RSNplus“Die Geschichte meiner Karriere“

Tränen nach letztem großen Kampf: Bardet nimmt Abschied von der Tour

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Tränen nach letztem großen Kampf: Bardet nimmt Abschied von der Tour"
Ein Kuss für den Ehering: Romain Bardet kurz vor dem Zielstrich der 20. Etappe am Col de la Couillole. | Foto: Cor Vos

21.07.2024  |  (rsn) – Romain Bardet hat am Samstag am Col de la Couillole getrauert. Der Franzose nahm im Ziel der letzten Bergetappe Abschied von seiner Karriere als Tour-de-France-Fahrer. Auch wenn er erst in elf Monaten nach dem Critérium du Dauphiné 2025 wirklich und offiziell sein Rad an den Nagel hängt, so war die 20. Etappe der 111. Frankreich-Rundfahrt sein letzter ganz großer Ritt auf der Bühne, die seine Karriere definierte.

Vier Etappen hat Bardet (dsm-firmenich - PostNL) bei der Tour gewonnen, zweimal stand er auf dem Podium – 2016 als Zweiter sowie 2017 als Dritter – und einmal gewann er das Bergtrikot. Auch seine Abschieds-Tour begann traumhaft: ein Doppelsieg mit Frank van den Broek in Rimini und anschließend der einzige Tag in seiner Karriere im Maillot Jaune. Märchenhafter geht nicht!

Drei Wochen später nun erreichte er das Ziel am Col de la Couillole als Etappenzehnter. Bardet war der Drittstärkste aus der Ausreißergruppe des Tages, rollte knapp zwei Minuten nach Etappensieger Tadej Pogacar über den Strich und setzte sich dann weit hinten im Zielauslauf an die Absperrgitter. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und begann zu weinen. ___STEADY_PAYWALL___

"Jetzt bin ich hier im Ziel und es ist vorbei"

Es waren nicht unbedingt Tränen der großen Enttäuschung, dass es mit dem Ausreißersieg nicht noch ein zweites Mal geklappt hat, sondern viel mehr Tränen der Trauer ob der Gewissheit, das sich nun ein großes Kapitel seiner Lebensgeschichte schließt. Bardet, der letzte Franzose auf dem Tour-Podium, der Publikumsliebling, der auf seiner Heim-Etappe im Zentralmassiv am Puy Mary fast so frenetisch gefeiert worden war, wie Thibaut Pinot vor einem Jahr in den Alpen, er wird nicht mehr zurückkehren zur "Grande Boucle".

Romain Bardet mit den Fans im Zentralmassiv am Puy Mary. | Foto: Cor Vos

"Es ist hart. Alles kommt nochmal zurück. 13 Jahre meines Lebens. Ich weiß nicht, was als nächstes kommt, der Radsport ist eine Sucht", sagte Bardet nach minutenlanger Trauer und Trost durch seine Liebsten vor unzähligen Mikrofonen französischer Medienhäuser. "Meine Frau sagte heute Morgen zu mir: 'Wenn es heute schwer wird, denk an Deinen Sohn, denk an uns! Du darfst es Dir noch einmal gönnen!' Jetzt bin ich hier im Ziel und es ist vorbei", schluzte er. Das ist sehr speziell."

Sicher, am Sonntag steht auch das Einzelzeitfahren zwischen Monaco und Nizza noch auf dem Programm, das für Bardet eine Art Abschieds-Schaulaufen wird. Aber das was den Radsport für Bardet und Bardet für den Radsport ausmacht, das ist eben der harte Kampf Mann gegen Mann und auch gegen sich selbst auf den Bergetappen. Deshalb nahm er sich für den letzten großen Tanz in den Seealpen nochmal vor, alles aus sich herauszuholen – und das tat er.

Noch ein letztes Mal in der Fluchtgruppe um den Tagessieg gekämpft

"Ich habe alles versucht, wollte intelligent fahren, weil ich seit der 1. Etappe in Rimini nicht mehr vorne war. Ich habe ein paar schlechte Momente gehabt während dieser Tour, hatte das Gefühl, keine Beine mehr zu haben. Heute ist es dann am ersten Berg schon sehr schnell losgegangen. Ich habe mich dort wirklich gepaced, weil es sehr heiß war und ich nicht explodieren wollte. Dann bin ich oben zurückgekommen und ab da ist es gelaufen", erzählte er.

Bardet führt die Spitzengruppe auf der 20. Etappe an. | Foto: Cor Vos

Bardet schaffte nach dem Col de Braus mit einer fünfköpfigen Verfolgergruppe mit Richard Carapaz (EF Education – EasyPost) hinter den drei ersten Ausreißern um Enric Mas (Movistar) den Anschluss an die Spitze und fuhr mit der zehnköpfigen Gruppe dann bis in den Schlussanstieg hinein gemeinsam.

Dort wurde schnell deutlich, dass Carapaz und Mas die Stärksten waren, aber Bardet gab nicht auf, kämpfte sich noch einmal heran, musste dann aber sofort wieder abreißen lassen, weil Carapaz nochmal attackierte. In diesem Moment war klar: Der Traum vom finalen, fünften Etappensieg seiner Tour-Karriere würde nicht in Erfüllung gehen. Für einen Moment sackte Bardet in sich zusammen, desilluisioniert, geschlagen. Doch dann fuhr er sein Rennen sehr würdevoll mit hohem Tempo zu Ende.

Ein würdevolles Ende: "Nie der Beste, aber auch nie aufgegeben"

"Ich musste heute immer wieder gegen die kleine Stimme im Kopf kämpfen, die gemeinsam mit den Schmerzen in den Beinen sagte, ich sollte aufhören. Aber das ist die Geschichte meiner Karriere, letztendlich: die vom Kampf ohne je der Beste zu sein niemals aufzugeben", brachte er es im Ziel auf den Punkt.

Der Kindheitstraum vom Maillot Jaune wurde bei der letzten Tour endlich wahr. | Foto: Cor Vos

Und dass es nun Zeit ist zu gehen, das bekam er schließlich auch nochmal bildlich und in seinen Augen wohl auch irgendwie heilend vor Augen geführt, als Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und Pogacar knapp fünf Kilometer vor dem Ziel an ihm vorbeifuhren. Kurz fuhr er bei ihnen noch mit, doch dann war ihm schnell klar: Das ist einfach ein anderes Level.

"Ich hatte das Glück, dass ich von den Besten dieser Tour eingeholt wurde", schien er sich zu freuen, dass seine Flucht nicht einfach von einem Tempo fahrenden Hauptfeld mit drei oder vier Berghelfern an der Spitze beendet wurde, sondern von den Überfliegern höchstpersönlich. "Das war, wie wenn ein Zug vorbeifährt und eine Geschichte endet."

Mehr Informationen zu diesem Thema

24.07.2024Geschke würde “gerne nochmal zur WM fahren“

(rsn) – Simon Geschke hat seine letzte Tour de France beendet. Bei zwölf Teilnahmen gelang ihm 2015 in Pra-Loup einer seiner drei Profisiege der Karriere, die zum im Oktober ihr Ende finden wird. V

24.07.2024Wirbelfraktur bei Roglic

(rsn) – Die 12. Etappe der Tour de France 2024 wird Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch länger in Erinnerung bleiben. Nicht nur, dass sein Sturz weniger Kilometer vor dem Ziel in V

23.07.2024Nach Tour-Aus noch Fragezeichen hinter Roglics Vuelta-Start

(rsn) – Nachdem er die Tour de France in Folge von zwei Stürzen binnen 24 Stunden vorzeitig verlassen musste, befindet sich Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch in der Erholungsphas

23.07.2024Tour-Dritter Evenepoel: “Noch etwas größer als der Vuelta-Sieg“

(rsn) – Nach seinem erfolgreichen Tour-de-France-Debüt blickt Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) zuversichtlich nach vorn. “Ich denke, dieser Podestplatz bedeutet für meine Zukunftspläne,

22.07.2024Titelverteidiger bezwungen, zwei Topteams gehen leer aus

(rsn) – In Nizza endete am Sonntag die 111. Austragung der Tour de France. Das Rennen rund um Frankreich, welches heuer erstmals in Italien begann, sorgte für viel Action, Dramatik, Freude und Trä

22.07.2024Pogacar: “Superdumm, etwas zu nehmen, was Dich gefährdet“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat nicht nur den Giro d’Italia, sondern auch die Tour de France fast nach Belieben dominiert. Der Slowene gewann beide Rundfahrten dank jeweils sechs Et

22.07.2024Pogacar und UAE auch im Preisgeld-Ranking der Tour Nummer 1

(rsn) – UAE Team Emirates hat bei der 111. Tour de France dank Tadej Pogacar auch beim Preisgeld groß abgesahnt. Dagegen ist das deutsche Team Red Bull – Bora – hansgrohe das Schlusslicht des

22.07.2024Pogacar kehrt auf den Thron zurück, Girmay Afrikas Radsportheld

(rsn) – Drei Wochen Tour de France sind am Sonntagabend in Nizza zu Ende gegangen. Erstmals fand das Finale des größten Radrennens der Welt nicht in der französischen Hauptstadt Paris statt, son

21.07.2024Auch ohne Etappensieg eine Tour-Bilanz mit Erfolgen

(rsn) – Acht deutsche Fahrer starteten vor drei Wochen in Florenz in die 111. Tour de France und sieben davon erreichten das Ziel in Nizza. Zwar müssen die deutschen Fans weiter auf den ersten Eta

21.07.2024Tadej, der Gnadenlose: Pogacar unterwirft sich die Tour

(rsn) - Die Geschichte kennt Iwan, den Schrecklichen, Vlad, den Pfähler und Eddy, den Kannibalen. Mit ersterem ist nicht der frühere Giro-Sieger Ivan Basso gemeint, sondern der grausame Zar, der sei

21.07.2024Vingegaard: “Unter normalen Umständen wäre ich enttäuscht“

(rsn) - Mit seinem sechsten Etappensieg vollendete Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) nicht nur das Double aus Giro d´Italia und der Tour de France, sondern stellte auch seine Anzahl an Tageserfolgen

21.07.2024Pogacar macht mit Zeitfahr-Triumph das Giro-Tour-Double klar

(rsn) –Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat nach 2020 und 2021 zum dritten Mal die Tour de France gewonnen. Im Abschlusszeitfahren über 33,7 Kilometer von Monaco nach Nizza holte sich der Slowene

Weitere Radsport-Markt-Nachrichten

06.09.2024Red Bull lanciert Roglic zum Etappensieg und Roten Trikot

(rsn) – Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) hat nach mustergültiger Vorarbeit seiner Mannschaft die 19. Etappe der 79. Vuelta a Espana gewonnen und das Rote Trikot von Ben O’Connor (D

06.09.2024Alle Zeichen auf Sprint: Schnellste Männer der Welt in Hamburg

(rsn) – Die 27. Bemer Cyclassics dürften am Sonntag zu einem echten Sprinter-Festival werden. Auch wenn sich an der Strecke seit 2022 nur sehr wenig verändert hat und sich damals eine fünfköpfig

06.09.2024Youngster Magnier ist wieder der Schnellste

(rsn) – Paul Magnier (Soudal – Quick-Step) bleibt der überragende Sprinter der Tour of Britain (2.Pro). Nach seinem Sieg auf der 1. Etappe legte der Franzose auf dem 4. Teilstück von Derby nach

06.09.2024Augen zu und durch: Balsamo schlägt Kopecky und Lippert

(rsn) – Elisa Balsamo (Lidl – Trek) hat die 1. Etappe der Tour de Romandie Féminin (2.UWT) im Hügelsprint gewonnen. Sie setzte sich nach 133 Kilometern zwischen La Grande Béroche und Lausanne v

06.09.2024Kopecky will in der Romandie eigene Zweifel ausräumen

(rsn) – Lotte Kopecky (SD Worx – Protime) bestreitet dieser Tage bei der Tour de Romandie Feminin (2.WWT) ihr zumindest vorerst letztes Rennen im Regenbogentrikot. Die Weltmeisterin von Glasgow wÃ

06.09.2024Squiban holt das Ardèche-Zeitfahren

Auf der 4. Etappe der 22. Tour Cycliste Féminin International de l'Ardèche (2.1) hat Maeve Squiban (Arkea – B&B Hotels) das 15,8 Kilometer lange Zeitfahren von Goudargues nach Méjannes-le-Clap

06.09.2024Louvel zu Israel - Premier Tech, Markus verlängert bei SD Worx

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

06.09.2024Women´s GP Stuttgart lockt buntes Starterfeld an

(rsn) – Die zweite Auflage des Women´s Cycling Grand Prix in Stuttgart wartet am 15. September mit einem interessanten Starterfeld auf. Insgesamt zehn WorldTour-Rennställe und acht Continental-Tea

06.09.2024Drei Mal über den Waseberg zum Ziel in der Mönckebergstraße

(rsn) – Neuer Veranstalter, neuer Sportlicher Leiter, gleicher Parcours: Auch wenn die Gesellschaft zur Förderung des Radsports (GFR) als deutscher Ableger der ASO in diesem Jahr das Ruder bei den

06.09.2024Theuns ersetzt van Aert im belgischen EM-Kader

(rsn) - Nach dem verletzungsbedingten Saisonende von Wout van Aert (Visma - Lease a Bike) wird Edward Theuns (Lidl - Trek) ins Aufgebot der Belgier bei der Heim-EM in der Provinz Limburg nachrücken.

06.09.2024Alto de Moncalvillo: Ein Berg für die großen Namen

(rsn) - Der Endspurt der diesjährigen Spanien-Rundfahrt wird mit einer weiteren Bergankunft eingeleitet. Und im Prinzip konzentriert sich die gesamte Etappe auf den Schlussanstieg zum Alto de Moncalv

06.09.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine