RSNplusHinter Pogacar und van der Poel

Flandern-Favoriten: Wer hält Belgiens Fahne hoch?

Von Sebastian Lindner

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Belgien hofft nach der längsten Durststrecke in der Geschichte der Flandern-Rundfahrt zumindest wieder auf ein Podium. Doch wer hält die Fahne hoch? | Foto: Cor Vos

05.04.2025  |  (rsn) – Und wieder einmal steht sie auf dem Programm: die Flandern-Rundfahrt. “Vlaanderens Mooiste“, wie die Einheimischen sagen. Mitunter ist vom wichtigsten Wochenende des Jahres die Rede, hier und da wird der Tag – Gottseidank immer ein Sonntag – zum Feiertag ausgerufen. Es herrscht Partystimmung.

Das Einzige, was in den letzten Jahren immer wieder für ein wenig mehr Nüchternheit sorgte, als es den euphorischen Flamen lieb wäre, ist das Abschneiden der Belgier. Für den letzten Sieg der heimischen Farben sorgte Philippe Gilbert 2017. Faktisch sind das acht Jahre, gefühlt ist es eine andere Radsport-Epoche.

 In jenem Jahr gab es sogar den Doppelsieg, denn Greg Van Avermaet sicherte sich den zweiten Rang. Jener Olympiasieger von Rio war es auch, der 2021 mit einem seiner letzten großen Resultate als Dritter das bislang letzte Podium für Belgien einfahren konnte. Dennoch steht mit drei Jahren ohne ein Top-3-Ergebnis für Schwarz-Gelb-Rot eine Serie, wie es sie in den bisher 108. Austragungen des Rennens noch nie gab. ___STEADY_PAYWALL___

Van der Poel, Pogacar – und sonst?

Es wäre also mal wieder an der Zeit. Doch ob gerade 2025 das Jahr ist, das die Träume der Gastgeber wahr werden lässt, muss ernsthaft bezweifelt werden. Denn neben Vorjahressieger Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck), den jeder weitere Erfolg bei der Ronde zum Rekordsieger machen würde wird auch Weltmeister Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG), letztes Jahr abstinent, wieder starten und versuchen, seinen Sieg aus 2023 zu wiederholen.

Tadej Pogacar ist auf der Pressekonferenz seines Teams vor der Flandern-Rundfahrt guter Dinge. | Foto: Cor Vos

Eher mehr als weniger läuft alles auf dieses Duell hinaus. Zu stark haben beide ihre bisherigen Auftritte dominiert. Van der Poel sicherte sich Mailand-Sanremo und den E3-Preis, Pogacar die Strade Bianche. Mit Blick auf diese Giganten gerät selbst ein Mads Pedersen (Lidl – Trek), der Gent-Wevelgem mit einem knapp 60 Kilometer langen Solo für sich entschied und E3 als Zweiter hinter van der Poel beendete, zur allenfalls mit Außenseiterchancen ausgestatteten Randfigur. 

Gleiches gilt für Neilson Powless (EF Education – EasyPost), der am Mittwoch noch Dwars door Vlaanderen gewann, für den sich zuletzt in Topform befindlichen Filippo Ganna (Ineos Grenadiers), für Oldie Matteo Trentin (Tudor), für das in den Klassikern bisher glücklose und nun von Laurence Pithie und Mick van Dijke angeführte Red Bull – Bora – hansgrohe oder für Vismas Co-Kapitän Matteo Jörgenson.

Belgiens größte Hoffnung bleibt Wout van Aert

Und das gilt eben auch für die andere Hälfte der vermeintlichen Doppelspitze: Wout van Aert, der 2020 zwar Zweiter werden konnte, dem doch so ersehnten Sieg bei der Ronde aber immer noch hinterherfährt. Van Aert ist der letzte noch aktive Belgier mit Podiumserfahrungen bei der Flandern-Rundfahrt und auch dieses Mal mutmaßlich größte Hoffnung des Landes, wenngleich er erstmal nicht “im Status des absoluten Favoriten“ teilnimmt, wie er selbst sagte. Sein bisheriger Saisonverlauf stützt diese These.

Ein für einige Momente desillusionierter Wout van Aert nach Dwars door Vlaanderen ist mal wieder Belgiens größte Hoffnung auf Erfolg bei der Flandern-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

In gewisser Weise ganz besonders auch der letzte Mittwoch, als Visma sich zu Dritt gegen Powless verzockte und van Aert nahezu den Eindruck machte, als hätte er das Siegen verlernt, was seine bemerkenswerten Aussage nach dem Rennen in gewisser Weise untermauerte. Da nämlich sagte er selbstkritisch: “Ich wollte diesen Sieg unbedingt, aber ich war zu eigensinnig und hatte Angst, dass es zu einer Situation kommt, in der ich nicht um den Sieg fahren kann.“

Andererseits: Bis auf den finalen Sprint zeigte sich der 30-Jährige, der direkt aus dem Höhentrainingslager kam, durchaus in guter Form. Dennoch wäre es eine ziemliche Überraschung, sollte van Aert aus dem Duell um den Sieg einen Dreikampf machen können.

Belgiens überalterte Klassikergarde nur in Helferrollen

Weitere Belgier, die nach ganz vorne vorstoßen könnten, sind erst auf den zweiten Blick auszumachen und vornehmlich in Helferrollen unterwegs sind. Tim Wellens, Gianni Vermeersch und Jasper Stuyven wissen allesamt, wie man große, belgische Kopfsteinpflasterrennen in den Top 10 beenden kann, sind aber für Pogacar, van der Poel und Pedersen mutmaßlich als wichtigste und letzte Optionen verplant.

Klassikererprobt und Chefrolle: diese Kombination gibt es für einen Belgier sonst nur noch bei Cofidis. Dort werden sich Dylan Teuns, der schon Sechster und Achter der Ronde war, in diesem Jahr aber bisher kaum in Erscheinung treten konnte, und Aimé De Gendt, Siebenter bei E3 teilen.

Darkhorse Van Eetvelt und die vergebliche Suche nach Van Gils

Gemein haben alle diese Belgier zwei Dinge. Neben den minimalen Außenseiterchancen ist es ihre Zugehörigkeit zur Ü30-Fraktion. Jünger ist nur einer: Lennert Van Eetvelt. Der 23-Jährige wird Lotto anführen. Seine Kletterfähigkeiten hat er zuletzt mehrfach unter Beweis gestellt. Ob kurze, scharfe Anstiege oder lange Berge, Van Eetvelt hat sich mittlerweile überall etabliert. Nur noch nicht auf Kopfsteinpflaster. Um die Cobbles hat er bisher einen ausgesprochenen Bogen gemacht. 

Seine bei Strava öffentlich einsehbaren Zeiten an Paterberg & Co. lassen ebenfalls keine Rückschlüsse, auch seine aktuellsten Zeiten vom Freitag sind keine mit Renntempo. Dass van Eetvelt wie Kai aus der Kiste springt und sich zum König von Flandern machen wird, ist unwahrscheinlich. Doch als Darkhorse für den Titel des besten Belgiers geht er auf jeden Fall ins Rennen.

Lennert Van Eetvelt hat zwar schon bei Strade Bianche gute Ergebnisse liefern können, um Flanderns Kopfsteinpflaster aber bisher einen Bogen gemacht. | Foto: Cor Vos

Einer, der das zumindest potenziell auf könnte, ist Maxim Van Gils (Red Bull – Bora – hansgrohe). An kurzen Anstiegen zählt der 25-Jährige bereits zu den Besten, was er mit Top-4-Platzierungen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich und dem Flèche Wallonne im letzten Jahr nachgewiesen hat. Es muss auch nicht immer Asphalt sein, wie Rang drei bei Strade Bianche, ebenfalls im Vorjahr eingefahren, zeigte. Aber Kopfsteinpflaster?

Hat Van Gils bisher zumindest auf der großen Bühne noch immer gemieden. Und daran wird sich auch in diesem Jahr erstmal nichts ändern. Sein Fokus liegt komplett auf den Ardennen-Klassikern. Flandern war in der Öffentlichkeit bisher kein Thema. Was die körperliche Konstitution angeht, gleichen sich er und Van Eetvelt. Beide sind Leichtgewichte und bringen nur wenig mehr als 60 Kilogramm auf die Waage, was in Anstiegen zwar ohne Frage von Vorteil ist, dennoch in jüngerer Vergangenheit eine Seltenheit auf flandrischen Podien war.

Ausgenommen natürlich Tadej Pogacar. Doch bei dem gelten ohnehin andere Gesetze, so scheint es. Aber sollte sich Van Eetvelt gut verkaufen können, kann das vielleicht auch bei Van Gils zu einem Umdenken führen. Denn eher früher als später gilt es in Belgien eine Lücke zu füllen, Fußstapfen auszufüllen, die, so zeigt es die Zeit, selbst Wout van Aert eine Nummer zu groß gewesen sein könnten. Die Flamen lechzen nach dem nächsten Ronde-Sieger aus der Heimat. Und bei aller Liebe für die Ardennen und das Monument von Lüttich: das bedeutendste Rennen in Belgien ist die Flandern-Rundfahrt.

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