Dominik Roels-Tagebuch aus dem Senegal

Fünf-Liter-Eimer Margarine als Belohnung für Rang zwei

Von Dominik Roels

Foto zu dem Text "Fünf-Liter-Eimer Margarine als Belohnung für Rang zwei"
Dominik Roels | Foto: Team EmbracetheWorld Cycling

29.04.2016  |  (rsn) - Die letzte Etappe, die zur Gesamtwertung zählt, ist erfolgreich hinter uns gebracht. Das waren wirklich traumhafte Voraussetzungen. Wir konnten heute Morgen um 7:30 Uhr am Hotel die 4 Kilometerzur Startlinie rollen, die später die auch Ziellinie sein würde.

Micha machte gestern Abend auch gute Arbeit im Google-Mapsen der Strecke, da es ja kein vernünftiges Roadbook gibt. Daher wussten wir auch, dass die ersten 70 Kilometereher Gegenwind sein würden, bei Kilometer 15 eventuell. Kante, die letzten 70 dann Schiebekante oder Rückenwind.

Wir sprachen also mit einigen Mannschaften, dass man versuchen könnte bei Km 15 mal selbst auf die Kante zu gehen. Dort war jedoch nicht viel Wind. Mein nächstes Vorhaben war dann, kurz vor der der Abbiegung zum Rückenwind zu attackieren. Ich sprach zunächst mit den Belgiern und den Kollegen aus Sossenheim.

Es wurde sogar ein wenig wellig. Als es dann ein Stück bergab ging beschleunigte Gabri von Sossenheim und ich konnte nicht wiederstehen und sprang zu ihm hin. Es folgte noch ein Marokkaner (einer, den man immerzu ein seiner Stimme erkennt, die so hoch ist, dass sie im Ohr weh tut). Leider waren wir also nur zu dritt. Nach dem Rennen erfuhr ich noch, dass anscheinend das Gelbe Trikot in dem Moment der Attacke zum Pinkeln verlangsamte. Davon bekam ich allerdings nichts mit. Diesmal halt andersherum als vor zwei Tagen.

Ab der Biegung in den Rückenwind wurden wir durch den Rausch der Geschwindigkeit motiviert. Jedoch war unser marokkanischer Kollege eher ein sterbender Schwan und der Vorsprung blieb unter einer Minute. So wurden wir etwa 35 Kilometer vor dem Ziel eingeholt. Meine Teamkollegen waren leider in dem Moment nicht gleich im Bilde, denn kurze Zeit später ging eine starke Viermanngruppe weg.

Ein Algerier war mit dabei, aber trotzdem fuhren die anderen hinten nach. Bei Zehn vor Ziel war abzusehen, dass die Gruppe von den Algeriern nicht gestellt werden würde. Also fasste ich mir noch mal ein Herz und zusammen mit Florian von Sossenheim, einem "Blauen“ und dem "sterbenden Schwan“ Marokkaner schlossen wir etwa 2 Kilometer vor demm Ziel (wow, es gab sogar das 2-Km- Schild) auf.

Ich attackierte sofort vorbei, da in der Gruppe die Beine hochgenommen wurden. Leider konnte der Algerier sofort an mein Hinterrad springen. Er übernahm natürlich keine Führung und sprintete mich am Ende locker ab. Ich jubelte dennoch.

Und Florian sagte nachher, dass er, wenn der Holländer (der Dritter wurde) ihn nicht in die Bande gedrängt hätte, er mich wohl (ob meines Jubels) noch übersprintet hätte! Von jenem Holländer (Fries, glaub ich) viele Grüße an unseren gemeinsamen Kumpel Hendrik W., mit dem er schon in einem Team Rennen in Amerika fuhr.

So durfte ich schließlich auch mal an der Siegerehrung teilnehmen. Und erhielt zwei Gläser Instantkaffee, ein Glas Kakaopulver, welches ich kurz später an ein Kind verschenkte, und einen Fünf-Liter-Eimer Margarine!!! Als ich dann kurze Zeit später, noch in Radhose, im Meer lag, habe ich endgültig meinen Frieden mit dem Rennen geschlossen und freue mich auf das Rundstreckenrennen morgen, welches nicht mehr zur Gesamtwertung zählt.

Ich bin jetzt Achter in der Gesamtwertung (ohne den Pinkel-Fauxpas wäre ich wohl Vierter geblieben, ist mir aber herzlich egal).

Florian Obersteiner vom RV Sossenheim ist Siebter, nur drei Sekunden hinter Platz sechs. Jetzt, zum Ende des Rennens, sind unsere "Kontaktpersonen“ aus St. Louis den ganzen Weg hierher gekommen. Dort kommt der Verein her, der bei den Rennen in Marokko als Nationalmannschaft am Start stand. Von diesem Team ist hier nur einer im Nationalteam aktiv.

Wir haben ihm also einen Großteil gegeben, aber auch den anderen senegalesischen Nationalfahren gaben wir die Gelegenheit, sich einige Sachen herauszunehmen. Einiges haben wir für das Team aus dem Kongo zur Seite gelegt, die sich gestern nach dem Training schon sehr drüber gefreut hatten, als Benni jedem von ihnen ein anderes Trikot aus seiner bisherigen Karriere schenkte.

Wir haben so unser Möglichstes getan, das Material fair zu verteilen. Jetzt muss ich packen das Gepäck wird wohl vorgeschickt nach Dakar… noch einmal melde ich mich… bis denn!

Ciao Caio!
Der Dom

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.05.2016Es hagelte Glückwünsche und Anerkennung

(rsn) - Es ist jetzt etwa 7 Uhr Ortszeit. Sonntag früh am Morgen. Das sollte doch die Richtige Zeit sein den ganzen Aufenthalt hier im Senegal Revue passieren zu lassen. Gestern war auch wieder ei

29.04.2016"Prix des amis" für ein Hemd und zwei Schnitzereien

(rsn) - Bienvenue hier beim Tagebuch vom Ruhetag der Tour du Senegal. Hier in Somone, einem Strandort, einen Ruhetag zu haben ist natürlich schon Deluxe. Zunächst hatten wir uns mit dem Nationaltea

27.04.2016Während meiner Notdurft gingen die Algerier auf die Windkante

Jo was geht ab!? Sorry wegen gestern… hatte schon ein hübsches Dokument während der Busfahrt nach dem Rennen getippt. Dieses - dank meiner Unfähigkeit mit dieser gehobenen Technik eines Tablets u

25.04.2016Real african experiences

(rsn) - Hey, Leute, heute ohne Strandblick und Meeresrauschen, dafür gemütlich aus dem Bett des wieder mal guten Hotels. Heute wurde übrigens fast so früh gestartet wie angesagt (8:20 Uhr). Die be

25.04.2016Eine "typisch afrikanische" Renn-Organisation

(rsn) - Bonjour un autre foix,… ja, so langsam finde ich mich mit dieser Sprache ein wenig zurecht. Französisch wird wirklich recht verbreitet hier gesprochen. Vielleicht sogar mehr als in Marokko,

23.04.2016Rang vier zum Auftakt - da geht sicher noch was

(rsn) - Hallo aus Tivaouane. Ich sitze gerade im Fahrerbus und musste mich glücklicherweise nicht darum kümmern, dass mein Rad auf den LKW geladen wird, da es den Platz auf dem Teamwagen bekommen ha

22.04.2016Hoffentlich gelangen unsere Spenden an die richtigen Empfänger

(rsn) - Hallo aus Dakar, der Hauptstadt des Senegal. Morgen startet hier die Tour du Senegal (2.2). Also Zeit für mein nächstes Tagebuch von einer Rundfahrt, die erstmals seit Jahren wieder UCI-Stat

Weitere Radsportnachrichten

30.01.2025Van der Poel peilt in Liévin de Vlaemincks Rekord an

(rsn) – Am Freitag beginnt in Liévin die Cyclocross-Weltmeisterschaft (31. Januar – 2. Februar). In sieben Rennen werden Regenbogentrikots ausgefahren und German Cycling könnte erstmals seit der

30.01.2025Warm-Up für den nächsten Dreijahres-Zyklus

(rsn) – Douglas Ryder fiel in der Vergangenheit nicht unbedingt durch Zurückhaltung und Bescheidenheit auf. Als er 2023 das Team Q36.5 Pro Cycling als Zweitdivisionär ins Leben rief, nachdem sein

30.01.2025Eekhoff bei Trofeo Ses Salines gegen Laternenpfahl geprallt

(rsn) – Nach einem schweren Unfall im Finale der Trofeo Ses Salines (1.1) musste Nils Eekhoff (Picnic – PostNL) ins Krankenhaus gebracht werden. Der 27-jährige Niederländer hatte im Positionskam

30.01.2025Van den Berg aus Blikras Windschatten zum ersten Saisonsieg

(rsn) – Marijn van den Berg (EF Education – EasyPost) ist perfekt in seine vierte Profisaison eingestiegen. Der 25-jährige Niederländer entschied am zweiten Tag der Mallorca Challenge die Trofeo

30.01.2025Merliers Beine drehen sich auch am Tayma Fort am schnellsten

(rsn) – Mit einer souveränen Vorstellung hat Auftaktsieger Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auch die 3. Etappe der 5. AlUla Tour (2.1) für sich entschieden. Der 32-jährige Belgier setzte sich

30.01.2025Die Strecke des Critérium du Dauphiné 2025

(rsn) – Das 77. Critérium du Dauphiné (2.UWT) führt vom 8. bis 15. Juni 2025 von Domérat im Departement Allier über acht Etappen zur finalen Bergankunft am Plateau du Mont-Cenis in den Savoier

30.01.2025Cadel Evans Road Race im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Seit mittlerweile acht Jahren gehört das 2015 erstmals ausgetragene Cadel Evans Great Ocean Road Race der WorldTour an. Bei den bisherigen sieben Austragungen gab es auch schon zwei deutsch

30.01.2025Auch mit kleinerem Kader vor einer weiteren Wundersaison?

(rsn) - Das belgische Team Lotto, seit dieser Saison ohne den bisherigen Co-Sponsor Dstny, ist so etwas wie der Effektivitätsweltmeister im Straßenradsport. Mit einem Etat unterhalb von 20 Millionen

30.01.2025Andresen fügt Welsford erste Sprint-Niederlage 2025 zu

(rsn) – Nach drei Etappensiegen bei der Tour Down Under (1. UWT) und zuvor auch drei Sprinterfolgen bei nationalen Kriterien in Australien hat Sam Welsford bei der Surf Coast Classic (1.1) knapp ein

30.01.2025Viel französischer Schlamm und ein bisschen Bieles

(rsn) – Zum ersten Mal seit 2004 (Pontchateau) findet die Cross-Weltmeisterschaft wieder in Frankreich statt. Austragungsort ist Liévin, eine 30.000-Einwohner-Stadt im Département Pais-de-Calais i

30.01.2025Kepplinger: “Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist“

(rsn) - Vor zwei Jahren begann für Rainer Kepplinger das Abenteuer WorldTour. Bei der damaligen Saudi Tour gab der Österreicher sein Debüt im Trikot von Bahrain Victorious. Nun steht Kepplinger bei

29.01.2025Mit Ackermann in Topform das vergangene Jahr bestätigen

(rsn) - Zehn Jahre nach der Gründung blickt man bei Israel – Premier Tech zu Beginn der Saison 2025 auf das bis dato erfolgreichste Jahr der Teamgeschichte zurück. Ende 2024 lag das in Tel Aviv be

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Surf Coast Classic - Men (1.1, AUS)
  • AlUla Tour (2.1, 000)
  • Trofeo Felanitx - Ses Salines (1.1, ESP)