RSNplusAttacke ohne Plan mit Infos per Flaschenpost

Pogacars “dummer“ Angriff endete im Regenbogentrikot

Von Peter Maurer und Felix Mattis aus Zürich

Foto zu dem Text "Pogacars “dummer“ Angriff endete im Regenbogentrikot"
Tadej Pogacar im Regenbogentrikot des Weltmeisters | Foto: Cor Vos

29.09.2024  |  (rsn) – Statistisch war es nur die drittlängste Solofahrt im Straßenrennen der Männer aller Zeiten, aber das Feuerwerk, das Tadej Pogacar bei den Weltmeisterschaften in Zürich über die letzten 100 Kilometer abbrannte, faszinierte die Radsportwelt. Erstmals durfte sich der dreifache Tour-de-France-Sieger aus Slowenien danach das Regenbogentrikot überstreifen und als erster Athlet seit dem Iren Stephen Roche 1987 den Triple-Triumph bestehend aus den Gesamtsiegen bei Tour, Giro und der WM in einem Jahr feiern.

"Es ist wie eine Achterbahnfahrt von den Emotionen her. Ich habe heute auf der Strecke schon viel gespürt. Der letzte Kilometer war verrückt. Als ich dann auf mein Team traf, war die Emotion groß, auch selbst bei den Interviews in der Mixed-Zone. Mir kamen fast bei jedem Interview die Tränen", schilderte der frischgebackene Weltmeister seine Gefühlslage bei der Pressekonferenz.

Als er rund zweieinhalb Stunden vor dem Ende das Rennen in seine Hände nahm, waren nicht nur die begeisterten Zuschauern von den Socken. ___STEADY_PAYWALL___

Das Podium der WM 2024 in Zürich: Ben O'Connor, Tadej Pogacar, Mathieu van der Poel. | Foto: Cor Vos

"Die Attacke kam etwas unerwartet. Von da an ging es Vollgas bis zur Ziellinie", schilderte der entthronte Titelverteidiger Mathieu van der Poel das überraschende Geschehen. Der Niederländer war sich in diesem Moment gar nicht sicher, wo die Reise seines Kontrahenten enden würde. "Ehrlich gesagt, dachte ich, dass es eine ziemlich dumme Attacke ist, schon so früh. Aber er hat seine Stärke bewiesen", zollte er seinem Nachfolger Respekt.

Auch Olympiasieger Remco Evenepoel, der zu den absoluten Topfavoriten auf Gold im Straßenrennen zählte, war baff. "Wir haben uns gesagt, dass ist Selbstmord und alles läuft wieder zusammen", täuschte er sich wie so viele andere.

Auch Pogacar empfand seinen Angriff als "dumm"

Eigentlich wollte der Slowene, der übrigens die gleichen Worte wie Van der Poel fand und seine Offensivaktion auch eine "dumme Aktion" nannte, gar nicht attackieren. Wie schon Jan Christen im Rennen der U23 sah er in diesem Moment keinen anderen Ausweg. Wie Zündhölzer hatte er seine Teamkollegen auf der Jagd nach der Spitzengruppe schon aufgebraucht, als Letzter verblieb nur noch Vuelta-Sieger Primoz Roglic.

Pogacar feiert mit seinem Vorgänger als Weltmeister van der Poel. | Foto: Cor Vos

"Als Primoz attackierte, hatten wir uns verständigt und ich meinte, ich fahre dir nicht nach. Aber er konnte niemanden abschütteln, am Ende war es die perfekte Vorbereitung für meine Attacke", so der frischgebackene Weltmeister, der voll auf Anschlag ging und dem keiner seiner großen Gegner konnte folgen.

"Das war kein Plan, eigentlich war das dumm. Wer sich sowas ausdenkt, der muss nicht ganz hell im Kopf sein", musste er selbst über die dann entscheidende Attacke im Rennen schmunzeln: "Aber so läuft das manchmal im Rennen, dass man dumme Aktionen macht und die sogar aufgehen. Andere nicht. Heute hat es geklappt und es war ein unglaublicher Tag", fügte er an

Alle Gegner schnell abgeschüttelt

Lediglich Andrea Bagioli (Soudal – Quick Step) klemmte sich an das Hinterrad von Pogacar. Nach wenigen Kilometern schwanden dem Italiener aber auch die Kräfte. Der Slowene knabberte Sekunde um Sekunde vom Vorsprung der Ausreißergruppe rund um die Deutschen Florian Lipowitz (Red Bull Bora – hansgrohe) und Simon Geschke ab und schloss dann mit Hilfe seines Landsmannes Jan Tratnik zu Spitze auf, der auf seinen Kapitän gewartet hatte, nach dem er sich aus der Kopfgruppe hatte zurückfallen lassen.

"Als Jan wartete, hat mich das motiviert. Er zog so stark und gab Gas bis zum nächsten Anstieg", erinnerte sich Pogacar, der gleich bei der nächsten Überquerung der Zürichbergstraße einen draufsetzte und bis auf den Franzosen Pavel Sivakov alle von seinem Hinterrad fegte. Eine Runde später konnte auch dieser ihm nicht mehr folgen und die letzten 51,7 Kilometer bestritt Pogacar als Solist.

Diese Attacke saß. 50 Kilometer vor dem Ziel setzt Pogacar zum Solo an. | Foto: Cor Vos

"Ihn abzuschütteln, war die nächste dumme Idee", beschrieb Pogacar das nächste Kapitel seines Wahnsinnsmanövers, welchem das Grande Finale mit der drittlängsten Solofahrt in der Geschichte der WM folgte. "Ich versuchte mit meinem Kopf und meinen Beinen zu fahren, zählte die Kilometer runter und wollte nicht über das Limit gehen", erklärte er.

Gute Infos dank schlauen Tricks

Clever verständigte er sich nicht nur mit dem Begleitmotorrad über die aktuellen Abstände, sondern bekam auch Flaschenpost von seinen Betreuern. Denn diese reichten ihm nicht nur die Trinkflaschen in den Feed-Zonen, sondern notierten auch immer wieder die durchgegebenen Zeitabstände und wer gerade bei den Verfolgern die Nachführarbeit machte. "So konnte ich pacen, wenn sie Temo machten und rausnehmen, wenn sie hinten rausnahmen", erklärte der 26-Jährige, der sich acht Tage nach seinem Geburtstag nun mit dem Regenbogentrikot beschenkte.

"Ich kann es gar nicht erwarten, nun die letzten Rennen in Italien mit diesem Trikot zu fahren", strahlte er und erklärte, dass er aktuell noch drei Einsätze in diesem Jahr mit dem Giro dell'Emilia, Tre Valli Varesine und der Lombardei-Rundfahrt auf der Agenda stehen hat. "Das ist ein Traum, der sich für mich erfüllt, einer, von dem ich zu träumen nicht einmal gewagt hatte, als ich ein Kind war. Das bedeutet mir viel", sagte er abschließend.

Erstmals hatte sich der Slowene speziell auf die Titelkämpfe vorbereiten können: "Das war noch nie der Fall gewesen, aber in diesem Jahr gab es die perfekte Möglichkeit für mich, weil mir auch der Kurs entgegenkam. Ich habe alles gegeben und es ist mehr als ein Traum, der für mich wahrgeworden ist."

Remco Evenepoel versucht sich zu lösen, um Pogacar zu folgen. | Foto: Cor Vos

Mehr Informationen zu diesem Thema

08.11.2024Radsport-Gemeinde nimmt Abschied von Muriel Furrer

(rsn) – Sechs Wochen nach ihrem Tod ist der im Alter von 18 Jahren im WM-Straßenrennen der Juniorinnen bei den Weltmeisterschaften von Zürich verunglückten Muriel Furrer in einem Abschiedsgottesd

05.10.2024Starkregen: 5. Etappe des CRO Race wird verkürzt

(rsn) – In Folge von heftigen Regenfällen, die in Kroatien viele Straßen unter Wasser setzten, haben die Organisatoren des CRO Race (2.1) in Kroatien die 5. Etappe verkürzen und den Start verschi

03.10.2024Kommentar: Auf Technologie zu verzichten, ist grob fahrlässig

(rsn) – Eine Woche ist vergangen, seit Muriel Furrer im WM-Straßenrennen der Juniorinnen in der Abfahrt durch die Schmalzgruebstrasse im Wald hinunter nach Küsnacht gestürzt ist und sich dabei ei

02.10.2024Offener Brief: Letten beklagen sich über van der Poels Aktion

(rsn) – Nach einer großartigen Vorstellung musste sich der Lette Toms Skujins am Ende des WM-Straßenrennens von Zürich im Sprint um die Bronzemedaille dem Niederländer Mathieu van der Poel gesch

01.10.2024Staatsanwaltschaft bestätigt: Furrer “gewisse Zeit“ unentdeckt

(rsn) – Erstmals haben sich die Kantonspolizei Zürich und die zuständige Staatsanwaltschaft zum tödlichen Unfall der Schweizerin Muriel Furrer geäußert. Die 18-Jährige hatte sich im WM-Straße

30.09.2024Merckx: “Pogacar ist der Allerbeste“

(rsn) – Mit seinem Triumph im WM-Straßenrennen von Zürich hat Tadej Pogacar eine weitere Rekordmarke erreicht. Wie vor ihm nur Eddy Merckx (1974) und Stephen Roche (1987) ist es dem Slowenen gelun

30.09.2024Evenepoel verpasst in Zürich sein zweites Gold-Double

(rsn) – Nach Olympia-Gold im Zeitfahren und im Straßenrennen träumte Remco Evenepoel auch vom weltmeisterlichen Double. Der erste Teil seines Vorhabens gelang dem Belgier, als er im Zeitfahren von

30.09.2024Van der Poel: “Es gab nur einen Ausnahmefahrer“

(rsn) – Tadej Pogacar und Remco Evenepoel hießen die großen Favoriten für das WM-Straßenrennen von Zürich. Dagegen wurden Titelverteidiger Mathieu van der Poel angesichts des schweren Kurses mi

30.09.2024Hirschi fährt smart, hat aber nicht das nötige Glück fürs Podium

(rsn) – Marc Hirschi war der große Hoffnungsträger der Schweizer Fans bei den Heim-Weltmeisterschaften in Zürich. Der 26-Jährige galt nach seinem überragenden Spätsommer mit sechs Siegen in 15

30.09.2024Alaphilippe kugelt sich bei WM-Sturz die Schulter aus

(rsn) – Bei seinem Sturz im frühen Stadium des WM-Straßenrennens hat sich Julian Alaphilippe die Schulter ausgekugelt. Das teilte sein Team Soudal – Quick-Sep noch am Sonntag mit. Der zweimalige

29.09.2024Zimmermann träumt nach Platz 15 in Zürich von mehr

(rsn) – Die deutsche Nationalmannschaft hat das gesteckte Ziel einer Top-10-Platzierung im WM-Straßenrennen von Zürich verpasst, konnte mit dem 15. Rang von Georg Zimmermann und einem taktisch gen

29.09.2024Highlight-Video des WM-Straßenrennens der Männer

(rsn) – Mit einer geradezu aberwitzigen Attacke hat Tadej Pogacar im WM-Straßenrennen von Zürich die Goldmedaille erobert. Der Top-Favorit aus Slowenien ging bereits 100 Kilometer vor dem Ziel in

Weitere Jedermann-Nachrichten

13.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

12.03.2025Vingegaard: “Wir hätten nicht weiterfahren sollen“

(rsn) – Zwar schien im Finale der 4. Etappe von Paris-Nizza wieder die Sonne und das Rennen wurde nach einer rund dreiviertelsündigen Neutralisationsphase fortgesetzt. Doch einige Fahrer waren mit

12.03.2025Bei Regen, Schnee und Kälte: Herausforderung bewältigt

(rsn) - Trotz schwieriger meteorologischer Bedingungen konnten sowohl bei Paris – Nizza als auch bei Tirreno-Adriatico Rennen gefahren werden. Augenmaß bei Veranstaltern und Peloton trugen dazu bei

12.03.2025Lipowitz blieb im Schlussanstieg an den Topfahrern dran

(rsn) – Schon im Vorjahr zeigte Florian Lipowitz (Red Bull - Bora – hansgrohe), dass bei den schweren Rundfahrten mit ihm zu rechnen ist. Er beendete die Tour de Romandie auf Rang drei und landet

12.03.2025Vingegaard von Almeida noch abgefangen, Lipowitz Fünfter

(rsn) – Zwischendurch war nicht mal klar, ob die 4. Etappe von Paris-Nizza überhaupt beendet werden könnte. Starker Regen, Schnee und mitunter auch Hagel hatten für eine dreiviertelstündige Unte

12.03.2025 “Superteams“ gegen zusätzliche Grand-Tour-Wildcards?

(rsn) – Gegen die Forderung mehrerer ProTeams und der Organisatoren, bei den drei großen Landesrundfahrten Giro d’Italia, Tour de France und Vuelta a Espana jeweils fünf statt bisher vier Wildca

12.03.2025Vendrame bezwingt Pidcock nach Marathon-Tag im Sprint

(rsn) – Andrea Vendrame (Decathlon – AG2R) hat in Colfiorito die 3. Etappe der Fernfahrt Tirreno-Adriatico (2.UWT) gewonnen. Der Italiener setzte sich auf nasser Straße nach einem kalten und regn

12.03.2025Highlight-Video der 3. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) – Andrea Vendrame (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat die bei kaltem Dauerregen ausgetragene 3. Etappe von Tirreno-Adriatico gewonnen. Der 30-jährige Italiener setzte sich am längsten Tag d

12.03.20254. Etappe bei Paris-Nizza wegen Unwetters unterbrochen

(rsn) – Die 4. Etappe der Fernfahrt Paris-Nizza (2.UWT) ist 45 Kilometer vor dem Ziel unterbrochen und rund 45 Minuten später 16 Kilometer weiter wieder fortgesetzt worden. Grund für die Neutralis

12.03.2025Landeszuschuss soll wegfallen: Thüringen Ladies Tour droht Aus

(rsn) – Wie der Mitteldeutsche Rundfunk MDR berichtet, droht der 37. Ausgabe der Lotto Thüringen Ladies Tour die Absage. Das Land Thüringen sehe sich demnach nicht in der Lage, die benötigten 200

12.03.2025Dreijahresranking: Astana und Uno-X machen Boden gut

(rsn) – Am Ende der Saison 2025 wird die WorldTour neu sortiert. Dann nämlich endet der Dreijahreszyklus für die Erstliga-Lizenzen im Profi-Straßenradsport und selbige werden für den nächsten Z

12.03.2025Paris-Nizza: Versinkt auch diesmal die Königsetappe im Schnee?

(rsn) – Nachdem bereits im vergangenen Jahr die Königsetappe von Paris-Nizza in Folge schlechter Witterungsbedingungen deutlich verkürzt werden musste, droht dem “Rennen zur Sonne“ auch diesma

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine