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01.02.2014 | (rsn) - So allmählich scheint Deutschland eine Nische des Radsports wieder zu entdecken: das Querfeldeinfahren. Immerhin durfte Landesmeister Philipp Walsleben (BKCP-Powerplus) diese Woche dem ARD-Morgenmagazin einen Besuch abstatten - und das tatsächlich nicht, um über Doping zu sprechen, sondern über seinen Sport.
Man hat bemerkt, dass da jemand am Sonntag mit etwas Glück in einer Sportart einen Weltmeister-Titel gewinnen könnte, die in Belgien, Walslebens Wahlheimat, regelmäßig rund zehn Prozent der Bevölkerung vor den Fernseher lockt.
Für Walsleben, der sonst mehr auf Flämisch als auf Deutsch interviewt wird, war dieser TV-Auftritt in der ARD eine willkommene Ablenkung in der Woche vor dem wichtigsten Rennen der Saison. „Ein gewisser Druck ist schon da, aber ich versuche, das nicht zu nah an mich herankommen zu lassen“, sagte er.
Was die Erwartungshaltung angeht, hat Walsleben gegenüber seiner Konkurrenz einen kleinen Vorteil. Denn die Belgier um den Top-Favoriten und Titelverteidiger Sven Nys (Crelan - AA Drink) sowie Walslebens Teamkollegen Niels Albert oder Tom Meeusen vom Telenet-Fidea-Team und auch der niederländische Lokal-Matador und Weltcup-Gesamtsieger Lars van der Haar (Rabobank Development) stehen in Hoogerheide mehr im Fokus als der Deutsche. Dasselbe gilt für die Straßen-Asse Francis Mourey (FDJ.fr) und Zdenek Stybar (Omega Pharma - Quick-Step), die ebenfalls beide den Titel anpeilen.
Angesichts der extrem starken und engen Konkurrenz müsste Walsleben schon viel Glück haben, um Weltmeister zu werden. International nämlich wird „His Svenness“, Sven Nys, als klare Nummer eins gesehen. Ihn gilt es in Hoogerheide zu schlagen. Doch auch der 37 Jahre alte Nys hat in dieser Saison häufiger als zuletzt durch Stürze gezeigt, dass er nicht unfehlbar ist. Zuletzt ließ er den Weltcup-Abschluss am vergangenen Wochenende in Nommay aus, um sich auf Mallorca für die WM vorzubereiten.
Der elf Jahre jüngere Walsleben hingegen zeigte in Frankreich eines der stärksten Rennen in seiner ohnehin bereits besten Saison. Bis zur Zielgeraden kämpfte er um den Sieg, wurde dann aber im Sprint hinter Meeusen und Mourey nur Dritter. „Da war ich schon etwas enttäuscht“, erklärte er nun radsport-news.com. „Ich war ja nah am Sieg dran. Aber das hat sich gelegt, denn es war ein gutes Rennen und ich konnte mir so den zweiten Gesamtrang im Weltcup sichern.“
In dieser Saison ist Walsleben vier Mal in sieben Weltcup-Rennen auf's Podium gefahren, und das Treppchen ist auch für Hoogerheide sein erklärtes Ziel. Doch selbst wenn er, wie im Vorjahr, „nur“ Vierter würde, so wäre das in diesem Starterfeld noch eine gute Leistung.
„Die Strecke kommt mir entgegen“, weiß Walsleben, der in Hoogerheide vor vier Jahren bereits Weltmeister der U23 geworden war. Nicht nur der Parcours, auch das Wetter dürfte ihm gefallen, denn es hat in der Nacht zum Samstag geregnet.
Der Untergrund ist weich und wird das Rennen schwerer machen. Etwas, was Walsleben liegt, denn der gebürtige Kleinmachnower ist keiner, der am Ende im Sprint triumphiert. Er sucht die Entscheidung stets frühzeitig und fährt für die Zuschauer attraktive Rennen mit mutigen Attacken. „Ich werde erstmal probieren, ruhig zu bleiben“, kündigte er nun zwar für Hoogerheide an, „will aber auch nicht zu lange warten“.
Nach der knappen Niederlage von Nommay, als er auf der Schlussrunde ein paar Mal hinter dem späteren Sieger Meeusen eingeklemmt war und außen herum hinterhersprinten musste, wenn Mourey beschleunigte, hat sich Walsleben auch für das Finale etwas vorgenommen. „Vielleicht sollte ich probieren, die gesamte letzte Runde von vorne zu fahren. Da habe ich in der Vergangenheit teilweise an der falschen Stelle gespart“, überlegte er.
Seine tollen Resultate im Verlauf der Saison und der zweite Rang in der Weltcup-Gesamtwertung machen Walsleben in Hoogerheide zu einem der Favoriten, auch wenn er sich dadurch nicht zu sehr unter Zugzwang setzen will. „In diesem Jahr bin ich durch meinen zweiten Platz im Weltcup schon relativ zufrieden mit der Saison“, erklärte er der ARD. „Insofern mache ich mir jetzt im Vorfeld der WM etwas weniger Druck.“
Die unmittelbare Vorbereitung seit Nommay verlief problemlos. Er habe natürlich auch in dieser Woche trainiert, es „aber nicht übertrieben“, sagte er radsport-news.com. Zu kämpfen hatte der deutsche Kapitän höchstens mit dem vom Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gebuchten Hotel, über das die Deutsche Meisterin Hanka Kupfernagel schon am Donnerstag twitterte: „Unser Verband hat für das wichtigste Rennen der Saison eine interessante „Hotel“-Wahl getroffen - Gemeinschaftsduschen und -Toiletten. Fühlt sich an wie eine Zeitreise in die 90er.“
Walsleben nahm es locker. „Das Hotel hier kann einem nicht gefallen, man kann sich nur damit abfinden“, sagte er. „Das tue ich. Zwei bis drei Tage kann man auch in einem Einzelzimmer ohne Fernsehen und mit Toilette auf dem Gang überleben.“
Nach dem Rennen am Sonntag hält ihn dort sowieso nichts mehr - selbst wenn es mit der ersten WM-Medaille im Elite-Bereich klappen sollte: „Dann freue ich mich, steige ins Auto und fahre nach Hause", kündigte Walsleben an.Â
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