Tour: Pole machte Contador vergessen

Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht"

Von Wolfgang Brylla

Foto zu dem Text "Majka: „Wir haben uns einen neuen Plan A ausgedacht
Rafal Majka (Tinkoff-Saxo), Gewinner des Bergtrikots der 101. Tour de France | Foto: Cor Vos

28.07.2014  |  Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl zunächst nichts darauf hingedeutet hatte, dass Rafal Majka auf den Bergetappen der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu den Hauptakteuren gehören würde. Nach seinem Etappensieg in Risoul in den Alpen setzte der 24-Jährige vom Team Tinkoff Saxo noch einen drauf und gewann auch in Pla d’Adet in den Pyrenäen.

In Polen, wo der Radsport eine untergeordnete Rolle spielt, wurde Majka prompt quasi zum Nationalhelden ernannt. 21 Jahre lang mussten sich die einheimischen Fans gedulden, bis ein Pole wieder eine Etappe bei der Tour de France für sich entschied. 1993 gelang der große Coup Zenon Jaskula, ebenfalls in Pla d’Adet. Jaskula landete schließlich in Paris auf Rang drei in der Gesamtwertung hinter Miguel Indurain und Tony Rominger. Ein Jahr später startete er als einer der Hauptfavoriten, er konnte aber die Erwartungen nicht erfüllen.

Vor der 101. Auflage der „Großen Schleife“ hatte man Majka nicht unbedingt auf dem Zettel. Größere Chancen gab man seinem Landsmann Michal Kwiatkowski (Omega Pharma-Quick Step), der im Vorjahr Platz elf belegte. Der „Flowerman“, der 2014 unter anderem Schnellster bei dem Klassiker Strade Bianche oder der Algarve-Rundfahrt war, musste aber den Strapazen der schon langen Saison Tribut zollen. In den Bergen, wo Majka erst so richtig auftrumpfte, verlor Kwiatkowski seine Platzierung unter den Top Tenund kam schließlich als 28. in die französische Hauptstadt.

Majka war ursprünglich für das Tinkoff-Saxo-Aufgebot nicht eingeplant, erst nach dem Ausfall von Roman Kreuziger rückte er nach und sollte Alberto Contador in den Bergen helfen. Da der Spanier nach einem Sturz ziemlich schnell nach Hause fahren musste, entschied sich Manager Bjarne Riis, auf den talentierten Kletterer aus dem Krakauer Umland zu setzen: Majka bekam freie Fahrt.

In den ersten vierzehn Tagen hatte der Giro-Sechste keine Akzente gesetzt, weil das von ihm auch nicht verlangt wurde. Majka sollte seine Energie und Kraft für die entscheidenden Bergetappen sparen und sich in den Dienst von Contador stellen. Man befürchtete, dass der junge Pole nach den Anstrengungen bei der Italien-Rundfahrt die schmerzhaften drei Wochen in Frankreich nicht überstehen würde Majka konnte sich jedoch gut regenerieren und war auf die epischen Kämpfe bergauf gut vorbebereitet.

„Selbstverständlich war ich müde nach dem Giro. Deswegen habe ich mich mit der Sportlichen Leitung zusammengesetzt und wir haben uns entschlossen, an den ersten Tagen einfach stressfrei ohne viel Energieaufwand durchzufahren, um sich auf die wichtigen Momente vorzubereiten. Es hat ziemlich gut geklappt“, sagte Majka.

Die bei den beiden Etappensiegen gesammelten Punkte bescherten dem aus der kleinen Ortschaft Zegartowice stammenden Kltterspezialisten schließlich auch den Gewinn der Bergwertung. „Ich bin überglücklich, gleichzeitig aber auch überrascht. Ich hätte mir nicht im Traum vorgestellt, dass ich bei meinem Debüt bei der Frankreich-Rundfahrt so gut werde abschneiden können. Ich sollte doch Alberto helfen! Wir haben allerdings gezeigt, dass wir auch ohne unseren Kapitän eine sehr starke Mannschaft sind. Wir hatten keinen Plan B, wir haben uns nur einen neuen Plan A ausgedacht“, erklärte Majka.

Die lange Geschichte des polnischen Radsports kennt viele Champions, die Amateur-Weltmeister oder Olympiasieger wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg zählte Polen zu den sogenannten Ostblockstaaten, den polnischen Rennfahrern war es – mit Ausnahmen – untersagt, sich bei internationalen Rennen im Westen mit den Profis zu messen.

Hinter dem Eisernen Vorhang hatte die nicht mehr ausgetragene Friedensfahrt den Vorrang, die Polen-Rundfahrt, deren 71. Auflage an diesem Sonntag in Danzig beginnt, wurde trotz langer Tradition nicht hoch angesehen. Nach 1990 konnten die polnischen Fahrer einige Erfolge erzielen, so der schon erw¬ähnte Jaskula oder Zbigniew Spruch, der 2000 Vize-Straßenweltmeister im französischen Plouay wurde. Majkas Siegesspur reiht sich in diese eher übersichtliche Liste ein.

„Ein Traum wird wahr, ich stehe hier mit dem Trikot des besten Kletterers. Toll. Ich will mich aber weiter entwickeln, in der Zukunft den Gesamtsieg anpeilen“, kündigte Majka an. Die polnischen Fans hätten nichts dagegen, die Durststrecke scheint überwunden zu sein.

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.12.20143,5 Millionen Zuschauer beim Grand Départ der Tour in England

(rsn) – Den Grand Départ der diesjährigen Tour de France in Großbritannien erlebten nach Angaben der Tourismus-Agentur „Welcome to Yorkshire“ 3,5 Millionen Menschen entlang der Strecke mit. A

12.11.2014Froome: Nach der Frust-Tour machte die Vuelta Mut für 2015

(rsn) – Trotz der misslungenen Titelverteidigung bei der Tour de France ist Chris Froome (Sky) mit seiner Saison 2014 alles in allem zufrieden. Und auch, wenn er nach mehreren Stürzen schon früh v

25.09.2014Cavendish möchte die Tour de France nie mehr verpassen

(rsn) – Fast drei Monate nach seinem Sturz beim Grand Départ der Tour de France spürt Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) noch immer die Nachwirkungen. Der Brite hatte sich bei einem schweren

02.09.2014Keine positiven Tests bei der Tour de France

Berlin (dpa) - Alle Dopingtests der diesjährigen Tour der France waren negativ, teilte der Internationale Radsport-Verband (UCI) mit. Insgesamt wurden bei der Tour 719 Proben genommen, im Vorj

06.08.2014Denk: „Wir wollen 2015 zur Tour de France zurückkehren"

(rsn) - Nach dem erfolgreichen Debüt seiner Mannschaft bei der Tour de France äußert sich NetApp-Endura-Teammanager Ralph Denk im Interview mit radsport-news.com zu den sportlichen Zielen für den

04.08.2014Andy Schleck geht es „den Umständen entsprechend gut“

(rsn) – Knapp einen Monat nach seiner Knie-OP geht es Andy Schleck „den Umständen entsprechend gut“, wie der Trek-Profi am Rande des von Ag2R-Profi Ben Gastauer Kriteriums Gala Tour de France i

02.08.2014Gesehen und getroffen!

(rsn) - Das traf sich aber gut: Gerade wollte ich loslegen und den Radsport-News-Lesern noch ein paar Episoden meiner privaten TdF-Pyrenäen-Woche schildern, da kommt die Meldung, dass bei der Tour dÂ

29.07.2014Nibalis Tour-Sieg gibt Rückenwind für Nasarbajews Sportprojekte

(rsn) – Berlin (dpa) - Der Sieg von Vincenzo Nibali bei der Tour de France hat seinen kasachischen Geldgebern weiteren Rückenwind bei den ehrgeizigen Projekten verschafft. Großes Ziel ist der Zus

28.07.2014OP-QS und Tinkoff-Saxo feiern je drei Siege, Sky erlebt Desaster

(rsn) - Drei harte Wochen Tour de France liegen hinter den Fahrern. Zeit für radsport-news.com, in einer vierteiligen Reihe Bilanz zu ziehen. Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erw

28.07.2014Tour-Sieger Nibali ist Italiens neuer Sportheld

Paris (dpa) - Nach 16 Jahren haben die Italiener wieder einen Tour-de-France-Sieger. Entsprechend überschwänglich waren die Reaktionen nach dem Triumph von Vincenzo Nibali (Astana). Der neue

28.07.2014Kehrt die Tour nach Deutschland zurück?

(rsn) – Kehrt die Tour de France nach Deutschland zurück? Geht es nach Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, dann definitiv ja. Das Stadtoberhaupt traf sich laut den Westfälischen Na

28.07.2014„Nibali ist jetzt auf dem Dach der Welt"

Berlin (dpa) - Die Nachrichtenagentur dpa hat internationale Pressestimmen zum Finale der 101. Tour de France zusammengestellt. ITALIEN:Die «Gazzetta dello Sport» färbte ihre

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine