Belgier übernimmt auch das Gelbe Trikot

Evenepoel schlägt im Dauphiné-Zeitfahren Tarling und Roglic

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Evenepoel schlägt im Dauphiné-Zeitfahren Tarling und Roglic"
Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat das Einzelzeitfahren des 76. Critérium du Dauphiné gewonnen. | Foto: Cor Vos

05.06.2024  |  (rsn) – Von schwacher Form oder gesundheitlichen Problemen keine Spur: Zeitfahr-Weltmeister Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat den Kampf gegen die Uhr auf der 4. Etappe des Critérium du Dauphiné in souveräner Manier für sich entschieden. Der Belgier wies bei seiner Comeback-Rundfahrt nach dem schweren Sturz im Baskenland beim ersten Härtetest die versammelte Konkurrenz in die Schranken und feierte seinen 15. Sieg in einem Zeitfahren – bei insgesamt 55 Erfolgen als Profi “Ich bin sehr stolz und glücklich und alle um mich herum – Teammitglieder, Familie – können stolz auf den Support sein, den sie mir gegeben haben", sagte Evenepoel im Sieger-Interview.

Ärgster Konkurrent war Joshua Tarling (Ineos Grenadiers). Der 20 Jahre alte Waliser lag bis zur zweiten Zwischenzeit der insgesamt 34,4 Kilometer zwischen Saint-Germain-Laval und Neulise praktisch gleichauf mit Evenepoel. Doch im Ziel musste sich der Europameister dem Mann im Regenbogentrikot dann doch um 17 Sekunden geschlagen geben.

Dritter wurde Primoz Roglic (Bora – hansgrohe), der den Großteil seiner 39 Sekunden bereits auf den ersten zehn Kilometern verlor, die teilweise bergab führten, aber ohne technische Schwierigkeiten daherkamen. Die letzten zwei Drittel des Kurses waren wellig mit ansteigender Tendenz.

Bester deutscher Starter war Nils Politt (UEA Team Emirates), der mit 2:28 Minuten Rückstand Rang 22 belegte. Der Zeitfahrmeister büßte allerdings wertvolle Sekunden ein, als er sich in einer Kurve versteuerte. Allerdings konnte Politt den Fauxpas schnell korrigieren und sogar mit einem kurzen Grinsen quittieren.

Mit seinem deutlichen Sieg hat Evenepoel auch die Führung in der Gesamtwertung übernommen. Dort rangiert er jetzt mit 33 Sekunden vor Roglic, der nochmal eine halbe Minute Vorsprung auf Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike / +1:04) aufweist, der Tagesvierter wurde. Dann folgt Derek Gee (Israel – Premier Tech / +1:11), der im Gelben Trikot als Letzter von der Startrampe rollte und, davon offensichtlich beflügelt, auf Rang sechs in der Tageswertung landete.

Tarling: "Mir kam es langsam vor"

Tarling hingegen ging bereits als Vierter ins Rennen und war danach lange zum Warten verdammt. “Mir kam es langsam vor“, schilderte er gegenüber ITV in einem Interview, währen die Konkurrenz noch auf der Strecke war. “Das liegt an dem Asphalt, er hat ziemlich viel Grip. Es war schwierig, das Tempo zu steigern, vor allem in den Anstiegen. Aber ich denke, ich bin ganz gut gefahren“, so der erst 20 Jahre alte Ineos-Profi, der mit seiner Einschätzung Recht behalten sollte: “Ich bin dieses Jahr noch keine Zeitfahren auf dem Zeitfahrrad gefahren und werde vor den Olympischen Spielen auch nicht mehr viele bestreiten. Wir werden sehen, ob das Ergebnis für ganz vorne reicht, aber es ging eher darum, zu schauen, wie ich möglichst nahe an die Perfektion rankommen kann.“

Für Evenepoel war es das vierte Zeitfahren der Saison, jedoch das erste mit neuem Material. “Der neue Helm und das neue Bike von Specialized gaben mir einen extra Push und Power. Wir versuchen, das Material immer zu optimieren um Zeitfahren auf diesem Niveau zu gewinnen. Um Jungs auf sehr hohem Level wie Tarling, Ganna, Roglic zu schlagen, muss das Material Top sein. Da geht es nicht nur um gute Beine, sondern auch um die Details im Equipment“, sagte der 24-Jährige im Siegerinterview bei Eurosport und ließ damit durchklingen, dass auch für ihn dieses Zeitfahren nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu den Spielen war.

Mit Bezug auf das Rennen selbst erklärte Evenepoel: “Es war ein ziemlich langer Weg, rund drei Wochen fast ohne Rad, dann nur vier Wochen Training. Und nun auf diesem Niveau, das ist ein gutes Zeichen vor der Tour. Ich kann nur stolz und glücklich sein auf das, was ich geleistet habe. Jetzt nehme ich es Tag für Tag und dann schauen wir, wozu es reicht in diesem schönen Rennen.“

So lief die 4. Etappe des Criterium du Dauphiné:

Jensen Plowright (Alpecin – Deceuninck) war der Erste, der bei viel Sonne, kaum Wind und Temperaturen von rund 25 Grad von der Startrampe rollte. Aber er war nicht der Erste, der das Ziel erreichte. Das war Tarling, der zuvor drei Fahrer, darunter auch Nico Denz (Bora – hansgrohe) überholt hatte. Sein Schnitt von knapp über 49 km/h bedeutete eine Zeit von 42:06 Minuten.

Lange Zeit kam keiner der Konkurrenten auch nur in die Nähe des Walisers. Schon an der ersten Zwischenzeit nach zehn Kilometern waren die Abstände deutlich - bis dann die Favoriten für die Gesamtwertung kamen, angeführt von Evenepoel. Zwei Sekunden Vorsprung hatte der Belgier dort auf Tarling. Dahinter lieferte Juan Ayuso (UAE Team Emirates) mit 17 Sekunden Rückstand das beste Ergebnis der Verfolgergruppe. Roglic war dagegen bereits 26 Sekunden zurück und damit auch etwas langsamer als sein Teamkollege Aleksandr Vlasov.

Doch die zweite Zwischenzeit nach 24,9 Kilometern bot ein anderes Bild. Dort hatte Tarling die Nase vorne – wenngleich nicht mal eine Sekunde vor Evenepoel. Die Lücke dahinter ging weiter auf. Allerdings hatte Roglic nun seinen Rhythmus gefunden. Mit 31 Sekunden Rückstand fuhr er dort durch die Messung – und war damit bereits Dritter.

Das Streckenprofil der 4. Etappe des Critérium du Dauphiné | Foto: Veranstalter

Dahinter führte das amerikanische Duo Neilson Powless (EF Education – EasyPost) und Jorgenson den Rest der zwischenzeitlichen Top 10 an, namentlich Vlasov, Oier Lazkano (Movistar), Gee, Bruno Armirail und Ayuso, die sich alle innerhalb von zehn Sekunden bewegten.

Im Ziel war die Reihenfolge dann wieder eine andere. Der schwierigste, weil welligste Abschnitt des Tages wirbelte nochmal so einiges durcheinander. So nahm Evenepoel seinem jungen Kontrahenten Tarling auf den letzten knapp zehn Kilometern nochmal 17 Sekunden ab. Roglic stabilisierte sich weiter und verteidigte Rang drei.

Powless und vor allem Vlasov hatten ihre Kräfte nicht gut eingeteilt. Der Russe rutschte noch aus den Top 10. Tao Geoghegan Hart (Lidl – Trek) hingegen verbesserte sich auf den zehnten Rang und gehörte damit zu den besten Fünf der Klassementfahrer.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.06.2024Lidl - Trek: Tour-Doppelspitze durch Corona und Grippe lahmgelegt

(rsn) – Knapp zwei Wochen vor dem Grand Départ in Florenz bereit die geplante Tour-Doppelspitze von Lidl – Trek dem Team Sorgen. Sowohl Tao Geoghegan Hart als auch Giulio Ciccone sind erkrankt un

10.06.2024Jorgenson bereut nach der Dauphiné nichts

(rsn) - Nachdem es bei Paris-Nizza schon mit dem Gesamtsieg klappte, war Matteo Jorgenson (Visma – Lease A Bike) auch beim Critérium du Dauphiné knapp am Erfolg dran. Acht Sekunden fehlten nach de

10.06.2024Gesamtsieg für Roglic nur Sahnehäubchen auf wichtiger Woche

(rsn) – Die Generalprobe ist geglückt: Bora – hansgrohe hat mit Kapitän Primoz Roglic das Critérium du Dauphiné (2.UWT) gewonnen und kann daher mit breiter Brust Ende Juni in die Toskana reise

09.06.2024Evenepoel: “Vielleicht habe ich mich etwas überschätzt“

(rsn) - Die Spannung war im Finale der 8. und damit letzten Etappe des Critérium du Dauphiné kaum zu überbieten. Fünf Kilometer vor Schluss begann mit Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) der aktuel

09.06.2024Jorgenson lässt Roglic zittern, Rodriguez holt Schlussetappe

(rsn) – Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) hat das 76. Critérium du Dauphiné (2.UWT) gewonnen, musste am letzten Tag aber mächtig zittern. Der 34-jährige Slowene wurde im Schlussanstieg der 8. E

08.06.2024Zu viele Kilo? Evenepoel steckt Dauphiné-Rückstand locker weg

(rsn) – Zumindest in der Öffentlichkeit gibt sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) weiter gelassen. Auch, nachdem der Belgier auf der 7. Etappe der Dauphiné-Rundfahrt im Schlussanstieg nach

08.06.2024Roglic doubelt seinen Vortagessieg, Evenepoel fällt weit zurück

(rsn) – Ähnliche Szenerie, andere Protagonisten. Nur der Hauptdarsteller war derselbe: Primoz Roglic hat auch die 7. Etappe des Criterium du Dauphiné (2.UWT) für sich entschieden. Der Kapitän vo

07.06.2024Erneut starker Gee: “Vielleicht habe ich zu viel gearbeitet...“

(rsn) – Die erste der drei das Critérium du Dauphiné (2.UWT) abschließenden Bergankünfte hat das Gesamtklassement der achttägigen Rundfahrt im Südosten Frankreichs nochmal stark durchgeschütt

07.06.2024Geschlagen, aber cool geblieben: Evenepoel begrenzt Schaden

(rsn) – Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat zwei Tage nach seinem überlegenen Sieg im Einzelzeitfahren bei der ersten von drei aufeinanderfolgenden Bergankünften zum Abschluss des Critéri

07.06.2024Bora-Doppelschlag! Roglic holt Etappensieg und Gelb

(rsn) – Primoz Roglic (Bora – Hansgrohe) hat bei der schweren Bergankunft am Collet d´Avellard auf der 6. Etappe des Critérium du Dauphiné (2.UWT) bewiesen, in welch starker Form er sich befind

07.06.2024Geoghegan Hart flog mit 45 km/h gegen einen Strommast

(rsn) – Ein Sturzopfer, dem man die Folgen des Massencrashs auf der 5. Etappe beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) nicht auf den ersten Blick ansieht, ist Tao Geoghegan Hart (Lidl – Trek). Der Gir

07.06.2024Schmerzen zu groß: Ayuso gibt Dauphiné vor der 6. Etappe auf

(rsn) – Juan Ayuso (UAE Team Emirates) ist auf der 6. Etappe nicht mehr Teil des Pelotons beim Critérium du Dauphiné (2.UWT). Der Spanier zog sich in Hauterives zwar noch sein Trikot an und fuhr a

Weitere Radsportnachrichten

16.11.2024Gazzetta: Bernal als Ineos-Kapitän für den Giro 2025 geplant

(rsn) – Egan Bernal soll in der kommenden Saison erstmals seit seinem Gesamtsieg im Jahr 2021 zum Giro d'Italia zurückkehren und dort das Team Ineos Grenadiers anführen. Das zumindest berichtet Ga

16.11.2024Studienerfolg in einem durchschnittlichen Radsportjahr

(rsn) – Mit seinen 24 Jahren war Martin Messner (WSA KTM Graz p/b Leomo) nicht nur der Leader seiner steirischen Equipe, sondern in der abgelaufenen Saison auch der älteste Fahrer im Kader. 2024 z

16.11.2024In Albanien nach 60-Kilometer-Solo auf Rang drei gelandet

(rsn) – Lennard Sternsdorff ist der nächste auf einer mittlerweile langen Liste von Bike-Aid-Fahrern, die den Sprung vom Devo-Team zur KT-Mannschaft geschafft haben. Im kommenden Mai soll der 20-J

16.11.2024Koech und Budde fahren bei C2-Cross in Polen aufs Podium

(rsn) – Silas Koech und Kaija Budde sind für das deutsche Cross-Team Peter Pane – Nagel beim C2-Cross im polnischen Laskowice beide aufs Podium gefahren. Der 21-jährige Koech belegte im Elite-Re

16.11.2024Sweeck feiert zweiten Superprestige-Sieg in sechs Tagen

(rsn) - Laurens Sweeck (Crelan – Corendon) hat sechs Tage nach seinem Triumph in Niel auch das Superprestige-Rennen in Merksplas gewonnen. Aus einer Zehnergruppe heraus griff er in der Schlussrunde

16.11.2024Vermeersch zu Lotto-Abschied: “Sie haben mir nichts angeboten“

(rsn) – Florian Vermeersch hat im Gespräch mit Het Nieuwsblad seinen Wechsel von Lotto – Dstny zum UAE Team Emirates erklärt und dabei bedauert, dass er von seinem Arbeitgeber nie ein echtes Ang

16.11.2024Pidcock sieht für sich “einige positive Veränderungen“ bei Ineos

(rsn) – Tom Pidcock hat bei seinem Auftritt beim britischen Radsport-Event 'Rouleur Live' kaum ein Blatt vor den Mund genommen und in Anwesenheit von Ineos-Verantwortlichen offen ausgesprochen, dass

16.11.2024Alvarado nimmt in Merksplas die Erdbeeren mit nach Hause

(rsn) - Ceylin del Carmen Alvarado (Fenix – Deceuninck) hat in Merksplas ihren dritten Erfolg im vierten Superprestige-Rennen der Saison gefeiert und damit sowohl die Gesamtführung verteidigt als a

16.11.2024Carstensen zu Storck - Metropol, Deignan hört Ende 2025 auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

16.11.2024Pidcock zur Cross-Saison: Nichts geplant, alles offen

(rsn) – Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) hat sich noch nicht entschieden, ob er in diesem Winter bei internationalen Cross-Rennen am Start stehen wird. Der Querfeldein-Weltmeister von 2022 erklärte b

16.11.2024Bonnamour gibt Kampf gegen Dopingsperre auf: Karriere beendet

(rsn) – Der Franzose Franck Bonnamour wird nicht mehr ins Profi-Peloton zurückkehren. In einem Interview mit der Zeitung Ouest-France hat der 29-Jährige erklärt, dass er seinen Kampf gegen eine a

16.11.2024Niewiadoma erzählt von unangenehmem Moment mit Vollering

(rsn) – Die Bilder nach dem 4-Sekunden-Krimi beim Finale der Tour de France Femmes 2024 in L'Alpe d'Huez waren so konträr, wie sie nur sein konnten: Auf der einen Seite die überglückliche Gesamts

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine