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02.03.2016 | (rsn) - Neben Jörg Jaksche (2004) und Tony Martin (2011) ist Andreas Klöden (2000) der dritte Deutsche, der in diesem Jahrhundert die Fernfahrt Paris-Nizza gewinnen konnte. Im Interview mit radsport-news.com spricht der frühere Profi über die Charakteristik des Rennens und über seine Erfahrungen - und benennt natürlich seine Favoriten für die am Sonntag beginnende 74. Austragung.
Für die Rundfahrer geht die Saison traditionell mit Paris-Nizza so richtig los. Wie groß ist hier bereits der Druck, ein Ergebnis einfahren zu müssen?
Klöden: Es kommt ganz drauf an, welche Ziele sich die Klassementfahrer gesteckt haben. 2016 ist mit den Olympischen Spielen ein spezielles Jahr, da legen sich vielleicht manche Fahrer einen anderen Rennplan zurecht. Denn der Sommer wird richtig hart mit der Tour de France und Olympia. Aber ich war immer einer derjenigen Fahrer, die auch im Frühjahr gut fahren wollten. Wenn einem das gelingt, ist es auch die Bestätigung für die harte Arbeit im Winter. Bei Paris-Nizza und auch Tirreno-Adriatico, beides sehr gut besetzte WorldTour-Rennen, ist man schon sehr motiviert. Es sind die Rennen, die keiner mehr nur mitfährt oder sie zum Einrollen in die Saison nutzt.
Wie wichtig ist auch aus psychologischer Sicht ein erfolgreiches Abschneiden bei Paris-Nizza?
Klöden: Es gibt einem natürlich ein enormes Selbstvertrauen, wenn man hier gut abschneidet. Zudem kommt im Anschluss daran Rennen nach Rennen und wenn man sieht, dass die Form stimmt, kann man ohne Angst die nächsten Aufgaben angehen.
Welche Auswirkungen hatten Ihre Erfolge (Sieg 2000, Zweiter 2011) auf Ihre weitere Saison?
Klöden: Sie hatten einen sehr großen Einfluss. Ich kann mich noch vage an das Jahr 2000 erinnern. Nach dem Sieg lief alles wie von selbst. Ich bin damals nach den Rennen, die etwa im Ein-Wochen-Rhythmus folgten, immer nur nach Hause gefahren, um mich zu erholen und locker zu trainieren. Das Training war dann fast nur noch regenerativ. Es macht natürlich auch Spaß, nicht immer sechs Stunden auf dem Rad zu sitzen. Die Form war
da und weil ich damals viele Rundfahrten gefahren bin, konnte ich mich dazwischen immer gut erholen.
Was braucht es, um Paris-Nizza zu gewinnen?
Klöden: Man muss ein kompletter Rennfahrer sein, muss mit jedem Terrain gut zurecht kommen. Man muss ein guter Zeitfahrer sein, obwohl das bei einem Prolog von nur sechs Kilometern nicht mehr ganz so große Priorität hat. Aber man muss sich gegen seine direkten Gegner im Kampf um den Gesamtsieg behaupten können. Auf den ersten Etappen muss man sich auf der Windkante gut zurecht finden. Dabei hat man es natürlich einfacher, wenn man in seinem Team auch gute Klassiker-Fahrer dabei hat, die einen unterstützen können. Gegen Ende der Woche geht es dann noch in die Berge, also sind auch Kletterfähigkeiten gefragt. Und zudem darf man auch kein Schönwetter-Fahrer sein, denn die Temperaturen können auch mal ganz schnell auf unter fünf Grad runter gehen und es kann den ganzen Tag regnen.
Wer ist Ihr Favorit auf den Sieg in diesem Jahr?
Klöden: Alberto Contador natürlich, er ist auch jetzt immer noch in jedem Rennen hoch motiviert. Er hat bei der Algarve-Rundfahrt bewiesen, dass seine Formkurve nach oben zeigt, auch wenn er dort nach einer langen Wettkampfpause noch nicht so stabil war. Richie Porte ist auch ein Kandidat, er hat das Rennen zwei Mal gewonnen und war auch schon bei der Tour Down Under sehr stark. Es bleibt nur abzuwarten, wie er den Klimawechsel überstanden hat. Ich habe aber auch Tom Dumoulin ganz oben auf meiner Rechnung - wenn er seine Kletterfähigkeiten aus der vergangenen Vuelta Espana bestätigen kann. Simon Spilak ist auch ein kompletter Fahrer für Rennen wie Paris-Nizza. Er ist ein guter Kletterer und ein super Zeitfahrer in Rundfahrten. Und natürlich ist da noch der diesjährige Sieger der Algarve-Rundfahrt, Geraint Thomas. Er hat auch alle Qualitäten, dieses Paris-Nizza zu gewinnen.
Was macht Paris-Nizza zu einem besonderen Rennen?
Klöden: Es ist sehr gut organisiert. Es ist von seiner Geschichte schon ein besonderes Rennen. Es ist wirklich das erste Kräftemessen der besten Rundfahrer und auch der besten Sprinter. Und es sind Etappen für jeden Rennfahrer-Typus dabei.
Welcher Paris-Nizza-Moment ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?
Klöden: Es war schon das Jahr 2000, kaum einer kannte mich damals. Ich habe mich eigentlich auf fast jeder Etappe zurück gehalten und bin kaum
aufgefallen. Ich hatte damals auch einen Mega-Respekt vor all den großen Namen wie Laurent Jalabert, Laurent Brochard oder Fabio Baldato. Aber dann beim Zeitfahren auf den Col d` Eze noch alle zu schlagen und
somit das Rennen zu gewinnen, das war echt ein super Gefühl.
In den vergangenen Jahren sind diverse neue Rundfahrten in Übersee hinzugekommen, die schon im Januar/Februar stattfinden. Nehmen diese Rennen Paris-Nizza etwas von seiner Bedeutung, da die Rundfahrer jetzt schon früher ihre Kräfte messen konnten?
Klöden: Das glaube ich nicht. Man sieht ja auch, wie verschieden die Rennfahrer in die Saison starten. Nehmen wir Richie Porte. Er war sehr motiviert, als Australier für seinen neuen Arbeitgeber BMC bei der Tour Down Under ein gutes Ergebnis einzufahren. Das hat er auch gemacht. Dann aber im Oman hat er die Sache eher ruhiger angehen lassen. Andere starteten bei der Algarve-Rundfahrt, übrigens ebenfalls ein Super-Rennen, das ich auch sehr gerne gefahren bin. Man hat da auch "normale" Temperaturen und nicht mehrere Stunden Zeitverschiebung. Rundfahrten wie Oman oder Down Under oder auch Dubai sind schöne Rundfahrten, aber auch mit sehr viel Stress verbunden. Sie werden aber Rennen wie Paris-Nizza, Tirreno-Adriatico oder der Tour de Suisse nie den Rang ablaufen, dafür haben diese Rennen auch eine viel zu große Geschichte. Man kann nur hoffen, dass auch die anderen geschichtsträchtige Rennen wie die Baskenland-Rundfahrt oder andere kleinere europäischen Rundfahrten überleben. Es wäre sehr schade, wenn sie aus finanziellen Gründen aus dem Kalender gestrichen werden müssten.
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