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14.04.2024 | (rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat zum zweiten Mal nach 2021 beim Amstel Gold Race (1.WWT) triumphiert und ihrer Landsfrau Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) kurz vor der Ziellinie noch den schon sicher geglaubten Sieg entrissen. Die 36-jährige Niederländerin schob ihr Vorderrad auf den letzten Metern des nach einem Unfall um 56 auf 101 Kilometer verkürzten Eintagesrennens von Maastricht nach Berg en Terblijt noch an der bereits jubelnden Wiebes vorbei, die ihren Fehler erst zu spät bemerkte.
Dritte im Sprint einer rund 20-köpfigen Spitzengruppe wurde überraschend die Norwegerin Ingvild Gåskjenn (Liv AlUla – Jayco), gefolgt von der Britin Pfeiffer Georgi (dsm-firmenich – PostNL) und der Italienerin Elisa Longo Borghini (Lidl – Trek), die zuletzt die Flandern-Rundfahrt (1.WWT) und den Pfeil von Brabant (1.Pro) gewonnen hatte.
Vorjahressiegerin Demi Vollering stellte sich bei SD Worx – Protime ebenso wie Weltmeisterin Lotte Kopecky in den Dienst von Wiebes, die zwar ihr bestes Amstel-Ergebnis einfuhr, den zweiten Platz jedoch wie eine bittere Niederlage empfinden muss.
"Nach dem Restart war es ein Vollgasrennen mit ständigen Attacken, weil alle in eine gute Fluchtgruppe wollten. Mit Eva van Agt in der Gruppe hatten wir dann eine gute Situation, aber man musste fokussiert bleiben und bereit sein für das letzte Mal Cauberg. Da hat mich das Team in eine gute Position gebracht", sagte Vos im Ziel-Interview gegenüber Eurosport. "Der Sprint war dann schon sehr speziell. Mit Lorena Wiebes war ich links an der Bande eingebaut und ich dachte schon, wir würden nicht mehr vorbeikommen. Dann hat Lorena doch noch eine Lücke gefunden, aber offensichtlich zu früh gejubelt", kommentierte sie die entscheidende Szene und zeigte sich danach als große Sportlerin.
"Ich wollte nur durchziehen und als ich ins Ziel sprang, wusste ich, dass ich mehr Speed hatte. Ich hoffte natürlich, dass es reichen würde und bin glücklich über den Sieg. Aber es ist sehr schade für Lorena", dachte Vos auch an ihre unterlegene Gegnerin.
Eine starke Vorstellung lieferte Ricarda Bauernfeind (Canyon – SRAM) ab. Die 24-jährige Eichstätterin hatte sich mit zwei weiteren Fahrerinnen im Finale abgesetzt und wurde erst bei der letzten Überquerung des Caubergs rund zwei Kilometer vor dem Ziel wieder eingefangen. Danach arbeitete Bauernfeind im gefürchteten Anstieg noch für ihre Kapitänin Katarzyna Niewiadoma und war schließlich auf Rang 18 zeitgleich mit der Siegerin beste der nur drei deutschen Starterinnen. Zwei Positionen vor ihr landete ihre Schweizer Teamkollegin Elise Chabbey. Niewiadoma, Gewinnerin des Amstel Gold Race 2019, blieb diesmal nur Rang 20.
Bei bewölktem Himmel, aber angenehmen Temperaturen setzte sich das Peloton um 9:55 Uhr auf dem Marktplatz von Maastricht in Bewegung und in der ersten Rennstunde prägten kleinere Ausreißversuche das Bild. Das niederländische Team VolkerWessels, das in der Region Limburg beheimatet ist, zeigte sich dabei am aktivsten und kreierte schließlich mit Quinty Schoens und der EF-Fahrerin Clara Emond ein Ausreißerduo, das sich 15 Sekunden Vorsprung erarbeitete.
Kurz darauf aber wurde das Rennen bei Kilometer 46 im dritten Anstieg des Tages, dem Bergseweg, unterbrochen. Weil außerhalb des Rennens ein Polizei-Motorrad mit einem PKW kollidiert war, musste die Polizei die Straße sperren und das Peloton stand eine Stunde lang still, bevor es neutralisiert zum Ziel geführt wurde. Dort kam es schließlich zum Re-Start für die letzten 55,4 Kilometer – drei Runden über Cauberg, Geulhemmerberg und Bemelerberg.
Die erste dieser drei Runden wurde mit hohem Tempo, aber geschlossenem Feld absolviert, bis dann 40 Kilometer vor Schluss am Cauberg die ersten Attacken der Top-Fahrerinnen erfolgten: Flandern-Rundfahrt-Siegerin Borghini initiierte so eine Gruppe mit Titelverteidigerin Vollering, Niewiadoma, Chabbey, Amber Kraak (FDJ – Suez) und Anna Henderson (Visma – Lease a Bike). Das Sextett fuhr mit fünf Sekunden Vorsprung durch die zweite Zielpassage, da sich aber vor allem Vollering nicht an der Führung beteiligen wollte, wurde es anschließend am Geulhemmerberg wieder gestellt.
Das Streckenprofil des 10. Amstel Gold Race der Frauen | Foto: Veranstalter
Sofort attackierte mit Eva van Agt die nächste Visma-Fahrerin und die beiden Tour-de-France-Etappensiegerinnen Bauernfeind und Yara Kastelijn (Fenix – Deceuninck) sprangen hinterher. Mit diesem Trio konnte das Hauptfeld besser leben als mit dem Favoritinnen-Sextett zuvor und so beruhigte sich das Rennen dort. Anouska Koster (Uno-X Mobility) setzte den drei Spitzenreiterinnen noch allein nach, musste aber sehr lange sehr tief gehen und schaffte den Anschluss nie.
Das Peloton lag 30 Kilometer vor Schluss bereits 1:30 Minuten hinter der Spitze, beschleunigte dann aber am Bemelerberg wieder etwas, angeführt nun von Lidl – Trek und SD Worx – Protime. Am Fuß der vorletzten Cauberg-Passage standen daher nur noch 1:05 Minuten auf der Uhr. Über die Kuppe des berühmten Anstiegs aus Valkenburg heraus ritt dann erneut Longo Borghini im Feld eine Attacke und riss sofort ein beeindruckendes Loch, bevor Vollering, Niewiadoma, Fem van Empel (Visma – Lease a Bike), Shirin van Anrooij (Lidl – Trek) und Chabbey hinterherjagten.
Die Gruppe holte Koster ein, wurde dann aber zwei Kilometer eingangs der 19,6 Kilometer langen Schlussrunde vom großen Feld schon wieder geschluckt, das nun noch 25 Sekunden hinter dem weiter führenden Bauernfeind-Trio lag. Die Deutsche führte das Rennen zum letzten Mal den Geulhemmerberg hinauf und sowohl Kastelijn als auch van Agt konnten nur noch mit Mühe folgen. Das noch immer sehr große Hauptfeld kam zunächst Meter um Meter näher, um dann die Schere doch wieder etwas weiter aufgehen zu lassen.
Vor allem dank Bauernfeinds Tempoarbeit wuchs der Vorsprung vor dem Bemelerberg von rund 20 Sekunden auf rund eine Minute an. Im von Weltmeisterin Kopecky angeführten Feld dagegen fühlte sich zunächst niemand verantwortlich. Bei der letzten Überfahrt über den Bemelerberg attackierte van Agt, doch Bauernfeind und mit letzter Kraft auch Kastelijn konnten parieren. Obwohl an selber Stelle nun Lidl – Trek wieder Tempo machte, betrug der Vorsprung des Trios 7,5 Kilometer vor dem Ziel sogar 1:10 Minuten.
Schließlich schraubte SD Worx durch Kopecky und Kata Blanka Vas bei den Verfolgerinnen das Tempo hoch und auch Lidl – Trek zeigte sich wieder an der Spitze des Feldes, das so in Windeseile seinen Rückstand halbierte. Am Fuß des Caubergs hatte Ellen van Dijk (Lidl – Trek) die Lücke fast zugefahren.
Teamkollegin Amanda Spratt stellte den Anschluss zur Spitze her, ehe Niewiadoma etwas kraftlos attackierte und nicht weg kam. Kurz vor dem Gipfel übernahm wieder Bauernfeind die Spitze. Nachdem auch Niewiadomas zweiter Versuch schnell verpuffte, nahm eine relativ große Gruppe die flachen zwei Schlusskilometer in Angriff, auf denen Vollering für Wiebes den Sprint vorbereitete.
Den eröffnete allerdings auf der in Fahrtrichtung linken Seite Longo Borghini, die damit aber ihre Konkurrentinnen nicht überraschen konnte. Wiebes, die zunächst an der Bande eingebaut zu werden drohte, zog unwiderstehlich vom Hinterrad der Italienischen Meisterin vorbei und richtete sich bereits mehrere Meter vor dem Ziel zum Jubeln auf – zu früh, wie sich herausstellte
Vos nämlich zog voll durch und schob kurz vor der Ziellinie ihr Vorderrad noch um wenige Zentimeter an dem ihrer Landsfrau vorbei, die erst zu spät ihren Fehler bemerkte und sich nach Foto-Finish-Entscheid mit Rang zwei begnügen musste.
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