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26.04.2024 | (rsn) – Die erste Grand Tour der Saison beginnt nicht erst am 4. Mai in Italien, sondern bereits am Sonntag in Valencia. Zugegeben: Die Vuelta Espana Femenina (28. April - 5. Mai) ist keine dreiwöchige Rundfahrt, doch die gibt es im Frauen-Zirkus nun mal nicht. Und dort werden, analog zu den Männern, Giro, Tour und Vuelta inzwischen dennoch als die drei Grand Tours bezeichnet.
Nachdem die Vuelta Femenina in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist und auch einen neuen Termin bekommen hat, genießt das Rennen größeres Ansehen und wird auch in Sachen Besetzung dem Prädikat Grand Tour neben der Tour de France Femmes und dem Giro d'Italia Women gerecht. Die Top-Favoritinnen auf den Gesamtsieg heißen diesmal Demi Vollering (SD Worx – Protime), Elisa Longo Borghini (Lidl – Trek) und Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM) – was will man mehr?
Aufgrund des Rennkalenders könnte es sogar sein, dass die Spanien-Rundfahrt, die in diesem Jahr in Valencia mit einem Teamzeitfahren beginnt und eine Woche später mit einer schweren Bergankunft in Valdesqui vor den Toren von Madrid endet, bei den Spitzenfahrerinnen ein höheres Standing genießt als der erstmals von RCS organisierte Giro d'Italia Women Mitte Juli. Die Italien-Rundfahrt dürfte wohl eher als Vorbereitung auf Olympia und die Tour de France Femmes genutzt werden.
Die große Frage ist, wie gut die Top-Fahrerinnen nach dem Ende der Klassikersaison noch sind und bei welcher von ihnen die Formkurve am langsamsten abfällt - zumal die für die Gesamtwertung wichtigsten Etappen spät kommen und der Abstand zu den Klassikern umso länger ist – oder ob eine derjenigen ins Rampenlicht fährt, die einige oder sogar alle Klassiker ausgelassen hat.
Angeführt wird die Riege der Favoritinnen in jedem Fall von der Vorjahreszweiten Vollering, die bei den Klassikern nicht ganz so stark wirkte wie 2023, in ihrer großen Enttäuschung über Rang drei bei Lüttich-Bastogne-Lüttich aber prompt ankündigte: "Jetzt bin ich umso motivierter für die Vuelta!" An ihrer Seite hat Vollering ein starkes Team für die Berge mit Blanka Vas und Niamh Fisher-Black, aber auch Marlen Reusser, die vier Wochen nach ihrem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt ihr Comeback gibt.
Die vergangenen Wochen legten nahe, dass Longo Borghini – im vergangenen Jahr nicht am Start, 2022 aber bereits Vuelta-Zweite – und Niewiadoma Vollerings größte Kontrahentinnen in der Gesamtwertung werden dürften. Beide präsentierten sich in diesem Frühjahr bergauf bärenstark und in absoluter Top-Form.
Vor allem die Italienerin aber hält eben jene bereits extrem lang: Seit dem Omloop Het Nieuwsblad Ende Februar fuhr Longo Borghini fast jedes Wochenende in die Top 5 eines großen Rennens. An ihrer Seite startet außerdem die Vorjahresdritte Gaia Realini. Das Kletter-Leichtgewicht war in der Kälte der Ardennen nicht ganz so stark wie erhofft, sollte bei milderen Temperaturen in den spanischen Bergen aber umso mehr aufblühen.
Niewiadoma absolvierte im Vergleich mit 'ELB' etwas weniger Rennkilometer und dürfte daher noch frischer sein, stürzte am Sonntag aber in der Anfangsphase von 'La Doyenne' und hatte anschließend Schmerzen in der Schulter. Da gilt: Abwarten, ob sich die im Wochenverlauf gelegt haben. Canyon – SRAM hat mit Neve Bradbury aber noch ein zweites sehr heißes Eisen im Feuer, wie die Australierin am Jebel Hafeet bei der UAE Tour bewies, als sie sich nur von Lotte Kopecky schlagen ließ. Außerdem sind auch die beiden Deutschen Antonia Niedermaier und Ricarda Bauernfeind dabei, die in die Bresche springen und ebenfalls ein Spitzenergebnis holen könnten. Bauernfeind war immerhin 2023 bereits Gesamtfünfte.
Ein großes Fragezeichen steht hinter der Form von Liane Lippert (Movistar), die nach ihrem im Dezember diagnostizierten Ermüdungsbruch im Oberschenkel erst zur Vuelta nun in ihre Saison einsteigt. Im RSN-Interview erklärte sie, sie habe keine Ahnung, wie ihr Formstand sei. Immer in den erweiterten Favoritenkreis zu zählen, wenn es bergauf geht, sind die Französin Juliette Labous (dsm-firmenich – PostNL), die Spanierin Mavi Garcia (Liv – AlUla – Jayco) und die Südafrikanerin Ashleigh Moolman-Pasio (AG Insurance – Soudal), die außerdem Sarah Gigante an ihrer Seite hat. Doch auch FDJ – Suez hat mit Marta Cavalli und Évita Muzic zwei Top-Klettererinnen neben den Allrounderinnen Amber Kraak und Grace Brown dabei und das Pink von EF Education – Cannondale mit Kim Cadzow und Veronica Ewers oder Erica Magnaldi (UAE Team ADQ) darf man am Berg vorn erwarten.
Für die immerhin bis zu vier möglichen Sprintankünfte ist Charlotte Kool (dsm-firmenich – PostNL) die Top-Favoritin. Die anderen Teams werden versuchen, das Rennen an diesen Tagen so schwer zu machen, dass die niederländische Spezialistin müde wird - vor allem wird Visma - Lease a Bike das tun, weil Marianne Vos am Start steht und deutlich besser über die Hügel kommt, als Kool. Sie ist die größte Kontrahentin ihrer Landsfrau in den Sprints. Außerdem sollte man Emma Norsgaard (Movistar), Maike van der Duin (Canyon – SRAM), Tamara Dronova (Roland) und Georgia Baker (Liv – AlUla – Jayco) sowie Barbara Guarischi (SD Worx – Protime) im Auge behalten.
Von 2015 bis 2017 bestand das Vuelta-Frauenrennen aus einem Eintages-Event im Rahmen der Männer-Schlussetappe in Madrid. 2018 wurde dem noch ein Teamzeitfahren hinzugefügt, aus dem 2019 ein Einzelzeitfahren wurde. Und 2020 standen beim zweiten Gesamtsieg von Lisa Brennauer erstmals drei Renntage auf dem Programm – ebenfalls noch rund um Madrid.
2021 wuchs das Rennen weiter, wurde in Galizien abgehalten und auf vier bergige Tage ausgebaut, bevor Annemiek van Vleuten ihren dort errungenen Titel 2022 auf fünf Etappen zwischen der kantabrischen Küste und Madrid erfolgreich verteidigte.
Den entscheidenden, größten Schritt machte die Vuelta aber 2023, als man vom September auf Anfang Mai wechselte und sieben Etappen – das Finale bei der berühmten Bergankunft der Lagos de Covadonga – abhielt. Es kam zum Showdown zwischen van Vleuten und Vollering – und der Stern von Bauernfeind stieg ans Firmanent der besten Rundfahrerinnen auf. Nun ist die Vuelta als große, bedeutende Rundfahrt anerkannt, bekommt auch die entsprechende Aufmerksamkeit und in diesem Jahr sogar noch einen achten Renntag hinzu.
Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden an den Atlantik und schließlich eben nach Asturien an die Covadonga-Seen geführt hat, geht es diesmal erneut am Mittelmeer mit einem flachen Teamzeitfahren los und man orientiert sich zunächst gen Norden: Auf drei eher flacheren Etappen nähert sich das Feld den Pyrenäen, bevor mit dem fünften Teilstück am Alto de Fuerte Rapitán bei Jaca die erste Bergankunft wartet.
Tagsdrauf nimmt die Gesamtwertung am Bergsee Laguna Negra mit der zweiten Bergankunft weiter Formen an, bevor die 7. Etappe zwar weitgehend flach, aber sehr windanfällig wird. Die Entscheidung über den Vuelta-Sieg fällt schließlich im Norden von Madrid in der Sierra de Guadarrama an der Skistation Valdesquà mit einer dritten Bergankunft am Ende der Schlussetappe.
Mehr zu allen acht Etappen im Detail lesen Sie in unserer ausführlicheren Streckenvorschau hier!
Während die ersten sechs Etappen allesamt zwischen 17:00 und 17:30 Uhr enden, haben die Veranstalter fürs Schluss-Wochenende darauf reagiert, dass parallel der Giro der Männer beginnt: Die 7. Etappe geht um etwa 16:15 Uhr zu Ende und das entscheidende letzte Teilstück sogar bereits um 13:30 Uhr, um es den Fans am TV zu ermöglichen, sowohl dort als auch anschließend bei der Oropa-Bergankunft des Giro zuzuschauen.
1. Etappe, 28. April: Valencia – Valencia (16 km / Teamzeitfahren)
2. Etappe, 29. April: Bunyol – Moncofa (118,3 km)
3. Etappe, 30. April: Llucena – Teruel (130,2 km)
4. Etappe, 1. Mai: Molina de Aragón – Zaragoza (142,3 km)
5. Etappe, 2. Mai: Huesca – Jaca / Alto de Fuerte Rapitán (113,9 km)
6. Etappe, 3. Mai: Tarazona – Vinuesa / La Laguna Negra (132,1 km)
7. Etappe, 4. Mai: San Esteban de Gormaz – Sigüenza (138,6 km)
8. Etappe, 5. Mai: Distrito Telefónica/Madrid – Valdesquà (89 km)
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