Titelverteidigerin im Zeitfahren mit Bronze zufrieden

Brennauer kann nicht sagen, „wo ich hätte schneller sein können"

Foto zu dem Text "Brennauer kann nicht sagen, „wo ich hätte schneller sein können
Lisa Brennauer hat im WM-Zeitfahren Bronze gewonnen. | Foto: Cor Vos

23.09.2015  |  (rsn) - Als sie über die Ziellinie rollte, wusste Lisa Brennauer es sofort: Vom Regenbogentrikot muss sie sich erstmal verabschieden. Die Titelverteidigerin kämpfte und sprintete im WM-Einzelzeitfahren in Richmond bis zum letzten Meter, doch die Siegerzeit von Linda Villumsen war bereits abgelaufen.

„Ronny (Lauke, d. Red.) hat mir aus dem Auto über Funk gesagt: Lisa, jetzt noch eine Minute bis zur Bestzeit - und dann hat er nochmal bei 15 Sekunden Bescheid gesagt und runtergezählt, aber die Ziellinie kam einfach nicht", schilderte Brennauer ihre letzten Meter auf dem Weg zu Bronze.

Zwischenzeiten, Fakten von der Strecke - solche Dinge will Brennauer von Lauke immer hören, doch auf den letzten Kilometern in Richmond wurde es dann doch ungewohnt emotional im Funkverkehr.

„Normalerweise brauche ich niemand, der mir ins Ohr schreit, denn ich fahre eh so schnell ich kann", meinte sie. „Aber am Ende ist Ronny dann natürlich doch etwas deutlicher geworden. Aber da war das okay, da habe ich es gebraucht. Es war so ein harter und enger Kampf, ich musste alles geben!"

Dass sie das getan hatte, konnte kurz darauf die ganze Welt bezeugen, als die TV-Kameras eine ans Absperrgitter lehnende Brennauer zeigten - mit geschlossenen Augen und halb geöffnetem Mund - regelrecht tot sah die Allgäuerin aus. „So soll's ja sein", lachte sie, als sie später in der Mixed Zone darauf angesprochen wurde.

„Das Finale hier war alles oder nichts. Ich habe versucht, am Berg trotzdem nicht zu überziehen, weil man auf dieser Zielgeraden viele Sekunden verlieren kann. Das habe ich vom Mannschaftszeitfahren mitgenommen, den Berg zwar am Limit hochzufahren, aber nicht überm Limit. Das war eine gute Takitk, um hier eine Medaille zu holen."

Die angestrebte Medaille hat Brennauer geholt, Gold aber um 5,26 Sekunden verpasst. Vor allem auf den ersten zehn Kilometern war die 27-Jährige vielleicht etwas zu zurückhaltend gefahren, um den Titel zu verteidigen. Schon nach sieben Kilometern standen 14 Sekunden Rückstand auf die fulminant loslegende und am Ende mit Silber belohnte Anna Van der Breggen auf der Uhr - am Ende fehlten zu ihr weniger als drei Sekunden.

„Man darf sich von Zwischenzeiten nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ich habe versucht, mein Rennen zu fahren. Man hat es bei den Jungs am Morgen ja gesehen: Da hatte der Zweitplatzierte zeitweise glaube ich 50 Sekunden Rückstand und ist auf zwei herangefahren, um dann nochmal zu verlieren. Auf dem Kurs war alles möglich", erklärte Brennauer.

Besonders eine große, breite und in beide Richtungen zu befahrende Brücke über den James River im Süden von Richmond war dazu prädestiniert, Zeit zu gewinnen - oder zu verlieren, weil dort auf dem Rückweg gen Norden starker Gegenwind wartete. „Das war der schwerste Teil der Strecke", sagte Brennauer, und auch alle anderen Starterinnen sprachen davon, dass man dort wie gegen eine Wand aus Luft gefahren sei.

Am besten gelang das letztendlich Linda Villumsen. Die Neuseeländerin, die aus Dänemark stammt, feierte nach fünf zweiten und dritten Plätzen in Folge von 2009 bis 2013 endlich den WM-Titel, und überraschte damit nicht nur sich selbst. Sowohl die um 2,5 Sekunden geschlagene Van der Breggen als auch Brennauer gaben zu: „Ich hatte sie ehrlich gesagt nicht ganz oben auf der Favoritenliste."

Im erweiterten Kreis war Villumsen auf Grund ihrer Fähigkeit, sich auf eine WM zielgerichtet vorzubereiten, aber trotzdem. Und so konnte Brennauer mit der Niederlage gegen sie und die über die ganze Saison bärenstarke Van der Breggen letztlich auch gut leben.

„Hier mit einer Medaille nach Hause zu gehen, nachdem ich letztes Jahr gewonnen habe, ist einfach eine Bestätigung", sagte sie. „Um Weltmeisterin zu werden, muss einfach alles sowas von perfekt laufen. Ich hatte heute einen guten Tag, es war knapp, und ich gehe mit rein positiven Gefühlen raus." Schließlich habe sie alles gegeben: „Ich könnte nicht sagen, wo ich noch eine Sekunde schneller hätte sein können"

Nach dem erneuten Sieg im Mannschaftszeitfahren am Sonntag, und Bronze im Einzelzeitfahren am Dienstag könnte Brennauer auch in diesem Jahr wieder zur erfolgreichsten Athletin der Weltmeisterschaften werden, wenn sie am Samstag im Straßenrennen auch noch eine Medaille abräumt. „Die Mädels sind gut drauf, alle gesund. Wir werden zusammenhalten, und können da sicher etwas erreichen", so Brennauer zuversichtlich.


Brennauer in der Mixed Zone:

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.10.2015Kollegen nennen Sagans Gold-Fahrt spektakulärsten Moment 2015

(rsn) – Peter Sagans Solofahrt ins Regenbogentrikot bei der Straßen-WM in Richmond war nicht nur für viele Fans der spektakulärste Moment der Saison 2015. Auch mehrere seiner Konkurrenten nannten

03.10.2015Deutsches Saisonfinale mit zehn heimischen Teams

(rsn) - Die vier WorldTour-Teams Lotto Soudal, Giant-Alpecin, LottoNL-Jumbo und Etixx-Quick-Step) führen beim 10. Münsterland Giro die Liste der 18 teilnehmenden Mannschaften an. Zu den sechs Zweitd

02.10.2015Martin: Der Sattel entschied nicht über Sieg oder Niederlage

(rsn) - Tony Martin sucht keine Entschuldigungen für sein enttäuschendes Abschneiden im Zeitfahren der Straßen-WM. Statt als Top-Favorit Gold zu holen, war der Eschborner zum ersten Mal seit 2008 o

28.09.2015Richmond feiert überschwänglich verdiente Weltmeister

(rsn) - Die Weltmeisterschaften haben in Richmond Spuren hinterlassen und werden das Bild der Stadt noch einige Zeit prägen. Nicht nur, weil die entspannten Südstaatler keine Eile haben, die Absperr

28.09.2015Kwiatkowski: „Es war zu schnell für mich"

(rsn) – Nach der missglückten Mission Titelverteidigung überwog bei Michal Kwiatkowski die Enttäuschung. Der 25-jährige Pole, der sich im letzten Jahr im nordspanischen Ponferrada das begehrte R

28.09.2015US-Boys zwar ohne Medaille, aber mit großer Show

(rsn) – Auch ohne ausgemachten Mit-Favoriten ließen die US-Amerikaner bei der Heim-WM in Richmond nichts unversucht, um im Straßenrennen der Männer an eine der begehrten Medaillen heranzukommen.

28.09.2015Valverde mit Platz fünf in Richmond zufrieden

(rsn) - In den vergangenen zwölf Jahren war Alejandro Valverde einer der erfolgreichsten Teilnehmer und für das spanische Team meist eine Bank. Seit 2003 sammelte er zwei Silber- und vier Bronzemeda

28.09.2015Degenkolb: „Ich habe die Nerven verloren"

(rsn) – Auch im 49. Jahr nach Rudi Altigs WM-Titel gingen die Deutschen im Kampf um das Regenbogentrikot leer aus. Kapitän John Degenkolb rollte nach 261,4 Kilometern beim überragend herausgefahre

28.09.2015Im Augenblick des Sieges sorgt sich Sagan um Europa

(rsn) - Diese Seite kannten wir von Peter Sagan noch nicht! Eine Seite, die uns mit Hochachtung auf den frischgebackenen Weltmeister blicken lässt!Der Peter Sagan, der sich als Selbstdarsteller wie e

28.09.2015Perfektes Teamwork, aber Oranje geht im WM-Straßenrennen leer aus

(rsn) – Kein Zweifel: Das niederländische Team war am Sonntag im WM-Straßenrennen von Richmond das aktivste von allen, fuhr meistens mit fünf, sechs Mann an der Spitze des Feldes, um nicht nur di

28.09.2015Haller konnte Katusha nicht zeigen, dass er es drauf hat

(rsn) – Platz 26 im WM-Straßenrennen von Richmond war nicht das, was sich Marco Haller vorgestellt hatte. Der 24 jahre alte Österreicher war mit großen Ambitionen angetreten, nachdem er sich sech

28.09.2015Navardauskas: „WM-Bronze mehr wert als der Tour-Etappensieg"

(rsn) – Ramunas Navardauskas hat als Dritter des Straßenrennens von Richmond (USA) nicht nur viele Beobachter überrascht, sondern dem erst 1991 unabhängigen Litauen die erste Medaille bei einer S

Weitere Radsportnachrichten

02.01.2025Evenepoel kennt nur ein Ziel: Bei der Tour “besser als letztes Jahr“

(rsn) – “Jedes Jahr beim Frühstück am ersten Januar schreibe ich meine Ziele für das Jahr auf.“ Das sagte Remco Evenepoel kurz vor dem Jahreswechsel der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws.

02.01.2025Illustre Besetzung für Tour Down Under angekündigt

(rsn) – Das Jahr 2025 ist noch jung, doch der WorldTour-Saisonstart schon jetzt nicht mehr weit entfernt. Am 17. Januar beginnt die dreitägige Tour Down Under der Frauen, vom 21. bis 26. Januar fol

02.01.2025Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

02.01.2025Hermans findet kein neues Team und macht Schluss

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.01.2025Meisen fährt aufs Podium

(rsn) - Marcel Meisen hat an Neujahr das beste Ergebnis des laufenden Cross-Winters eingefahren. Beim Grand Prix Garage Collé (C2) im luxemburgischen Petange fuhr der 35-Jährige als Dritter erstmals

01.01.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

01.01.2025Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) - Wie bunt wird das Peloton 2025? Und welche werden die vorherrschenden Farben in der kommenden Saison sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor -

01.01.2025Iserbyt beendet Durststrecke mit starkem Auftritt in Baal

(rsn) – Mit einer starken Vorstellung hat sich Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Cibel) souverän den Neujahrscross in Baal gesichert. Der Belgische Meister entschied den fünften Lauf der X2O Badkame

01.01.2025Van Empel krönt in Baal furioses Finale mit drittem Sieg in Folge

(rsn) – Nachdem sie sich in den beiden vergangenen Jahren beim Neujahrscross in Baal jeweils Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) hatte geschlagen geben müssen, schien die Niederländerin Lucin

01.01.2025Neujahrscross in Baal ohne Top-Favorit van der Poel

(rsn) - Ohne Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) wird am Nachmittag der Neujahrscross in Baal stattfinden. Wie sein Team auf X mitteilte, laboriert der sechsmalige Weltmeister noch an Rippen

01.01.2025Nach Traumsommer endlich in der absoluten Weltspitze

(rsn) – Erneut ist Marc Hirschi die klare Nummer 1 in der RSN-Jahresrangliste. Nachdem er schon 2023 mehr als doppelt so viele Punkte auf sein Konto gebracht hatte wie der damals zweitplatzierte Ste

01.01.2025“Unglückliches Jahr“ endet mit “Freude über diesen Preis“

(rsn) – Die Saison 2024 war nicht die beste von Elise Chabbey – im Gegenteil: Nach UCI-Punkten war es die schlechteste ihrer vier Jahre beim deutschen Team Canyon – SRAM. Allerdings beeindruckte

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine