solch großen Rennen noch seine größte Schwäche.
"Er ist unglaublich, erst 20 Jahre alt, aber ihm fehlt noch komplett die Erfahrung bei diesen Rennen. An den Schlüsselstellen war er weit hinten, fuhr sich dann wieder durch das ganze Feld nach vorne. Wenn er das noch clever fährt, dann ist er in den nächsten Jahren für Mathieu ein Gegner ", so Baldato abschließend.
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