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23.04.2018 | (rsn) - Genauso beeindruckend wie der Solo-Angriff von Bob Jungels (Quick-Step Floors) zum Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich war seine anschließende Pressekonferenz. Auf Englisch und Französisch beantwortete der Luxemburger, der auch perfekt Deutsch spricht, die Fragen und machte dabei den Dolmetscher überflüssig. Dabei verriet er ein wenig vom Erfolgsgeheimnis seines Rennstalls, der das Frühjahr dominierte.
27 Erfolge feierte die WorldTour-Equipe von Teamchef Patrick Lefevere bisher. Darunter waren auch die Siege bei den Monumenten Flandern-Rundfahrt (Niki Terpstra) und Lüttich-Bastogne-Lüttich.
Dementsprechend gut ist die Stimmung der Truppe. "Ich bin superstolz, diese fantastische Klassikersaison des Teams so zu Ende zu bringen“, freute sich Jungels, für den ein "Traum wahr wurde“, weil er den größten Erfolg seiner bisherigen Karriere in der Nähe seiner Heimat feiern konnte. "Es ist das Rennen, das am nächsten an Luxemburg ist, und jedes Jahr stehen viele luxemburgische Fans an der Strecke. Ich war die letzten zwei Jahre nicht hier und habe mich deshalb sehr darauf gefreut. Klar, es ist schön, wenn die Familie da ist und man ihre Stimmen im Anstieg hört."
Dass die Erfolge nicht von ungefähr kommen, machte der Luxemburgische Meister in seiner Sieger-Pressekonferenz deutlich. Das Quick-Step-Geheimnis fußt auf vier Säulen:
1. Die Planung
Das Team sah sich am Abend vor dem Start Aufzeichnungen ehemaliger Austragungen von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. Darunter auch die Siege von Philippe Gilbert (2011) und Andy Schleck (2009), der damals ebenso wie Jungels am Sonntag an der Cote de la Roche-aux-Faucons rund 20 Kilometer vor dem Ziel seine entscheidende Attacke gesetzt hatte. "Natürlich war es eine große Inspiration für mich, zu sehen, wie Andy gewonnen hat mit seinem Solo ab Roche-aux-Faucons. Ich habe mit ihm in letzter Zeit nicht darüber gesprochen, aber ich hatte dieses Rennen schon seit einiger Zeit in meinem Kopf. Und gestern Abend haben wir ein paar Highlights der letzten Ausgaben angeschaut, speziell die von den Siegen von Philippe und Andy. Es ist schon emotional, von so einem großen Champion zu übernehmen."
Zum Gelingen des Plans half auch das Beispiel des deutschen Talents Maximilian Schachmann beim Flèche Wallonne letzte Woche. "Wir haben am Mittwoch schon gesehen, dass man die anderen Teams unter Druck setzen kann, wenn man das Rennen ab einem bestimmten Punkt hart macht."
Jungels verriet dabei, dass sein Angriff so nicht geplant war. "Wir wollten nicht schon am Roche-aux-Faucons attackieren. Aber es war schon unser Plan, das Rennen ab der Redoute hart zu machen. Also haben wir es in die Hand genommen und es am Faucons durch Gilberts Attacke schwer gemacht. Sergio Henao ist ihm gefolgt und oben habe ich dann attackiert. Es war etwas überraschend für mich, dass niemand bei mir war, habe aber nur noch übers Radio gehört: 'Go, go, go!'"
Damit, dass sein Angriff zum Sieg reichen würde, hatte Jungels aber nicht unbedingt gerechnet. "Natürlich war die Attacke recht früh, aber für mich sind die Chancen sehr gering, gegen Valverde oder andere schnelle Jungs im Sprint zu gewinnen. Unser Hauptziel war ohnehin, Julian (Alaphilippe) in der bestmöglichen Position zu halten. Es war wichtig, dass er hinter den anderen Kapitänen bleiben konnte und sie arbeiten mussten. Deshalb der Angriff. Trotzdem war es etwas überraschend, als ich allein war, dass ich den Abstand ausbauen konnte und meine Zeitfahrstärke nutzen konnte, um es ins Ziel zu bringen."
2. Die Fahrer
Zwölf verschiedene Profis fuhren die bisherigen 27 Saisonerfolge ein. Kein Team ist zurzeit wohl mit so vielen potenziellen Siegfahrern besetzt wie Quick-Step Floors. Jungels: "Wir gehen in jedes Rennen mit mehreren Trumpfkarten, die wir ziehen können."
3. Die Musketier-Mentalität
Jeder noch so gute Plan wäre Makulatur, wenn sich die Fahrer nicht an ihn halten würden. Doch wie bei den Musketieren ist auch bei Quick-Step jeder für jeden da. Deshalb beantwortete Jungels auch die Frage nach dem Schlüssel zum Erfolg: "Das ist schwer zu beantworten. Aber wir vertrauen uns und jeder weiß zu 100 Prozent, was die Anderen können. Aber am wichtigsten ist, glaube ich, dass jeder seine Chancen bekommt. Ich denke, man hat auch am Mittwoch schon gesehen, dass selbst Max Schachmann (beim Flèche Wallonne) eine ziemlich gute Siegchance hatte. Ich weiß nicht, wie viele verschiedene Sieger wir dieses Jahr schon haben, aber wir bekommen eben alle die Chance und unterstützen jeden, so gut es kann."
4. Der Boss
Der Chef des ganzen Erfolgsprodukts ist Teamchef Patrick Lefevere. Der Belgier hat den Rennstall seit Jahren geformt. Auch Jungels verdankt dem 63-jährigen Ex-Profi viel. "Patrick ist unser Teamchef, aber auch eine Legende des Radsports. Er hat viele große Fahrer entwickelt und er kann sehr gut junge Talente finden. Dieses Jahr hatten wir bei manchen Rennen zwei oder drei Jungprofis dabei. Es ist gut, sie so ins Renngeschehen zu bringen. Patrick ist ein Profi, er kennt seinen Job. Mir selbst hat er viel Selbstvertrauen gegeben. Und er bringt viel gute Atmosphäre ins Team. Er ist ein sehr guter Boss."
Mit seinem Sieg krönte Jungels ein Frühjahr, dass mit einem Unfall in Südafrika begonnen hatte, bei dem ihm zwar nichts passierte, bei dem aber seine Trainingspartner Laurens De Plus und Petr Vakoc von einem LKW schwer verletzt wurden. Darauf folgte eine Erkrankung, die ihm bei seinem ersten Saisonziel Tirreno-Adriatico ausbremste. "Ein kleiner Virus blieb bis Katalonien in meinem Körper. Es war eine harte Zeit, aber es ist jetzt toll, die Arbeit so zurückgezahlt zu bekommen“, sagte er.
Nach Lüttich-Bastogne-Lüttich gönnt sich Jungels eine Woche Pause. Danach geht es ins Höhen-Trainingslager. Beim Critérium Dauphiné will er sich danach auf die Tour de France in Form fahren.
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