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27.09.2015 | (rsn) - Zahlen können so hart und kalt sein: Wenn man das reine Ergebnis - den zwölften Platz von Trixi Worrack - betrachtet, schnitt das deutsche Frauen-Team bei einer Weltmeisterschaft im Straßenrennen seit 2007 nicht mehr schlechter ab als an diesem Samstag in Richmond. Doch der Auftritt der Auswahl von André Korff konnte und musste trotzdem gefallen.
„Das Ergebnis hätte besser sein können, da sind wir nicht unbedingt zufrieden. Aber ich denke, wir haben nichts falsch gemacht und sind ein gutes Rennen gefahren", fasste Worrack daher treffend zusammen. Vom Start weg war in der Fahrweise des Teams ein klarer Plan zu erkennen. „Wir haben es uns sehr gut aufgeteilt: Am Anfang Kathrin (Hammes, d. Red.) und Stephi (Pohl) sowie Charlotte (Becker) - und danach immer wieder Lisa (Brennauer, Trixi, Claudi (Lichtenberg) und ich", erklärte Romy Kasper, dass die Arbeit im Feld im Schichtbetrieb stattfand.
Tatsächlich konnte man so ständig ein deutsches Trikot in einer der ersten drei Positionen im Hauptfeld sehen, und auch bei Attacken sprangen die Frauen in Weiß immer mit. Besonders beeindruckte dabei Kasper, die unzählige Antritte konterte und schließlich auch in jener neunköpfigen Spitzengruppe saß, die das Rennen bis in die Schlussrunde hinein bestimmte und erst vier Kilometer vor dem Ziel am Libby Hill gestellt wurde.
„Sicher war es zwischendurch mit fast anderthalb Minuten Vorsprung vielversprechend, weil auch alle starken Mannschaften bei uns vertreten waren", sagte Kasper. „Aber ich dachte mir schon, dass die Favoritinnen noch von hinten rankommen." Die 27-Jährige war gut 25 Kilometer vor dem Ziel in eine achtköpfige Verfolgergruppe der zu diesem Zeitpunkt allein führenden Rachel Neylan gesprungen, ohne dort allzu viel aufs Tempo zu drücken, weil ihre Mannschaftsführerinnen hinten im Feld saßen.
„Ich habe die Ansage von draußen gekriegt, dass ich nur draufliegen und Kräfte sparen soll. Das habe ich hauptsächlich auch gemacht, soweit überhaupt noch Kräfte zum Sparen da waren", lachte eine völlig ausgepumpte, aber auch sichtbar stolze Kasper später in der Mixed Zone. „Romy hat heute ihren Tag des Jahres gehabt. Es war super, dass sie in der Gruppe dabei war und dass sie am Ende nochmal so eine Power hatte, um Löcher zuzufahren", lobte auch Lisa Brennauer ihre Teamkollegin.
Nachdem Kasper und die große Gruppe nämlich gestellt waren, ließ sie sich nicht zurückfallen, sondern half im Finale noch einmal mit, um Worrack in der letzten Steigung des Tages an die Favoritengruppe heranzubringen. Denn nachdem das Feld Kaspers Gruppe am Libby Hill, dem ersten der drei Anstiege im Finale des Rennens, geschluckt hatte, ging das Rennen in die entscheidende Phase.
In der steilen 23rd Street attackierten Katarzyna Niewiadoma und Elizabeth Armitstead, und Worrack konnte nicht mehr folgen. „Ich wollte nicht ganz übers Limit gehen, damit ich zum Schluss noch was übrig habe", erklärte sie nach dem Rennen. „Aber ich habe zu doll reißen lassen." So kam Worrack nicht sofort nach der Rampe wieder an Armitstead, Niewiadoma, Anna Van der Breggen und die in der Abfahrt aufs Tempo drückende Tiffany Cromwell heran und fehlte in der rund 20-köpfigen Gruppe, die als erstes in den Schlussanstieg in der Governor Street einbog, um dort die Medaillen unter sich auszumachen.
„Romy und ich haben von hinten gesehen, dass Trixi nicht mitgehen konnte und haben sie zum letzten Anstieg nochmal rangebracht. Aber genau in dem Moment ist Armitstead dann vorne losgefahren", schilderte Brennauer die entscheidende Szene, die eine mögliche Medaille kostete. Armitsteads Antritt in der Governor Street zerriss die Gruppe, und so sprintete Worrack neun Sekunden nach der neuen Weltmeisterin aus Großbritannien nur noch um Rang zehn, wobei Platz zwölf herauskam.
Inwiefern mehr drin gewesen wäre, wenn sie in der 23rd Street um jeden Preis den Kontakt zu halten versucht hätte, konnte Worrack so kurz nach dem Rennen nicht beurteilen.„"Wenn ich da übers Limit gegangen wäre, wer weiß, ob ich dann am Ende überhaupt noch hochgekommen wäre", sagte sie.
Und so bestimmte am Abend in Richmond die Zufriedenheit mit dem insgesamt starken Auftritt des gesamten Teams die Stimmung. Denn mehr war in einem hochkarätig besetzten und sehr leistungsdichten Feld auf schwerer Strecke mit den vorhandenen Kräften an diesem Tag eben einfach nicht auszurichten.
„Der Kurs war doch schwerer als gedacht", gab Brennauer zu, die deshalb auch die Kapitänsrolle im Verlauf des Rennens an Worrack abgegeben hatte, weil sich die stärkste Klettererin im Team, Lichtenberg, nach einer verletzungsbedingt schweren Saison im Finale von Richmond nicht gut genug fühlte. „Ich habe gemerkt, dass der Kurs Trixi eher liegt als mir", so die Vorjahreszweite Brennauer, die diesmal mit 49 Sekunden Rückstand auf Rang 30 landete, eine Position vor Kasper.
Romy Kasper in der Mixed Zone: