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18.03.2012 | (rsn) – Wieder machte Fabian Cancellara (Radio-Shack-Nissan) bei Mailand-San Remo ein Australier einen Strich durch die Rechnung. Der 31-jährige Schweizer, der im vergangenen Jahr Matthew Goss (damals HTC-Highroad) den Vortritt lassen musste, zog bei der 103. Auflage des Frühjahrsklassikers gegen dessen Teamkollegen Simon Gerrans (GreenEdge) den Kürzeren.
Der 31 Jahre alte Australische Meister feierte den bisher größten Sieg in seiner Karriere, als er nach 298 Kilometern von der lombardischen Metrople an die ligurische Küste in San Remo im Sprint eines Spitzen-Trios Cancellara und dem Italiener Vincenzo Nibali (Liquigas-Cannondale) das Nachsehen gab.
Eine herausragende Vorstellung zeigte John Degenkolb (Project 1t4i), der hinter dem Slowakischen Meister Peter Sagan (Liquigas-Cannondale) auf den fünften Platz sprintete und sein Mailand-San Remo-Debüt als bester deutscher Fahrer beendete. Dagegen spielte André Greipel (Lotto Belisol) in der Entscheidung keine Rolle.
Platz sechs ging an den Italiener Filippo Pozzato (Farnese Vini), Siebter wurde der Spanier und dreifache San Remo-Gewinner Oscar Freire (Katusha) vor drei weiteren Italienern, nämlich Alessandro Ballan (BMC), Daniel Oss aus dem starken Liquigas-Team und Cancellaras Teamkollegen Daniele Bennati. Degenkolbs Teamkollege Simon Geschke zeigte ebenfalls eine starke Leistung und sorgte mit Platz 13 für ein weiteres Spitzenergebnis aus deutscher Sicht.
„Ich habe immer noch nicht realisiert, was wir heute geschafft haben. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, dieses Monument zu gewinnen“, strahlte Gerrans im Ziel. „Das Team ist heute perfekt gefahren und wir haben unsere Karten genau richtig gespielt.“
„Prinzipiell ist das Rennen schon so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Zweiter in San Remo zu werden ist natürlich prestigeträchtig, aber es war nicht das Geburtstagsgeschenk, das ich mir gewünscht habe. Ich kam hierher um zu gewinnen”, erklärte Cancellara, der am Sonntag 31 Jahre alt wird und der weiter auf seinen zweiten San Remo-Triumph nach 2008 warten muss. Dagegen war Degenkolb mit seiner ersten Teilnahme rundherum zufrieden. „Ich bin über den fünften Platz einfach nur glücklich, das ist ein Erfolg der gesamten Mannschaft und ich bin stolz, ein Teil davon zu sein“, twitterte Degenkolb nach seinem sensationellen Ergebnis.
Bei Sonnenschein und 12 Grad legte das Feld vor dem Start eine Schweigeminute ein im Gedenken an die Opfer des Busunglücks in der Schweiz, bei dem am Dienstag 22 belgische Schulkinder und sechs Erwachsene ums Leben gekommen waren. Alle belgischen Fahrer trugen zudem Trauerflor.
Nach 21 Kilometern setzten sich neun Fahrer ab: Die Italiener Angelo Pagani (Colnago) und Pierpaolo De Negri (Farnese Vini), der Kasache Dmitriy Gruzdev (Astana), der Kolumbianer Juan Pablo Suárez (Colombia), der Däne Michael Mørkøv (Saxo Bank), der Spanier Juan José Oroz (Euskaltel), der Moldawier Oleg Berdos (UtensilNord), der Norweger Vegard Stake Laengen (Team Type 1) und der Chinse Ji Cheng (Project 1T4I) bestimmten die ersten Stunden des Rennens und fuhren auf den ersten 50 Kilometern einen Vorsprung von rund 12 Minuten heraus, ehe das Feld bei hohem Tempo – die ersten beiden Rennstunden wurden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 46 km/h zurück gelegt – reagierte und die Schlagzahl weiter erhöhte.
Als es hinauf zur Passhöhe des Turchino auf 532 Metern ging, schmolz der Vorsprung der Spitzengruppe erstmals deutlich. Nach 23 Kilometern moderatem Anstieg überquerten die Ausreißer mit weniger als zehn Minuten Vorsprung den höchsten Punkt des Rennens. Am Ende der Abfahrt war der Rückstand sogar auf gut sechs Minuten zusammengeschrumpft.
Die erste dramatische Zuspitzung erfuhr das Rennen im Anstieg nach Le Manie. Hier platzte rund 95 Kilometer vor dem Ziel der Traum von Mark Cavendish (Sky), im Weltmeister-Trikot Mailand-San Remo zu gewinnen.
Der 26 Jahre alte Brite, der im vergangenen Jahr in der Abfahrt von Le Manie durch einen Sturz aufgehalten worden war und alle Chancen eingebüßt hatte, wurde diesmal wie der größere Teil des Feldes auch im Anstieg abgehängt. Alle verzweifelten Bemühungen, mit Hilfe einiger Teamkollegen wieder zur ersten Verfolgergruppe aufzuschließen, blieben erfolglos, so dass Cavendish schließlich resignierte und das Rennen wie der größte Teil des Feldes auch abhakte.
Dafür witterten in der vorderen Gruppe BMC, Liquigas-Cannondale, Katusha und Rabobank ihre Chance und drückten mächtig auf’s Tempo. 58 Kilometer vor dem Ziel war mit Berdos auch der letzte der Ausreißer – nach einer Flucht von knapp 220 Kilometern – gestellt und das Rennen ging in seine entscheidende Phase mit den Anstiegen Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta und schließlich der maximal neun Prozent steilen und rund fünf Kilometer langen Cipressa, wo Liquigas und BMC führten mit je zwei Fahrern das erste Feld anführten.
Attacken des Spaniers Patxi Vila (Utensilnord Named) und des Niederländers Johnny Hoogerland (Vacansoleil-DCM) scheiterten im oberen Teil des Anstiegs, wo dann einen der Favoriten das Schicksal ereilte: Philippe Gilbert (BMC), der bis dahin einen starken Eindruck hinterlassen hatte, stürzte wie einige andere Fahrer auch und schaffte danach nicht mehr den Anschluss.
Die Vorentscheidung fiel dann erwartungsgemäß im 3,7 Kilometer langen Poggio. Im letzten Anstieg des Tages nahm Rabobank zunächst das Zepter in die Hand und schien alle Attacken neutralisieren zu können. 7,5 Kilometer vor dem Ziel spielte dann aber Liquigas eine seiner beiden Trumpfkarten: Tirreno-Adriatico-Gewinner Nibali zog davon, gefolgt von Gerrans und schließlich Cancellara, der sich schnell an die Spitze der kleinen Gruppe setzte und maßgeblich dafür verantwortlich war, dass der Vorsprung auf mehr als zehn Sekunden anwuchs.
Auf der letzten Abfahrt wagte der Berner alles, zog immer wieder am Horn, doch die kleiner gewordene Verfolgergruppe ließ sich nicht abschütteln. Nibali und Gerrans überließen Cancellara fast komplett die Führungsarbeit und schienen froh zu sein, dem horrenden Tempo des vierfachen Zeitfahrweltmeisters folgen zu können. In der Verfolgergruppe schickte währenddessen Freire seine letzten Helfer nach vorne, die aber den Rückstand dann doch nicht mehr wettmachen konnten.
Ganze drei Sekunden rettete das Ausreißer-Trio ins Ziel. Während Gerrans sich in einem packenden Sprint knapp vor Cancellara durchsetzen konnte und Nibali sich mit Rang drei zufrieden geben musste, mobilisierte Degenkolb die letzten Kräfte und zog aus der Verfolgergruppe nach vorn. Nur Sagan gelang es noch, am 23 Jahre alten Erfurter vorbeizuziehen, der angesichts von Platz fünf mit seinem Mailand-San Remo-Debüt hochzufrieden sein durfte.
Zu den Geschlagenen zählte trotz Platz drei und vier durch Nibali und Sagan aber das Liquigas-Team, das britische Sky-Team, das weder Cavendish noch den Norweger Edvald Boasson Hagen vorne platzieren konnte; BMC, das sich mit Platz acht durch Alessandro Ballan zufrieden geben musste, und auch Garmin-Barracuda mit Heinrich Haussler und Tyler Farrar, die ebenfalls beide keine Rolle spielten. Auch der Belgier Tom Boonen (Omega Pharma-QuickStep) war am Ende enttäuscht. Der 31-Jährige stürzte in der letzten Kurve in San Remo und muss weiter auf seinen Sieg bei der Primavera warten.
GreenEdge dagegen konnte bei seinem ersten Sieg in einem Klassiker gut verkraften, dass Titelverteidiger Matthew Goss diesmal nur auf Platz 15 landete.
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