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21.11.2024 | (rsn) – Die tödlichen Unfälle von Gino Mäder, André Drege und Muriel Furrer in den vergangenen 17 Monaten werden zumindest bei Rundfahrten in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, für neue Sicherheitsmaßnahmen sorgen. Darüber sind sich Tour-de-Suisse-Chef Olivier Senn, Tour-of-Austria-Direktor Thomas Pupp und Fabian Wegmann als Sportdirektor der Deutschland Tour einig, wie sie in der Radsport-Talksendung "Windschatten" am Mittwochabend darlegten.
Vor allem das ständige GPS-Tracking von Fahrern und Fahrerinnen steht dabei im Vordergrund. "Es kann nicht sein, dass bei einem Rennen ein Fahrer nicht mehr sichtbar ist – das Tracking wurde nach den Unfällen intensiv diskutiert. Ich denke, da werden wir nicht mehr drum herumkommen, dass die UCI oder wir als Veranstalter sagen, dass wir das gern verpflichtend haben wollen, um im Rennen den Überblick über die Fahrer behalten zu können", sagte Pupp in seiner Rolle als Moderator der Sendung und spielte damit Senn den Ball zu, der sich völlig unmissverständlich positionierte:
"Für mich ist das klar, dass es ohne nicht mehr geht. Das mussten wir leider schmerzhaft erfahren. So richtig bewusst geworden ist mir das erst im Nachhinein, wenn man versucht Leuten zu erklären, wieso das überhaupt noch so ist. Das ist eigentlich gar nicht erklärbar! Wir sind vor 50 Jahren auf den Mond geflogen und 'verlieren' eine Athletin in einem Radrennen in der zivilisierten Schweiz. Das kannst du niemandem erklären. Das darf nicht sein", so der Schweizer, bei dessen Rundfahrt 2023 Gino Mäder verstarb, bevor nun bei den Weltmeisterschaften in Zürich, bei denen Senn ebenfalls die sportliche Leitung hatte, die Schweizer Juniorin Muriel Furrer ihr Leben ließ, nachdem sie nach ihrem Sturz weit mehr als eine Stunde unentdeckt im Unterholz gelegen hatte.
"Da muss sich unser Sport vorwärtsentwickeln. Er wird Zeit brauchen, als Ganzes, und deshalb werden wir als Veranstalter einfach sagen: Wir machen das jetzt! Denn den Unfall selbst kann man wahrscheinlich gar nicht verhindern, aber das was nachher passiert ist, das könnte man verhindern und das darf nicht mehr sein", führte Senn weiter aus, um dann anzukündigen: "Wir werden es auf jeden Fall tun und fragen da auch nicht bei der UCI nach. Wir werden es ihnen dann irgendwann sagen. Aber wenn man fragt, dauert es lange. Wir sehen uns in der Pflicht, das Maximum zu tun und nicht nur darüber zu reden. Aber selbstverständlich sind wir um jeden froh, der mitzieht."
Dem stimmte auch Pupp zu und erklärte, dass man bei der Tour of Austria mitziehen werde. "Wenn die UCI nicht tätig wird, was wir uns in einem frommen Wunschdenken wünschen würden, dann sollten wir tätig werden und vielleicht kann es ein Ergebnis dieses Gesprächs sein, dass die drei Rundfahrten der DACH-Region das im nächsten Jahr implementieren. Vielleicht können wir auch andere mitziehen", so der 62-Jährige.
Wegmann betonte in den Gedanken um ein GPS-Tracking, dass er dafür auf GPS-Sensoren direkt am Körper der Fahrer und Fahrerinnen plädieren würde. "Es bringt nichts, einen GPS-Sensor ans Fahrrad zu machen. Wenn da bei einem Defekt das Rad gewechselt wird, ist er weg", meinte er. Er bestätigte nicht direkt, dass auch die Deutschland Tour künftig auf vollständiges Tracking setzen werde – was ihm, da er 'nur' Sportlicher Leiter ist und nicht Gesamtverantwortlicher, wohl aber auch gar nicht zusteht. Im Falle seines Rennens würde eine Entscheidung darüber wohl von der ASO insgesamt getroffen werden müssen und dann für alle ASO-Rennen gelten. Allerdings nahm Wegmann zunächst auch ausdrücklich die UCI in die Pflicht:
"Die UCI muss Regularien dafür finden. Vor allem müssen sie aber erstmal die Erlaubnis dafür geben. Wenn man die hat, dann kann jeder für sich entscheiden", sagte er, stimmte aber zu: "Man muss handeln. Und wie Olivier sagt: Das darf nicht mehr passieren. Man muss aus Dingen, die passiert sind, lernen und sie dürfen nicht ein zweites Mal passieren."
Gegenüber radsport-news.com konkretisierte Wegmann am Donnerstag: "Ich bin absolut dafür, aber das System muss vor allem auch funktionieren – sowohl das GPS-Tracking an sich, als auch der Alarm, den es auslöst und die daran gekoppelte Rettungskette. Da gibt es noch sehr viel zu besprechen und zu klären, schließlich entstehen durch ein solches System auch neue Verantwortlichkeiten und dann ist aktiv jemand rechtlich verantwortlich, dass es auch funktioniert."
Neben einem GPS-Trackingsystem, das dabei helfen soll, Stürze von Fahrern und Fahrerinnen sofort zu bemerken und schneller Hilfe leisten zu können, arbeite man speziell bei der Tour de Suisse derzeit aber auch noch an anderen Projekten, um die Sicherheit im Rennbetrieb verbessern zu können. So erläuterte Senn im "Winschatten", dass man in der Schweiz künftig ein System einsetzen wolle, durch das die Sportlichen Leiter in den Teamfahrzeugen mehr und bessere Informationen über die kommenden Streckenabschnitte bekommen – visuell auf einem Tablet, anstatt nur akustisch auf Englisch und Französisch über Radio Tour.
"Selbstverständlich hat jedes Team ein Roadbook mit den Karten, sie nutzen Veloviewer und können sich mit den GPX-Dateien alles anschauen. Aber die Realität ist manchmal auch anders, wenn man dort ist – das Wetter ist anders, es hat Wasser auf der Straße und so weiter. Und wir kommunizieren heute nur über Funk. Sie hören in irgendeiner Sprache, bei uns in Englisch und Französisch, ein Problem. Bis sie das (im Teamauto) verstanden haben und einschätzen können, und dann ihren Fahrern übersetzen, geht viel Zeit und Informationsgehalt verloren", erläuterte Senn.
"Wir sind an einem System dran, die Strecke, die nächsten zwei, drei Kilometer visuell auf einem Tablet im Auto anzuzeigen, wo wir Bilder anzeigen können, die jemand aus dem Konvoi zehn Minuten vor dem Feld noch einbauen kann. So können die Team-Manager im Auto auch aufgrund von dem, was sie sehen, zu ihren Fahrern kommunizieren, nicht nur aufgrund von dem, was sie per Funk hören."
Gerade bei Hochgeschwindigkeits-Stürzen in Abfahrten liegen die Risiken für schwere Konsequenzen und Senn sagte auch, dass letztlich die Athleten und Athletinnen selbst diejenigen seien, die entscheiden, wie schnell sie durch eine Kurve fahren. "Das werden wir nie ändern können, aber wir müssen dafür sorgen, dass sie die bestmöglichen Informationen haben, um eine Kurve sicher zu fahren."
Die gesamte Diskussion im "Windschatten" im Video:
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