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17.06.2015 | (rsn) - Es ist erst das zweite Mal, dass die Aviva Women's Tour stattfindet, doch die fünftägige Rundfahrt in England ist trotzdem bereits eines, wenn nicht das wichtigste Etappenrennen des UCI-Frauen-Kalenders. Knapp 38.000 Euro werden zwischen dem „Grand Depart" in Bury St. Edmunds und dem Ziel am Sonntag in Hemel Hempstead insgesamt ausgeschüttet. Doch das Preisgeld - auch wenn es so hoch wie nirgends sonst ist - sorgt nicht allein dafür, dass das Rennen selbst dem ehrwürdigen Giro Rosa inzwischen Konkurrenz macht oder ihm sogar den Rang abzulafen droht.
„Ich will nicht sagen, dass es größer als der Giro ist, aber vielleicht ist es so", stellte die ehemalige Weltranglistenerste Emma Johansson (Orica-AIS) am Dienstag-Nachmittag in Bury St. Edmunds fest. Der Grund dafür ist vor allem die sehr professionelle Herangehensweise von Renndirektor Mick Bennett und seinem Team bei SweetSpot, das auch die Tour of Britain der Männer organisiert und weiß, wie man eine Sportveranstaltung vermarktet. „Unser Ziel war am Anfang, in drei Jahren der Gradmesser unter den Frauenrennen zu sein. Daran halten wir fest", so Bennett selbstbewusst.
Aber natürlich spielt auch der britische Radsport-Boom eine Rolle, der für das nötige Medieninteresse sorgt, das den Frauen andernorts verwehrt bleibt. In England funktioniert die Women's Tour hervorragend. Jeden Abend um 20 Uhr wird das Tagesgeschehen eine Stunde lang auf dem Sportsender ITV4 zusammengefasst. Schon im vergangenen Jahr, damals noch Anfang Mai, begeisterte die Rundfahrt mit großem Zuschaueraufkommen am Streckenrand. Dass sich das in diesem Jahr wiederholt oder sogar noch steigert, da ist sich Bennett sicher: „Das Wetter wird so bleiben wie heute", versprach er am Dienstagnachmittag bei deutlich über 20 Grad und blauem Himmel.
Bei besten Bedingungen bestreiten 16 Teams á 6 Fahrerinnen, darunter eine deutsche Nationalmannschaft und vor allem zwölf der 13 besten Rennställe der Welt, fünf Etappen, die im Vergleich zum Vorjahr anspruchsvoller geworden sind. Im Schnitt stehen täglich knapp 120 Kilometer auf dem Programm, zwei Tage kommen haarscharf ans vom UCI-Reglement erlaubte Maximum von 140 Kilometern heran.
Und während 2014 jede Etappe mit einer Massenankunft endete, so dass sich Marianne Vos (Rabobank-Liv) den Gesamtsieg über Bonussekunden sicherte, könnte das Rennen vor allem am Wochenende auf der Schlussetappe völlig auseinanderbrechen. Zwischen Marlow und Hemel Hempstead nämlich geht es ständig auf und ab.
Titelverteidigerin Vos fehlt verletzungsbedingt und agiert stattdessen als Co-Kommentatorin im Fernsehen. Doch auch ohne die Niederländerin kann sich die Startliste sehen lassen. Top-Favoritin in einem sehr breit aufgestellten Feld ist Lokal-Matadorin Lizzie Armitstead (Boels-Dolmans). Die Weltcup-Spitzenreiterin bewies zuletzt vor zehn Tagen beim schweren Weltcuprennen in Philadelphia Top-Form. Doch Armitstead scheint auch etwas müde zu sein, gestand bei der Pressekonferenz, bislang nicht einmal Zeit gehabt zu haben, sich die Strecke genauer anzuschauen.
Ähnlich ging es Johansson, die am Sonntag noch im Baskenland fuhr und bei der dortigen, bergigen Rundfahrt Emakumeen Bira ihren dritten Sieg innerhalb von sechs Tagen einfuhr. „Ich schaue deshalb erstmal von Tag zu Tag", erklärte die 31-jährige Schwedin. Besonders im Fokus steht in England natürlich das größte britische Team, Wiggle-Honda, das mit Flandern-Siegerin Elisa Longo Borghini um den Gesamtsieg kämpfen will und darüber hinaus mit Ex-Weltmeisterin Giorgia Bronzini sowie der Belgischen Meisterin Jolien D'Hoore zwei Asse für die Sprints dabei hat.
Sehr breit aufgestellt ist auch die deutsche Mannschaft Velocio-SRAM mit dem Duo Lisa Brennauer und Trixi Worrack, die mit der Energiewacht Tour sowie der Tour of California in 2015 auch jeweils schon einen Rundfahrtsieg eingefahren haben und in Barbara Guarischi noch eine sprintstarke Teamkollegin mitbringen. Ein Doppel-Interview mit dem deutschen Velocio-Duo sehen Sie unten im Video.
Brennauer und Worrack sind zwei von insgesamt zwölf deutschen Starterinnen. Neben ihnen fahren Romy Kasper (Boels-Dolmans), Claudia Lichtenberg (Liv-Plantur), Anna Knauer (Rabobank-Liv), Ariane Horbach (Optum p/b Kelly Benefit Strategies) und für die Nationalmannschaft Stephanie Pohl, Lisa Küllmer, Kathrin Hammes, Corinna Lechner, Madeleine Ortmüller sowie Gudrun Stock in England.
Alle Etappen:
1. Etappe, 17.06.: Bury St. Edmunds - Aldeburgh (112,6 km)
2. Etappe, 18.06.: Braintree - Clacton on Sea (138 km)
3. Etappe, 19.06.: Oundle - Kettering (139,2 km)
4. Etappe, 20.06.: Waltham Cross - Stevenage (103,8 km)
5. Etappe, 21.06.: Marlow - Hemel Hempstead (102,6 km)
Alle Teams:
Rabobank-Liv, Alé Cipollini, Bigla, Boels-Dolmans, Nationalteam Deutschland, Lotto-Soudal, Matrix Fitness, Optum p/b Kelly Benefit Strategies, Orica-AIS, Pearl Izumi SportsTours International, Poitou Charentes.Futuroscope, Liv-Plantur, UnitedHealthcare, USA, Velocio-SRAM, Wiggle-Honda