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29.06.2024 | (rsn) - Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) war der Star der 1. Etappe dieser 111. Tour de France. Jedenfalls war die Traube von Journalisten und Fans, die sich an der Strandpromenade von Rimini - gar nicht so weit entfernt übrigens von dem Hotel, in dem Marco Pantani starb - vor dem Astana-Teambus versammelten.
Es war ein Fanaufkommen, das eher an die Zeiten von Lance Armstrong erinnerte, der – Doping hin, Doping her – einer war, der die Massen elektrisierte. Der 39-jährige Cavendish fuhr sogar noch Rennen gemeinsam mit Armstrong. Als der US-Amerikaner Gesamtdritter wurde bei der Tour 2009, holte Cavendish sechs Tagessiege. Die Kanonenkogel von der Isle of Man verkörpert Radsportgeschichte. Er verknüpft mit seiner Karriere ganz unterschiedliche Epochen.
Bei dieser 111. Tour de France schrieb er ein neues Kapitel über die Leidensfähigkeit von Radprofis. Schon nach 50 Kilometern schien er am Ende. Seine Teamkollegen schütteten Wasserflaschen über ihn aus, um seinen Körper zu kühlen. Wenig später fingen die Kameras ihn ein, wie er sich in einer Kurve übergab. Kotzen wie ein Kometenschweif – selbst sein Leiden hatte eine gewisse Ästhetik. ___STEADY_PAYWALL___
Mark Cavendish umringt von Medienvertretern im Etappenziel in Rimini. | Foto: Cor Vos
Im Ziel spielte Cavendish das alles aber herunter. “Ja, das war heute nicht einfach“, gab er gegenüber der großen Traube von Reportern zu. “Aber wir wissen auch, was wir tun. Wir können abschätzen, was die Jungs an der Spitze tun. Und danach teilen wir uns das Rennen ein“, fügte er erklärend an.
Sein Teamchef Alexander Winokurow war noch gelassener. “So etwas gehört zum Radsport. Hitze ist Teil des Rennens. Das muss man aushalten. Und wir hatten die Zeitabstände wirklich gut unter Kontrolle“, meinte der Kasache zu RSN. Winokurow wirkte nicht einmal schwer getroffen, dass er auf der 1. Etappe schon einen Ausfall zu verzeichnen hatte. “Ja, Michele Gazzoli musste aufhören. Er hat die Hitze nicht verkraftet. Was genau mit ihm ist, weiß ich gar nicht, weil er noch im Krankenhaus ist“, meinte Winokurow. Und auch das hakte er ohne großes Lamento ab.
Cavendish litt natürlich unter der Hitze. Seine Magenprobleme allerdings deuten gemeinsam mit Gazzolis Ausstieg daraufhin, dass ein Magen- und Darmvirus im Team kursieren könnte. Auch klappte nicht alles in der Jagd, unter dem Zeitlimit zu bleiben. “Okay, wir wollten gerne noch einen Anstieg länger im Feld bleiben“, gab er zu. “Aber ich habe wirklich Sterne gesehen-. Es war so heiß“, beschrieb Cavendish den düstersten Moment im Rennen.
Begleitet von fast seiner ganzen Mannschaft: Cavendish mit seinen Astana-Teamkollegen weit hinter dem Peloton. | Foto: Cor Vos
Alarmstimmung wollte aber niemand verbreiten, weder Cavendish noch Winokurow. Dieser erste Tag war sicher ein Rückschlag für den Briten und sein gesamtes Team. “Aber wir wussten von vornherein, dass das nicht unbedingt ein Tag für Mark wird. Wir haben uns darauf vorbereitet, ihn besonders zu schützen“, meinte Winokurow. Und tatsächlich war das Gros des Teams meist um den Vorzeigefahrer herum versammelt.
Vom Ziel, die Rekordmarke von Eddy Merckx mit 34 Etappensiegen bei der Tour de France zu knacken, wollte beim kasachischen Team noch niemand Abstand nehmen. Weder Cavendish, der den Tag unter der Rubrik Extraleiden abbuchte, noch Winokurow. “Uns kommt es gar nicht so sehr auf den Rekord an. Wir wollen einfach einen Etappensieg. Und dafür haben wir noch ein paar Tage Zeit“, meinte er zu RSN.
Und was Fans und Journalisten bei der Fernsehübertragung des Leidens des alten Mark so stark emotional ergriff, was sie mit ihm fiebern ließen, ob er das Zeitlimit noch schafft, war für den Sprinter selbst einfach Teil des Jobs. “Es ist sicher eine schöne Geschichte mit dem Zeitlimit, aber das ist ja auch nicht dazu da, um jemand aus dem Rennen zu kicken, sondern eher wenn Leute krank oder verletzt sind, dass sie nicht weiterfahren. Klar, ich verstehe, dass es spannend war, dass wir nah dran waren, aber wir hatten die gesamte Angelegenheit auch unter Kontrolle", fasste er die Ereignisse des Tages aus seiner Sicht zusammen.
Bergauf hatte Cavendish auf der 1. Tour-Etappe natürlich besonders zu kämpfen. | Foto: Cor Vos
Cavendish wurde noch nicht einmal Letzter. Die imaginäre “Rote Laterne übernahm Sprinterkollege Fabio Jakobsen (dsm-firmenich – PostNL), der ähnlich litt, aber nicht ganz so spektakuläre Bilder dabei lieferte. Der Niederländer sorgte mit seinem letzten Platz genau 39:12 Minuten hinter seinem siegreichen Teamkollegen Romain Bardet auch für ein Kuriosum: Nicht allzu oft gewinnt ein Fahrer des Teams eine Etappe, das auch den Letzten im Kader hat. Im Falle von dsm waren sogar zwei ganz vorn – Frank van den Broek belegte den zweiten Platz - und einer ganz hinten.
Kein Zweifel: Die 111. Tour de France beginnt so kurios, wie man es von einem Schnapszahlenrennen auch erwarten darf.
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