O´Connor strauchelt, bleibt aber in Rot

Woods feiert Ausreißersieg, Roglic macht viel Boden gut

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Michael Woods (Israel - Premier Tech) feiert seinen Sieg am Puerto de Ancares. | Foto: Cor Vos

30.08.2024  |  (rsn) – Hohes Alter scheint mit hohen Steigungsprozenten perfekt zu harmonieren. Diesen Eindruck vermittelte Michael Woods (Israel – PremierTech) auf der 13. Etappe der 79. Vuelta a Espana einmal mehr. Der 37-jährige Kanadier, der im vergangenen Jahr schon bei der Tour de France am Puy de Dome siegte, gewann das 176 Kilometer lange Teilstück von Lugo auf den Puerto de Ancares als Solist aus einer Ausreißergruppe heraus, die vom Feld mehr als eine Viertelstunde Vorsprung zugesprochen bekam. Die letzten fünf Kilometer hatten dabei mehr als zwölf Prozent im Mittel.

Auch Wout Van Aert (Visma – Lease a Bike) war Teil der Gruppe. Der Belgier wurde am Ende mit 2:56 Minuten Rückstand Tagesfünfter hinter dem Kanadischen Meister, dem Schweizer Meister Mauro Schmid (Jayco – AlUla / + 0:45), Marc Soler (UAE Team Emirates / + 1:11) und Sam Oomen (Lidl – Trek / + 1:25) und sammelte unterwegs so viele Punkte fürs Bergtrikot ein, dass er neben der Führung in der Punkte- nun auch die in der Bergwertung wieder übernahm.

Gleichzeitig zeigte ein weiterer Oldie der jüngeren Konkurrenz im steilen Schlussanstieg nur sein Hinterrad: Primoz Roglic (Red Bull – Bora – Hansgrohe) schüttelte aus dem mit rund 14 Minuten Rückstand in die Schlussrampe gestarteten Hauptfeld heraus alle Gegner um die Gesamtwertung ab und machte mächtig Boden auf Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) gut. Der 34 Jahre alte Slowene hatte sein Team zu Beginn des Schlussanstiegs das Tempo anziehen lassen und dann selbst relativ zeitig noch einen Zahn zugelegt. O’Connor verteidigte zwar das Rote Trikot, büßte aber mehr als die Hälfte seines Vorsprungs ein und hat nur noch 1:21 Minuten auf der Habenseite.

"Wie schon mehrmals gesagt: Manchmal verliert man etwas, manchmal gewinnt man etwas. Heute war ich auf der richtigen Seite“, sagte Roglic den Medien im Ziel. "Das einzige, was ich beeinflussen kann, bin ich selbst. Ich habe einfach versucht, mein Bestes zu geben mit dem Team – und wie gesagt: Es war genug." Durchaus überraschend dabei sein Fazit: "Ich fühle mich noch nicht komplett selbstbewusst und deshalb sind wir heute erstmal konservativer gefahren." Damit nahm er wohl Bezug darauf, dass man die Ausreißer hatte gewähren lassen und erst im Finale Vollgas gab, anstatt auch auf den Tagessieg zu zielen.

Der noch in Führung liegende O’Connor sah hingegen nur einen positiven Aspekt. “Ich bin immer noch in Rot – und das ist wenigstens gut. Mal sehen wie es weiter geht. In Granada habe ich mich wirklich gut gefühlt, heute hatte ich quasi gar nichts in den Beinen. Morgen werde ich versuchen, mich so gut es geht zu erholen und noch einen weiteren Tag in Rot zu bleiben – und dann mal schauen, wie der Sonntag läuft."

Woods mit Vulkan und Meistertrikot im Hinterkopf auf “Wolke sieben“

Zu den Verlierern des Tages zählte auch Enric Mas (Movistar). Zunächst war der Spanier der Einzige, der Roglic folgen konnte. Doch dabei hatte er offenbar überzogen. In der Folge wurde er durchgereicht und verlor nahezu auf die gesamte Konkurrenz in der Gesamtwertung Zeit, 58 Sekunden auf Roglic. Nur O’Connor (+ 1:55 auf Roglic) landete noch hinter ihm. Carapaz, der zwölf Sekunden hinter Mas auf Rang vier in der Gesamtwertung liegt, kam zeitgleich mit ihm ins Ziel. Der starke Mikel Landa (Soudal – Quick-Step / + 0:35 auf Roglic) hingegen machte weiter Boden gut.

Eng bleibt auch der Kampf um das Weiße Trikot. Florian Lipowitz (Red Bull – Bora -Hansgrohe / + 0:55 auf Roglic) zeigte erneut einen starken Auftritt und verlor nur wenige Sekunden auf Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers / + 0:44 auf Roglic), der die Wertung des besten Jungprofis nun 17 Sekunden vor dem Deutschen anführt. Nach vorne rückte in der Gesamtwertung auch Felix Gall (Decathlon – AG2R), obwohl er lange bei O’Connor bleiben musste. Er überholte Adam Yates (UAE Team Emirates) und ist nun Achter, direkt hinter Lipowitz.

Auf “Wolke sieben“ war derweil Tagessieger Woods, wie er im Sieger-Interview selbst sagte: "Es war mein großes Ziel ein Rennen in diesem Trikot (des Kanadischen Meisters) zu gewinnen und ich hatte krankheitsbedingt eine schwere Saison – und auch viel Pech mit Defekten und Stürzen. Das ist eine große Erleichterung, hier heute den Sieg zu holen." Auch er sah dabei die Parallelen zu seinem letzten großen Sieg. "Ich hatte den Puy de Dome im Hinterkopf und wusste, dass ich gewinnen könnte, wenn ich nicht zu weit hinten wäre, wenn wir zum letzten Anstieg kommen würden. Ich wollte eigentlich nicht so früh attackieren, aber es war dann der richtige Moment – und dann waren es vier lange Kilometer ganz allein."

So lief die 13. Etappe der Vuelta

Einmal mehr bekam eine große Spitzengruppe im Verlauf dieser Vuelta freie Fahrt vom Feld. Bereits nach drei Kilometern setzten sich 25 Fahrer ab. Angeführt von van Aert, dem UAE-Trio Jay Vine, Soler und Brandon McNulty, Kaden Groves (Alepcin – Deceuninck), Dylan Teuns und Woods (beide Israel – Premier Tech) sowie Kasper Asgreen (Soudal – Quick-Step), Victor Campenaerts (Lotto – Dstny) und Schmid hatten die Ausreißer, zu denen auch Kim Heiduk (Ineos Grenadiers) zählte, schon nach 60 Kilometern acht Minuten Vorsprung herausgefahren.

Im Anstieg zum Alto O Portelo (2. Kategorie), dem zweiten Berg des Tages, konnten sich van Aert, der sich wie am ersten Anstieg die meisten Bergpunkte sicherte, Soler und Vine einen kleinen Vorsprung auf den Rest der Gruppe herausfahren, der jedoch in der Abfahrt keinen Bestand hatte. Der Vorsprung auf das von Decathlon – AG2R angeführte Feld war unterdessen auf zwölf Minuten angewachsen, womit spätestens 90 Kilometer vor dem Ziel klar war, dass auch dieses Mal wieder die Ausreißer den Sieg unter sich ausmachen würden.

Das Streckenprofil der 13. Etappe bei der Vuelta a Espana. | Grafik: Veranstalter

48 Kilometer vor dem Ziel gab es die ersten Attacken aus der Gruppe heraus. Van Aert und Campenaerts nahmen Schmid und Simon Guglielmi (Arkéa – B&B Hotels) mit. Der Franzose hatte aber schnell Probleme, den anderen zu folgen. Bis zu einer halben Minute fuhr sich das übrige Trio heraus, bis die UAE-Verfolger die Lücke wieder schließen konnten, die Gruppe so aber auf 13 Profis verkleinerten. Auch Groves und Heiduk waren da nicht mehr dabei. Derweil war der Rückstand des Pelotons auf 17 Minuten angewachsen.

Woods erst zurückhaltend, dann stärker als alle anderen

Im Anstieg zum Puerto de Lumeras (2. Kategorie) schrumpfte die Gruppe weiter. Neben Van Aert, den UAE-Profis, Schmid, Woods und Oomen war nur Gijs Leemreize (dsm-firmenich - PostNL) noch dabei. Die Bergpunkte sicherte sich aber Van Aert, der nach mehreren Attacken von Soler einmal drüber fuhr, oben dann aber wieder Tempo rausnahm.

In der Abfahrt stellte ein Sturz das Gruppengefüge komplett auf den Kopf. Die UAE-Mehrheit war mit einem Schlag hinüber, als McNulty die Kontrolle über sein Rad verlor, aus einer Kurve rutschte und unter der Leitplanke hindurch eine Böschung hinunterfiel. Auch Vine musste dabei kurz vom Rad, konnte aber schnell weitermachen. Und auch McNulty schien mit dem Schrecken davon gekommen zu sein, konnte nach ein paar Minuten weiterfahren.

Zu fünft ging es dann in den 7,5 Kilometer langen und im Schnitt 9,3 Prozent steilen Schlussanstieg, den Puerto de Ancares (1. Kategorie), wobei die letzten fünf Kilometer mit gut zwölf Prozent daherkamen. Neben van Aert kämpften Woods, Soler, Oomen und Schmid um den Tagessieg. An der 5-Kilometer-Marke lösten sich dann Schmid und Woods. Der Kanadier, der bisher sehr defensiv fuhr, ließ kurz darauf auch seinen letzten Begleiter stehen und absolvierte den Rest des Tages bis ins Ziel als Solist.

Kampf um Rot: Roglic macht deutlich Boden gut

Im Kampf um die Gesamtwertung übernahm derweil Red Bull das Kommando eingangs des steilen Finales und räumte schnell auf. Schon vier Kilometer vor dem Ziel explodierte die Favoritengruppe und O'Connor fiel zurück. Nur Mas konnte kurz darauf Roglic folgen, als der nochmal beschleunigte und als vorletztes auch Kuss abreißen lassen musste. Kurz bevor Landa wieder vorne andocken konnte, erhöhte Roglic das Tempo einmal mehr und schüttelte damit auch Mas ab. Der wurde daraufhin durchgereicht, verlor letztlich fast noch eine Minute auf Roglic.

Dazwischen platzierten sich aber noch zahlreiche weitere GC-Fahrer. Hinter Roglic wurde Landa Zweitbester aus dieser Riege, hinter ihm landete Mattias Skjelmose (Lidl – Trek). Lipowitz, der anfangs noch versuchte, mit Roglic mitzufahren, hatte sich da etwas übernommen und kassierte am Ende auch noch weitere Sekunden auf Rodriguez. Doch auch er erreichte genau wie Carapaz hinter ihm noch vor Mas das Ziel.

Fast zwei Minuten Rückstand auf Roglic musste unterdessen O’Connor hinnehmen. Der bekam schon bei der ersten Tempoverschärfung von Red Bull Schwierigkeiten. Lange Zeit blieb Felix Gall noch bei ihm, doch auch der Österreicher bekam auf den letzten anderthalb Kilometern freie Fahrt und konnte so noch ein paar Positionen gutmachen.

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