RSNplusRSN-Rangliste, Platz 42: Vinzent Dorn

Mit 26 ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Mit 26 ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht"
Vinzent Dorn feierte in seiner zweiten Saison als Straßenprofi seinen ersten UCI-Sieg. | Foto: Cor Vos

09.12.2024  |  (rsn) – In seiner zweiten Straßensaison hat der aus dem Mountainbike stammende Vinzent Dorn (Bike Aid) noch mal eine Schippe draufgelegt und nicht nur mehrere UCI-Wertungstrikots gewonnen, sondern auch seinen ersten UCI-Sieg eingefahren. Sogar der erste Rundfahrterfolg wäre möglich gewesen.

“Rückblickend bin ich wirklich zufrieden mit meiner Saison. Nachdem letztes Jahr alles neu war und ich kaum verarbeiten konnte, was überhaupt passiert ist, bin ich dieses Jahr mit etwas mehr Ruhe und Selbstbewusstsein zu den Rennen gefahren. Ich konnte es teilweise mehr genießen“, erklärte Dorn gegenüber RSN seine Entwicklung. ___STEADY_PAYWALL___

Sein erstes Top-Ergebnis der Saison fuhr der Freiburger im Februar bei der Tour du Rwanda (2.1) ein, bei der er am Schlusstag Sechster wurde. Aber auch abseits des Ergebnisses zählte die Rundfahrt zu Dorns besonderen Saisonmomenten. “Dieses Land mitzubekommen, den eigenen Horizont zu erweitern und auch die Idee `Bike Aid` besser zu verstehen - das war schon ein großes Highlight“, gestand er.

Dorn feiert ersten Sieg in der Türkei

Die nächsten sportlichen Ausrufungszeichen setzte der 26-Jährige im April. Zunächst war er in Frankreich bei der Tour du Doubs (1.1) als Ausreißer aktiv und gewann die Bergwertung. Danach ging es zur Türkei-Rundfahrt (2.Pro), wo er das Bergtrikot und das Zwischensprinttrikot mitnahm. Bei der Tour du Limousin (2.1) sicherte sich Dorn zudem noch das Sprinttrikot.

Seinen ersten UCI-Sieg feierte Dorn schließlich wenige Monate später – ebenfalls in der Türkei. Bei der Tour of Routhe Salvation (2.2) gewann er die Auftaktetappe und fuhr einen Tag lang im Trikot des Gesamtführenden. Nach den Plätzen sieben, drei und sieben schloss Dorn die Rundfahrt auf Platz zwei ab. “Die beiden Rundfahrten in der Türkei zählen zu den sportlichen Highlights des Jahres. Die dort erzielten Erfolge waren aus meiner Sicht sportlich größer, als alles, was ich davor erreicht habe. Es ist schön zu erkennen, dass mit 26 noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist und es immer noch weiter gehen kann“, so Dorn, für den bei der Tour of Routhe Salvation sogar der Gesamtsieg möglich gewesen wäre.

Bei der Tour of Routhe Salvation feierte Vinzent Dorn seinen ersten Sieg als Profi. Sogar der Gesamtsieg wäre möglich gewesen. | Foto: Bike Aid

Doch am zweiten Tag – im Führungstrikot fahrend – unterschätzten Dorn und seine Teamkollegen eine Rennsituation und bekamen die Lücke zum späteren Gesamtsieger Rutger Wouters nicht mehr geschlossen. "Heute kam zum Tragen, dass wir noch nie in einer solchen Situation waren, wir waren einfach nicht abgezockt genug und mussten ordentlich Lehrgeld zahlen“, hatte Dorn damals zu RSN gesagt.

Rückschlag bei der Deutschen Meisterschaft

Die große Enttäuschung der Saison war für Dorn die Deutsche Meisterschaft auf der Straße, wo er sein einziges DNF der Saison produzierte. “Ich hatte keine so gute Form und habe das Rennen auf die leichte Schulter genommen: `Letztes Jahr lief es gut`, dachte ich, `ich weiß wie der Hase läuft`. Zu sehen, dass es dann eben doch nicht ganz so einfach ist, hat mich zurück auf den Boden geholt“, gestand er.

Bei der Deutschland Tour (2.Pro) konnte er im Vergleich zum Vorjahr, als er bester KT-Fahrer des Rennens war, keine Spitzenplatzierungen erzielen. Doch dies war für den Allrounder zu verschmerzen. “Das Ergebnis der Deutschland Tour sieht auf dem Papier erst einmal enttäuschend aus. Das war sie aber auf keinen Fall. Es zeigt eher, dass wir bei Bike Aid besser zusammengewachsen sind und von einer Gruppe Einzelgänger dieses Jahr zu einem echten Team wurden. Und das bedeutet eben auch mal für die anderen zu arbeiten, anstatt nur für sich zu fahren. So wie meine Teamkollegen für mich gearbeitet haben, habe ich mich bei der Deutschland Tour für sie eingesetzt“, so der in die Helferrolle geschlüpfte Dorn. “Am Ende waren wir als Team stark und konkurrenzfähig - ich glaube es gibt kaum ein Kontiteam auf der Welt, das dies auf diese Weise geschafft hätte“, fügte er an.

Fuhr er die Deutschland Tour im vergangenen Jahr noch auf Ergebnis, stellte er sich dieses Mal in den Dienst des Teams und holte auch die eine oder andere Flasche vom Auto. | Foto: Cor Vos

Trotz guter Saison blieb Dorn der Sprung in eine höhere Klasse verwehrt. Nun geht es für ihn bei Bike Aid in das drittes Kontinental-Jahr, worüber er alles andere als unglücklich ist. Konkrete Ziele konnte Dorn für 2025 noch keine benennen. “Wenn wir es als Team aber schaffen, da anzuknüpfen, wo wir aufgehört haben, können wir sportlich viel erreichen und auch abseits der Wettkämpfe zeigen, wie besonders die Idee Bike Aid ist“, blickte er voraus.

Radsportler am Wochenende, ansonsten Student

Ob er für die Saison 2026 den Aufstieg in ein höheres Team anpeilen möchte, konnte Dorn nicht so recht beantworten. “Das ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits reizt es mich total, größere Rennen zu fahren und damit nochmal mehr zu sehen, wie weit ich kommen kann. Andererseits habe ich bei Bike Aid viel Freiheit und es gibt kaum höherklassige Teams, die ich ähnlich sympathisch finde und deren Konzept ich so mittrage“, so Dorn, dessen Wunschszenario es ist, mit Bike Aid in die zweite Liga aufzusteigen.

Perspektivisch ist es für Dorn aber auch möglich, an die Schule zu wechseln. “Im März direkt nach der Tour du Rwanda habe ich ein Praktikum an der Schule gemacht, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Ich würde super gerne mal als Lehrer arbeiten. Das Studium mit dem Sport zu vereinbaren ist aber nicht so einfach. Aktuell bin ich jede Woche montags bis donnerstags in der Uni, dazu kommen 20 Stunden Training“, so Lehramtsstudent Dorn.

Er bietet in seiner Freizeit auch noch Mountainbike-Training für Nachwuchsfahrer an, arbeitete in der theologischen Fakultät als Hilfskraft und plant ein Empowerment-Projekt für Kinder mit Fluchtbiografie mit der Step Stiftung in Freiburg. “Es ist schon sehr viel. Ich denke, man darf sich nicht zu sehr an Vorgaben zur Studiendauer oder gesellschaftlichen Konventionen aufhalten, wenn das Leben nicht monoton, sondern spannend sein soll“, so Dorn abschließend.

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