RSNplusRSN-Rangliste, Platz 1: Elise Chabbey

“Unglückliches Jahr“ endet mit “Freude über diesen Preis“

Von Felix Mattis

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Elise Chabbey mit der Trophäe als RSNs Fahrerin des Jahres 2024 | Foto: Felix Mattis

01.01.2025  |  (rsn) – Die Saison 2024 war nicht die beste von Elise Chabbey – im Gegenteil: Nach UCI-Punkten war es die schlechteste ihrer vier Jahre beim deutschen Team Canyon – SRAM. Allerdings beeindruckte die Schweizerin einmal mehr mit großer Konstanz und zahlreichen Spitzenresultaten bei zahlreichen WorldTour-Rennen und sammelte so auch in der RSN-Jahresrangliste die meisten Punkte.

Deshalb verlieh ihr radsport-news.com im Dezember im Trainingslager in Altea an der Costa Blanca in Spanien die Strassacker-Trophäe. "Ich muss sagen, ich freue mich wirklich, dass ich diesen Preis gewonnen habe – mein einziger Saisonsieg", lachte Chabbey und erklärte dann, dass sie mit ihrem Jahr aber eben genau deshalb nicht wirklich zufrieden war.

"So langsam werde ich all der Top-10-Ergebnisse etwas überdrüssig. Ich will auch Rennen gewinnen und auf dem Podium stehen. Es sind jetzt schon einige Jahre, in denen ich immer vorne dabei bin, aber nie ganz oben", so Chabbey, die für die kommenden zwei Jahre bei FDJ – Suez unterschrieben hat. "Ich hoffe, dass der Wechsel mir hilft, nochmal einen Schritt zu machen", erklärte sie. ___STEADY_PAYWALL___

Abschied von Canyon – SRAM fiel schwer

Bei der Equipe von Manager Stephen Delcourt wird Chabbey künftig Helferin von Demi Vollering, Évita Muzic und Juliette Labous bei den großen Rundfahrten sein, bei Eintagesrennen und Klassikern aber auch selbst auf Ergebnisse fahren können.

"Ich habe nicht unbedingt mehr Freiheiten, als ich sie bei Canyon hatte. Denn natürlich werde ich bei bestimmten Rennen in erster Linie arbeiten müssen. Aber das gefällt mir auch, dazu beizutragen, wenn eine Teamkollegin etwas großes gewinnt", meinte sie.

Trotzdem hofft Chabbey auch auf viele eigene Möglichkeiten. "Wir haben so ein starkes Team, dass ich glaube, dass mir das wirklich ein paar Türen öffnen kann. Die Leute werden sehr auf Demi schauen, und als meine Teamkollegin wird sie mir nicht mehr hinterherfahren, wenn ich etwas versuche. Bisher war es oft so, wenn ich vorne war, dass Demi und SD Worx mich gejagt haben. Das dürfte sich jetzt ändern, auch weil sich die Kräfteverhältnisse unter den Teams etwas verschieben."

Im Bergtrikot bei der Tour de Suisse: Elise Chabbey. | Foto: Cor Vos

Leicht gefallen sei ihr der Wechsel von Canyon – SRAM zu FDJ – Suez trotzdem keineswegs, betonte sie. "Ich spreche schon seit einigen Jahren immer wieder mit Stephen (Delcourt), war aber bei Canyon immer glücklich. Ich mag das Team sehr und deshalb hat es nie Sinn gemacht, zu gehen. Wir Fahrerinnen waren dort wirklich Freundinnen und auch vom Staff mochte ich jeden. Da zu gehen ist wirklich schwer", betonte Chabbey. "Aber ich habe mir dieses Jahr viele Gedanken gemacht und immer wieder hin und her überlegt. Am Ende hat mich Stephen mit seinem Projekt überzeugt und ich glaube es ist gut, einfach mal etwas Neues zu probieren."

Reihenweise WorldTour-Spitzenergebnisse

Welch hohes Standing Chabbey auch bei Canyon – SRAM hatte, wird schon deutlich, wenn man nur ihren Rennkalender von 2024 betrachtet. Die Schweizerin fuhr, abgesehen vom Saisoneinstieg bei der zur ProSeries gehörenden Valencia-Rundfahrt im Februar, wo sie Gesamtsiebte wurde, und abgesehen natürlich von Olympia sowie den Schweizer, Europa- und Weltmeisterschaften ausschließlich WorldTour-Rennen – und lieferte dort konstant Top-Leistungen ab.

Elf WorldTour-Top-10-Platzierungen fuhr sie 2024 ein, obwohl sie selten als Kapitänin in die Rennen ging und ihre Saisonvorbereitung alles andere als gut lief. "Mein Knie hat mir im Winter Probleme gemacht. Ich war beim Wandern in Kolumbien gestürzt und es hat superlange gedauert, bis es geheilt ist. Ich konnte bis Januar absolut gar nichts machen, saß nur auf der Couch", erzählte sie. 

Trotzdem sprang nach Rang sieben beim Saisonauftakt in Valencia auch bei Strade Bianche Anfang März ein achter Rang heraus. Über die Klassiker, wo sie unter anderem 13. bei der Trofeo Alfredo Binda und Elfte bei Paris-Roubaix wurde, kam sie immer besser in Form und hatte bei Lüttich-Bastogne-Lüttich schließlich einen echten "Sahnetag".

Elise Chabbey hinter Siegerin Grace Brown in der Spitzengruppe bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. | Foto: Cor Vos

Chabbey fuhr bei La Doyenne in der starken Spitzengruppe und hielt sich gemeinsam mit Kim Cadzow (EF – Oatly – Cannondale) und der späteren Siegerin Grace Brown (FDJ – Suez) auch im Finale noch vorne, als die Top-Favoritinnen von hinten kamen. Zu sechst ging es auf die Zielgerade, wo Brown im Sprint den Sieg errang. Chabbey wurde Vierte, einen Rang vor Teamkollegin Katarzyna Niewiadoma. Canyon - SRAM war als einziges Team an der Spitze doppelt vertreten. "Grace hat mir nach dem Rennen gesagt, dass ich die Stärkste war. Aber ich war wohl leider nicht die Smarteste", blickte Chabbey nun zurück und bezeichnete den 21. April dennoch als eines ihrer Saison-Highlights.

"Immer wieder Vierte, Fünfte, Sechste – das ist enttäuschend"

"Auch in Spanien im Mai hatte ich einige gute Ergebnisse, als ich mehr für mich selbst fahren konnte. Aber insgesamt war ich immer wieder Vierte, Fünfte oder Sechste, das ist einfach etwas enttäuschend", so Chabbey, die im Mai bei der Itzulia Women im Baskenland auf den drei Etappen 14., Fünfte und Sechste sowie Fünfte in der Gesamtwertung wurde, bevor sie dann bei der Burgos-Rundfahrt die Etappenergebnisse vier, fünf, 17 und fünf erzielte, um dort Gesamtvierte zu werden. Das beste Saisonergebnis war dann im Juni der dritte Platz auf der 1. Etappe der Tour de Suisse, bei der sie das Bergtrikot holte.

"Ich hatte ein paar Hochs und ein paar Tiefs. Insgesamt bin ich nicht so ganz glücklich mit der Saison, weil ich das Gefühl habe, dass ich besonders gegen Saisonende viel Pech hatte – mehrere Stürze zum Beispiel", fasste Chabbey das Jahr insgesamt zusammen. Denn im Sommer lief leider viel schief: Beim Giro d'Italia wurde sie noch Vierte auf der 4. Etappe in Urbino, stürzte dann aber auf Etappe 6 und trat zum siebten Teilstück nicht mehr an.

Chabbey (links) auf der 4. Etappe des Giro d'Italia, auf der sie als Vierte ins Ziel kam. | Foto: Cor Vos

"Der Sturz beim Giro war der einzige, der wirklich auch meine eigene Schuld war. Dort war es in einer Kurve etwas rutschig und ich bin gestürzt. Aber bei Olympia und der Tour konnte ich nichts machen", blickte Chabbey zurück. Denn bei den Olympischen Spielen in Paris fuhr ausgerechnet ihre US-amerikanische Canyon-Teamkollegin Chloe Dygert an einer Engstelle am Fuß des Montmartre in Chabbey hinein und beide gingen zu Boden. Nach dem Sturz an der Schlüsselstelle war der Zug in Richtung Spitzenergebnis abgefahren und sie kam nur auf Rang 18 ins Ziel am Eiffelturm.

Sturzpech bei Giro, Olympia und Tour

Und dann krachte es auch bei der Tour de France gleich auf der 1. Etappe zwischen Rotterdam und Den Haag. Chabbey war wieder Opfer einer Kettenreaktion und zog sich eine Gehirnerschütterung zu, wegen der sie nach der 3. Etappe die Tour verließ. "Es hat dann eine ganze Weile gedauert, bis ich wieder aufs Rad konnte", erzählte sie nun frustriert: "Klar passiert so etwas eben mal, aber es ist mental schon hart, wenn man stürzt, zurückkommt und dann wieder stürzt – und dann auch noch bei den großen Zielen der Saison."

Im September fuhr sie noch die Tour de Romandie in Vorbereitung auf die Heim-Weltmeisterschaften von Zürich. Doch dort setzte auch ihr der Tod ihrer 18-jährigen Landsfrau Muriel Furrer nach dem Straßenrennen der Juniorinnen sehr zu. "Die WM sollte eine große Party für uns werden, aber am Ende kann man es natürlich nicht mehr richtig genießen, wenn so etwas passiert. Es war bei jedem im Kopf und da war es schwer, sich noch aufs Rennen zu konzentrieren – für alle Fahrerinnen an der Startlinie", so Chabbey, die das WM-Rennen zwar zu Ende fuhr, im Kopf aber ganz woanders war und nicht über Rang 23 hinauskam. "In so einem Moment ist das Radrennen nicht mehr so wichtig", sagte sie.

Elise Chabbey im WM-Straßenrennen von Zürich. | Foto: Cor Vos

Nach dem Wechsel zu FDJ – Suez will Chabbey im kommenden Jahr bei den Rundfahrten ihre Helferdienste leisten und sich selbst vor allem auf Eintagesrennen und die Klassiker konzentrieren. Ihre Saison beginnt diesmal bereits Mitte Januar bei der Tour Down Under in Australien, die sie zum ersten Mal bestreiten wird.

"Demi ist keine Leaderin, die sich in den Vordergrund rückt"

Wichtig sei, dass sie sich trotz des emotional schweren Abschieds von Canyon – SRAM auch in ihrem neuen Team von Beginn an wohlgefühlt habe, wie Chabbey schon nach einigen Tagen im Dezember-Trainingslager feststellen konnte. Der Umgang sei auch dort sehr angenehm und deshalb sieht sie auch die neue Situation mit drei Leaderinnen für die Rundfahrten – Vollering, Muzic und Labous - nicht so herausfordernd wie viele Außenstehende.

"Évita und Juliette kannte ich schon und sie sind sehr entspannt. Aber auch Demi hat mich überrascht. Sie war teilweise fast ein wenig schüchtern und zurückhaltend in den ersten Tagen, aber sehr offen und hat viel von sich geteilt. Sie ist keine Leaderin, die sich immer in den Vordergrund rückt", sagte Chabbey über die Niederländerin und schloss mit den Worten: "Ich denke, das kann sehr gut harmonieren."

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