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26.09.2018 | (rsn) - Rohan Dennis ist am Ziel seiner Träume: Als zweiter Australier nach Michael Rogers, der von 2003 bis 2005 drei Mal in Folge Zeitfahrweltmeister wurde, hat sich der 28-Jährige die Krone im Kampf gegen die Uhr gesichert. Nachdem er zuletzt beide Zeitfahren der Vuelta a Espana für sich entscheiden konnte, präsentierte sich Dennis bei den Straßen-Weltmeisterschaften in Tirol in überragender Verfassung und setzte sich auf dem schweren Kurs, der über 52,5 Kilometer von Rattenberg nach Innsbruck führte, mit dem fast schon demütigenden Vorsprung von 1:21 Minuten gegenüber Titelverteidiger Tom Dumoulin durch.
Der Niederländer, der bereits mit seinem Sunweb-Team im WM-Auftaktzeitfahren den Vorjahressieg nicht wiederholen konnte und sich am Sonntag schon mit Silber begnügen musste, rettete Platz zwei mit knapper Müh und Not noch vor dem ebenfalls groß auftrumpfenden Europameister Victor Campenaerts. Der Belgier war lediglich fünf Zehntel langsamer als Dumoulin, der als letzter der 56 Fahrer gestartet war und im Ziel tief enttäuscht minutenlang über seinen Lenker gebeugt dastand. "Heute lief es nicht gut. Ich war einiges von meiner Bestform entfernt. Es lief nicht rund und ich hatte Krämpfe am ganzen Körper. Ich wollte den Sieg unbedingt, aber mehr war heute nicht möglich", sagte der entthronte Titelverteidiger in einer ersten Reaktion.
Ganz anders Campenaerts, der für viele überraschend zu Bronze stürmte. "Ich wusste, dass der dritte Platz möglich war. Die letzten 1,5 Kilometer bin ich förmlich stillgestanden, da habe ich auch die halbe Sekunde auf Dumoulin verloren. Zweiter wäre natürlich schöner gewesen, aber ein Platz auf dem Podium ist generell toll", sagte der 26-Jährige.
Dennis, der nach vier Top-Ten-Plätzen erstmals in seiner überhaupt Edelmetall in einem WM-Zeitfahren holte, war sich nach eigenen Worten an der zweiten Zwischenzeit darüber klar, dass er auf Goldkurs lag. "Schon seitdem ich Junior bin, wollte ich Weltmeister werden, und nun wird ein Traum für mich war. Am Anstieg hat mich Coach Bradley McGee geleitet. Als ich an der Kuppe war, wusste ich, dass ich eine Zeit fahren könnte, die mindestens so schnell sein würde wie die von Dumoulin. Ich danke vielen Leuten, vor allem meiner Frau, die zu Hause ist. Sie wird sicherlich ziemlich glücklich sein“, sagte der neue Weltmeister, der an beiden Zwischenzeiten deutlich schneller unterwegs war als Dumoulin. Das Ziel am Rennweg vor der Innsbrucker Hofburg erreichte Dennis nach 1:03:02 Stunden und kam dabei auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 50 km/h.
Eine überzeugende Vorstellung lieferte auch Tony Martin ab, der zwar die erhoffte Bronzemedaille deutlich verpasste, aber als Siebter 2:25 Minuten hinter dem in einer eigenen Liga fahrenden Dennis zumindest auf Augenhöhe war mit den vor ihm platzierten Michal Kwiatkowski (4./+2:04), Nelson Oliveira (5./+2:14) und Jonathan Castroviejo (6./+2:17). So richtig zufrieden war der 33-Jährige allerdings damit nicht. "Ich hatte die nicht erhofften Probleme am Berg und keinen Supertag. Im Flachen lief es ordentlich, aber nicht herausragend. Bei der ersten Zwischenzeit war ich noch dabei, der Berg war dann aber brutal", sagte der Wahlschweizer.
Die Überraschung des Tages war der Neuseeländer Patrick Bevin, der nur knapp hinter dem viermaligen Zeitfahrweltmeister aus Deutschland Rang acht (+2:34) belegte, gefolgt vom ehemaligen Zeitfahrweltmeister Vasil Kiryienka (+3:07) und dem jungen Dänen Martin Toft Madsen (+3:23), der die Top Ten komplettierte. Dahinter belegte der Berliner Maximilian Schachmann bei seinem WM-Zeitfahrdebüt bei den Profis den elften Platz (+3:39). "Ich kann nicht unzufrieden sein, bin ein ordentliches Rennen gefahren, ich wüsste nicht, wo ich Fehler gemacht hätte", sagte der 24-Jährige. Der Schweizer Zeitfahrmeister Stefan Küng (+3:44) wurde zwölfter. Bester Österreicher war der Vorarlberger Matthias Brändle (+4:31) auf dem 19. Platz.
So lief das Rennen…
In Rattenberg, der kleinsten Stadt Österreichs, eröffnete mit Wilco Kelderman um 14.10 Uhr einer der Spezialisten im Kampf gegen die Uhr das Rennen. Der in dieser Saison von zahlreichen Verletzungen gebeutelte Niederländer ging bei erneut strahlendem Sonnenschein quasi als Testfahrer für seinen Landsmann Dumoulin ins Rennen. Keldermans erste Zwischenbestzeit wurde dann auch auf dem ersten, flacheren Teil schnell unterboten - und zwar zunächst vom Tschechen Jan Barta, der nach 16,6 Kilometern in der Zeit von 19:14 Minuten gestoppt wurde, der wiederum vom US-Amerikaner Joey Rosskopf (19:03) vom ersten Rang verwiesen wurde.
Martin Toft Madsen war der erste, der die 19-Minuten-Marke durchbrach, und zwar um gleich 15 Sekunden (18:45). Schachmann kam nicht an dessen Zeit heran, blieb mit zwölf Sekunden Rückstand gegenüber dem Dänen in Schlagdistanz. Madsen legte auch am zweiten Messpunkt am Ende des fünf Kilometer langen Anstiegs nach Gnadenwald mit 48:04 Minuten eine neue Bestzeit vor. Schachmanns Rückstand war hier auf bereits 34 Sekunden angewachsen. Der 24-Jährige machte im letzten Teil noch Zeit auf Madsen gut und war im Ziel 16 Sekunden hinter seinem Konkurrenten zwischenzeitlich Zweiter - schließlich wurde es hinter Maden der elfte Rang.
Erwartet schnell ging der 33-jährige Martin das Rennen an. 18:13 Minuten am ersten Messpunkt sollte sich schließlich als die drittbeste Zeit hinter Dennis und Dumoulin erweisen. Hier konnte sich der Vorjahressieger sogar noch Goldchancen ausrechnen, fehlten Dumoulin doch zu Dennis‘ Marke von 17:58 Minuten doch nur knapp neun Sekunden. Campenaerts war hier Vierter, nur eine knappe Sekunde hinter Martin.
Bereits in der zweiten Hälfte des 30 Kilometer langen Flachstücks drehte Dennis dann aber weiter auf und jagte am Fuß des im Schnitt sieben Prozent und maximal 14 Prozent steilen Anstiegs nach Gnadenwald an dem 90 Sekunden vor ihm gestarteten Spanischen Zeitfahrmeister Castroviejo vorbei. Und auch am Berg erwies sich der BMC-Profi, der 2019 für Bahrain-Merida fahren wird, als der mit Abstand Stärkste an diesem Tag und baute bis zum zweiten Messpunkt bei Kilometer 35,2 seinen Vorsprung gegenüber Dumoulin auf über eine Minute aus.
Mit 1:12 Minuten Rückstand auf den späteren Goldmedaillengewinner war Campenaerts hier bereits Dritter, deutlich vor Kwiatkowski, Castroviejo und Oliveira. Martin büßte in der Anfahrt zum Berg des Tages gegenüber seinen unmittelbaren Konkurrenten bereits mehrere Sekunden ein, kurbelte dann in hoher Frequenz den Berg hinauf und wurde am Messpunkt als Achter geführt. In der Abfahrt und dem finale Flachstück konnte er aber nur noch am starken Bevin vorbeiziehen.
Dennis ließ auch auf den letzten Kilometern nicht nach, baute seinen Vorsprung gegenüber Dumoulin und allen weiteren Konkurrenten weiter aus und überholte schließlich sogar noch Kiryienka, den Weltmeister von 2015, der drei Minuten vor ihm ins Rennen gegangen war und der als Neunter schließlich seine siebte Top-Ten-Platzierung seit 2012 einfahren konnte.
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