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22.05.2014 | (rsn) - Ja, wer gestern einen neuen Eintrag in meinem Tagebuch suchte, hat das tatsächlich vergeblich getan. Ich bin ehrlich: Ich hatte einfach keine Lust, mir nach dem langen Tag noch Gedanken zu machen, was ich schreibe, denn auch wenn die Etappe auf den ersten Blick nicht die ganz großen Schwierigkeiten beinhaltet hat, war sie doch gefühlt die bisher schwerste.
Und was habe ich euch gesagt: Fast hätte der Bart von Simon Geschke in Savona so richtig gestrahlt und Didi hat die Kurbel auch wieder glühen lassen. Wobei er gestern wirklich Pech hatte. Erst hat es knapp 100 Kilometer gedauert, bis die Spitzengruppe ging und dann war niemand von Androni-Giocattoli dabei, dem Team von "Grande Gianni Savio", auch Zirkus-Direktor genannt.
Ich selbst bin ja auch mal ein Jahr dort gefahren und kenne ihn und seine Art sehr gut: immer freundlich und gut gekleidet, läuft er am Start und Ziel auf und ab, dabei immer mit den Händen am Gestikulieren, eben wie ein Zirkus-Direktor, der sein Publikum anheizen und die Spannung zum Kochen bringen möchte.
Was dann passiert ist, konnte jeder sehen: Das ganze Team Androni-Giocatoli musste zur Strafe der Spitzengruppe nachfahren, um sie eventuell wieder einzuholen bzw. eher um in den Beinen zu spüren, sich beim nächsten Mal noch etwas mehr ins Zeug zu legen, um dann tatsächlich in der Spitzengruppe vertreten zu sein.
Solche Strafaktionen gab es in der Geschichte des Radsports schon öfter, aber in einem Giro d'Italia ist dies aus meiner persönlichen Sicht eher nicht so sinnvoll, denn die Fahrer werden davon auch nicht besser, im Gegenteil.
Aber gelitten haben wir am Ende alle. Wir hatten nach 250 Kilometern immer noch einen Schnitt von über 41km/h, und das bei 2800 Höhenmetern. Egal, wen man gefragt hat, alle waren ziemlich gut durch.
Vielleicht hat es auch deshalb wieder einige und teils sogar schwere Stürze gegeben, leider war auch Fabian Wegmann betroffen. Auf diesem Weg gute Besserung für ihn, besonders da seine Verletzung, wenn die Meldungen sich bewahrheiten, doch sehr schwerwiegend ist.
Da wir unser Quartier in der Weinregion Barolo aufgeschlagen haben, in der ja dann heute das Zeitfahren stattfand, könnt ihr euch sicher vorstellen, dass wir uns auch mal ein Gläschen vom feinsten Barolo genehmigt haben.
Die Gegend an sich und vor allem die Weinreben, das ist alles sehr sehenswert, aber umso anspruchsvoller war das Zeitfahren heute. Und zur Abwechslung hat es dann auch mal wieder geregnet, was das Bergabfahren zu einer spannenden Angelegenheit gemacht hat.
Persönlich bin ich ganz gut vorangekommen, obwohl ich ohne jegliche Ambition gestartet bin. Aber manchmal ist es eben gut, ohne jeglichen Druck zu fahren und einfach dem Gefühl zu folgen.
Patrik Gretsch konnte nach sehr langer Zeit endlich auch mal wieder sein Können als Zeitfahrer unter Beweis stellen, auch wenn es am Ende bei der Qualität dieses Zeitfahrens nicht für ganz vorn gereicht hat. Nachdem er sich heute ausgetobt hat, kann er ab morgen ja wieder seine Flöhe im Rennen einsammeln.
Gespannt bin ich in der nächsten Woche auf unser kleines kolumbianisches Pony Julian Arredondo - sein erster Giro und schon im Bergtrikot. Tatsächlich hat er gute Chancen, ernsthaft um den Sieg in dieser Sonderwertung mitzufahren. Das wäre für ihn und unser Team eine schöne Sache, denn im Kampf um das Rote Trikot wird es für Giacomo doch schwer.
Mal schauen, was uns der morgige Tag offeriert, auf eines hoffen wir zumindest sehr: keinen Regen.
Vino Rosso per tutti & Fight 4 Pink
Euer Danilo
Danilo Hondo (Trek Factory Racing) bestreitet in diesem Jahr bereits seinen siebten Giro d`Italia. Auf radsport-news.com führt der zweifache Etappensieger der Italien-Rundfahrt Tagebuch.
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