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18.06.2024 | (rsn) – Die Teams Lidl – Trek und Canyon – SRAM haben am Montag und Dienstag auf der 3. und 4. Etappe der Tour de Suisse Women alles probiert, um Demi Vollering und ihr Team SD Worx – Protime nach deren beiden Siegen am Wochenende noch in Probleme zu bringen.
Nachdem das deutsche Team aus Leipzig auf dem dritten Teilstück einen Doppelsieg durch Neve Bradbury und Katarzyna Niewiadoma gefeiert hatte und während der gesamten Rundfahrt durch großen Offensivgeist beeindruckte – am Wochenende bereits durch Elise Chabbey, am Montag mit Bradbury und Niewiadoma sowie am Dienstag mit Antonia Niedermaier und im Finale wieder durch Bradbury und Niewiadoma – setzte auf der 4. Etappe Lidl – Trek den Niederländerinnen von Beginn an die Pistole auf die Brust.
Die Mannschaft von Elisa Longo Borghini fuhr gleich den ersten Berg des Tages nach zehn Kilometern Vollgas hinauf und sorgte so dafür, dass vor einem langen, flacheren Mittelteil im Jura-Gebirge kaum mehr Helferinnen an Vollerings Seite waren. Chantal van den Broek-Blaak, Marie Schreiber und Femke Gerritse fielen früh zurück, das Hauptfeld umfasste schon nach 35 Kilometern nur noch knapp 30 Frauen.
Als sich dann eine stark besetzte neunköpfige Spitzengruppe bildete, in der Lidl – Trek Brodie Chapman platziert hatte und quasi alle Top-Teams vertreten waren – auch SD Worx mit Niamh Fisher-Black – war man sich im dezimierten Verfolgerfeld endlich einmal einig:
Niemand half Vollering und Mischa Bredewold, bei der Nachführarbeit. Anders als sonst, wenn SD Worx – Protime immer wieder andere Teams findet, die ihnen die Verantwortung abnehmen. So aber wuchs und wuchs die Lücke nach vorn bis auf über vier Minuten, bevor dann von hinten das Feld der Abgehängten mit Blaak, Schreiber und Gerritse zurückkam.
"Ich war wirklich glücklich, dass alle von hinten wieder rangekommen sind. Sie haben wirklich hart gekämpft und es ist sehr schön zu sehen, dass sie das für mich getan haben. Deshalb bin ich wirklich dankbar, dass sie weitergekämpft haben", gab Vollering später im Ziel, nachdem sie die Etappe schließlich doch noch gewonnen hatte, zu, dass es dort oben im Jura für sie auch anders hätte laufen können.
Das Streckenprofil der 4. Etappe. | Grafik: Veranstalter
Wie viel stärker Lidl – Trek und auch Canyon – SRAM bergauf waren, zeigte sich dann beim letzten Anstieg nach La Vue des Alpes knapp 50 Kilometer erneut. Denn dort gab Lidl – Trek im Feld wieder Vollgas, opferte sogar die Gesamtvierte Gaia Realinie, um mit ihr ein Leadout für die Attacke von Longo Borghini zu fahren, und brachte das Feld endgültig zum Explodieren. Vollering war nun richtig isoliert und nur weil die Frau im Gelben Trikot selbst so stark ist, konnte sie die Rundfahrt schließlich gewinnen.
"Heute geht ein großer Dank an mein Team. Wir sind supergut gefahren, meine Teamkolleginnen waren obenauf – vielen Dank, das war wirklich eine sehr gute Teamleistung", sagte Longo Borghini ob des Auftritts ihrer Mannschaft im Ziel und schilderte: "Wir wollten unbedingt ein hartes Rennen und dann war es ein bisschen ein Pokerspiel, als die Gruppe dann weg war. Aber wir hatten Vertrauen in Brodie, weil sie auch virtuell dann Gesamtdritte war. Also haben wir die Gruppe fahren lassen. Als SD Worx dann die Jagd aufgenommen hat, haben wir entschieden, dass wir den letzten Anstieg Vollgas fahren – mit vollem Leadout von Gaia für mich."
Nach Longo Borghinis Attacke waren nur Vollering, Bradbury und Niewiadoma noch an ihrem Hinterrad. Das Quartett fuhr in der Abfahrt unter anderem zu Chapman auf, die dann viel dazu beitrug, dass auch die Spitze des Rennens nochmal eingeholt wurde und die genannten Vier den Tagessieg schließlich auf den letzten zehn Kilometern unter sich ausmachten.
Dabei war Vollering am Ende im Sprint die Stärkste, vorher aber wohl auch etwas abgebrühter als Longo Borghini. Denn während die sprintschwächeren Bradbury und Niewiadoma ihre zahlenmäßige Überlegenheit als Teamkolleginnen zu abwechselnden Attacken nutzten, war es meist die Italienische Meisterin, die die Lücken sofort schloss, während Vollering öfter pokerte und so wohl auch das eine oder andere Korn mehr sparte.
"Ich habe meine Lunge glaube ich irgendwo da draußen auf der Straße verloren. Vielleicht kann ein Bauer sie einsammeln und mir zurückgeben", scherzte Longo Borghini schließlich im Ziel-Interview nach ihrem zweiten Etappen- und dritten Gesamtrang, offensichtlich zufrieden und glücklich.
Noch glücklicher durfte man aber bei Canyon – SRAM sein. Nach dem Doppelsieg vom Montag verteidigte Bradbury ihren zweiten Gesamtrang auf der Schlussetappe und Niewiadoma kletterte noch auf Platz vier. Außerdem gewann die Australierin die Nachwuchswertung und Elise Chabbey das Bergtrikot sowie die gesamte Mannschaft die Teamwertung – und Antonia Niedermaier glänzte am Dienstag in der Fluchtgruppe als dort Stärkste am Berg und kletterte noch auf Gesamtrang sechs.
"Die Ergebnisse zeigen, wie gut wir zusammen gefahren sind", meinte Bradbury nach dem Rennen und war stolz darauf, dass auch sie und ihr Team dem sonst so überlegenen SD Worx-Frauen auf den Zahn gefühlt hatten: "Wir hatten viele Fahrerinnen weit vorne im GC und konnten deshalb unsere Karten spielen und andere Teams in verschiedenen Situationen leiden lassen."
Am Ende reichte es nicht, um Vollering das Gelbe Trikot noch abzujagen. Doch immerhin brachte man gemeinsam mit Lidl – Trek an zwei Tagen in Folge deren Team in große Probleme und zwang es zu sehr harter Arbeit sowie zwischenzeitlich auch richtig in die Knie. Das ist etwas, was für die Zukunft vielleicht sogar noch mehr Vorschub mit sich bringt, als ein Sieg. Denn es macht Hoffnung auch für die Tour de France Femmes im August.
Und obendrein hat es auch noch Spaß gemacht, wie Niewiadoma festhielt: "Wir haben unser Bestes gegeben und sind Millionen Tode gestorben heute, aber Longo Borghini und Vollering haben hart gekämpft. Es war ein spaßiges Finale und schön, zu zweit zu sein", sagte die Polin.
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