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31.03.2014 | (rsn) - In meinem letzten Blog habe ich über unser Trainingslager in Spanien berichtet. Mittlerweile sind die ersten Rennen über die Bühne gegangen und ich möchte euch über meine Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse berichten.
Das erste Rennen für uns war Le Samyn in Belgien, gefolgt von Fleche Wanzenoise und Omloop van het Hageland – Tielt Winge. Ich für meinen Teil habe nach dem Trainingslager entschieden, diese Rennen nicht zu fahren und mich stattdessen weiter zu Hause vorzubereiten. Mir fehlten einfach die Intensitäten und es hätte wenig Sinn gemacht, mit meinem damaligen Leistungszustand ins Renngeschehen einzugreifen.
Das schöne Wetter zu Hause ließ es zu, schon Anfang März im Schwarzwald trainieren zu fahren. Ich konnte es kaum glauben, zu dieser frühen Jahreszeit hoch oben im Schwarzwald meine Runden zu drehen. Normalerweise liegt da noch Schnee und ich hätte nur Langlaufen oder Schlittenfahren können. Dieses Jahr war es anders, was mir sehr entgegen kam.
Die zehn Tage Extra-Training in heimischer Umgebung konnte ich sehr gut nutzen und dabei das Optimum heraus holen, aber dennoch kann ich damit nicht einfach mal so drei Wochen Trainingsausfall - ihr erinnert euch: Ich hatte einen Virusinfekt - aufholen. Ich versuchte es einfach zu akzeptieren wie es ist und mich drauf einzustellen, dass der Renneinstieg dieses Jahr knüppelhart sein wird.
Aber ehrlich gesagt, ist „knüppelhart“ noch milde ausgedrückt in Anbetracht der Schmerzen, die ich bei meinem ersten Rennen, der „ Drenthe 8“ in Holland aushalten musste. Anfangs habe ich mich super gefühlt, auch die Vorbelastung am Tag vor dem Rennen war echt gut und ich dachte, dass es vielleicht doch besser sein könnte als befürchtet. Über das erste Pflaster kam ich echt gut und mein Optimismus wuchs von Kilometer zu Kilometer.
Auf dem zweiten Stück hat mich eine nicht optimale Position ein paar Körner gekostet, um wieder in die erste Gruppe zu fahren. Dies war aber nach dem Pflaster mit einer Gruppe schnell möglich. Doch bei Kilometer 90 kam der Hammer und schlug mal ganz kräftig zu. Ab da hatte ich das Messer am Hals und habe mich von Runde zu Runde gequält. Ich versuchte, mich mit meiner ersten tollen Rennhälfte zu motivieren. Ich fuhr und fuhr und fuhr, ich quälte mich und versuchte mit guten Fahrlinien immer ein paar Körner zu sparen.
Das Rennen war 136 Kilometer lang, die Neutralisation nicht mitgerechnet. Unsere maximale Renndistanz im Frauenradsport beträgt 140 Kilometer, längere Strecken sind nur mit Sondergenehmigung möglich, zum Beispiel aufgrund von Bauarbeiten. Eine solche Distanz gleich im ersten Rennen bewältigen zu müssen, war schon fast ein Schock für mein System, aber die anderen müssen da ja auch durch. Kneifen galt also nicht.
Auf der letzten Runde läuteten die großen Teams etwa zehn Kilometer vor dem Ziel das Finale ein und mein SRM zeigte kaum noch unter 50km/h an. Solch ein Geschwindigkeitsrausch im Frühjahr ist für uns Mädels schon recht ambitioniert und dann kam er, der zweiter Hammer, und zwar richtig. Es hätten auch zwei Platten aufs Mal sein können.
Erst hat es links geknallt und dann rechts. Natürlich waren das keine Plattfüße, sondern meine beiden Beine, die einfach nicht mehr wollten. Die haben schlicht und einfach den Dienst eingestellt und die Fahne wie bei einem Streik von Verdi hochgehalten mit der Aufschrift: „Wir haben die Schnauze voll (Laktat) und wollen bessere Arbeitsbedingungen“. Sprich, einfach `ne Pause.
Da kann man noch so wollen, diese zwei schlaffen Stecken bekommt man dann nicht mehr bewegt. Frustriert kann ich nur sagen, Sprichwörter „Mit Wille geht alles“ oder (Udo Bölts:) „ Quäl dich du Sau“ kannst du grad in die Tonne treten. Ich bin also, so wie es noch ging, in Richtung Ziel geeiert und war froh als ich unseren Camper gesehen habe.
Zum Glück stand da groß Bigla drauf, ich wäre sonst glatt dran vorbei gefahren. Abends habe ich die SRM-Daten ausgewertet - und ich dachte, mich tritt ein Pferd. Jeder, der sich etwas mir der Auswertung von Trainingsdaten auskennt, wird wohl wissen was ein TSS (Trainingsstressscore) von 370 bedeutet. Ich sage mal so: „…und immer in die Fresse rein“ (Die Ärzte). Ein solcher Wert - sozusagen kurz vor Scheintod - bescheinigte mir, dass ich mich quälen kann. Das jedenfalls ist das Positive, was ich versuche, aus diesem Rennen mitzunehmen - und auch einer neuer „Maximal- Rekord“ bei einem Antritt im Rennen. Sprich: Das lässt mich doch auf mehr hoffen.
Zum Glück war am nächsten Tag Ruhe angesagt und ich habe mit dem Team eine lockere Ausfahrt absolviert, zur Vorbereitung auf das Rennen am nächsten Tag. Die Schmerzen waren übrigens immer noch da, ich habe mich gefühlt, als hätte mich über Nacht ein Panzer überrollt. Autsch!!! In so einem Moment versucht man sich immer alles Mögliche einzureden: „Ach ja halb so schlimm, das wird schon werden, die anderen haben auch Schmerzen.“ Nach dem Motto: Kollektives Leid hilft. Man könnte es auch schönreden nennen.
Ich wollte mir das also schönreden, damit ich am nächsten Tag beim ersten Weltcuprennen der Saison für das Team arbeiten konnte. Doch das Rennen sollte mich aber eines Besseren belehren. Wind aus nordwestlicher Richtung machte die ganze Angelegenheit schwer, sehr schwer. Bei 146 Kilometern mit 140 knackigen Mädels über den Radweg, da kann sich jeder das Gerangel und Gedrängel vorstellen.
Zu allem Übel kam noch diese leichte „Brise“ hinzu. In meinem etwas angeschlagenen Zustand machte diese Lüftchen mir das Leben echt schwer, aber das Rennen interessant. Typisches Hollandrennen eben. Ich war an diesem Tag das Fähnchen im Wind und nicht wirklich ‚ne Hilfe, und ich musste mir eingestehen, dass ich mich nicht von Donnerstag erholt hatte, leider. Aber so ist es nun mal und man muss es nehmen, wie es ist. Einfach akzeptieren und den Mut nicht verlieren und weiter machen und an sich glauben.
Ein Wochenende später brachte mich der Rennkalender nach Italien in die Nähe von Mailand. Der GP Commune Cornaredo stand auf dem Plan. Dieses Rennen wurde auf einem 11km Stadtkurs ausgetragen, mit gefühlten 30 Kurven pro Runde und das ganze 11-mal. Wenn ich richtig gerechnet habe, sind das auf das ganze Rennen 330 Kurven und bei den meisten kannst du nicht einfach nur durchfahren, sondern musst danach wieder beschleunigen. Also recht knackig und mit all den Antritten eigentlich perfekt zum Training für Bahnfahrer.
Uns entwischte leider ein Gruppe und so mussten wir uns an die Arbeit machen, um diese wieder zurück zu holen. Nach 33 Kilometern Führungsarbeit und mit Hilfe von Astana-Be pink gelang uns das auch. Zum Schluss hat sich die ganze Arbeit auch ausgezahlt und meine Teamkolleginnen Martina und Lotta konnten mit Platz sieben und acht die ersten Top Ten-Ergebnisse verbuchen. So hatte jeder etwas, das Team das Ergebnis und ich einen neuen 20-Minuten-Rekord für meine Statistik, gepaart mir einem guten Gefühl, dass doch was in meinen Beinen ist. Endlich.
Als nächstes Rennen stand am Sonntag die Tropheo Binda vor der Tür, eines der schwersten Rennen im Weltcupkalender. Da kann man sich nicht verstecken und einfach mitrollen, bei diesem Rennen muss man ein Pfund drauf haben, sonst kommt man nicht vorne an. Meine Teamkollegin Jo Hogan war unser Ass im Ärmel und unsere Taktik war ganz auf sie ausgerichtet. Ich war zum Helfen da und habe das auch gerne gemacht.
Nur leider habe ich am Anfang des Rennens zu viele Körner verschossen, die mir dann an den Bergen gefehlt haben. Trotz eines guten Gefühls hat es leider nicht gereicht und ich war stink sauer auf mich. Manche Dinge kann man nicht erzwingen, aber trotzdem nehmen ich für mich einen positiven Trend mit nach Hause. Für Jo sah es auch lange gut aus, sie war in der ersten Gruppe dabei, bis ihr eine anderen Fahrerin ins Rad gefahren ist und sie Defekt hatte. Das tat mir echt Leid für sie, da es lange gut aussah für sie und ein Top Ten- Platz greifbar nah lag.
Ich versuche nun, aus all den persönlichen Enttäuschungen etwas Positives zu ziehen – wie immer eigentlich. Der Aufwärtstrend ist da, auch wenn er sich nicht in Ergebnissen spiegelt. Manchmal muss man Geduld haben und sich Zeit geben, mit der Brechstange wird es nichts. Man kann noch so tolle Pläne haben, aber man muss auch in der Lage sein, diese – so nötig - zu ändern und das auch so zu akzeptieren.
Bis bald
Eure Elke
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