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22.07.2011 | (rsn) – Seit Anfang Mai hat David Kopp keine Rennen mehr bestritten. Im Exklusiv-Interview mit Radsport News nennt der 32-Jährige den Grund dafür: Der Sieger von Rund um 2005 leidet unter Depressionen. Nach einem vierwöchigen stationären Aufenthalt in der Uniklinik Köln arbeitet Kopp nun mit dem renommierten Psychologen Dr. Valentin Markser zusammen, der unter anderem auch den ehemaligen Nationaltorhüter Robert Enke betreut hat. Enke brachte sich im November 2009 in Folge schwerer Depressionen um.
Sie haben sich entschieden, mit einem sehr heiklen Thema an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie wollen über Depressionen sprechen, an denen Sie erkrankt sind. Das ist gerade im Sport offenbar immer noch ein Tabu-Thema. Weshalb wählen Sie diesen Weg?
Kopp: Mir ging es bei diesem Schritt in erster Linie um mich selbst. Ich hatte das Bedürfnis, mich mitzuteilen. Den Leuten, die sich für meine Person interessieren, offen zu legen, was mit mir in den letzten Wochen los war und dadurch auch mit einigen Gerüchten aufzuräumen.
Wie und wann haben Sie bemerkt, dass Sie krank sind?
Kopp: Das war im April nach Rund um Köln. Dort hatte ich mich im Vorfeld sehr unter Druck gesetzt, wollte unbedingt gewinnen. Ich bin ein starkes Rennen gefahren, war im Bergischen Land sehr aktiv und habe bis 100 Meter vor dem Ziel in Führung gelegen. Am Ende wurde ich Vierter. Da habe ich eine solch große Enttäuschung verspürt, ich war vollkommen leer. So etwas habe ich in meiner ganzen Karriere noch nie empfunden. Das waren große Alarmsignale, aber ich habe sie ignoriert. Ich bin dann noch am 1. Mai das Rennen in Frankfurt gefahren, nach der Hälfte war bei mir aber der Ofen aus.
Können Sie beschreiben, wie Sie sich in dieser Zeit gefühlt haben?
Kopp: Ich habe den vierten Platz als Misserfolg angesehen, ich habe mich gefühlt, als ob ich etwas verbrochen hätte. Ich habe mich danach sogar schlechter gefühlt als nach meinem positiven Dopingtest. Das war ein ganz unangenehmes Gefühl in der Magengegend, und dieser Zustand hat über längere Zeit angehalten. Ich lag auch teilweise im Bett und konnte mich nicht bewegen, hatte andererseits starke Probleme einzuschlafen. Für ganz alltägliche Dinge hat die Motivation gefehlt, ich konnte zwischen einfachen Gedankengängen keine Verbindung mehr herstellen. Es war so, als ob jemand den Aus-Schalter betätigt hätte.
Wo sehen Sie die Gründe für Ihre Krankheit?
Kopp: Meine Psyche ist wohl schon seit Ende 2007 in Mitleidenschaft gezogen worden. Anschließend dann im September 2008 der positive Kokaintest und der danach folgende Verhandlungsmarathon. Erst musste ich mich monatelang darum kümmern, überhaupt ein Verfahren zu kommen. Dann wurde ich für ein Jahr gesperrt, habe meine Sperre abgesessen, fuhr wieder Rennen, holte Siege und wurde dann nach einer Revision des Urteils durch das CAS erneut gesperrt, da man nun doch die Maximalstrafe von zwei Jahren wollte.
Dieses Auf und Ab hat mir extrem zugesetzt. Ich hatte durch diese ständige Ungewissheit nie Zeit zur Ruhe zu kommen, weil ich nicht wusste, wie es bei mir weitergehen würde. Hätte man mich gleich für zwei Jahre gesperrt, dann hätte ich das wohl besser verkraftet. Dieses Hin und Her hat mich psychisch kaputt gemacht, ohne dass ich es wahrgenommen hätte.
Hatten Sie da schon Depressionen?
Kopp: Ich hatte in dieser Zeit schon depressive Züge. Hinzu kamen dann auch noch finanzielle und private Probleme. Ich hatte zwar Rücklagen, bin aber gewiss kein Millionär. Und ohne Job ist das Geld schnell aufgebraucht. Im Winter 2010/2011 habe ich trainiert wie ein Besessener, habe alles auf die Saison 2011 gesetzt, wollte noch einmal durchstarten. Die Probleme habe ich einfach weggeschoben, nicht verarbeitet. Wenn ich Beschäftigung hatte, auf dem Rad saß, da habe ich mich gut gefühlt. Zu Hause ist dann die Stimmung eingebrochen. Wenn ich nicht abgelenkt war, dann habe ich mich schrecklich gefühlt
Wollten Sie professionelle Hilfe?
Kopp: Ich habe zunächst mit wenigen engen Freunden darüber gesprochen, aber professionelle Hilfe wollte ich zunächst nicht. Es ist mir sowieso schwer gefallen, über das Thema Depression zu sprechen, außerdem wollte ich nicht ständig rumjammern. Es ist noch immer ein Tabu-Thema. Irgendwann bin ich aber an einem Punkt angekommen, an dem ich realisiert habe, dass es ohne professionelle Hilfe nicht mehr geht, und ich in einer gefährlichen Sackgasse landen würde.
Wie ging es dann für Sie weiter?
Kopp: Ich habe mich Anfang Mai in der Uniklinik Köln in stationäre Behandlung begeben, wo dann eine schwere depressive Episode festgestellt wurde.
Wie wurden Sie behandelt?
Kopp: Zum einen bekam ich Antidepressiva, die ich auch noch einige Monate nehmen muss. Zum anderen wurde viel psychologische Arbeit geleistet. Das war zunächst äußerst unangenehm. Ich musste lernen, mich zu öffnen, musste meine Vergangenheit aufarbeiten, und zwar angefangen bei der Kindheit.
Konnten Sie die Diagnose Depressionen akzeptieren?
Kopp: Zunächst sehr schwer. Ich hatte mich mit diesem Thema zuvor noch nicht beschäftigt. Ich dachte immer: Einer der Depressionen hat, der ist bekloppt. Ich war nie ein großer Leser, aber im Krankenhaus habe ich innerhalb zweier Tage das Buch von Sebastian Deisler mit dem Titel „Zurück ins Leben“ gelesen. Dies hat mir sehr geholfen und mir vieles klarer gemacht. Ich habe mich in vielen Schilderungen wiedergefunden und erkannt, dass es auch ein Leben ohne den Sport geben könnte.
Wie geht es Ihnen heute?
Kopp: Ich habe natürlich durch die Antidepressiva einiges an Gewicht zugenommen, bin aber gerade dabei, das abzutrainieren. Ich mache sehr viel Sport, wie Joggen oder Basketball spielen. Ich fühle mich auf einem guten Weg, habe ein Gefühl von Freiheit, wie ich es noch nie in meinem Leben empfunden habe.
Sind Sie geheilt?
Kopp: Zunächst einmal: Eine depressive Episode ist eine einmalige Depression. Allerdings ist es ein langer Prozess, bis man geheilt, bis man wieder stabil ist. Die Antidepressiva muss ich noch mindestens sechs Monate nehmen, da im Gehirn gewisse Prozesse in Gang gesetzt werden müssen.
Wie wird es bei Ihnen nun weitergehen?
Kopp: Ich befinde mich in Therapie beim Psychologen Dr. Valentin Markser. Im Kölner Raum werde ich auch eine neue Wohnung beziehen. Beruflich bin ich vollkommen offen, könnte mir auch vorstellen, mit jungen Menschen zusammen zu arbeiten. Ich weiß noch nicht, wo die Reise hingeht. Ich könnte auch gut ohne Radrennen leben. Das muss aber kein Dauerzustand sein. In der Klinik habe ich den Giro d'Italia verfolgt. Da hat mich der Sturztod von Wouter Weylandt sehr bewegt. Auch ich war einmal für 45 Minuten bewusstlos, als ich bei Mailand-San Remo 2007 schwer gestürzt bin. Da hinterfragt man doch einiges. Man fragt sich: Ist es das noch wert?
Geben Sie dem System Profiradsport die Verantwortung oder sogar Schuld an Ihren Depressionen?
Kopp: Zunächst muss ich betonen, dass das Radsportlerleben ein sehr schönes, aber auch sehr hartes Leben ist. Jedes Jahr muss man um neue Verträge kämpfen, muss sich in jedem Rennen auf ein Neues beweisen. Ich würde sagen, bei jedem großen Team hat man Druck. Es gibt Leute, die diesen Druck aushalten, andere haben damit Probleme. Zu den letztgenannten zähle ich.
Haben Sie sich selbst auch zu viel Druck gemacht?
Kopp: Ja. Ich bin schon immer sehr verbissen in die Rennen gegangen, auch bei Vertragsgesprächen hat sich dies bemerkbar gemacht. Wurde mir ein Angebot unterbreitet, das meines Erachtens unter meinem Marktwert war, so habe ich mich ungerecht behandelt gefühlt. Ich habe mich in meiner Karriere an einem Punkt gesehen, den ich noch nicht erreicht hatte.
Was war Ihre schönste Zeit im Radsport?
Kopp: Das war beim Team Lamonta, nachdem ich beim Team Telekom keinen neuen Vertrag bekommen habe. Das war ein kleines, aber feines Team. Es ging nicht um das große Geld, dafür hatten wir jede Menge Spaß.
Würden Sie wieder Profiradsportler werden wollen?
Kopp: Ja.
Mit David Kopp sprach Christoph Adamietz.
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